Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsakts
Fortsetzungsfeststellungsklage
Atypische Situation
Pflichtgemäße Ermessensausübung
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage noch die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsakts
(EGVA) vom 28. März 2013 nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) streitig.
Die 1957 geborene Klägerin steht seit April 2011 im Leistungsbezug nach dem SGB II bei dem Beklagten. Sie verfügt über den Schulabschluss der mittleren Reife, ist gelernte Bankkauffrau und war ab 1985 mit
verschiedenen kaufmännischen Tätigkeiten u.a. bei Leasingfirmen, zuletzt jedoch ab Juli 2008 als Fahrerin für Kurierdienste
tätig. Insoweit wird wegen näherer Einzelheiten auf den Lebenslauf vom 4. April 2011 (Bl. 12 bis 14 der FM-Akten - FMA) ergänzend
Bezug genommen.
Zwischen den Beteiligten kamen zunächst die Eingliederungsvereinbarung (EGV) vom 16. Mai 2011 mit Wirkung bis 15. November 2011 (Bl. 18 ff. FMA) und die EGV vom 16. November 2011 mit Wirkung bis 15. Mai 2012 (Bl. 28 ff. FMA) zustande, mit denen die Bewerbungsbemühungen der Klägerin
in den Bereichen kaufmännische Sachbearbeitung, Vertriebsassistenz und Vertragsgestaltung durch Zahlung einer monatlichen
Bewerbungskostenpauschale i.H.v. 20 € gefördert werden sollte, sofern die Klägerin ihrer Verpflichtung zu monatlich mindestens
8 schriftlichen Bewerbungen nachkommen und diese jeweils zum Monatsende in dokumentierter Form vorlegen würde. Ferner sollte
eine Betreuung durch die Arbeitsvermittlung u.a. aufgrund eines zu erstellenden Bewerberprofils erfolgen und die Teilnahme
der Klägerin an einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung im Bereich Bürohilfe/Büroorganisation in die Wege geleitet
werden.
In der Folge traten Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 15. bis 23. September 2011, 25. Januar bis 3. Februar 2012, 14. bis 30.
März 2012 und 29. März bis 13. April 2012 auf.
Nach entsprechender Einladung mit Schreiben vom 8. März 2012 (Bl. 42 FMA) fand am 13. März 2012 ein Beratungsgespräch in der
Arbeitsvermittlung des Beklagten statt, dessen wesentlicher Inhalt und Verlauf in der Gesprächsnotiz gleichen Datums dokumentiert
wurde und auf die insoweit Bezug genommen wird (Bl. 38, 39 FMA). Danach wurden Arbeitsmarktnähe und Vermittelbarkeit der Klägerin
bestätigt. Aufgrund der Ausbildung zur Bankkauffrau und langjährigen Berufserfahrung in verschiedenen kaufmännischen Bereichen
wurden als "arbeitsmarktnahe Vermittlungsprofile" kaufmännische Sachbearbeitung, Assistenz und Vertriebsassistenz genannt.
Hierzu sollten die Bewerbungsunterlagen aufbereitet und ein Bewerbungsfoto erstellt werden. Als nächste Schritte waren die
Nachsuche der Arbeitsvermittlung bei Zeitarbeitsfirmen, bei denen sich die Klägerin bereits beworben hatte, die Unterbreitung
von Stellenangeboten durch die Arbeitsvermittlung und die Zuleitung von Zeugnissen sowie einer vollständigen Bewerbungsmappe
durch die Klägerin in Aussicht genommen.
Mit Schreiben vom 12. April 2012 (Bl. 62 FMA) wandte sich die Klägerin nach anwaltlicher Rücksprache an den Beklagten und
untersagte die Weitergabe von Kontaktdaten und die in der Gesprächsnotiz erwähnte Nachfrage bei Zeitarbeitsfirmen. Ferner
lehnte sie die Zuleitung der Zeugnisse und der Bewerbungsmappe wie auch die Erstellung eines Bewerberprofils bei der Arbeitsagentur
ab. Mit weiterem Schreiben vom 16. April 2012 (Bl. 64 FMA) brachte die Klägerin verschiedene Beschwerden vor, u.a. auch über
nach ihrer Auffassung noch ausstehenden Zahlungen von Bewerbungskostenpauschalen, und kündigte an, bis zur Erfüllung ihrer
Forderungen keine neue EGV abschließen zu wollen. In der Folge kam es auch zu keiner neuen EGV.
Aufgrund eines weiteren Beratungsgesprächs vom 26. Oktober 2012 übersandte der Beklagte der Klägerin einen Entwurf einer neuen
EGV vom 26. Oktober 2012, in der u.a. die Teilnahme an der Eingliederungsmaßnahme "Auf dem Sprung" bei der D. GmbH vorgesehen
war.
Mit Schreiben vom 9. November 2012 (Bl. 130 bis 138 FMA) lehnte die Klägerin schließlich den Abschluss der neuen EGV aus grundsätzlichen Erwägungen ab. Da sie sich auch bisher selbständig beworben und ausreichend um Eingliederung in Arbeit
bemüht habe, seien auch keine weiteren Leistungen des Beklagten zur Eingliederung erforderlich, abgesehen von der Erstattung
der Bewerbungskosten. Außerdem fehle auch ein individuelles Profiling als Grundlage der EGV, weshalb sie diese nicht unterschreiben werde bzw. dem Verlangen nach Abschluss einer EGV "widerspreche".
Am 28. März 2013 erließ der Beklagte einen EGVA mit Wirkung vom 28. März bis 27. September 2013, der der Klägerin am 3. April
2013 zugestellt wurde. Im EGVA wurde die Klägerin verpflichtet, an der Eingliederungsmaßnahme "Basismodul inklusive Orientierungsphase"
ab 10. Juni 2013 - ebenfalls bei der D. GmbH - teilzunehmen. Der Beklagte verpflichtete sich im Gegenzug, die Klägerin anzumelden
und mögliche Fahrtkosten für die preisgünstigste und zweckmäßigste Fahrkarte des öffentlichen Personennahverkehrs zu übernehmen
(Bl. 190 bis 194 FMA).
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit dem Bevollmächtigten der Klägerin am 3. Juli 2013 zugegangenem Widerspruchsbescheid
vom 28. Juni 2013 als unbegründet zurück.
Der Antrag der Klägerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs blieb erfolglos (Beschlüsse des Sozialgerichts
Frankfurt am Main vom 21. Juni 2013 S 26 AS 698/13 ER und des erkennenden Senats vom 17. Oktober 2013 - L 7 AS 459/13 B ER).
Mit ihrer am Montag dem 5. August 2013 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhobenen Klage hat die Klägerin zuletzt nur
noch die Feststellung der Rechtswidrigkeit des EGVA beantragt und zur Begründung vortragen, der Beklagte habe den EGVA schon
deshalb nicht erlassen dürfen, weil er sich zunächst um den Abschluss einer EGV habe bemühen müssen, was nicht hinreichend geschehen sei. Auch habe der Beklagte nicht dargelegt, weshalb überhaupt eine
EGV habe abgeschlossen werden müssen. Die EGV basiere auch nicht auf einem Profiling, die Grundlage einer jeden EGV sein müsse. Die Angaben in dem Bescheid seien zudem nicht unmissverständlich und auch die Rechtsfolgenbelehrung sei nicht
individuell ausgestaltet. Die Warnfunktion der Rechtsfolgenbelehrung sei deshalb maßgeblich beeinträchtigt. Darüber hinaus
verletze des SGB II das Zitiergebot gemäß Art.
19 Abs.
1 S. 2
Grundgesetz (
GG), wonach jedes ein Grundrecht des Betroffenen einschränkende Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen müsse.
Es sei daher insgesamt verfassungswidrig, was auf den hier streitigen EGVA durchschlage.
Mit Urteil vom 24. September 2015 hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt:
"Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Die ursprünglich erhobene Anfechtungsklage hat sich durch Ablauf
des in der EGV geregelten Zeitraums erledigt.
Erledigung bedeutet Wegfall der Beschwer bzw. des Rechtsschutzbedürfnisses; sie liegt vor, wenn ein nachträglich eingetretenes
Ereignis den prozessualen Anspruch gegenstandslos macht oder ein nachträglich eingetretener Umstand eine Entscheidung erübrigt
oder ausschließt. Auf andere Weise als durch Rücknahme des Verwaltungsaktes erledigt sich die Hauptsache, wenn die tatsächlichen
oder rechtlichen Voraussetzungen entfallen sind, die für den Erlass oder die Ablehnung des Verwaltungsaktes maßgebend waren
und keine nachteiligen Wirkungen für die Zukunft zu erwarten sind (Hessisches LSG, Beschluss vom 15.07.2010, L 7 AS 149/10 m.w.N.).
Vorliegend ist die Erledigung durch Ablauf des in der EGV geregelten Zeitraums eingetreten, da mit dem Ende des Zeitraums der Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin keine Wirkung mehr
entfaltet.
Nach §
131 Abs.
1 S. 3
SGG spricht das Gericht jedoch auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn sich der Verwaltungsakt
vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Voraussetzung
für die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach Erledigung eines beschwerenden Verwaltungsaktes ist aber das
Vorhandensein eines Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Nach der Rechtsprechung besteht ein berechtigtes Interesse bei Wiederholungsgefahr,
Präjudiziabilität oder bei einem Rehabilitationsinteresse (Hessisches LSG, a.a.O.). Wiederholungsgefahr ist in diesem Zusammenhang
anzunehmen, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen
und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht (BSG, Urteil vom 14.2.2013, B 14 AS 195/11 R).
Die Kammer bejaht im Fall der Klägerin eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr und damit ein Feststellungsinteresse
für die Fortsetzungsfeststellungsklage, da die Klägerin weiterhin im Leistungsbezug nach dem SGB II bei dem Beklagten steht, so dass es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Beklagte erneut eine EGV per Verwaltungsakt ihr gegenüber erlässt. Die Anlegung eines strengeren Maßstabes kommt dabei nach Auffassung des Gerichts
wegen des Gebots des effektiven Rechtsschutzes nach Art.
19 Abs.
4 GG auch deshalb nicht in Betracht, weil nach der Rechtsprechung des Hessischen LSG ein sogenannter vorbeugender Rechtsschutz
gegen eine EGV im Eilverfahren unzulässig ist (HLSG, Beschluss vom 17.10.2013, L 7 AS 459/13 B ER; zuletzt Beschluss vom 2.7.2015, L 7 AS 318/15 B ER).
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch nicht begründet. Die Kammer verweist hierzu auf ihre Ausführungen in dem Beschluss
vom 21.6.2013 (S 26 AS 698/13 ER) und vertritt weiter die Auffassung, dass es dem Beklagten grundsätzlich überlassen ist, ob er mit dem Leistungsberechtigten
einvernehmlich eine EGV abschließt oder diese per Verwaltungsakt erlässt (vgl. BSG, Urteil vom 22.9.2009, B 4 AS 13/09 R). Selbst wenn man aber der konsensualen Lösung Vorrang gegenüber dem hoheitlichen Handeln einräumt, (BSG, Urteil vom 14.2.2013, B 14 AS 195/11 R) wäre der vorliegende Eingliederungsverwaltungsakt nicht rechtswidrig, da der Beklagte vorliegend der Klägerin zunächst
eine EGV zur Unterschrift übersandt hatte. Damit hat der Beklagte zunächst den Versuch unternommen, mit der Klägerin eine Vereinbarung
abzuschließen, was jedoch scheiterte.
Auch den Inhalt der EGV hält die Kammer nach wie vor für rechtmäßig. Der Beklagte war insbesondere berechtigt, gegenüber der Klägerin die Maßnahme
"Basismodul inklusive Orientierungsphase" anzuordnen, da die Klägerin in der Vergangenheit zahlreiche Bewerbungen vorgenommen
hatte, die allesamt erfolglos verlaufen sind. Es bestand von daher Anlass, die eigenen Möglichkeiten und Ressourcen der Klägerin
zu überprüfen. Auch das Hessische LSG hat diesbezüglich in seinem Beschluss vom 17.10.2013 (L 7 AS 459/13 B ER) die der Klägerin auferlegten Maßnahme als passgenau angesehen. Der EGV lag dabei auch ein hinreichend individuelles Eingliederungskonzept zu Grunde, da der Beklagte eine auf die Bedürfnisse der
Klägerin passende Maßnahme ausgewählt hat.
Das Gericht vermag sich auch nicht den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der Fahrtkostenregelung anzuschließen.
Nach Auffassung des Gerichts regelt die EGV eindeutig und hinreichend klar die Übernahme von Fahrtkosten entweder für die Benutzung des eigenen Pkw oder für eine Fahrkarte
des öffentlichen Personennahverkehrs. Zwar ist dem Prozessbevollmächtigten zuzugeben, dass nach der EGV die erforderlichen Kosten übernommen werden "können". Die Überschrift zu diesem Absatz lautet jedoch "Aufgaben des zuständigen
Beraters: Anmeldung und Übernahme der erforderlichen Fahrtkosten". Hieraus ergibt sich nach Auffassung der Kammer unzweifelhaft,
dass die Klägerin bei Teilnahme an der Maßnahme ihre erforderlichen Fahrtkosten beim Beklagten geltend machen kann. Die Fahrtkostenregelung
ist dabei auch hinsichtlich der erstattungsfähigen Beträge ausreichend konkret.
Der Verwaltungsakt ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil er lediglich der Klägerin einseitig Pflichten auferlegt. Zum
einen hat sich der Beklagte im Gegenzug zur Erstattung von Fahrtkosten verpflichtet. Zum anderen besteht die Gegenleistung
des Beklagten bereits darin, der Klägerin die sechswöchige Maßnahme anzubieten und zu finanzieren.
Soweit die Klägerin die Rechtswidrigkeit der EGV wegen einer Rückwirkung geltend macht, da ihr der Bescheid erst am 3.4.2013 zugestellt worden sei, die Vereinbarung aber
bereits ab 28.3.2013 gegolten habe, schließt sich die Kammer dieser Bewertung nicht an. Jedenfalls im vorliegenden Fall, wo
einziger Inhalt der EGV die Teilnahme an einer Maßnahme ab 10.6.2013 war, spielt die geltend gemachte Rückwirkung keine Rolle, da sich hieraus keine
nachteiligen Konsequenzen für die Klägerin ergeben.
Auch die Rechtsfolgenbelehrung in dem Eingliederungsverwaltungsakt hält das Gericht noch für hinreichend individuell ausgestaltet.
Zwar hat der Beklagte den vollständigen Gesetzestext wiedergegeben und somit auch Verpflichtungen aufgezählt, die im Rahmen
der EGV keine Rolle spielen. Der Text enthält jedoch den konkreten Hinweis an die Klägerin, dass ihre Regelleistung monatlich 30
% für drei Monate gemindert werde, wenn sie die Maßnahme nicht antrete oder Anlass zum Abbruch gebe. Damit konnte die Klägerin
hinreichend deutlich erkennen, welche Konsequenz sich aus einem Pflichtverstoß gegen die ihr auferlegten Pflichten ergibt.
Dies genügt nach Auffassung des Gerichts, um von einer ausreichend individuellen Rechtsfolgenbelehrung auszugehen.
Da die Kammer schließlich auch das SGB II nicht wegen eines Verstoßes gegen das Zitiergebot gemäß Art.
19 Abs.
1 S. 2
GG für verfassungswidrig hält, war die Klage abzuweisen".
Gegen das ihr am 29. September 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. Oktober 2015 Berufung zu dem Hessischen Landessozialgericht
in Darmstadt eingelegt, mit der sie im Wesentlichen weiterhin geltend macht, vor Erlass des EGVA habe sich der Beklagte nicht
hinreichend um den einvernehmlichen Abschluss einer EGV bemüht. Ferner dürfe der die EGV ersetzende EGVA keinen anderen Inhalt als die gescheiterte EGV haben, was vorliegend aber der Fall sei. Außerdem liege dem EGVA kein hinreichend individuelles Eingliederungskonzept zugrunde,
wie schon daraus zu ersehen sei, dass der Beklagte mit der EGV vom 26. Oktober 2012 noch ein anders Konzept verfolgt habe, ohne dass ersichtlich sei, dass dieses infolge von Änderungen
in den Verhältnissen der Klägerin nach rund fünf Monaten überholt gewesen sei. Auch sei die Fahrtkostenregelung nicht hinreichend
klar und eindeutig, wenn es dort heiße, dass die insoweit erforderlichen Kosten übernommen werden "können". Auch messe sich
der EGVA rückwirkende Rechtswirkung vor den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe bei der Empfängerin bei, was ebenfalls rechtswidrig
sei. Die Rechtsfolgenbelehrung enthalte zahlreiche Passagen, die in keinem Zusammenhang mit den der Klägerin auferlegten Pflichten
stünden, was ebenfalls die Rechtswidrigkeit des EGVA zur Folge habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. September 2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Eingliederungsverwaltungsakt
des Beklagten vom 28.März 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2013 rechtswidrig ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil des Sozialgerichts, auf dessen Begründung er Bezug nimmt. Zu einem "Profiling" bzw.
zum Erstellen eines Eingliederungskonzeptes vor Abschluss einer EGV sei er nicht verpflichtet.
Der Senat hat die Beteiligten zu seiner Absicht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung als unbegründet zurückzuweisen,
vorher angehört.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichts- und
Verwaltungsakten ergänzend Bezug genommen.
Gründe
Der Senat konnte durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und
eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher gehört worden (§
153 Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz -
SGG).
Die zulässige Berufung ist sachlich unbegründet.
Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. September 2015 ist im Ergebnis ebenso wie der Bescheid
des Beklagten vom 28. März 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2013 zu Recht ergangen.
Zutreffend hat das Sozialgericht die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage bejaht. Insoweit nimmt der Senat auf
die entsprechenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils, denen er sich anschließt, Bezug (§
153 Abs.
2 SGG).
Im Ergebnis ebenfalls zutreffend hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen, weil der durch Zeitablauf erledigte
EGVA des Beklagten vom 28. März 2013 rechtmäßig war. Allerdings folgt der erkennende Senat der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG), wonach ein EGVA nur in Betracht kommt, wenn zuvor eine konsensuale Eingliederungsvereinbarung nicht zu Stande gekommen
ist, es somit nicht dem Beklagten überlassen bleibt, ob er mit dem Leistungsberechtigten eine EGV abschließt oder diese durch Verwaltungsakt ersetzt (siehe: BSG, Urteil vom 23. Juni 2016, B 14 AS 42/15 R, Juris Rn. 10, 11). Der Erlass eines EGVA setzt daher eine atypische Situation voraus, wie etwa die Weigerung der Leistungsberechtigten
Person, eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen, oder wenn nach hinreichender Verhandlungsphase die Eingliederungsvereinbarung
nicht zu Stande kommt etc. (siehe: Kador in Eicher, SGB II-Komm., 3. Aufl. 2013, § 15 Rn. 62, 63 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen waren entgegen der Auffassung der Klägerin im vorliegenden Fall allerdings eindeutig erfüllt, denn schon
mit Schreiben vom 12. April 2012 hat die Klägerin ihre Absicht zum Ausdruck gebracht, keine neue EGV abschließen zu wollen, bevor nicht der Beklagte ihre verschiedenen Forderungen erfüllt habe. Aufgrund eines weiteren Beratungsgesprächs
vom 26. Oktober 2012 übersandte ihr der Beklagte auch einen neuen Entwurf einer EGV, wobei er gerade nicht schematisch an den Zielsetzungen der früheren EGV festhielt, die noch unmittelbar auf die Förderung der Bewerbungsbemühungen der Klägerin am Arbeitsmarkt durch Unterstützung
der Stellensuche und Übernahme der Bewerbungskosten gerichtet waren, sondern nunmehr die Teilnahme an einer Eingliederungsmaßnahme
"Auf dem Sprung" vorsah, die die Teilnehmer bei ihren Bewerbungsbemühungen zusätzlich unterstützen sollte. Mit Schreiben vom
9. November 2012 lehnte die Klägerin schließlich unmissverständlich den Abschluss einer neuen EGV aufgrund grundsätzlicher Erwägungen ab, u.a. weil sie weitere Leistungen des Beklagten zur Eingliederung nicht für erforderlich
hielt. Damit waren die umfassenden, völlig ausreichenden und sich über mehrere Monate erstreckenden Bemühungen des Beklagten
zum Abschluss einer einvernehmlichen EGV endgültig gescheitert, weshalb dieser zum Erlass eines eine EGV ersetzenden Verwaltungsaktes nach § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II befugt war.
Entgegen der Auffassung der Klägerin war der Bescheid des Beklagten vom 28. März 2013 hinsichtlich der dort getroffenen Regelungen
auch nicht rechtswidrig. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die in dem Bescheid enthaltene Rechtsfolgenbelehrung für den
Fall eines Pflichtenverstoßes den rechtlichen Anforderungen genügt, um hierauf rechtmäßig Sanktionen gegen die Klägerin zu
ergreifen, denn insoweit handelt es sich nicht um Bestandteile der hier zu überprüfenden Rechtmäßigkeit eines bestimmten Verwaltungsakts,
nämlich des EGVA vom 28. März 2013, sondern lediglich um Voraussetzungen für gegebenenfalls nachfolgende Verwaltungsakte in
Form von Sanktionen. Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur
Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen
gerichtet ist (§ 31 S. 1 SGB X). Nur die Rechtmäßigkeit dieser zur Regelung eines Einzelfalles erlassenen hoheitlichen Maßnahme ist im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage
zu überprüfen. Der Rechtsfolgenbelehrung fehlt schon der notwendige Regelungscharakter und es handelt sich insoweit auch um
keine "Maßnahme" sondern lediglich um eine vorbereitende Handlung im Hinblick auf später durch Verwaltungsakt zu treffende
Sanktionsentscheidungen (vgl. hierzu: Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X Komm., 8. Aufl. 2014, § 31 Rn. 26).
Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die Benennung des Beginns des Wirkungszeitraumes des EGVA noch kurz vor dem Zeitpunkt
seiner Bekanntgabe bei der Klägerin unschädlich, weil er insoweit keine Regelungen für die Zeit vor Bekanntgabe enthält, denn
geplanter Maßnahmebeginn war erst der 10. Juni 2013.
Soweit die Klägerin rügt, dem EGVA am 28. März 2013 liege kein hinreichend individuelles Eingliederungskonzept zu Grunde,
vermag dem der Senat ebenfalls nicht zu folgen.
Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des BSG an, wonach die in einem EGVA zu ersetzenden Regelungen im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens nach dem selben Maßstäbe zu einem
angemessenen Ausgleich zu bringen sind, wie sie für die konsensuale EGV gelten. Danach muss die Gegenleistung zu der sich der Leistungsempfänger verpflichtet, den gesamten Umständen nach angemessen
sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen (§ 55 Abs. 1 S. 2 SGB X). Hieran hat der Senat im vorliegenden Fall keine Zweifel, denn der Beklagte verfolgte mit seinem Bescheid vom 28. März 2013
zwecks Integration der Klägerin in den Arbeitsmarkt lediglich das Teilziel der Teilnahme an einer bestimmten Maßnahme, nämlich
dem "Basismodul inkl. Orientierungsphase", die den Teilnehmern zu einer realistischen Einschätzung der persönlichen Möglichkeiten,
Perspektiven und Ressourcen verhelfen sollte. Die Leistung des Beklagten bestand mithin im Angebot der genannten Eingliederungsmaßnahme
sowie der Anmeldung der Klägerin und Übernahme der erforderlichen Fahrtkosten (für die preisgünstigste und zweckmäßigste Fahrkarte
des öffentlichen Personennahverkehrs) bzw. bei Benutzung eines Kraftfahrzeuges für jeden gefahrenen Kilometer zwischen Wohnung
und Maßnahmeort 0,20 €. Dem stand als festgelegte Gegenleistung der Klägerin lediglich der Antritt und die aktive und regelmäßige
Teilnahme an der Maßnahme sowie - als Nebenpflicht - der Nachweis über die erforderlichen Fahrtkosten gegenüber. Hierin vermag
der Senat keine unangemessene Belastung der Klägerin im Verhältnis zu den vom Beklagten übernommene Leistungen zu erkennen.
Soweit die Klägerin rügt, die Fahrtkostenregelung sei nicht hinreichend eindeutig, weil danach die Übernahme der erforderlichen
Kosten nicht verbindlich geregelt sondern nur als möglich in Aussicht gestellt worden sei, kann sich der Senat dieser Sichtweise
nicht anschließen. Die Fahrtkostenregelung ist vielmehr ausreichend klar und lässt erkennen, dass der Beklagte die notwendigen
Fahrtkosten übernimmt, sofern diese ebenen von der Klägerin im Rahmen ihrer Nebenpflicht nachgewiesen werden. Soweit der Beklagte
in diesem Zusammenhang den Begriff "können" benutzt, bringt dies lediglich völlig zutreffend zum Ausdruck, dass der Ersatz
der erforderlichen Fahrtkosten neben der Voraussetzung der Erforderlichkeit noch weitere Voraussetzung hat, deren Eintritt
in der Zukunft ungewiss ist, wie z.B. den Nachweis derselben oder auch die Beantragung.
Abwegig ist schließlich auch der Einwand, durch die Verpflichtung der Klägerin, die erforderlichen Fahrtkosten nachzuweisen,
werde ihr Unmögliches abverlangt, wenn sie ein Kraftfahrzeug benutze. Bei Benutzung eines Kraftfahrzeuges ist der Nachweis
der erforderlichen Fahrtkosten ohne weiteres bereits durch Benennung der kürzesten zumutbaren Fahrstrecke möglich.
Dem EGVA lag zur Überzeugung des Senats, mit der er sich auf den Verlauf der Eingliederungsbemühungen des Beklagten seit Beginn
des Leistungsbezugs im April 2011 nach dem Inhalt der Verwaltungsakten stützt, auch ein hinreichend individuelles Eingliederungskonzept
zu Grunde, wie insbesondere dem Umstand zu entnehmen ist, dass der Beklagte von der der Klägerin durch die vorangegangenen
EGV in bestimmtem Umfang auferlegten Verpflichtung zu Eigenbemühungen um einen Arbeitsplatz entsprechend der bis dahin eingetretenen
Entwicklung Abstand genommen hat und nunmehr nur noch die Teilnahme an einer bestimmten Eingliederungsmaßnahme als Teilziel
zur Integration in den Arbeitsmarkt festgelegt wurde.
Insoweit erscheint schon zweifelhaft, ob es sich bei dem Bescheid des Beklagten vom 28. März 2013 überhaupt um einen EGVA
i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II handelte, denn ein wesentlicher Bestandteil einer EGV und damit auch eines EGVA ist die Festlegung, welche Bemühungen der Leistungsberechtigte in welcher Häufigkeit zur Eingliederung
in Arbeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind (§ 15 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II). Insbesondere im Zusammenhang mit dieser wesentlichen Verpflichtung des Leistungsberechtigten stellte das BSG die Notwendigkeit eines erkennbaren individuellen Eingliederungskonzepts heraus (Urteil vom 23. Juni 2016, a.a.O. Rn. 14).
Da der Beklagten der Klägerin mit dem Bescheid vom 28. März 2013 keinerlei Bewerbungsbemühungen abverlangt hat, könnte sich
auch um einen schlichten Bescheid zur Bewilligung einer Eingliederungsmaßnahme handeln, die der Beklagte gegebenenfalls auch
ohne Eingliederungsvereinbarung nach § 14 SGB II im Einzelfall zu erbringen hat und für den ein ausgearbeitetes Eingliederungskonzept keine notwendige Voraussetzung darstellt.
Unabhängig vom inhaltlichen Rechtscharakter des Bescheides vom 28. März 2013 hat jedenfalls der Umfang der dem Leistungsberechtigten
auferlegten Pflichten (Gegenleistung) maßgeblichen Einfluss auf den notwendigen Umfang eines individuell ausgearbeiteten Eingliederungskonzeptes
sowie der hierauf beruhenden vom Beklagten zu erbringenden Leistungen. Hieran gemessen ist im vorliegenden Fall zur Überzeugung
des Senats ein ausreichend konkretes und individuelles Eingliederungskonzept als Grundlage des Bescheides vom 28. März 2013
zu erkennen, das insbesondere die langzeitige Erfolglosigkeit der vorausgegangenen Eingliederungsbemühungen sowie die schließlich
entstandene Unklarheiten im Hinblick auf die noch vorhandenen verwertbaren beruflichen Qualifikationen der Klägerin berücksichtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war mangels Zulassungsgründen im Sinne des §
160 Abs.
2 SGG nicht zuzulassen.