Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für einen Studenten
Voraussetzungen für einen Leistungsausschluss
Nebeneinander von SGB-II- und BAföG-Ansprüchen
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts an den Kläger.
Der 1967 geborene Kläger stand bei dem Beklagten bis Ende März 2013 im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem Sozialgesetzbuch, 2. Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) in einer Bedarfsgemeinschaft mit seiner 1970 geborenen Ehefrau und seinem 1994 geborenen Sohn.
Mit Rentenbescheid vom 19. Dezember 2012 wurde dem Kläger durch die Deutsche Rentenversicherung eine befristete Rente wegen
voller Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 482,72 EUR ab dem 1. April 2013 bis Januar 2015 gewährt. Zeitgleich mit dem
Rentenbeginn nahm der Kläger ein Studium im Fach Rechtswissenschaft als Haupthörer an der Johannes Gutenberg Universität Mainz
auf. Dies teilte er der Beklagten in einem Schreiben vom 25. März 2013 unter Vorlage einer entsprechenden Studienbescheinigung
mit. Daraufhin wurde von dem Beklagten mit Bescheid vom 2. April 2013 zunächst die laufende Leistungsbewilligung an den Kläger
ab Mai 2013 aufgehoben und sodann mit weiterem Bescheid vom 8. April 2013 die an den Kläger für den Zeitraum ab dem 1. April
2013 bewilligten Leistungen teilweise rückwirkend aufgehoben und die bereits erbrachten Leistungen von diesem zurückgefordert.
Beide Bescheide wurden von dem Kläger nicht angefochten.
Mit Schreiben vom 8. Juli 2013 beantragte der Kläger die Gewährung von Arbeitslosengeld II für die vorlesungsfreie Zeit vom
15. Juli bis zum 15. Oktober 2013.
Hierauf teilte der Beklagte dem Kläger zunächst mit Schreiben vom 10. Juli 2013 mit, dass Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft
bereits bis zum 31. Dezember 2013 bewilligt worden seien und der eingereichte Antrag auf Weiterbewilligung unberücksichtigt
in der Akte abgelegt werde. Hiergegen erhob der Kläger am 15. Juli 2013 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli
2013 wurde der Bescheid vom 10. Juli 2013 von der Beklagten insoweit abgeändert, als der Antrag auf Zahlung von Leistungen
für die Zeit der Semesterferien vom 15. Juli 2013 bis zum 15. Oktober 2013 zunächst formell abgelehnt wurde. Im Übrigen wurde
der Widerspruch unter Hinweis auf den gesetzlichen Leistungsausschluss aufgrund des laufenden Studiums und des hieraus resultierenden
grundsätzlichen Anspruchs auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 20. August 2013 Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16. Dezember 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der
Kläger habe nach § 7 Abs. 5 SGB II keinen Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II, da er seit dem 1. April 2013 an der Johannes Gutenberg Universität Mainz als Student immatrikuliert und damit grundsätzlich
anspruchsberechtigt nach dem BAföG sei. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG werde Ausbildungsförderung grundsätzlich für den Besuch von Hochschulen geleistet. Damit handele es sich bei dem Studium
des Antragstellers um eine dem Grunde nach gemäß dem BAföG förderungsfähige Ausbildung im Sinne von § 7 Abs. 5 SGB II. Für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II sei es lediglich von Bedeutung, dass die Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig sei. Daher bleibe es vorliegend außer Betracht, dass der Kläger aus anderen Gründen wie etwa
der Altersbeschränkung nach § 10 Abs. 3 BAföG voraussichtlich tatsächlich keine Leistungen nach dem BAföG erhalten werde. Der Leistungsausschluss gelte für den gesamten Zeitraum des Studiums, daher auch während der Semesterferien
bzw. in den vorlesungsfreien Zeiten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers, wonach er grundsätzlich
abends bzw. nachts arbeiten gehen könnte.
Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 19. Dezember 2013 zugestellt worden. Am 27. Dezember 2013 hat er hiergegen Berufung
vor dem Hessischen Landessozialgericht erhoben.
Der Kläger bestreitet, dass ihm die Bescheide vom 2. April 2013 und 8. April 2013 zugesandt worden seien. Aus diesem Grund
habe er gegen diese auch keinen Widerspruch einlegen können. Unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur
ehemaligen Arbeitslosenhilfe sei zudem sowohl von dem Beklagten als auch dem Sozialgericht zu Unrecht nicht beachtet worden,
dass es ihm auch als Student möglich sei, sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen, so dass der an das Studium anknüpfende
vollständige Leistungsausschluss nicht zulässig sei. Darüber hinaus sei es auch nicht rechtmäßig, seine Erwerbsminderungsrente
vollständig auf das Arbeitslosengeld II anzurechnen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 16. Dezember 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 10. Juli 2013
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Leistungen nach dem
SGB II in gesetzlichem Umfang für den Zeitraum vom 15. Juli 2013 bis zum 15. Oktober 2013 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte nimmt auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug und sieht sich darin durch den Gerichtsbescheid des
Sozialgerichts Darmstadt bestätigt.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters und ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge
des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Berichterstatter entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senats und ohne mündliche Verhandlung (§§
155 Abs.
3, Abs.
4,
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 16. Dezember 2013 und der Bescheid des Beklagten vom 10. Juli 2013 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2013 sind rechtmäßig, so dass der Kläger nicht beschwert ist (vgl. §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG).
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 15. Juli 2013 bis zum 15. Oktober 2013, da er auch in diesem Zeitraum als Student der Rechtswissenschaft
eine Ausbildung absolvierte, die grundsätzlich nach dem BAföG förderungsfähig ist. Damit kommt auch für den streitgegenständlichen Zeitraum der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II zur Anwendung.
Zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Darmstadt
vom 16. Dezember 2013 (vgl. §
153 Abs.
2 SGG).
Der Vortrag im Berufungsverfahren gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass.
Soweit der Kläger bestreitet, dass ihm die Bescheide vom 2. April 2013 und 8. April 2013 zugesandt wurden, kann dies nicht
zum Gegenstand der vorliegenden Berufung gemacht werden. Die Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt war ausdrücklich nur auf
den Bescheid des Beklagten vom 10. Juli 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2013 sowie auf die Gewährung
von Leistungen für den Zeitraum der Semesterferien vom 15. Juli 2013 bis zum 15. Oktober 2013 gerichtet. Soweit von dem Kläger
nunmehr im Berufungsverfahren erstmals Einwände gegen die Bescheide vom 2. April 2013 und 8. April 2013 vorgetragen werden,
mangelt es insoweit an der Durchführung des erforderlichen Vorverfahrens sowie eines nachfolgenden erstinstanzlichen Klageverfahrens
vor dem Sozialgericht.
Im Übrigen hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend ausgeführt, dass der Kläger aufgrund seines
Studiums nach § 7 Abs. 5 SGB II auch im streitgegenständlichen Zeitraum vom Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen war. Nach
§ 7 Abs. 5 SGB II sind Auszubildende von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen, sofern sie dem Grunde nach leistungsberechtigt
nach dem BAföG sind. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 6 in Verbindung mit Abs. 5 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Besuch von Hochschulen geleistet, wenn der Ausbildungsabschnitt mindestens ein Schul- oder
Studienhalbjahr dauert und die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt. Diese Voraussetzungen
sind hinsichtlich des Studiums des Klägers an der Johannes Gutenberg Universität Mainz zweifelsfrei erfüllt. Eine andere Beurteilung
ist hier auch nicht deshalb angezeigt, weil im Zeitraum vom 15. Juli 2013 bis zum 15. Oktober 2013 das Studium an der Universität
wegen der laufenden Semesterferien nicht betrieben werden kann. So wird in § 2 Abs. 5 BAföG durch die Worte "im allgemeinen" klargestellt, dass beispielsweise Ferienzeiten die Förderfähigkeit der Ausbildung nicht
ausschließen (vgl. Ramsauer/Stallbaum/Sternal, Kommentar zum BAföG, 4. Aufl., § 2 Rn. 106). Aus diesem Grund erhalten Studenten üblicherweise auch durchgängig die vorgesehene Förderung und nicht nur während
des regulären Vorlesungsbetriebes (Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 13. September 2012 - L 4 AS 175/11 - juris).
Im Gegensatz zu den Regelungen im Sozialgesetzbuch, 3. Buch - Arbeitsförderung (
SGB III) zum Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. zum früheren Anspruch auf Arbeitslosenhilfe kommt es nach der ausdrücklichen Regelung
des § 7 Abs. 5 SGB II für den Leistungsausschluss nicht darauf an, ob bzw. in welchem Umfang durch die Ausübung des Studiums die Verfügbarkeit
auf dem Arbeitsmarkt eingeschränkt ist. Aus diesem Grund ist auch die von dem Kläger zitierte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
aus Verfahren nach dem
SGB III vorliegend nicht einschlägig.
Ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II an den Kläger war damit ausschließlich nach Maßgabe des § 27 SGB II möglich. Die dort genannten Leistungen wurden vom Kläger vorliegend allerdings weder gegenüber dem Beklagten beantragt noch
im Klageverfahren geltend gemacht. Zudem lagern die Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen nach § 27 SGB II im Falle des Klägers zweifelsfrei auch nicht vor.
Für die vorliegende Entscheidung kommt es damit auch nicht darauf an, in welchem Umfang eine Anrechnung des Einkommens aus
der Erwerbsunfähigkeitsrente auf den Leistungsanspruch nach dem SGB II zulässig wäre, da ein Leistungsanspruch des Klägers nach dem SGB II aus den vorgenannten Gründen schon dem Grunde nach nicht bestand.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG nicht vorliegen.