LSG Hessen, Urteil vom 17.10.2007 - 3 U 23/04
Unfallversicherung
Vorinstanzen: SG Fulda 19.12.2003 S 3 U 268/99
Tenor I.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 19. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
II.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte einen Verkehrsunfall des Klägers in der Nacht vom 16. auf den 17. Dezember 1993
als Arbeitsunfall/Wegeunfall festzustellen und zu entschädigen hat.
Der 1951 geborene Kläger betrieb zur Zeit des Unfalls in EF-Stadt als Einzelunternehmer den "EX." und daneben eine Sportagentur,
in deren Rahmen er Bundesliga-Fußballspieler, insbesondere Spieler vom G. G-Stadt (u.a. H., J., K., L.) an westdeutsche Vereine
vermittelte.
Am 17. Dezember 1993 gegen 0.27 Uhr erlitt der Kläger zusammen mit seiner späteren Ehefrau und dem Zeugen M. (ehemaliger Handball-Bundesliga-Trainer
und in Aussicht genommener Geschäftspartner der Sportagentur) von G-Stadt kommend mit seinem Pkw Audi/D 11 auf der BAB 5 bei
N-Stadt/Ortsteil NX., Kreis Hersfeld-Rothenburg, einen Unfall, als von einem unbekannten Fahrzeug eine Hartfaserplatte vor
sein Fahrzeug fiel, dieses von der Fahrbahn abkam, sich überschlug und mit Totalschaden zum Stehen kam. Der Kläger zog sich
insbesondere ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit Hirncontusion, retrograder Amnesie und hirnorganischem Psychosyndrom zu.
Wegen seit dem Unfall bestehender Geschäfts- und Prozessunfähigkeit wurde ihm durch Beschluss des Amtsgerichts Bad Hersfeld
vom 3. März 2003 eine Betreuerin bestellt.
Der Unfall wurde zunächst von der Geschäftsführerin des "EX." der insoweit zuständigen Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel
telefonisch mit der Begründung angezeigt, dass der Unfall sich auf der Fahrt zu einem Gerichtstermin ereignet habe. Der Kläger
selbst soll laut Telefonvermerk vom 20. April 1994 angegeben haben, dass er nach G Stadt gefahren sei, um mit Fußballspielern
vom G. G-Stadt Gespräche zu führen. Sein Bevollmächtigter teilte mit Schriftsätzen vom 1. September 1994, 28. Februar, 29.
Mai und 6. November 1995 mit, dass der Kläger für sein Unternehmen "EX." am 16. Dezember 1997 nach G-Stadt gefahren sei, um
den Kunden und Fußballspielern K. und L. sowie O. Weihnachtsbestellungen insbesondere in Form von Frischobst, Weinen, Nüssen
und Feinkost in Dosen auszuliefern. Er sei am 16. Dezember 1993 am frühen Morgen bzw. gegen 4.00 Uhr losgefahren und habe
die Waren gegen Barzahlung bei den genannten Kunden, mit denen der Zeuge M. für die Sportagentur auch Gespräche geführt habe,
ausgeliefert bzw. gegen 9.30 Uhr beim Spieler J. gegen Barzahlung abgegeben, da dieser vereinbarungsgemäß die Ware für alle
Kunden habe entgegennehmen sollen. Die Auslieferung der Waren sei am 16. Dezember 1993 erfolgt, weil er an diesem Tag außerdem
noch als Zeuge einen Gerichtstermin vor dem OLG G Stadt ab 14.00 Uhr habe wahrnehmen müssen. Nach der Verabschiedung durch
den Spieler J. gegen 10.00 Uhr/10.20 Uhr sei er deshalb in die Stadt gefahren, um das Gericht zu suchen und festzustellen,
wo er sein Fahrzeug abstellen könne. Vor dem Termin habe er noch zu Mittag gegessen und sei dann um 14.00 Uhr pünktlich bei
Gericht erschienen. Die Verhandlung habe bis ca. 16.00 Uhr gedauert. Anschließend habe man noch den Weihnachtsmarkt in G-Stadt
besucht und schließlich gegen 18.00 Uhr die Rückreise angetreten. Der Kläger selbst gab unter dem 28. Februar 1995 dazu noch
an, dass die Lieferung für Weihnachten ca. sechs Stunden in Anspruch genommen habe, er um 18.00 Uhr beim letzten Kunden eingetroffen
und diesen um ca. 20.00 Uhr verlassen habe. Seine Ehefrau teilte mit Schreiben vom 26. Juli 1995 u.a. mit, dass sich der Unfall
auf der Rückreise von Kundenlieferungen und einer Terminwahrnehmung des Klägers als Zeuge ereignet habe. Laut der vom Kläger
dazu vorgelegten Ladung des Vorsitzenden Richters des 4. Zivilsenats des OLG G-Stadt vom 18. November 1993, der Ladung selbst
und dem Sitzungsprotokoll waren zu dem Rechtsstreit des Fußballspielers H. gegen den G. G-Stadt, vertreten durch den Präsidenten
P., für den 16. Dezember 1993, 14.00 Uhr, als Zeuge gemäß § 273 Abs. 2 Nr. 4 Zivilprozessordnung ( ZPO) u.a. der Kläger und der Fußballspieler J. geladen und bei Aufruf der Sache auch erschienen. Der Rechtsstreit endete - ohne
Zeugenvernehmung - durch Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs. Der Fußballspieler L. teilte der Beklagten unter dem 6.
Juli 1995 mit, dass der Kläger ihn zur maßgeblichen Zeit nicht besucht haben könne, weil er in Q-Stadt gewohnt habe.
Durch Bescheid vom 10. Januar 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. April 1996 lehnte die Berufsgenossenschaft
(BG) für den Einzelhandel die Anerkennung des Unfalls vom 17. Dezember 1993 als Arbeitsunfall ab, weil nicht festzustellen
sei, dass der Kläger sich zum Unfallzeitpunkt auf dem Rückweg von einer Kundenbelieferung für den "EX." befunden habe. Die
hiergegen beim Sozialgericht Köln (Az.: 18 U 138/96) erhobene Klage nahm der Kläger im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 29. November 1996 mit dem Hinweis zurück, dass
er seine Entschädigungsansprüche im Rahmen des § 539 Abs. 1 Nr. 13 Reichsversicherungsordnung ( RVO) wahrnehmen werde.
Zur Prüfung eines etwaigen Versicherungsschutzes nach § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO hatte die BG für den Einzelhandel ihre Unterlagen bereits im Januar 1996 an die Beklagte abgegeben. Dieser teilte der Präsidialrichter
des OLG G-Stadt mit Schreiben vom 19. März 1997 u.a. mit, dass bezüglich des Verfahrens vor dem 4. Zivilsenat vom 16. Dezember
1993, zu dem der Kläger als Zeuge für 14.00 Uhr geladen gewesen sei, der Schluss der mündlichen Verhandlung sich dem Protokoll
nicht mehr entnehmen lasse, die heutige Vorsitzende des 4. Zivilsenats auf Anfrage jedoch erklärt habe, dass die Verhandlung
ihrer Erinnerung nach nicht länger als zwei Stunden gedauert haben dürfte, also wohl gegen 16.00 Uhr beendet gewesen sei.
Die Ehefrau des Klägers bestätigte gegenüber der Beklagten in einer schriftlichen Erklärung vom 24. Juni 1997, dass die Heimfahrt
aus G-Stadt um ca. 18.00 Uhr angetreten worden sei. Demgegenüber gab der Zeuge M. unter dem 3. März 1998 auf die Frage der
Beklagten: "Wann traten Sie gemeinsam mit Herrn A. die Rückreise von G-Stadt aus an (bitte möglichst genaue Uhrzeit)?" die
Antwort: "Ca. 20.00 Uhr". Auf die Frage "Welche Verrichtungen wurden von Herrn A. nach der Verhandlung, vor Beginn der Abfahrt
noch getätigt, hat er ggf. noch Kunden aufgesucht?" gab der Zeuge zur Antwort: "Keine Kunden aufgesucht. Stadtbummel." Zur
Frage, ob die Rückfahrt zügig erfolgte oder die Durchfahrt durch Staus, längere Pausen behindert wurde und wie lange man sich
bis zum Zeitpunkt des Unfalls bereits auf der Autobahn befunden habe, erklärte der Zeuge M.: "Kaffeepause ca. 0.15 Uhr. Auf
Autobahn dreieinhalb bis vier Stunden."
Durch Bescheid vom 29. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 1999 lehnte daraufhin auch die Beklagte
die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Unfalls vom 17. Dezember 1993 ab, weil der Kläger nach seiner gemäß
§ 539 Abs. 1 Nr. 13 2. Halbs. RVO versicherten Teilnahme an der Gerichtsverhandlung in G-Stadt den Antritt der Heimfahrt aus eigenwirtschaftlichen Gründen
um mehr als zwei Stunden verzögert habe, so dass ein ursächlicher Zusammenhang des anschließend zurückgelegten Weges mit der
versicherten Tätigkeit nicht mehr bestanden habe. Die vom Kläger angegebene Abfahrtszeit von 18.00 Uhr und die sich danach
ergebende Fahrzeit bis zum Unfall von ca. sechs Stunden könnten nach der Aussage und Wegstreckenbeschreibung des Zeugen M.
keinesfalls zutreffen und widersprächen auch den eigenen Angaben des Klägers im Fragebogen vom 28. Februar 1995.
Hiergegen hat der Kläger am 29. April 1999 beim Sozialgericht Fulda (SG) Klage erhoben. Mit Schriftsatz vom 29. Februar 2000 hat er zum Hergang am 16. Dezember 1993 vortragen lassen, dass er ca.
gegen 4.00 Uhr von zu Hause losgefahren sei, ca. gegen 9.30 Uhr beim Zeugen J. zur Auslieferung der Weihnachtsbestellungen
eingetroffen sei, diesen gegen 10.00 Uhr/10.20 Uhr verlassen habe und in die Stadt gefahren sei, um das Gerichtsgebäude zu
suchen und Parkmöglichkeiten zu erkunden, nach Einnahme eines Mittagessens pünktlich um 14.00 Uhr bei Gericht erschienen sei,
sich nach Beendigung der Gerichtsverhandlung um ca. 16.00 Uhr kurz auf den Weihnachtsmarkt begeben und Speisen zu sich genommen
habe, um die Rückfahrt sicher vornehmen zu können, und dann gegen 18.00 Uhr die Rückreise angetreten habe. Gleichzeitig hieß
es, dass der Unfall sich ereignet habe, nachdem er - der Kläger - sich "dreieinhalb bis vier Stunden auf der Rückreise von
G-Stadt nach F. befunden hatte", und dass die mitfahrende Ehefrau und der Zeuge M. "den Abfahrtszeitpunkt von G-Stadt nach
Hause mit ca. 20.00 Uhr bestätigten". In einem weiteren Schriftsatz vom 23. Oktober 2000 wurde mitgeteilt, dass Letzteres
missverständlich und falsch sei und korrigiert werde und zwischen Beendigung der Gerichtsverhandlung gegen 16.00 Uhr und dem
Antritt der Rückreise gegen 18.00 Uhr maximal zwei Stunden gelegen hätten, in denen zudem auch keine privaten Dinge durchgeführt
worden seien, sondern nur eine zur sicheren Durchführung der Rückreise erforderliche Mahlzeit eingenommen worden sei. Mit
Schriftsatz vom 8. Juli 2001 wurde geltend gemacht, dass es schon aufgrund der objektiven Gegebenheiten auszuschließen sei,
dass die Rückreise erst um 20.00 Uhr begonnen habe. Denn auf der Strecke zwischen G-Stadt und E-Stadt hätten sich damals ca.
zehn bis 15 Baustellen mit zulässigen Höchstgeschwindigkeiten von 60 oder 80 km/h befunden. Infolgedessen sei die Hinfahrt
von insgesamt 750 km entgegen den bisherigen, aufgrund der Unfallfolgen irrtümlich gemachten Angaben tatsächlich auch nicht
in 5,5 Stunden zwischen 4.00 Uhr und 9.30 Uhr mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 136 km/h zurückgelegt worden, sondern
man sei in G Stadt - nach ein bis zwei Zwischenstopps zum Tanken und Essen von insgesamt 30 Minuten - erst nach 9,5 Stunden
zur Gerichtsverhandlung gegen 14.00 Uhr eingetroffen, ohne den Zeugen J. an diesem Tag mit Waren zu beliefern, so dass sich
für die Hinfahrt eine Durchschnittsgeschwindigkeit von nur ca. 78 km/h errechne. Bei Antritt der Rückreise in G-Stadt um 18.00
Uhr errechne sich für die Strecke von 410 km bis zur Unfallstelle bei einer Fahrzeit von 5,5 Stunden (6 Stunden, 10 Minuten
abzüglich 40 Minuten Tanken und Imbiss) eine vergleichbare realitätsnahe Durchschnittsgeschwindigkeit von 74 km/h, während
sich bei einer Abfahrtszeit gegen 20.00 Uhr ausgehend von einer Fahrzeit von 3,5 Stunden (4 Stunden, 10 Minuten abzüglich
40 Minuten Tanken und Imbiss) eine schon wegen der Baustellen völlig ausgeschlossene Durchschnittsgeschwindigkeit von 117
km/h errechne. Nachdem das SG den Prozessbevollmächtigten darauf hingewiesen hatte, dass die Entfernungen G Stadt-E-Stadt und G-Stadt-Unfallstelle geringer
seien als angegeben, legte dieser mit Schriftsatz vom 9. Juli 2002 eine schriftliche Erklärung des Zeugen M. vom selben Tag
mit folgendem Wortlaut vor:
"Die Abfahrt zum Gerichtstermin am 16.12.1993 erfolgte um 04.00 Uhr. Ankunft in G-Stadt (staubedingt) gegen 13.30 Uhr.
Gerichtstermin 14.00 - 16.00 Uhr.
Danach Besuch des R-marktes und Treffen mit dem ehemaligen Präsidenten von G. G-Stadt, Herrn P.
Abfahrt in G-Stadt 17.45 Uhr. Bedingt durch Auffahren auf eine falsche Autobahn und mehrere Staus sowie eine Rast auf einer
Autobahnraststätte bei Bad Hersfeld geschah der Unfall erst um Mitternacht."
Auf Anfrage des SG teilte die Polizei Autobahnstation Bad Hersfeld mit Schreiben vom 8. Mai 2003 u.a. mit, dass die durchgeführten Ermittlungen
in den drei Bundesländern Sachsen, Thüringen und Hessen zu keinen konkreten Ergebnissen geführt hätten, da die Unterlagen
für durchgeführte Baumaßnahmen nur fünf Jahre aufbewahrt werden müssten. Die entsprechenden Sachbearbeiter in Sachsen und
Thüringen seien aber der Meinung, dass zu dieser Zeit mehrere Autobahn-Baustellen mit Geschwindigkeitsbeschränkungen von 60
bzw. 80 km/h bestanden hätten. Auf hessischem Gebiet sei am sog. "Thüringer Zipfel" zwischen den Anschlussstellen S. und T.
gearbeitet worden. Zu Verkehrsbehinderungen führende Unfälle auf der A 4 zwischen der Landesgrenze Thüringen und dem Kirchheimer
Dreieck hätten sich zur besagten Zeit nach dem noch vorliegenden Verkehrsunfall-Tagebuch nicht ereignet. Im Termin zur mündlichen
Verhandlung am 14. Oktober 2003 hat das SG schließlich den Kläger noch persönlich angehört sowie seine Ehefrau C. A., M. und den Fußballspieler J. als Zeugen gehört.
Der Zeuge M. gab - "nachdem er die Sache eingehend mit dem Kläger durchgegangen war" - u.a. an, dass man gegen 14.00 Uhr in
G-Stadt eingetroffen und gegen 17.45 Uhr bzw. 18.00 Uhr oder auch nach 18.00 Uhr wieder abgefahren sei. Seine frühere schriftliche
Erklärung vom 3. März 1998 könne er sich nur so erklären, dass er diese "etwas flüchtig abgegeben habe". Der Zeuge J. sagte
u.a. aus, dass er am maßgeblichen Tag vom Kläger nicht mit Artikeln aus seinem Feinkostgeschäft beliefert worden sei. Im Übrigen
wurde u.a. berichtet, dass nach Beendigung der Gerichtsverhandlung nicht nur der R-markt besucht worden sei, sondern vorher
(so Zeuge M.) oder nachher (so Kläger und Ehefrau) noch ein Treffen im Hotel U. mit dem ehemaligen Präsidenten von G. G-Stadt
P. und anderen Personen stattgefunden habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Angaben und Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift
verwiesen.
Durch Urteil vom 19. Dezember 2003 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Nach Ausschöpfung aller geeigneten und erreichbaren Beweismittel
könne unter Berücksichtigung der früheren Erklärungen des Klägers, seines Prozessbevollmächtigten und insbesondere des Zeugen
M. nicht festgestellt werden, ob nach Beendigung der nach § 539 Abs. 1 Nr. 13 2. Halbs. RVO versicherten Teilnahme des Klägers an der Gerichtsverhandlung der Antritt des grundsätzlich nach § 550 Abs. 1 RVO versicherten Heimwegs von G-Stadt nach E-Stadt aus eigenwirtschaftlichen Gründen nur weniger als zwei Stunden bzw. zwei Stunden
oder aber mehr als zwei Stunden verzögert worden sei und damit eine Lösung des Versicherungsschutzes eingetreten sei. Auch
anhand zu errechnender Durchschnittsgeschwindigkeiten ergebe sich entgegen dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers
nicht, dass der Kläger am 16. Dezember 1993 nicht gegen 4.00 Uhr in F. abgefahren, gegen 9.30 Uhr in G-Stadt angekommen und
von dort erst gegen 20.00 Uhr wieder abgefahren sein könne. Denn bei einer anzunehmenden Entfernung zwischen E-Stadt und G-Stadt
von nur 574,5 km (statt 750 km) errechne sich ggf. für die Hinfahrt bei einer Fahrzeit von 5,5 Stunden eine Durchschnittsgeschwindigkeit
von 105 km/h und für die Rückreise bis zum Unfall bei einer Entfernung von 332,8 km (statt 410 km) und einer Fahrzeit von
3,5 Stunden eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 95 km/h, während sich bei einer Abfahrtszeit um 18.00 Uhr und einer Fahrzeit
von 5,5 Stunden eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 km/h ergebe. Die Unklarheiten bezüglich der Dauer der Unterbrechung
gingen zum Nachteil des Klägers, da die Beklagte zwar die Beweislast dafür trage, ob ein Versicherter den versicherten Weg
überhaupt unterbrochen habe, der Versicherte jedoch beweisen müsse, dass die Unterbrechung nur bis zu zwei Stunden gedauert
habe, weil es sich hierbei um eine anspruchserweiternde bzw. rechtsbegründende Tatsache handele. Das habe das Hessische Landessozialgericht
(HLSG) im Urteil vom 24. Juni 1998 - L 3 U 685/96 - abweichend von der Entscheidung des 5. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20. August 1987 - 5 a RKnU 1/86 - und bestätigt durch Beschluss des 2. Senats des BSG vom 21. Januar 1999 - B 2 U 26/98 R - entschieden.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 15. Januar 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. Februar 2004 Berufung
eingelegt und vorgetragen: Zwar sei es richtig, dass der Versicherte bei Nichterweislichkeit der Dauer der Unterbrechung die
Beweislast trage. Jedoch habe das SG die Anforderungen an die Beweisführung zu hoch angesetzt und u.a. zu Unrecht nicht nur auf den Inhalt der Zeugenaussagen,
sondern auch auf außergerichtliche Schriftstücke und Schriftsätze zurückgegriffen und daraus zwangsläufig eine widersprüchliche
Sachverhaltsdarstellung und damit letztlich die Nichterweislichkeit der Dauer des Verzögerungszeitraums abgeleitet. Als unstreitig
könne nunmehr angesehen werden, dass er am 16. Dezember 1993 nach Beendigung der Gerichtsverhandlung keine Waren mehr ausgeliefert
habe und nach 16.00 Uhr nur noch eine private Tätigkeit in Form des Besuchs des Weihnachtsmarktes zwecks Einnahme einer Mahlzeit
ausgeübt habe. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Unterbrechung bis zum Antritt der Heimfahrt maximal zwei Stunden gedauert
habe, sei zu berücksichtigen, dass er selbst bis heute an einer Amnesie leide, prozess- und geschäftsunfähig sei und sich
alle Angaben und Aussagen im Übrigen bei Wertung in einer für das praktische Leben angemessenen Weise hinsichtlich des Zeitpunkts
für den Antritt der Rückreise auf ca. 18.00 Uhr konzentrierten. Die frühere Aussage des Zeugen M. vom 3. März 1998 könne keine
Berücksichtigung finden, da der Zeuge mit ihm zerstritten und ihm gegenüber böswillig eingestellt gewesen sei. Die Kalkulationen
des SG bezüglich der Durchschnittsgeschwindigkeiten beruhten auf spekulativen Berechnungsfaktoren und könnten ebenfalls nicht maßgebend
sein.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 19. Dezember 2003 sowie den Bescheid vom 29. Juli 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 29. März 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 17. Dezember 1993 als Arbeitsunfall/Wegeunfall
in gesetzlichem Umfang zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Einwände des Klägers gegen die Beweiswürdigung des SG seien völlig unbegründet. Nicht nur der Zeuge M., sondern auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers haben in der Vergangenheit
wiederholt vorgetragen, dass die Heimreise gegen 20.00 Uhr angetreten worden sei und die Fahrzeit bis zum Unfall nur dreieinhalb
bis vier Stunden betragen habe. Selbst wenn der Zeuge M. bei seinen Erstangaben vom 3. März 1998 tatsächlich mit dem Kläger
zerstritten und ihm gegenüber böswillig eingestellt gewesen sein sollte, sei nicht anzunehmen, dass er schon zu dieser Zeit
von der Zwei-Stunden-Regel gewusst habe. Die beanstandete Errechnung einer durchschnittlichen Geschwindigkeit durch das SG sei nur in Reaktion auf den widersprüchlichen und unzutreffenden Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers erfolgt
und spreche jedenfalls eher für 20.00 Uhr als Abfahrtszeit. Letzteres gelte auch für die Aussage der Zeugin A. vor dem SG, dass der Kläger ein rasanter Pkw-Fahrer sei, des Öfteren dicht auffahre und vor ihm langsam fahrende Fahrzeuge bedränge,
freie Bahn zu schaffen. Denn das lasse den Schluss zu, dass der Kläger die zulässige Geschwindigkeit zumindest zum Teil nicht
eingehalten, sondern überschritten habe.
Im Termin vom 17. Oktober 2007 ist der Kläger persönlich angehört und der Zeuge M. gehört worden, wegen deren Angaben/Aussagen
auf die Sitzungsniederschrift vom 17. Oktober 2007 Bezug genommen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und
Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Gründe
Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das SG und die Beklagte haben den Umständen nach zu Recht entschieden, dass der Verkehrsunfall, den der Kläger am 17. Dezember 1993
gegen 0.27 Uhr im Zusammenhang mit seiner Heimfahrt von G-Stadt nach EF-Stadt auf der Autobahn NX.er V Dreieck in der Nähe
von N-Stadt/Ortsteil NX., erlitten hat, kein Arbeitsunfall/Wegeunfall nach den im vorliegenden Fall noch anzuwendenden Vorschriften
der RVO gewesen ist.
Arbeitsunfall ist nach § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540, 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Nach § 550 Abs. 1 RVO gilt als Arbeitsunfall auch ein Unfall auf einem mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort
der Tätigkeit. Die am 1. Januar 1997 in Kraft getretene Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - 7. Band ( SGB VII) stellt dazu klar, dass das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und
von dem Ort der Tätigkeit zu den versicherten Tätigkeiten gehört.
Die Anerkennung eines Arbeitsunfalls setzt danach voraus, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, in einem
inneren (sachlichen) Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht. Bei der Feststellung des inneren Zusammenhangs zwischen
dem zum Unfall führenden Verhalten und der versicherten Tätigkeit geht es um die Ermittlung der Grenze, bis zu welcher der
Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Es ist daher wertend zu entscheiden, ob das Handeln des
Versicherten zur versicherten Tätigkeit bzw. - wie hier - zum Weg vom Ort der Tätigkeit gehört. Maßgeblich ist dabei die Handlungstendenz
des Versicherten, so wie sie insbesondere durch objektive Umstände des Einzelfalls betätigt wird (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 4 und SozR 3-2700 § 8 Nr. 9). Fehlt es an einem inneren Zusammenhang in diesem Sinne, scheidet ein Versicherungsschutz selbst dann aus, wenn sich
der Unfall auf derselben Strecke ereignet, die der Versicherte auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutzt
(BSG SozR 3-2200 § 550 Nrn. 4, 116; SozR 3-2700 § 8 Nr. 9). Die erforderliche sachliche Verbindung fehlt u.a. dann, wenn der Versicherte seine versicherte Tätigkeit oder den
Weg vom Ort der Tätigkeit durch eine eigenwirtschaftlichen Zwecken dienende Verrichtung unterbricht. Während einer solchen
Unterbrechung besteht kein Versicherungsschutz, sofern sie nicht nur geringfügig ist. Nach der eigenwirtschaftlichen Unterbrechung
lebt der Versicherungsschutz grundsätzlich allerdings wieder auf, es sei denn, dass aus Art und Dauer der Verrichtung/Unterbrechung
auf eine Lösung des Zusammenhangs mit der versicherten Tätigkeit bzw. dem - weiteren - Weg vom Ort der Tätigkeit geschlossen
werden kann. Das wird von der neueren Rechtsprechung des BSG bei Wegen im Sinne des § 550 RVO grundsätzlich angenommen, wenn dieser Weg aus mit der versicherten Tätigkeit nicht zusammenhängenden, eigenwirtschaftlichen
Gründen um mehr als zwei Stunden hinausgeschoben oder ein bereits angetretener Weg im Sinne von § 550 Abs. 1 RVO um mehr als zwei Stunden aus eigenwirtschaftlichen Gründen unterbrochen wird. Dies führt grundsätzlich zum Verlust des Versicherungsschutzes,
ohne dass hinsichtlich der Art der vorherigen privaten Verrichtungen differenziert bzw. gefragt werden muss, ob diese der
versicherten Tätigkeit näher oder ferner stehen (u.a. BSG SozR 2200 § 550 Nrn. 12, 42, 55, 58, 70; SozR 2200 § 548 Nr. 67; SozR 3-2200 § 550 Nr. 8). Fälle, in denen auch bei Überschreiten der Zeitdauer
von zwei Stunden der Versicherungsschutz auf dem weiteren Weg im Sinne von § 550 Abs. 1 RVO anzunehmen ist, sind nur noch auf durch besondere Umstände gekennzeichnete Ausnahmen beschränkt, z.B. wenn der Antritt oder
die Fortsetzung des Weges durch ein plötzliches Unwetter verhindert wird (BSG SozR 2200 § 550 Nr. 42; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, § 8 SGB VII, Rdnr. 247). Ist nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit (Vollbeweis) feststellbar, ob der
zurückgelegte Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit überhaupt unterbrochen wurde, so trägt nach der Rechtsprechung des BSG der Versicherungsträger die Beweislast (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 8; Brackmann, a.a.O., § 8 SGB VII, Rdnr. 243). Hingegen trägt der Versicherte die Beweislast dafür, dass eine mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
festgestellte Unterbrechung des Weges von und zum Ort der Tätigkeit, von der nicht bekannt ist, ob sie betrieblich war oder
nicht, nicht länger als zwei Stunden gedauert hat, mit der Folge, dass der Versicherungsschutz nach einer derartigen Unterbrechung
wieder auflebt und Unfälle auf dem üblichen Weg vom Ort der Tätigkeit versichert sind. Zwar hat der 5. Senat des BSG im Urteil vom 20. August 1987 (SozR 2200 § 550 Nr. 75) auch diesbezüglich die Beweislast beim Versicherungsträger gesehen. Nachdem der 2. Senat des BSG diese Frage in seinen späteren Urteilen (BSG SozR 3-2200 § 550 Nrn. 8, 7) offen gelassen hatte, ist der erkennende Senat in seinem bereits vom SG zitierten Urteil vom 24. Juni 1998 - L 3 U 685/96 (im HVBG-Info 1998, 3194 ff.) von der Rechtsprechung des 5. Senats jedoch abgewichen. Da eine Korrektur durch den 2. Senat des BSG im Revisionsverfahren (Beschluss vom 21. Januar 1999 - B 2 U 26/98 R im HVBG-Info 1999,1743 ff.) nicht erfolgte, ist weiterhin davon auszugehen, dass der Versicherte zu beweisen hat, dass die Unterbrechung
nur bis zu zwei Stunden gedauert hat.
Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass der Kläger am 16. Dezember 1993 als gemäß § 273 Abs. 2 Nr. 4 ZPO im Verfahren des Fußballspielers H. gegen den G. G-Stadt vor dem 4. Zivilsenat des OLG G-Stadt geladener Zeuge nach § 539 Abs. 1 Nr. 13 2. Halbs. RVO unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. Aufgrund des Sitzungsprotokolls des 4. Zivilsenats und der Erinnerung
der späteren Vorsitzenden dieses Senats gemäß Schreiben vom 19. März 1997 ist davon auszugehen, dass der Kläger nach Aufruf
der Sache gegen 14.00 Uhr "nicht länger als zwei Stunden" bzw. nur bis "gegen 16.00 Uhr" als Zeuge vor Gericht anwesend war.
Während seines weiteren Aufenthalts in G-Stadt zusammen mit seiner späteren Ehefrau, der Zeugin A., und dem Zeugen M. hat
der Kläger auch keine sonstigen versicherten, z.B. mit seinem Unternehmen "EX." oder seiner Sportagentur zusammenhängenden
Tätigkeiten mehr ausgeübt. Die vom Kläger zunächst detailliert gegenüber der BG für den Einzelhandel geltend gemachte und
unter dem 26. Juli 1995 im Grundsatz auch noch von seiner Ehefrau bestätigte Auslieferung von Waren für den "EX." am 16. Dezember
1993 an mehrere Spieler des G. G-Stadt oder nur an den Spieler J. wird vom Kläger inzwischen in vollem Umfang bestritten und
hat auch unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen J. vor dem SG am 14. Oktober 2003 sowie der Angaben des Zeugen M. vom 3. März 1998 jedenfalls am Nachmittag und Abend des 16. Dezember
1993 bzw. nach der gegen 16.00 Uhr endenden Gerichtsverhandlung nicht - mehr - stattgefunden. Dass ein erstmals im Termin
vom 14. Oktober 2003 vom Kläger, seiner Ehefrau und dem Zeugen M. angegebenes Zusammentreffen im Hotel U. mit dem zuvor auch
bei der Gerichtsverhandlung anwesenden ehemaligen Präsidenten des G. G-Stadt P., evtl. auch mit einigen Spielern des Fußballclubs
und/oder einem Rechtsanwalt W. irgendetwas mit der Sportagentur des Klägers zu tun hatte, ist vom Kläger selbst nie behauptet
worden. Der von Anfang an eingeräumte Besuch des G-Stadter Weihnachtsmarktes/R-marktes am 16. Dezember 1993 im Anschluss an
die Gerichtsverhandlung, der laut Vortrag des Klägers vom 14. Oktober 2003 noch vor Aufsuchen des Hotels U., nach den Aussagen
seiner Ehefrau und des Zeugen M. vom 14. Oktober 2003 hingegen erst danach stattgefunden haben soll, war zweifellos ebenfalls
eigenwirtschaftlich. Das gilt auch dann, wenn gelegentlich des gemeinsamen Bummels über den Weihnachtsmarkt nicht nur verschiedene
Kleinigkeiten gekauft (so Zeugin A. am 14. Oktober 2003), sondern entsprechend dem Vortrag des Klägers auch gegessen wurde.
Denn auch die Nahrungsaufnahme ist dem eigenwirtschaftlichen Bereich des Klägers zuzurechnen, selbst wenn sie deshalb erfolgte,
um sich für die spätere Heimfahrt nach EF-Stadt zu stärken (s. dazu Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, § 8 SGB VII Rdnrn. 70 bis 78).
Dass die danach rein eigenwirtschaftlichen Betätigungen des Klägers in G-Stadt im Anschluss an seine versicherte Teilnahme
an der Gerichtsverhandlung bis zum Antritt der Heimfahrt nach EF-Stadt nicht länger als zwei Stunden angedauert haben und
eine Lösung vom Versicherungsschutz deshalb nicht eingetreten ist, kann mit dem SG zum Nachteil des Klägers mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nicht festgestellt werden. Die
in hohem Maße widersprüchlichen Angaben des Klägers hierzu und für den ganzen Ablauf am 16. Dezember 1993 seit Anfang 1994
sind im günstigsten Fall praktisch nicht verwertbar, zumal der Kläger Widersprüche selbst mit seiner schlechten gesundheitlichen
Verfassung nach dem Unfall, u.a. einer Amnesie, erklärt. Seine Ehefrau, die ursprünglich unter dem 24. Juni 1997 als Abfahrtszeitpunkt
"ca. 18.00 Uhr" angegeben hatte, konnte sich bei ihrer Vernehmung am 14. Oktober 2003 diesbezüglich nicht mehr erinnern. Der
Zeuge M. hat zwar in seiner vom Kläger vorgelegten schriftlichen Erklärung vom 9. Juli 2002 den Abfahrtszeitpunkt in G-Stadt
mit 17.45 Uhr und bei seiner Zeugenaussage vor dem SG am 14. Oktober 2007 mit "17.45 Uhr bzw. 18.00 Uhr" angegeben, gleichzeitig jedoch eingeräumt, dass die Abfahrt "auch nach
18.00 Uhr" gewesen sein könnte. Die früheren schriftlichen Angaben dieses Zeugen gegenüber der Beklagten vom 3. März 1998
bezeichnen klar einen späteren Antritt der Rückreise, nämlich um "ca. 20.00 Uhr" bei einer Fahrzeit von dreieinhalb bis vier
Stunden auf der Autobahn bis zum Unfall. Dass der Zeuge entsprechend seiner Aussage im Termin vom 14. Oktober 2003 seine frühere
schriftliche Erklärung wohl "etwas flüchtig abgegeben" hat, ist nicht ersichtlich und es ist auch nicht erkennbar, dass der
Zeuge durch seine vorherige Kontaktaufnahme zum Kläger, der selbst unter Erinnerungsverlusten leidet, am 9. Juli 2002 bzw.
14. Oktober 2003 bei noch deutlicherem zeitlichen Abstand zum Unfall nunmehr zu sichereren Erinnerungen und Aussagen kommen
konnte. Es haben sich im Termin vom 17. Oktober 2007 auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Zeuge M., obgleich er
eigenen Angaben zufolge durch den Kläger Geld verloren hat und zudem auch noch verklagt wurde, weil der Kläger sich selbst
als Geschädigter betrachtete, unter dem 3. März 1998 den Abfahrtszeitpunkt bewusst falsch mit 20.00 Uhr angegeben hat, um
dem Kläger aufgrund persönlicher Differenzen und einer "böswilligen" Einstellung zu schaden. Das setzte mindestens voraus,
dass dem Zeugen seinerzeit die sog. Zwei-Stunden-Grenze überhaupt bekannt war, wofür es keine Hinweise gibt. Vielmehr hat
der Zeuge am 17. Oktober 2007 glaubhaft erklärt, das er erst in der Verhandlung vor dem SG am 14. Oktober 2003 erfahren hat, welchen Unterschied es macht, ob die Abfahrt in G-Stadt um 18.00 Uhr oder um 20.00 Uhr
war bzw. welche Bedeutung diesen Uhrzeiten zukommt. Außerdem bleibt die Tatsache, dass auch vom Kläger selbst unter dem 28.
Februar 1995 sowie von seinem Prozessbevollmächtigten aufgrund von Angaben des Klägers wiederholt von einer Abfahrtszeit gegen
20.00 Uhr und einer Fahrzeit von dreieinhalb bis vier Stunden bis zum Unfall gesprochen wurde. Selbst wenn die Auffassung
vertreten würde, dass 20.00 Uhr als Zeitpunkt der Abfahrt aufgrund der Angaben und Aussagen der beteiligten Personen mit der
erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nicht festzustellen ist, so gilt entsprechendes erst recht für
eine Abfahrtszeit bis 18.00 Uhr, die vom Kläger zur Vermeidung eines Anspruchsausschlusses voll zu beweisen ist.
Die Richtigkeit des einen oder anderen Zeitpunks lässt sich auch durch sonstige Umstände, z.B. durch Fahrzeitberechnungen
nicht belegen. Denn diese müssen unabhängig von der von der Zeugin A. am 14. Oktober 2003 beschriebenen "rasanten" Fahrweise
des Klägers schon angesichts der widersprüchlichen, durch polizeiliche Feststellungen nicht objektivierbaren Angaben und Aussagen
über Zeitverzögerungen z.B. durch Berufsstadtverkehr in G-Stadt, "einige" bzw. zehn bis 15 oder zehn bis 20 Autobahnbaustellen
mit Geschwindigkeitsbegrenzungen von 60 bis 80 km/h, falsches Auffahren auf die Autobahn sowie durch Stopps zum Tanken/Imbiss
spekulativ bleiben. Wesentlich ist, dass auf diesem Wege auch eine Abfahrt in G-Stadt erst gegen 20.00 Uhr oder jedenfalls
erst nach 18.00 Uhr keinesfalls auszuschließen ist. Dass auch die über Jahre bis zum Schriftsatz vom 23. Oktober 2000 immer
wieder bestätigte Zeit für die Hinfahrt nach G-Stadt (ca. fünfeinhalb Stunden zwischen 4.00 Uhr und 9.30 Uhr) im Weiteren
- passend zur Korrektur der Rückfahrzeit - vom Kläger und dem Zeugen M. fast verdoppelt wurde (4.00 Uhr bis 13.30 Uhr oder
14.00 Uhr oder nach 14.00 Uhr) bei fehlender Erinnerung der Zeugin A. hierzu, ist gleichfalls kein indirekter Beweis für eine
Abfahrt bis 18.00 Uhr, sondern bestätigt nur zusätzlich, dass ein bestimmter Sachverhalt diesbezüglich mangels Zuverlässigkeit
der in Betracht kommenden Auskunftspersonen zum Nachteil des Klägers im Sinne des Vollbeweises unmöglich festzustellen ist.
Die Berufung konnte danach keinen Erfolg haben.
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