Rentenanspruch wegen Arbeitsunfallfolgen
Verletzungen durch Bandsäge
Mithelfende Familienangehörige in der Landwirtschaft
Wie-Beschäftigter
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob der Kläger wegen Arbeitsunfallfolgen einen Anspruch auf Rente hat.
Der 1962 geborene Kläger erlitt am 24. Mai 2008 Bandsägeverletzungen der linken Hand mit offenem Grundgliedbruch des Zeigefingers,
Durchtrennung der Strecksehne in Höhe des Zeigefingergrundgliedes und des ellenwärtigen Gefäßnervenbündels sowie eine vollständige
Abtrennung des Mittelfingers in Höhe des Mittelfingermittelgliedes. Die Erstversorgung erfolgte in der Klinik für Handchirurgie
Bad Neustadt, wo der Mittelfinger nach einem missglückten Replantationsversuch in Höhe des Grundgliedes amputiert werden musste.
Die Bandsäge mit Zapfwellenantrieb, die dem Ehemann seiner Schwägerin - dem Zeugen C. - gehörte, hatte der Kläger an seinen
Schlepper angeschlossen. Die Ehefrau des Klägers D. A. und die im September 2008 verstorbene Ehefrau des Zeugen C., E. C.,
waren Schwestern. Sie gehörten mit ihrer Mutter F. zur Erbengemeinschaft G., die ein von dem Vater ererbtes forstwirtschaftliches
Grundstück besaß. Seinen landwirtschaftlichen Betrieb und den Hof hatte der Vater schon zu Lebzeiten auf seine Tochter E.
übertragen. Diese verpachtete den landwirtschaftlichen Betrieb wegen ihrer Erkrankung durch Vertrag vom 28. Juni 2004 an ihren
Ehemann.
Die Ehefrau des Klägers gab zunächst telefonisch am 26. Mai 2008 gegenüber der Beklagten an, der Kläger habe Holz aus dem
Forst der Erbengemeinschaft auf seinem privaten Grundstück zu Brennholz verarbeitet. In der schriftlichen Unfallanzeige vom
2. Juni 2008 gab sie an, der Kläger habe am Unfalltag aus dem Forst der Erbengemeinschaft stammendes Holz aus H-Stadt bearbeitet,
das für Weidezaunpfähle vorgesehen gewesen sei. Wegen der Unstimmigkeiten führte ein Mitarbeiter der Beklagten am 7. Juli
2008 eine Ortsbesichtigung durch. Befragt wurden der Kläger und der Zeuge C. Der Kläger gab an, er habe zum Unfallzeitpunkt
auf einer Wiese hinter seinem Wohnhaus für seinen "Schwager" C. Weidezaunpfähle angespitzt. Der Unfall habe sich ereignet,
nachdem er ca. 120 Pfähle angespitzt gehabt habe. Der Zeuge C. gab an, es seien ca. 150 Eichenpfähle anzuspitzen gewesen,
die er für seine Weideflächen benötigt habe. Die Pfähle habe er im Sägewerk I-Stadt erworben. Die Pfähle seien viereckig zugeschnitten,
die Spitzen müssten noch zugeschnitten werden. Da er selber keine Zeit gehabt habe, habe er seinen "Schwager" gebeten, das
Anspitzen zu übernehmen. Diese Arbeit habe dieser schon mehrmals für ihn erledigt. Der Kläger helfe auch sonst bei ihm mit,
er sei als geringfügig Beschäftigter bei ihm gemeldet. Das Anspitzen der Pfähle habe der Kläger auf dem eigenen Grundstück
und nicht auf dem 200 m entfernt liegenden Bauernhof vorgenommen, weil der Kläger die abgeschnittenen Reststücke gleich für
sich zum Verbrennen verwenden könne. Zu den teils anders lautenden Aussagen seiner Ehefrau gab der Kläger an, dieser seien
bei Ausfüllung des Fragebogens nicht alle Details bekannt gewesen.
Im Abschlussbericht vom 12. November 2008 schätzten die Ärzte der Klinik für Handchirurgie in Bad Neustadt die MdE des Klägers
nach Abschluss des Heilverfahrens auf 15 v. H. Im ersten Rentengutachten vom 2. September 2009 wurde die MdE des Klägers von
Prof. Dr. J., Chefarzt an der Unfallchirurgie und Orthopädischen Chirurgie der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Frankfurt
am Main und Dr. K., Facharzt für Handchirurgie und Plastische Chirurgie an der gleichen Klinik, wegen der verbliebenen Kälteempfindlichkeit
nicht auf 15 v. H., sondern auf 20 v. H. eingeschätzt.
Die Beklagte teilte dem Kläger durch Bescheid vom 22. September 2009 mit, der Unfall vom 24. Mai 2008 werde als Arbeitsunfall
anerkannt. Ein Anspruch auf Rente bestehe nicht. Die Erwerbsfähigkeit sei nach dem Ende des Verletztengeldanspruchs, d. h.
ab dem 13. April 2009, nicht um wenigstens 30 v. H. gemindert (§ 80a Abs. 1 i.V.m. §
56 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung -
SGB VII). Als Arbeitsunfallfolgen wurden festgestellt: Bandsägenverletzung der linken Hand mit offenem Grundgliedbruch des Zeigefinders,
Durchtrennung der Strecksehne in Höhe des Zeigefingergrundgliedes sowie Durchtrennung des ellenwärtigen Gefäßnervenbündels
in Höhe des körperfernen Grundgliedes. Unfallunabhängig bestehe eine Ringbandstenose der linken Hand.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, die Folgen des Arbeitsunfalls seien höher zu bewerten.
Im Übrigen weise er darauf hin, dass er entgegen dem Unfallbericht nicht bei dem Unternehmer als geringfügig Beschäftigter
geführt sei. Es handele sich bei ihm um einen nur vorübergehend mitarbeitenden Familienangehörigen. Aus diesem Grund sei er
bereits als Beschäftigter gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII einzustufen, weshalb für die Ausnahmeregelung des §
80a Abs.
1 SGB VII kein Raum sei. Im Übrigen werde diese Regelung für verfassungsrechtlich bedenklich gehalten. Sie treffe für einen kleinen
Bereich der Gesamtheit der Unfallversicherten eine benachteiligende Regelung.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2010 zurück. Die Höhe der MdE sei
richtig beurteilt. Der vollständige Verlust von Zeige- und Mittelfinger rechtfertige eine MdE-Einstufung von 25 v. H. Demgegenüber
sei der Kläger jedoch deutlich besser gestellt. Der Zeigefinger sei unter Teilsteife mit Abweichung der Fingerachse erhalten.
Bei einer MdE von 20 v. H. entfalle die Gewährung einer Verletztenrente. Ein Rentenanspruch für die in landwirtschaftlichen
Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitenden Familienangehörigen sei unter anderem dann anzunehmen, wenn die Erwerbsfähigkeit
um mindestens 30 v. H. gemindert sei. Nach §
2 Abs.
4 Nr.
2 SGB VII sei er Familienangehöriger im Sinne des §
2 Abs.
1 Nr.
5b SGB VII; auch liege eine nicht nur vorübergehende Tätigkeit vor, die in der Regel bei jährlich 21 Tagen anzunehmen sei, aber durchaus
auch unterschritten werden könne, wenn der betroffene Betrieb einen geringeren Arbeitsaufwand als andere landwirtschaftliche
Unternehmen habe. Er selbst habe während eines Besuchs durch den Berufshelfer mitgeteilt, dass sein "Schwager" öfters unterwegs
sei und er dann nach den Tieren schaue. Da ein voller Arbeitstag auch dann anzunehmen sei, wenn nur wenige Stunden gearbeitet
würden, sei davon auszugehen, dass er für die unfallbringende Tätigkeit zum versicherten Personenkreis nach §
2 Abs.
1 Nr.
5b SGB VII gehöre, mit der Folge, dass bei Prüfung eines Rentenanspruchs §
80a SGB VII anzuwenden sei.
Der Kläger hat hiergegen am 28. Dezember 2010 beim Sozialgericht Fulda Klage erhoben.
Das Sozialgericht hat im Urteil vom 11. September 2012 die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22. September 2009
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2010 verurteilt, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.
H. ab dem 13. April 2009 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. In den Gründen hat es ausgeführt, die Beklagte
sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Arbeitsunfallfolgen des Klägers mit einer MdE von 20 v. H. zu bewerten seien. Nach
den aktuellen Erfahrungswerten werde der vollständige Verlust von Zeige- und Mittelfinger mit einer MdE von 25 v. H. bewertet.
Demgegenüber sei der Kläger deutlich besser gestellt, da es bei ihm nicht zu einem entsprechenden Totalverlust gekommen sei.
Auch unter Berücksichtigung der Kälteempfindlichkeit erscheine die Annahme einer MdE von20 v. H. angemessen. Davon ausgehend
bestehe gemäß §§ 80a Abs.
1,
56 Abs.
1 SGB VII kein Anspruch des Klägers auf Verletztenrente. Denn im Unfallzeitpunkt sei der Kläger in einem landwirtschaftlichen Unternehmen
tätig gewesen, dessen Inhaberin seine Ehefrau als Mitglied der das Unternehmen betreibenden Erbengemeinschaft gewesen sei
und die somit die Stellung als Mitunternehmerin inne gehabt habe. Damit sei der Kläger als im Unternehmen mitarbeitender Ehegatte
im Sinne des §
2 Abs.
1 Nr.
5a SGB VII anzusehen, so dass für ihn ein Anspruch auf Verletztenrente erst ab einer MdE von 30 v. H. entstehe. Der Kläger habe gleichwohl
einen Anspruch auf Rente, da §
80a Abs.
1 SGB VII für den hier vorliegenden Sachverhalt und in Bezug auf die Person des Klägers wegen Verstoßes gegen Artikel
3 Abs.
1 Grundgesetz verfassungswidrig sei. Einer Aussetzung des Verfahrens habe es nicht bedurft, da der Anwendungsbereich des §
80a Abs.
1 SGB VII sich in verfassungskonformer Auslegung derart beschränken lasse, dass es für den Kläger bei der Anwendung der allgemeinen
Vorschrift des §
56 Abs.
1 SGB VII verbleibe, so dass §
80a Abs.
1 SGB VII keine Entscheidungserheblichkeit für den vorliegenden Rechtsstreit zukomme. Der Gesetzgeber habe aus dem Kreis aller nach
§
2 SGB VII versicherten Personen durch §
80a Abs.
1 SGB VII die in der Landwirtschaft Tätigen einer von den übrigen Versicherten abweichenden Regelung unterworfen. Die hierfür genannten
Gründe rechtfertigten die Ungleichbehandlung nicht. Die Verletztenrente diene ihrem Charakter nach allein der finanziellen
Kompensation der Minderung abstrakter Erwerbsmöglichkeiten durch verminderte Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Arbeitsmarkt.
Diese (abstrakten) Erwerbsmöglichkeiten seien aber bei Versicherten gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
5 SGB VII in gleicher Weise eingeschränkt wie bei allen anderen Versicherten auch. Eine Sondersituation der landwirtschaftlichen Unternehmer
und ihrer Ehegatten im Hinblick auf einen - unterstellten - Ausfall eines Erwerbsschadens oder die Kompensation nur immaterieller
Schäden bestehe daher nicht und könne somit auch keine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Die Inkonsequenz der Regelung durch
Schlechterstellung nur der Versicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a und b auch gegenüber den insofern in derselben Situation befindlichen
Unternehmern gemäß lit. c unterstreiche zusätzlich die fehlende Rechtfertigung der Ungleichbehandlung. §
80a Abs.
1 SGB VII erweise sich wegen des Verstoßes gegen Artikel
3 Abs.
1 Grundgesetz zumindest im Hinblick auf versicherte Ehegatten landwirtschaftlicher Unternehmer als verfassungswidrig. Einer Vorlage an
das Bundesverfassungsgericht bedürfe es hier jedoch nicht, weil im Wege einer verfassungskonformen Auslegung sich ein Ergebnis
erzielen lasse, das mit dem
Grundgesetz in Einklang stehe und somit die Entscheidungserheblichkeit der Verfassungswidrigkeit einer Norm entfalle. Wenn, wie im Falle
des Klägers, der Ehegatte einer landwirtschaftlichen Unternehmerin bei einer gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
5a SGB VII versicherten Tätigkeit einen Arbeitsunfall erleide, er aber seinen Lebensunterhalt durch eine sonstige entgeltliche Tätigkeit
erziele, entfalle der entscheidende Grund für die Ungleichbehandlung, wie ihn der Gesetzgeber der streitigen Norm rechtfertigend
zugrunde gelegt habe. Entsprechend könne unter Beachtung der gesetzgeberischen Intension der Anwendungsbereich des §
80a Abs.
1 SGB VII betreffend den Rechtsanspruch von Ehegatten landwirtschaftlicher Unternehmer auf solche Fälle beschränkt werden, in denen
der Lebensunterhalt jedenfalls des versicherten Ehegatten allein durch die versicherte landwirtschaftliche Tätigkeit geschaffen
werde, während der der Versicherungsfall eingetreten sei. Denn nur dann könnten die Erwägungen im Hinblick auf das Fehlen
eines Erwerbsschadens zutreffen. Im vorliegenden Fall verbleibe es deshalb bei den allgemeinen Regelungen gemäß §
56 Abs.
1 SGB VII, so dass dem Kläger bereits ab einer MdE von 20 v. H. ein Anspruch auf Verletztenrente zustehe.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 2. November 2012 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 26. November 2012 am 28. November
2012 Berufung eingelegt und vorgetragen, die Vorschrift des §
80a Abs.
1 SGB VII komme im vorliegenden Fall zur Anwendung. Danach hätten Versicherte im Sinne des §
2 Abs.
1 Nr.
5b SGB VII abweichend von §
56 Abs.
1 Satz 1
SGB VII Anspruch auf eine Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall
hinaus um wenigstens 30 v. H. gemindert sei. Die Abweichung von § 56 Abs. 1 Satz 1 für mitarbeitende Familienangehörige in
einem landwirtschaftlichen Unternehmen (§ 2 Abs. 1 Nr. 5b) sei verfassungskonform. Nach der Gesetzesbegründung sei bei dem
genannten Personenkreis davon auszugehen, dass kein Erwerbsschaden durch die Folgen des Versicherungsfalls eintrete. Daher
würden bei niedrigen Erwerbsminderungsstufen in der Regel ausschließlich immaterielle Schäden ausgeglichen. Die Verletztenrente
habe in diesen Fällen eine dem Schmerzensgeld vergleichbare Funktion. Bei den im Unternehmen mitarbeitenden Familienangehörigen
liege dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung - anders als bei den versicherten Arbeitnehmern - aber
keine Ablösung der Unternehmerhaftung zugrunde. Vielmehr handele es sich um eine genossenschaftlich organisierte Selbsthilfe,
die es nicht geboten sein lasse, im gleichen Umfang wie bei Arbeitnehmern auch immaterielle Schäden abzugelten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 11. September 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er macht geltend, das Prinzip der Ablösung der Unternehmerhaftung gelte auch nicht für alle freiwillig in der Unfallversicherung
Versicherten. Diese hätten jedoch weiterhin bei einer festgestellten MdE in Höhe von 20 v. H. einen Anspruch auf Verletztenrente.
Der Senat hat in einem Erörterungstermin vom 14. Juni 2016 und im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22. November 2016 den
Kläger befragt. Im Erörterungstermin vom 14. Juni 2016 wurde der Schwager des Klägers, C., als Zeuge vernommen. Hinsichtlich
der Angaben und Aussagen des Klägers und des Zeugen wird auf die jeweiligen Niederschriften vom 14. Juni 2016 und 22. November
2016 Bezug genommen.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 22. November 2016 ihren Bescheid vom 22. September 2009 korrigiert und als
weitere Unfallfolge eine Amputation des Mittelfingers in Höhe des Grundgliedes anerkannt.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die zum Verfahren beigezogene Verwaltungsakte
der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das erstinstanzliche Urteil ist aufzuheben, weil der Kläger keinen Anspruch
auf Rente hat.
Nach §
56 Abs.
1 Satz 1
SGB VII erhalten Versicherte Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall
hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Versicherte im Sinne des §
2 Abs.
1 Nr.
5a und b
SGB VII haben davon abweichend nach §
80a Abs.
1 Satz 1
SGB VII Anspruch auf eine Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall
hinaus um wenigstens 30 v. H. gemindert ist.
Nach §
2 Abs.
1 Nr.
5a SGB VII sind kraft Gesetzes Personen versichert, die Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen
mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner. In Nr. 5b der Vorschrift werden im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur
vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige unter den Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung gestellt.
Im vorliegenden Fall liegt kein Fall des §
2 Abs.
1 Nr.
5a SGB VII vor, denn der Kläger ist im Zeitpunkt des Unfallereignisses am 24. Mai 2008 nicht für das forstwirtschaftliche Unternehmen
der Erbengemeinschaft G., zu der seine Ehefrau D. A. gehört, tätig geworden. Der Kläger hat vielmehr zum Unfallzeitpunkt Sägearbeiten
für das landwirtschaftliche Unternehmen und den landwirtschaftlichen Unternehmer C. verrichtet. Hiervon ist die Beklagte bei
Erlass der angefochtenen Bescheide ausgegangen. Die Beweisaufnahme im Erörterungstermin vom 14. Juni 2016 hat diesen Sachverhalt
nochmals bestätigt. Sowohl der Kläger als auch der Zeuge C. haben ausgesagt, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt dabei war,
Weidezaunpfähle, die für das Unternehmen des Zeugen C. bestimmt waren, mit der Bandsäge anzuspitzen. Diese Weidezaunpfähle
hatte der Unternehmer C. im Sägewerk I-Stadt erworben. Ein Zusammenhang mit dem Forstgrundstück der Erbengemeinschaft G. ist
in keinerlei Hinsicht festzustellen.
Hier sind die Tatbestandsvoraussetzungen des §
2 Abs.
1 Nr.
5b SGB VII erfüllt. Denn der Kläger war als Schwager der E. C. Familienangehöriger. Für das landwirtschaftliche Unternehmen des C. hat
er nach dessen Aussage im Jahr 20 bis 40 Stunden, nach Angaben des Klägers durch die mehrjährige Erkrankung der Schwägerin
bedingt dennoch regelmäßig (teilweise 2 - 3 mal die Woche) und damit nicht nur vorübergehend gearbeitet. Da der Gesetzgeber
schon bei den Ehegatten der landwirtschaftlichen Unternehmer die Mitarbeit im Unternehmen für den entscheidenden Grund hielt,
diese Person in den Versicherungsschutz mit einzubeziehen, hat er auch die nicht nur vorübergehend im Unternehmen mitarbeitenden
Familienangehörigen wegen der praktischen Bedeutung dieser Personengruppe in eine eigenständige, auf sie bezogene Versicherungsvorschrift
aufgenommen. Der Versicherungsschutz des von § 2 Abs. 1 Nr. 5b erfassten Personenkreises ließ sich nach den Regeln der
Reichsversicherungsordnung (
RVO) nur aus § 539 Abs. 2
RVO herleiten. Versicherungsschutz bestand nur für diejenigen, die wie ein nach § 539 Abs. 1 Versicherter tätig geworden waren (vgl.
SGB VII - Kommentar/Kruschinsky §
2 Rdnr. 386 Auszug aus den Gesetzesmaterialien und Rdnr. 411). Der Begriff der Familienangehörigen im Sinne des §
2 Abs.
1 Nr.
5b wird in §
2 Abs.
4 SGB VII definiert. Dazu gehören Verwandte bis zum dritten Grade, verschwägerte bis zum zweiten Grade und Pflegekinder der Unternehmer,
ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner. Verschwägert sind nach §
1590 Abs.
1 BGB die Verwandten eines Ehegatten mit dem anderen Ehegatten. "Vorübergehend" muss im Gegensatz zu "dauernd" gesehen werden.
Dabei kommt es dem Sinn und Zweck der Vorschrift entsprechend auf eine vorausschauende Beurteilung an. Denn die Versicherungspflicht
und der Versicherungsschutz beginnen unmittelbar mit der Aufnahme der Mitarbeit. Abzustellen ist auf die tatsächlichen Verhältnisse
zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme. Maßgebend ist das Verhältnis von Mitarbeit zu den Erfordernissen des landwirtschaftlichen
Unternehmens im Wirtschaftsjahr. Praktische Bedeutung hat dabei die andauernde regelmäßige Tätigkeit. Demgegenüber kommt es
auf den absoluten Umfang der Tätigkeit im Allgemeinen nicht entscheidend an. Die regelmäßige Mitarbeit kann auch neben einer
Hauptbeschäftigung und in geringem Umfang erfolgen. Das BSG hat die Grenze, unterhalb derer nur noch eine vorübergehende Mitarbeit vorliegt, bei vollen 21 Arbeitstagen im Jahr gezogen
(BSGE 47, 137, 139). Die Richtzahl von 21 Arbeitstagen im Jahr kann auch unterschritten werden, wenn die Erfordernisse des landwirtschaftlichen
Unternehmens im Wirtschaftsjahr insgesamt nur einen geringeren Gesamtarbeitsaufwand im Vergleich zu anderen landwirtschaftlichen
Unternehmen ausmachen. Die tägliche Arbeitsdauer ist nicht entscheidend (so Kruschinsky Rdnr. 412 a.a.O.).
Eine Verfassungswidrigkeit und ein Verstoß gegen Artikel
3 Abs.
1 Grundgesetz, der in §
80a Abs. 1
SGB VII für den Personenkreis des §
2 Abs.
1 Nr.
5b SGB VII getroffenen Regelung, kann der Senat nicht erkennen.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art.
3 Abs.
1 GG gebietet dem Gesetzgeber, unter steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches
ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1998 - 1 BvR 1554/89 - juris). Dem Gesetzgeber steht aber ein Gestaltungsspielraum zu und ihm ist nicht jede Differenzierung verwehrt. Ob eine
gesetzliche Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist, hängt davon ab, ob für eine durch den Gesetzgeber
getroffene Differenzierung Gründe von solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (BVerfG,
Beschluss vom 6. Juli 2004 - 1 BvL 4/97 - juris). Entsprechendes gilt hinsichtlich der Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte. Der Gesetzgeber kann grundsätzlich
selbst diejenigen Sachverhalte auswählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinne als "gleich" ansehen
will (BVerfGE 21, 12). Zu einer unterschiedlichen Behandlung ungleicher Sachverhalte ist er nur verpflichtet, wenn die tatsächliche Ungleichheit
so groß ist, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht unberücksichtigt bleiben darf
(vgl. BVerfGE 1, 264, 275 f.; BVerfGE 21, a.a.O.).
Die Vorschrift des §
2 Abs.
1 Nr.
5b SGB VII trägt dem Umstand Rechnung, dass es in der Landwirtschaft nicht selten üblich und selbstverständlich ist, dass Familienmitglieder
unentgeltlich mitarbeiten. Sie tun dies aus Gefälligkeit und wegen der familiären Verbundenheit. Ein Versicherungsschutz nach
§
2 Abs.
2 Satz 1
SGB VII besteht in diesen Fällen meist nicht, weil eine Tätigkeit wie ein nach § 2 Abs. 1 Nr.
1 Beschäftigter nicht gegeben ist. Durch §
2 Abs.
1 Nr.
5b SGB VII wird auch dieser Personenkreis unter den Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung gestellt, wenn er nicht nur vorübergehend
für das landwirtschaftliche Unternehmen tätig wird. Ausreichend für den Versicherungsschutz ist eine Mitarbeit im landwirtschaftlichen
Unternehmen. Wird ein Familienangehöriger als Beschäftigter im Sinne des §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII tätig, geht diese Versicherung der nach §
2 Abs.
1 Nr.
5b vor. Denn anders als für den Fall des §
2 Abs.
1 Nr.
5a, für den das Gesetz in §
135 Abs.
4 SGB VII eine Vorrangregelung zu Gunsten des §
2 Abs.
1 Nr.
5a trifft, gibt es eine solche Vorschrift für § 2 Abs. 1 Nr. 5b nicht. In diesem Fall geht die Versicherung nach § 2 Abs. 1
Nr. 1 vor, weil die Tätigkeit vorrangig dieser Vorschrift zuzurechnen ist (§
135 Abs.
6 SGB VII). Dies muss auch gelten, wenn eine Tätigkeit die Voraussetzungen des §
2 Abs.
2 Satz 1
SGB VII erfüllt. Denn nach §
2 Abs.
2 Satz 1
SGB VII sind auch diejenigen versichert, die vorübergehend wie ein nach Abs. 1 Nr. 1 Beschäftigter im landwirtschaftlichen Unternehmen
tätig werden. Für diesen Personenkreis hat die Regelung des §
56 Abs.
1 SGB VII Gültigkeit. Sie unterliegen nicht den Einschränkungen des §
80a Abs.
1 SGB VII. Dies muss auch für nicht nur vorübergehend tätige Familienangehörige gelten, die die Voraussetzungen des §
2 Abs.
2 Satz 1
SGB VII erfüllen. Zudem enthält das Gesetz für die von §
2 Abs. 1 Nr.
5b erfassten Personen keine allgemeine Regelung, die dem §
4 Abs.
5 SGB VII entspricht. Von der Versicherung nach §
2 Abs.
2 sind danach frei Personen, die als Familienangehörige (§ 2 Abs. 4) der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder Lebenspartner in
einem Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 unentgeltlich tätig sind, wenn sie die Voraussetzungen für den Anspruch auf
eine Rente wegen Alters nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte
erfüllen und die Rente beantragt haben. Diese Auslegung wird von der Gesetzesbegründung gestützt. Denn dort wird zu Artikel
1 Nr. 7, § 80a Abs. 1 ausgeführt: "Die Ansprüche der nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 versicherten Arbeitnehmer sowie der
Wie-Arbeitnehmer tätig werdenden Personen bleiben davon unberührt, für sie entsteht wie bisher der Rentenanspruch bereits
ab einer MdE von wenigstens 20 v. H." (vgl. Bundestagsdrucksache Nr. 16/6984 Seite 16). Von §
80a Abs.
1 SGB VII werden folglich nur diejenigen mitarbeitenden Familienangehörigen erfasst, für die kein Versicherungsschutz nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 oder §
2 Abs.
2 Satz 1
SGB VII bestehen würde und die nur aufgrund der Regelung des §
2 Abs. 1 Nr. 5b unter Versicherungsschutz gestellt sind. Diese versicherten Personen erfahren aufgrund dieser Regelung eine
Besserstellung gegenüber anderen Personen, die aus Gefälligkeit im Rahmen der Nachbarschaftshilfe oder der familiären Mithilfe
für einen Dritten unentgeltlich tätig werden und deshalb nicht als "Wie-Beschäftigte" gem. §
2 Abs.
2 SGB VII unter Versicherungsschutz stehen. Diese Besserstellung für in der Landwirtschaft mitarbeitende Familienangehörige, kann nicht
zu einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz führen.
Auch in Bezug auf den in §
2 Abs.
1 Nr.
5c SGB VII genannten Personenkreis liegt ein Verstoß gegen Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz nicht vor. Die Gesetzesbegründung gibt keine Auskunft, warum die in §
2 Abs.
1 Nr.
5c SGB VII genannten Personen von der Regelung des §
80a Abs.
1 SGB VII ausgenommen sind.
Die Regelung des §
2 Abs.
1 Nr.
5c SGB VII war bereits in § 539 Abs. 1 Nr. 5
RVO enthalten. Personen, die im landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform vom Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften
regelmäßig wie ein Unternehmer selbstständig tätig sind, wurden durch Art. 8 Nr. 1 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit
in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991 in den Versicherungsschutz
einbezogen. In der amtlichen Begründung wurde ausgeführt: "Da in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung grundsätzlich
alle im Unternehmen Mitarbeitenden pflichtversichert sind, sollte der in § 545 Nr. 2 angesprochene Personenkreis, der selbstständig
in einem landwirtschaftlichen Unternehmen tätig ist, auch in die Pflichtversicherung einbezogen werden." Durch § 545 Nr. 2,
der ebenfalls mit Wirkung zum 1. Januar 1992 in Kraft trat, wurden Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften
regelmäßig wie ein Unternehmer selbstständig tätig sind, die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung eröffnet. Hierzu
wurde in der Begründung des Gesetzesentwurfes ausgeführt: "Durch die Ergänzung in Satz 1 wird geschäftsführenden Gesellschaftern
von Kapital- und Personenhandelsgesellschaften, die maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft haben und
ihre Arbeit frei disponieren können, ausdrücklich das Recht eingeräumt, sich freiwillig bei denjenigen Unfallversicherungsträgern
zu versichern, bei dem die Gesellschaft Mitglied ist. Diese Personen sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
weder als Unternehmer noch als Beschäftigte anzusehen und hatten damit bislang häufig keine Möglichkeit, in den Schutz der
gesetzlichen Unfallversicherung aufgenommen zu werden. Da Betriebe im Beitrittsgebiet bis zum 31. Dezember 1991 in Unternehmensformen
der Bundesrepublik umzuwandeln sind und sich abzeichnet, dass dort in großer Zahl Handelsgesellschaften gegründet werden,
ist es zweckmäßig, aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Gewährleistung eines Unfallversicherungsschutzes des bezeichneten
Personenkreises, die freiwillige Versicherung nach § 545 mit dem Gesetz zu erweitern, zumal die betreffenden Personen bei
ihrer Tätigkeit in den früheren Rechtsformen (Produktionsgenossenschaften) noch bis zum 31. Dezember 1991 versichert sein
werden (Wiedergabe der Begründung des Gesetzesentwurfes in Lauterbach/Wartermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Auflage,
Stand 1. Januar 1996, § 539 Anm. 32 und § 545 Anm. 1).
Von §
2 Abs.
1 Nr.
5c SGB VII werden alle Personen erfasst, die in Personenhandelsgesellschaften im Sinne des Handelsgesetzbuches (HGB), d. h. einer OHG (offene Handelsgesellschaft) oder einer KG (Kommanditgesellschaft), und in Kapitalgesellschaften im Sinne
des GmbH-Gesetzes oder des Aktiengesetzes tätig sind, aber selbst keine Unternehmer sind, weil dazu entweder ihre gesellschaftsrechtliche Stellung nicht ausreicht
(Kommanditisten) oder weil die Gesellschaft als juristische Person alleine und ausschließlich Unternehmer ist (z. B. geschäftsführender
GmbH-Gesellschafter, der wegen seiner exponierten Stellung kein Beschäftigter ist) (vgl. juris-Praxis Kommentar,
SGB VII, §
2 Rdnr. 129).
Dieser Personenkreis des § 2 Abs. 1 Nr. c und die "mitarbeitenden Familienangehörigen" des §
2 Abs.
1 Nr.
5b SGB VII sind nicht miteinander vergleichbar. Sie unterscheiden sich in wesentlicher Hinsicht: Der "Wie ein Unternehmer tätige" übt
seine Tätigkeit für das Unternehmen in der Regel aus, um dadurch Einkommen zu erzielen und nicht aus Gefälligkeit. Insoweit
ist er dem pflichtversicherten Arbeitnehmer ähnlicher als demjenigen, der aus familiärer Verbundenheit unentgeltlich tätig
wird.
Aus den obigen Ausführungen folgt, dass der Kläger einen Anspruch auf Rente nach einer MdE von 20 v. H. hätte, wenn er als
Beschäftigter nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII oder wie ein Beschäftigter nach §
2 Abs.
2 SGB VII tätig geworden wäre. Dies war jedoch nicht der Fall. Eine Beschäftigung nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII kommt nicht in Betracht, weil der Kläger seine unentgeltliche Tätigkeit als freiwillige Mitarbeit angesehen hat.
Auch eine Tätigkeit nach §
2 Abs.
2 Nr.
1 SGB VII liegt nicht vor. Als sogenannter "Wie-Beschäftigter" gemäß §
2 Abs.
2 S. 1
SGB VII ist derjenige versichert, der eine Verrichtung ausübt, die einer Beschäftigung vergleichbar ist. Es muss eine ernstliche,
einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem
Wert erbracht werden, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis
stehen (Urteil des BSG vom 27. März 2012 - B 2 U 5/11 R - juris). Eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit muss nicht bestehen, noch sind die Beweggründe des Handelnden
für sein Tätigwerden maßgebend (Urteil vom 5. März 2002 - B 2 U 9/01 R - und vom 17. März 1992 - 2 RU 6/99 - jeweils juris).
Zwar hat der Kläger zum Unfallzeitpunkt eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen
Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht, die ihre Art nach sonst von Personen verrichtet
werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Jedoch ist die Ausübung einer beschäftigungsähnlichen
Tätigkeit hier zu verneinen, weil die Verrichtung wegen und im Rahmen einer Sonderbeziehung zum Unternehmer erfolgt ist. Eine
"Sonderbeziehung" liegt vor bei Verwandtschaft oder bei einer Gefälligkeit für Bekannte bzw. Freunde. Das Bestehen einer Sonderbeziehung
schließt zwar weder einen Versicherungsschutz nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII noch einen Versicherungsschutz nach §
2 Abs.
2 S. 1
SGB VII aus. Ein Versicherungsschutz nach §
2 Abs.
2 S. 1
SGB VII besteht jedoch nicht, wenn es sich um einen aufgrund der konkreten sozialen Beziehung (Sonderbeziehung) geradezu selbstverständlichen
Hilfsdienst handelt oder die zum Unfall führende Verrichtung als Erfüllung gesellschaftlicher, nicht rechtlicher Verpflichtungen
anzusehen ist, die bei besonders engen Beziehungen zwischen Verwandten, Freunden oder Nachbarn typisch, üblich und deshalb
zu erwarten ist. Auf die Zeitdauer der Verrichtung kommt es allein nicht an. Vielmehr ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
der Zeitdauer lediglich innerhalb des Gesamtbildes, vor allem bei Hilfsleistungen unter Verwandten und bei Tätigkeiten im
Rahmen von mitgliedschaftlichen, gesellschaftlichen oder körperschaftlichen Verpflichtungen, die ihr zukommende, nicht aber
eine selbstständige entscheidende Bedeutung zuzumessen. Maßgebend sind vielmehr die gesamten Umstände des Einzelfalles (vgl.
BSG, Urteil vom 17. März 1992 - 2 RU 6/91 - in SozR-2200 § 539
RVO Nr. 15). Je enger eine Gemeinschaft ist, umso größer ist der Rahmen, in dem bestimmte Verrichtungen hierdurch ihr Gepräge
erhalten (BSG SozR-2200 § 539 Nr. 49).
Basierend auf der engen Verwandtschaft ihrer Ehefrauen bestand und besteht zwischen dem Kläger und dem Zeugen C. eine intakte
familiäre und freundschaftliche Beziehung, die bestimmt wird durch ein wechselseitiges Geben und Nehmen. Dies haben der Kläger
und der Zeuge C. übereinstimmend bekundet. Der Kläger hilft im landwirtschaftlichen Unternehmen des Zeugen C. aus, wenn dieser
seine Mitarbeit bei besonderen Arbeiten außerhalb der laufenden Betriebstätigkeit benötigt. Der Kläger hat im Rahmen dessen
z. B. Weidezäune repariert und Weidezaunpfähle zugespitzt. Auch für den Zeugen C. ist es nach Aussage des Klägers selbstverständlich,
dass er dem Kläger beim Verrichten von Arbeiten auf dem Grundstück und am Haus hilft. Der Zeuge C. hat z. B. mitgeholfen,
als das Dach des Wohnhauses der Familie A. neu eingedeckt wurde und hat mit seinen Geräten die Baugrube für eine Garage ausgehoben.
Da die Ehe des Zeugen C. kinderlos geblieben ist, herrscht in der Familie Einvernehmen, dass die einzige Tochter des Ehepaars
A. den Hof und das landwirtschaftliche Unternehmen des Zeugen C. erben soll. In der Zeit, als seine Schwägerin schwer erkrankte
und sich der Zeuge C. um seine kranke Frau kümmern musste, haben der Kläger und auch seine Ehefrau dem Zeugen C. geholfen.
Dies war für den Kläger selbstverständlich. Auch die zum Unfallzeitpunkt für den landwirtschaftlichen Betrieb des Zeugen C.
verrichteten Arbeiten stellten einen aufgrund der konkreten familiären Beziehungen selbstverständlichen Hilfsdienst des Klägers
für den Zeugen C. dar. Der Kläger hatte sich zuvor die Bandsäge von dem Zeugen C. ausgeliehen, um für seinen eigenen Bedarf
Holz zu sägen. Der Zeuge C. bat ihn, bei dieser Gelegenheit auch seine Weidezaunpfähle zu spitzen. Es handelte sich um 150
Pfähle, die bearbeitet werden mussten. Das Zuspitzen der Weidezaunpfähle erforderte in zeitlicher Hinsicht keinen besonderen
Aufwand und stellte für den Kläger keine gefährliche Tätigkeit dar, da er es gewohnt war, mit der Bandsäge umzugehen und er
solche Arbeiten schon öfter verrichtet hatte. In Anbetracht dessen lag die zu beurteilende Verrichtung des Klägers am Unfalltag
noch innerhalb dessen, was im Rahmen der konkreten familiären Beziehung von ihm erwartet werden konnte. Die Tätigkeit kann
nicht als ungewöhnliche oder untypische Hilfsleistung angesehen werden, so dass ein Versicherungsschutz nach §
2 Abs.
2 SGB VII hier nicht vorgelegen hat.
Da die Tätigkeit des Klägers allein die Tatbestandsmerkmale des §
2 Abs.
1 Nr.
5b SGB VII erfüllt, findet §
80a Abs.
1 S. 1
SGB VII Anwendung. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente, weil seine Erwerbsfähigkeit infolge des Arbeitsunfalls nicht um wenigstens
30 v. H. gemindert ist. Die Berufung des Klägers konnte folglich keinen Erfolg haben.