Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Widerruf einer Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der kurativen Koloskopie.
Der Kläger nimmt als Facharzt für Chirurgie mit Praxissitz in A-Stadt an der vertragsärztlichen Versorgung teil und ist zugleich
Belegarzt in der Klinik EK. in EK-Stadt. Nach eigenen Angaben ist er seit 1988 berechtigt, Leistungen der kurativen Koloskopie
zu erbringen. Mit Bescheid vom 11. Juli 2003 erteilte ihm die Beklagte rückwirkend zum 1. Oktober 2002 die Genehmigung zur
Ausführung und Abrechnung von Leistungen der kurativen Koloskopie (Nrn. 760, 764 bis 775 EBM). Die Genehmigung war unter anderem
mit der Auflage versehen, dass die festgelegten Mindestanforderungen der Qualitätssicherungsvereinbarung bezüglich der jährlich
durchzuführenden Koloskopien erfüllt werden. Der Bescheid sah eine Widerrufsmöglichkeit für den Fall vor, dass die bei der
Erteilung zu Grunde liegenden Voraussetzungen tatsächlich nicht erfüllt waren oder nachträglich entfielen, oder dass die mit
der Genehmigung verbundenen Auflagen nicht eingehalten werden.
Mit Schreiben vom 12. April 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er nach Prüfung der eingereichten Unterlagen keine
200 Koloskopien nachgewiesen habe und nicht die Fallzahl von 200 totalen Koloskopien (einschließlich des Zoekums) erfülle.
Könne er den Nachweis nach Ablauf von 12 Monaten erneut nicht führen, werde sie die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung
von koloskopischen Leistungen widerrufen. Ein weiteres Schreiben vom 3. Juli 2007 ist aktenkundig, in dem die Beklagte um
den Nachweis der Koloskopien für die Quartale IV/05 bis III/06 bat. Unter Datum vom 22. Oktober 2007 erinnerte die Beklagte
den Kläger an die Einreichung der angeforderten Unterlagen. Der Antragsteller bestritt mit Schreiben vom 19. November 2007,
das Schreiben vom 3. Juli 2007 erhalten zu haben. Er habe in den letzten 12 Monaten 209 Koloskopien durchgeführt, davon 91
ambulant (GKV und privat) und 118 stationär (GKV plus privat). Beiliegend reiche er einige Fälle ein, dokumentiert durch Bild,
Histologie oder beides.
Die Koloskopie-Kommission der Beklagten stellte in ihrer Sitzung am 9. April 2008 fest, dass der Kläger die Dokumentation
von 13 Koloskopien eingereicht habe. Weiter sollten von ihm die Dokumentationen der angegebenen 209 durchgeführten Koloskopien
angefordert werden. Die Beklagte forderte den Kläger auf, die entsprechenden Nachweise (Befundberichte und Bilddokumentationen)
einzureichen und erinnerte ihn unter Datum vom 25. Juni 2008 daran. Der Kläger reichte erneut Unterlagen ein, die die Beklagte
der Koloskopie-Kommission zur Prüfung vorlegte.
Mit Bescheid vom 26. August 2008 widerrief die Beklagte die Koloskopiegenehmigung vom 11. Juli 2003, da der Kläger die Auflagen
gemäß § 6 Abs. 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie in der Fassung vom 24. Juli 2006 nicht nachgewiesen habe.
Er habe 89 Befundberichte vorgelegt, in denen eine hohe Koloskopie beschrieben worden sei. Bei 56 Befundberichten habe die
Bilddokumentation vollständig gefehlt. Bei den vorhandenen Bilddokumentationen sei nicht immer der Coecalpol eindeutig erkennbar
gewesen. Diese Fälle seien jedoch als Fälle mit vorhandener Bilddokumentation gewertet worden. Da er den erforderlichen Nachweis
nach Ablauf von 12 Monaten nicht erbracht habe, habe die Genehmigung widerrufen werden müssen.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 19. September 2008 Widerspruch ein. Zur Begründung berief er sich darauf, dass ihm
bisher eine vollständige Akteneinsicht verwehrt worden sei. Bei der am 20. November 2008 vor Ort erfolgten Akteneinsicht seien
nur Teile der Akte vorhanden gewesen. Es sei ihm die Herausgabe seiner Originalunterlagen verweigert worden. Er habe die in
§ 6 Abs. 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung enthaltenen Fallzahlen quantitativ erreicht. Die Abrechnungsunterlagen könnten
die Durchführung der 209 Koloskopien bestätigen. Eventuell fehlende Fälle aus nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung
erbrachten Behandlungen werde er nachreichen. Als ein kurativ tätiger Arzt unterliege er nicht den Fallzahlanforderungen des
§ 6 Abs. 1 in Form von 200 Koloskopien und 10 Polypektomien innerhalb von 12 Monaten. Die Ermächtigungsgrundlage könne nur
die Sicherung der Qualität erfassen, bzw. sei grundrechtskonform auszulegen. Mit der Qualitätssicherungsvereinbarung vom 20.
September 2002 seien die Fallzahlerfordernisse allein für die präventive Koloskopie eingeführt worden, die kurative Koloskopie
sei ohne Fallzahlenerfordernis weiter genehmigt worden. Diese unterschiedliche Behandlung sei in der Vereinbarung vom 24.
Juli 2006 beibehalten worden. Die Antragsgegnerin habe das Verfahren nicht eingehalten. § 6 Abs. 3 berechtige die kassenärztliche
Vereinigung in einer 1. Stufe, von dem Arzt die schriftlichen und bildlichen Dokumentationen von 20 abgerechneten Fällen anzufordern.
Die Antragsgegnerin habe hingegen 200 totale Koloskopien und 10 Polypektomien angefordert. Es sei auch kein Zeitraum von 12
Monaten genannt worden, sondern von der Antragsgegnerin willkürlich ausgesuchte Zeiträume, die nicht nachvollziehbar gewesen
seien. In einer 2. Stufe hätten nach weiteren 12 Monaten erneut Dokumentationen von 20 Fällen angefordert werden müssen, auch
dies sei nicht erfolgt. Danach hätte nach weiteren 12 Monaten eine Anforderung von 200 Fällen erfolgen müssen. Dieselben Verfahrensanforderungen
würden für die Polypektomien gelten, das Verfahren leide insoweit an denselben Mängeln. Die Begründung des Bescheids sei fehlerhaft.
Es werde weder ersichtlich, auf welche Anforderung Bezug genommen werde, noch auf welche konkreten Patienten oder Zeiträume
sich die Ausführungen bezögen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und ordnete die sofortige
Vollziehung des Widerrufs der Koloskopiegenehmigung an. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe die Auflage gemäß §
6 Abs. 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie nicht erfüllt. Eine unverzügliche Mitteilung nach § 6 Abs. 2 der
Qualitätssicherungsvereinbarung über den nicht geführten Nachweis über Koloskopieleistungen sei mit Schreiben vom 12. April
2005 erfolgt. Gemäß § 6 Abs. 3 g der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie sei die Koloskopiegenehmigung zu widerrufen,
wenn die erneute Überprüfung nach Ablauf von 12 Monaten Mängel aufweise oder wenn weniger als 200 totale Koloskopien durchgeführt
worden seien. Die Genehmigung sei nach § 6 Abs. 4 d auch zu widerrufen, wenn eine zweite Überprüfung die Anforderungen an
eine mangelfreie Dokumentation von Polypektomien nicht erfülle oder wenn weniger als 10 Polypektomien durchgeführt worden
seien. Die Erststufe der Nachweispflicht mit Vorlage von nur 20 Koloskopien gelte nur für Ärzte, die grundsätzlich die Fallzahlen
von 200 Koloskopien auch erreicht hätten. Sowohl die Anzahl der nachgewiesenen Koloskopien als auch die Anzahl der Polypektomien
entspreche nicht den Vorgaben der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie. Die insgesamt vorliegenden 102 dokumentierten
Koloskopien, darunter 1 Fall einer vollständig dargestellten Polypektomie, unterschritten die festgesetzte Fallzahl. Zudem
hätten die eingereichten Dokumentationen Mängel in der Darstellung aufgewiesen. Danach gelte eine totale Koloskopie als nachgewiesen,
wenn die Bauhin´sche Klappe und das Zoekum dargestellt seien. Dies sei nur teilweise der Fall gewesen. Die erbrachten Untersuchungszahlen
müssten nachprüfbar nachgewiesen werden. Die eigenen Angaben des Arztes genügten hierfür nicht. Der in § 10 Abs. 3 der Qualitätssicherungs-Vereinbarung
vorgeschriebene Verzicht auf den Nachweis gelte nur für die Erlangung der Genehmigung. Soweit der Antragsteller das Schreiben
vom 3. Juli 2007 nicht erhalten habe, habe ihn der länger zurückliegende Prüfungszeitraum nicht verwirren können. Die weitere
Prüfung zeige, dass die Kommission auch die Dokumentationen aus dem Zeitraum Ende 2006 bis Ende 2007 akzeptiert habe.
Hiergegen hat der Kläger am 31.Juli 2009 zum Az.: S 12 KA 495/09 Klage beim Sozialgericht Marburg erhoben.
Am 6. August 2009 hat der Kläger ferner den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt, den das Sozialgericht
mit Beschluss vom 21. August 2009 abgelehnt hat. Der hiergegen erhobenen Beschwerde hat das Hessische Landessozialgericht
mit Beschluss vom 1. März 2010 - L 4 KA 91/09 B ER - stattgegeben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs sowie der Klage gegen den Bescheid vom 26. August 2009
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 2009 wieder hergestellt.
Zur Klagebegründung hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, er sei weiterhin der Auffassung, dass er Koloskopien in ausreichender
Zahl erbracht habe und dass die Beklagte das Verfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt habe. Den streitgegenständlichen Bescheiden
fehle zudem die erforderliche Bestimmtheit und Begründung. Ein Widerruf sei nur möglich, wenn in zwei aufeinanderfolgenden
12 monatigen Zeiträumen die Anforderungen der Vereinbarungen nicht erfüllt worden seien. Mit dem Übergangsrecht nach der 2.
Qualitätssicherungsvereinbarung aus dem Jahr 2006 hätten sich etwaige Mängel aus der Zeit vor dem Inkrafttreten erledigt.
Es fehle an einem Hinweis, einer Aufklärung oder einer Beratung. Insgesamt fehle es an einer ordnungsgemäßen Anhörung. Er
sei bislang insbesondere nicht zu einem konkreten, dem Verfahren entsprechenden Zeitraum und/oder patientenbezogenen Verstoß
angehört worden. Als rein kurativ tätigem Arzt gälten für ihn die Fallzahlanforderungen nicht. Es liege eine Ungleichbehandlung
mit rein kurativ tätigen Ärzten im Vergleich zu Kinderärzten vor. Eine Gleichbehandlung mit präventiv koloskopierenden Ärzten
verstoße gegen Art.
3 und
12 Grundgesetz (
GG). Dem Schreiben vom 12. April 2005 fehle die Bestimmtheit. Die Mitteilung enthalte auch keine Angabe, welche konkrete Fallzahlunterschreitung
vorliegen würde. Es fehle eine Festlegung des zukünftigen Prüfungszeitraums. Es sei widersprüchlich, wenn ihm mit Bescheid
vom 11. Juli 2003 die Genehmigung rückwirkend erteilt werde, andererseits diese Genehmigung nachträglich wieder entzogen werde
mit der Begründung, er habe in demselben Jahr, d. h. in den zwölf Monaten des Jahres 2003, die Anforderung der Qualitätssicherungsvereinbarung
doch nicht erfüllt. Es könne überhaupt nur auf einen Zeitraum nach Erhalt der Genehmigung abgestellt werden. Eine Prüfung
des Jahres 2003 rechtfertige auch keine Durchführung einer Vollerhebung im Jahr 2007. Er habe die Mitwirkung nicht verweigert.
Ein Schreiben mit Datum vom 3. Juli 2007 habe er nicht erhalten. Hierin sei der Zeitraum IV/05 bis III/06 angefordert. Dieser
Zeitraum sei aber nicht der unmittelbare Folgezeitraum von 2003. Die Beklagte sei erstmals mit Schreiben vom 22. Oktober 2007
auf ihn zugekommen. Es werde der unbestimmte Zeitraum der "letzten zwölf Monate" angefordert. Er bestreite ausdrücklich, dass
eine Prüfung innerhalb der letzten Jahre festgestellt habe, er habe seit Erhalt der Genehmigung in keinem zwölfmonatigen Zeitraum
die Qualitätssicherungsvereinbarung erfüllt. Die Beklagte habe auch keine Kenntnis über privat behandelte Fälle, die ebenfalls
zu berücksichtigen seien. Die Vollerhebung im Jahr 2007 sei rechtsgrundlos erfolgt.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger sei angehört worden. Während des gesamten Verfahrens sei er informiert worden, er
sei um Übersendung von Unterlagen und Dokumentationen gebeten worden. Es sei ihm Akteneinsicht gewährt worden. Der Bescheid
sei rechtmäßig. Bereits aus § 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie folge die Geltung der Qualitätssicherungsvereinbarung
auch für die kurative Koloskopie. Der Bescheid vom 20. April 2005 sei bestandskräftig geworden. Damit stehe der fehlende Nachweis
fest. Erst auf wiederholte Nachfrage ihrerseits habe der Kläger die 89 Befundberichte vorgelegt, die aus der Zeit Oktober
2006 bis Oktober 2007 stammten und nicht dem vorgegebenen Zeitraum IV/05 bis III/06. Entgegen der Auffassung des Klägers sei
der Arzt gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung verpflichtet, in geeigneter Weise nachzuweisen, dass er die Auflagen der
Qualitätssicherungsvereinbarung in den festgelegten Zeiträumen erfüllt habe. Das Schreiben vom 21. Juli 2003 lege nur die
Voraussetzungen der Qualitätssicherungsvereinbarung dar. Bei § 10 der Qualitätssicherungsvereinbarung handele es sich um eine
Übergangsregelung.
Mit Urteil vom 8. September 2010 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 26. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 1. Juli 2009 aufgehoben.
Gegen das ihr am 17. September 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am Montag, den 18. Oktober 2010 Berufung beim Hessischen
Landessozialgericht eingelegt.
Die Beklagte trägt ergänzend zu ihren erstinstanzlichen Ausführungen vor, den Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils,
ihr Schreiben vom 12. April 2005 sei kein Verwaltungsakt könne nicht gefolgt werden. Es sei damit eine verbindliche Feststellung
der Pflichten des Klägers erteilt worden. Darüber hinaus sei verbindlich die Feststellung erfolgt, dass der Kläger seinen
Nachweis- und Dokumentationspflichten nicht nachgekommen sei. Es handele sich hierbei nicht lediglich um einen bloßen Hinweis
auf die Rechtslage, sondern die konkret auf den Einzelfall des Klägers zugeschnittene Wiedergabe der mit der Koloskopiegenehmigung
verbundenen Auflagen und der bei Nichterfüllung hieraus folgenden Rechtsfolgen. Auch unter dem Gesichtspunkt, dass § 6 Abs.
2 Qualitätssicherungsvereinbarung eine unverzügliche Benachrichtigung verlange, sofern der Nachweis nicht geführt werde, handele
es sich bei dem Schreiben vom 12. April 2005 nicht lediglich um einen Hinweis. Zudem sei die aus der Nichterfüllung der Auflage
folgende Rechtsfolge deutliche und unmissverständlich erkennbar: "Kann der Nachweis nach Ablauf von 12 Monaten erneut nicht
geführt werden, wird die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung koloskopischer Leistungen widerrufen." Der Bescheid vom
12. April 2005 sei auch in Bestandskraft erwachsen, wodurch das erste Nachweisverfahren nicht der Überprüfung unterliege,
es stehe fest, dass der Kläger der ersten Nachweispflicht nach Erteilung der Abrechnungsgenehmigung Koloskopie nicht nachgekommen
sei. Beim Übergang von der Qualitätssicherungsvereinbarung 2002 auf die Qualitätssicherungsvereinbarung 2006 sei § 6 lediglich
redaktionell geändert worden. Es entstünden daher keine separaten Prüfungszeiträume. Es sei dem Kläger aus dem Schreiben vom
12. April 2005 bekannt gewesen, dass er für den Nachfolgezeitraum erneut einen Nachweis über 200 Koloskopien zu erbringen
habe. Mit Schreiben vom 3. Juli 2007 sei er sodann aufgefordert worden, für den Zeitraum IV/05 bis III/06 mindestens 200 totale
Koloskopien (einschließlich des Zoekoms) und 10 Polypektomien mit Hochfrequenzelektroschlinge nachzuweisen. Vollständige Nachweise
habe der Kläger hierüber nicht vorgelegt, er habe einen den Vorgaben des § 6 Abs. 1 der Vereinbarung entsprechenden Nachweis
bisher für kein Leistungsjahr eingereicht. Die nach mehrmaliger Erinnerung vorgelegten Dokumentationen des Klägers hätten
weder in qualitativer noch in quantitativer Hinsicht den Dokumentationsvoraussetzungen der Qualitätssicherungsvereinbarung
erfüllt. Schon damit seien die Voraussetzungen gemäß § 6 Abs. 3 g Satz 2 Qualitätssicherungsvereinbarung erfüllt. § 6 Abs.
3 g und Abs. 4 d stellten reine Ordnungsvorschriften dar, bei den genannten Zeiträumen ("nach Ablauf von weiteren auf den
in Abs. 1 genannten Zeitraum folgenden zwölf Monaten") handele es sich nicht um eine Ausschlussfrist. Sie - die Beklagte -
habe auch das Verfahren eingehalten. § 6 Abs. 3 Buchstabe g der Vereinbarung unterscheide deutlich zwischen einer Überprüfung
bei erneuten Mängeln und der Tatsache, dass weniger als 200 Koloskopien durchgeführt worden seien. Die Überprüfung nach §
6 Abs. 3 Buchstabe f könne daher nur Bedeutung erlangen, soweit überhaupt 200 Koloskopien nachgewiesen würden. Soweit der
Kläger den Zugang des Schreibens vom 3. Juli 2007 bestreite, erfolge dies lediglich pauschal. Selbst wenn man davon ausgehen
könnte, dass das Schreiben nicht zugegangen wäre, sei anzuführen, dass mehr als einmal an die Abgabe der Unterlagen erinnert
worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 8. September 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bestreitet, dass vor dem Schreiben vom 12. April 2005 ein Verwaltungsverfahren durchgeführt worden sei, mithin von ihm
Unterlagen angefordert worden seien, welche nicht den Anforderungen der Qualitätssicherungsvereinbarung genügt hätten. Es
sei aus dem Schreiben nicht erkennbar, aufgrund welcher Anforderung, welche Unterlagen geprüft worden seien, lediglich aus
der Sitzungsniederschrift vom 9. März 2005 ergebe sich, dass dies der Prüfzeitraum 2003 gewesen sei. Wann vom ihm diesbezüglich
Unterlagen angefordert worden seien, ergebe sich nicht, vielmehr sei anzunehmen, dass der Prüfung lediglich Abrechnungsunterlagen
der Beklagten zugrunde gelegen hätten, ohne dass er zur Einreichung etwa privat durchgeführter Koloskopien aufgefordert worden
sei. Könne von einem Verwaltungsakt ausgegangen werden, sei dieser aufgrund seiner Unbestimmtheit und Unverständlichkeit jedenfalls
nichtig. Mangels ordnungsgemäß durchgeführten Verfahrens auf erster Stufe sei eine Prüfung auf zweiter Stufe nicht zulässig.
Die Beklagte verkenne, dass zwei zwölfmonatige, unmittelbar aufeinander folgende Zeiträume nie Gegenstand einer Prüfung gewesen
seien. Es sei auch rechtswidrig, auf Zeiträume zurückzugreifen, die zum einen der Qualitätssicherungsvereinbarung 2002 und
zum anderen der Qualitätssicherungsvereinbarung 2006 unterliegen. In letzterer seien nicht nur redaktionelle Änderungen vorgenommen
worden, sondern sowohl die formellen als auch die materiellen Anforderungen geändert worden. Das Nachweisverlangen der Beklagten
für das Jahr 2007 entspreche nicht den Anforderungen des § 6 Abs. 3 Buchstabe a) Qualitätssicherungsvereinbarung 2006. Er
- der Kläger - sei nicht verpflichtet, unaufgefordert Nachweise vorzulegen. Dem stehe schon der Hinweis im Schreiben vom 12.
April 2005 entgegen, dass die Beklagte zu gegebener Zeit auf ihn zukommen werde.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten
Bezug genommen, der Gegenstand der der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
Im Ergebnis zutreffend hat das Sozialgericht den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 26. August 2008 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juli 2009 aufgehoben. Denn der Widerruf der Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung
von Koloskopie-Leistungen ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage des Widerrufs der Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von koloskopischen Leistungen ist §
135 Abs.
2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch Gesetzliche Krankenversicherung (
SGB V) in Verbindung mit §§
6 Abs.
1,
8 Abs.
3 der Voraussetzungen gemäß §
135 Abs.
2 SGB V zur Ausführung und Abrechnung von koloskopischen Leistungen in der hier maßgeblichen Fassung vom 24. Juli 2006 (Qualitätssicherungsvereinbarung
zur Koloskopie - Koloskopie-Vb -, 24. Juli 2006 (Deutsches Ärzteblatt 2006; 103(43), S. A-2892), die gemäß §
37 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (
SGB I) die Vorschriften des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch (SGB X) als leges speciales verdrängen (LSG Berlin-Brandenburg vom 19. Februar 2008, L 7 B 106/07 KA ER).
Nach §
135 Abs.
2 SGB V können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung ärztlicher Leistungen
vereinbaren, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführungen oder wegen der Neuheit des Verfahrens besondere Kenntnisse
und Erfahrungen (Fachkundenachweis) sowie einer besonderen Praxisausstattung oder weiterer Anforderungen an die Strukturqualität
bedürfen. Hiervon haben die genannten Verbände in der Koloskopie-Vb Gebrauch gemacht und festgesetzt, dass die Ausführung
und Abrechnung von Leistungen der Koloskopie im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durch die an der vertragsärztlichen
Versorgung teilnehmenden Ärzte erst nach der Erteilung der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung zulässig ist.
Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Arzt die in der Koloskopie-Vb genannten fachlichen und apparativen Voraussetzungen
erfüllt (§ 2 Satz 1 und 2 Koloskopie-Vb) und in ihrem Bestand u. a. davon abhängig, dass die festgelegten Mindestanforderungen
bezüglich der jährlich durchzuführenden Koloskopien nach § 6 Koloskopie-Vb erfüllt werden (§ 2 Satz 3 Koloskopie-Vb).
Gemäß § 8 Abs. 3 Koloskopie-Vb ist die Genehmigung für die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Koloskopie zu widerrufen,
wenn der Arzt die Auflage zur fachlichen Befähigung gemäß § 6 oder die Anforderungen an die Hygienequalität gemäß § 7 nicht
erfüllt.
Der Nachweis der fachlichen Befähigung nach § 6 Abs. 1 Koloskopie-Vb gilt als erfüllt, wenn innerhalb eines Zeitraum von jeweils
zwölf Monaten nachgewiesen wird, dass der Arzt innerhalb dieses Zeitraumes mindestens 200 totale Koloskopien ohne Mängel gemäß
§ 6 Abs. 3 Koloskopie-Vb und mindestens 10 Polypektomien ohne Mängel gemäß § 6 Abs. 4 Koloskopie-Vb durchgeführt hat. Der
Arzt hat gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung in geeigneter Weise nachzuweisen, dass er die Auflagen in den festgelegten
Zeiträumen erfüllt hat. Nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführte totale Koloskopien und Polypektomien
können auf die nachzuweisenden Zahlen angerechnet werden. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt fest, ob der erforderliche
Nachweis geführt wurde. Soweit der Nachweis nicht geführt wurde, teilt dies die Kassenärztliche Vereinigung dem Arzt unverzüglich
mit (§ 6 Abs. 2 Koloskopie-Vb). Zur Überprüfung fordert die Kassenärztliche Vereinigung vom Arzt zunächst die schriftlichen
und bildlichen Dokumentationen von 20 abgerechneten Fällen an (§ 6 Abs. 3 Buchst. a Satz 1 Koloskopie-Vb), die nach Maßgabe
von § 6 Abs. 3 Buchst. c bis e Koloskopie-Vb auf Mängel geprüft werden. Wurde die Anforderung nicht erfüllt, werden die schriftlichen
und bildlichen Dokumentationen von weiteren 20 abgerechneten Fällen angefordert (§ 6 Abs. 3 Buchst. f Koloskopie-Vb). Zeigt
die Überprüfung erneut Mängel gemäß § 6 Abs. 3 Buchst. c bis e Koloskopie-Vb oder wurden weniger als 200 totale Koloskopien
durchgeführt, hat der Arzt die Möglichkeit, seine fachliche Befähigung nachzuweisen, indem nach Ablauf von weiteren auf den
in § 6 Absatz 1 Koloskopie-Vb folgenden zwölf Monaten die schriftlichen und bildlichen Dokumentationen von 200 abgerechneten
Fällen eingereicht werden. Zeigt die Überprüfung Mängel gem. § 6 Abs. 3 Buchst. c bis e Koloskopie-Vb oder wurden weniger
als 200 totale Koloskopien durchgeführt, wird die Genehmigung widerrufen (§ 6 Abs. 3 Buchst g Koloskopie-Vb).
Die Voraussetzungen für den Widerruf der dem Kläger mit Bescheid vom 11. Juli 2003 erteilten Genehmigung sind nicht erfüllt.
Denn die Beklagte hat nicht die erforderliche Prüfung der fachlichen Befähigung des Klägers in zwei aufeinander folgende Zeiträume
von zwölf Monaten zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht. Aus der Regelung des § 6 Koloskopie-Vb ergibt sich ein zweistufiges
Verfahren, bei dem auf einer ersten Stufe neben dem Nachweis der Durchführung von 200 totalen Koloskopien die nähere Prüfung
einer Stichprobe von maximal zweimal 20 Koloskopien anhand der Behandlungsdokumentation zum Nachweis der Fachkunde des Arztes
durchgeführt wird, wobei die Kassenärztliche Vereinigung festzustellen hat, ob der Nachweis geführt wurde und dies dem betroffenen
Arzt unverzüglich mitzuteilen hat, falls das nicht der Fall ist. Auf einer zweiten Stufe kommt es darauf an, ob "nach Ablauf
von weiteren auf den in (§ 6) Absatz 1 genannten Zeitraum folgenden zwölf Monaten" der Nachweis 200 mangelfrei durchgeführter
Fälle erbracht wird. Hierbei ist nach dem eindeutigen Wortlaut auf zwei aufeinander folgende (so auch LSG Berlin-Brandenburg
vom 19. Februar 2008, L 7 B 106/07 KA ER, juris Rdnr. 5) Zeiträume von jeweils zwölf Monaten abzustellen und nicht etwa auf zwei 12-monatige Zeiträume, die
zeitlich von einander getrennt sind.
Solche aufeinanderfolgenden Zeiträume hat die Beklagte jedoch nicht zur Grundlage des Widerrufs der Genehmigung im Bescheid
vom 26. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juli 2009 gemacht. Wie sich aus den von der Beklagten
vorgelegten Verwaltungsakten ergibt, hat sie vielmehr die Fachkunde des Klägers in zwei von einander getrennten Zeiträumen
überprüft: Zunächst erfolgte im Rahmen der Sitzung der Koloskopie-Kommission vom 9. März 2005 die Prüfung des Jahres 2003
(vgl. Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung der Koloskopie-Kommission am 9. März 2005, Bl. 2 der Verwaltungsakte der
Beklagten). Hierbei kam die Koloskopie-Kommission der Beklagten zu dem Ergebnis, dass der Kläger nur 79 hohe Koloskopien und
8 Polypetkomien durchgeführt habe, was sie ihm unter dem Datum vom 12. April 2005 schriftlich mitgeteilt hat. In einem durch
das Schreiben vom 3. Juli 2007, welches der Kläger nach seinen Angaben nicht erhalten hat, eingeleiteten zweiten Prüfungsschritt
wollte die Beklagte sodann die Fachkunde des Klägers für den Zeitraum IV/05 bis III/06 prüfen. Nachdem der Kläger Unterlagen
über Koloskopien aus den Jahren 2006/2007 zur Überprüfung eingereicht hatte, erfolgte tatsächlich jedoch eine Überprüfung
dieses Zeitraums. Die eigentlich von § 6 Koloskopie-Vb geforderte Prüfung eines auf das geprüfte - Jahr 2003 folgende Zeitraum
von zwölf Monaten, also des Jahres 2004, erfolgte indes zu keinem Zeitpunkt.
Dabei kann aus dem Wortlaut von § 6 Koloskopie-Vb, der eine Nachweispflicht des Arztes gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung
regelt, nicht darauf geschlossen werden, dass der Arzt ohne Aufforderung der Kassenärztlichen Vereinigung den in § 6 Abs.
1 und Abs. 3 Koloskopie-Vb geforderten Fachkundenachweis vorzulegen hätte. Denn nach § 6 Abs. 3 Buchst. g Satz 1 i. V. m.
Buchst. a Satz 2 Koloskopie-Vb erfolgt die Auswahl der Fälle durch die Kassenärztliche Vereinigung unter Angabe des Namens
des Patienten und des Tages, an dem die Koloskopie durchgeführt wurde, woraus eindeutig folgt, dass der Kassenärztliche Vereinigung
im Rahmen der hier vorliegenden Eingriffsverwaltung die Auswahl und Anforderung der der Prüfung zu unterziehenden Koloskopie-Fälle
obliegt und nicht etwa eine "Bringschuld" des Arztes besteht.
Auf die Frage, ob es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 12. April 2005 um schlichtes Verwaltungshandeln oder um einen
Verwaltungsakt gem. § 31 SGB X - etwa im Sinne einer verbindlichen Zwischenfeststellung, dass die fachliche Befähigung fehlt (vgl. § 6 Abs. 2 Koloskopie-Vb.)
- handelt und ob der ggf. vorliegende Verwaltungsakt formell hinreichend bestimmt und materiell hinsichtlich des geprüften
Zeitraums rechtmäßig oder in Bestandskraft erwachsen ist, kommt es nach alledem nicht an.
Ebenso wenig ist erheblich, was sich aus der Änderung des §
6 Koloskopie-Vb gegenüber §
6 der Voraussetzungen gemäß §
135 Abs.
2 SGB V zur Ausführung und Abrechnung von koloskopischen Leistungen (Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie) vom 20. September
2002 (Deutsches Ärzteblatt November 2002; S. A-2654 - Koloskopie-Vb a. F.) ergibt. Denn auch § 6 Koloskopie-Vb a. F. setzte
für den Widerruf der Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Koloskopie jedenfalls den fehlenden Nachweis
der fachlichen Befähigung innerhalb von zwei aufeinander folgenden Zwölfmonatszeiträumen voraus (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Koloskopie-Vb
a. F.).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i. V. m. §§ 63 Abs. 2, 47, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Da der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist vom so genannten
Regelstreitwert auszugehen. Es kann insbesondere nicht auf den Umfang einer Honorarrückforderung abgestellt werden; diese
ist nicht Gegenstand des Verfahrens (vgl. hierzu Senatsurteil vom 11. März 2009 - L 4 KA 59/07).
Gründe für die Zulassung der Revision gem. §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.