Gründe:
Die gemäß §
172 SGG zulässige Beschwerde des Antragstellers mit dem Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts vom 24. April 2012 aufzuheben und dem Antragsgegner aufzugeben, ihm ein persönliches Budget
in Höhe von 245,97 Euro für eine psychosoziale Begleitung zu gewähren, hilfsweise die psychosoziale Begleitung als Geld- oder
Sachleistung zu gewähren,
hat in der Sache keinen Erfolg.
Die von dem Antragsteller beantragte Verpflichtung des Antragsgegners, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung ein persönliches
Budget in Höhe von 245,97 Euro für eine psychosoziale Begleitung zu gewähren, ist entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts
allerdings zulässig. Der Zulässigkeit steht insbesondere nicht entgegen, dass es bisher an einer Zielvereinbarung zwischen
dem Antragsteller und der Antragsgegnerin fehlt. Zwar setzt die Bewilligung eines persönlichen Budgets (§ 57 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) i. V. m. §
17 Abs.
2 bis
4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) den vorherigen Abschluss einer Zielvereinbarung im Rahmen eines Bedarfsfeststellungsverfahren voraus (vgl. §
17 Abs.
3 Satz 3 und
4 SGB IX, §
3 Abs.
3 und
4 der Verordnung zur Durchführung des § 17 Abs. 2 bis 4 des Neuntes Buches Sozialgesetzbuch vom 27. Mai 2004 - BudgetV -). Die Zielvereinbarung muss nach § 4 Abs. 1 Satz 2 BudgetV mindestens Regeln enthalten über 1.) die Ausrichtung der individuellen Förder- und Leistungsziele, 2.) die Erforderlichkeit
eines Nachweises für die Deckung des festgestellten individuellen Bedarfs und 3.) die Qualitätssicherung. Die Bewilligung
des begehrten persönlichen Budgets scheitert vorliegend bisher aber an dem Streit über den zulässigen Inhalt der zu treffenden
Zielvereinbarung, weil der Antragsteller die Auffassung vertritt, die Antragsgegnerin dürfe entsprechende Budgetleistungen
nicht davon abhängig machen, dass die von ihm in Anspruch genommenen Dienstleister bestimmte von der Antragsgegnerin verlangte
fachliche Qualifikationen ausweisen. Diese verfahrensrechtliche Situation schließt den Erlass einer einstweiligen Anordnung
auf Auszahlung des persönlichen Budgets jedoch nicht aus. Denn zwischen den Beteiligten sind bis auf die Frage der "Fachkräfteklausel"
sämtliche übrigen Voraussetzungen für die Bewilligung eines persönlichen Budgets unstreitig. Der Antragsteller hat in dem
Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2011 entsprechende Budgetleistungen tatsächlich bereits erhalten, und zwar auf der Grundlage
einer Zielvereinbarung, die bis auf die streitige "Fachkräfteklausel" inhaltlich mit der nunmehr diskutierten Zielvereinbarung
identisch ist. Angesichts dessen wäre die Antragsgegnerin, sofern es für die streitige Regelung keine Rechtsgrundlage gäbe,
zum Abschluss der ansonsten inhaltlich unstreitigen Zielvereinbarung mit dem Antragsteller und zum Erlass eines entsprechenden
Bewilligungsbescheides verpflichtet, weshalb auch eine entsprechende einstweilige Anordnung ergehen könnte.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers nicht mit der Begründung verneint
werden, der Antragsteller habe die Möglichkeit, die Zielvereinbarung zu unterschreiben und hierdurch eine zeitnahe Bescheidung
des persönlichen Budgets zu erreichen. Denn der Streit betrifft gerade die Frage, ob die Antragsgegnerin den Abschluss der
erforderlichen Zielvereinbarung zulässigerweise davon abhängig machen darf, dass der Antragsteller nur solche Personen in
Anspruch nimmt, welche eine von der Antragsgegnerin festgelegte fachliche Qualifikation haben. Insoweit muss dem Antragsteller
aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes die Möglichkeit zur Verfügung stehen, diese Frage im Rahmen einer einstweiligen
Anordnung klären zu lassen. Wenn der auf ALG II-Leistungen angewiesene Antragsteller - worauf ihn das Sozialgericht verweist - die ihm von der Antragsgegnerin vorgelegte
Zielvereinbarung unterschreibt, so würde ihn selbst ein erklärter Vorbehalt einer nachgehenden gerichtlichen Überprüfung dieses
Teils der Zielvereinbarung unabhängig von damit in Zusammenhang stehenden rechtlichen Fragen - im Ergebnis faktisch dazu zwingen,
nur solche Personen zu beauftragen, die den Anforderungen der Antragsgegnerin genügen, da er ansonsten das volle Kostenrisiko
trüge. Aufgrund der Elternzeit des ihn bisher betreuenden Herrn QQ. verfügt der Antragsteller nach seinem Vortrag derzeit
auch nicht mehr über eine Begleitperson mit der von der Antragsgegnerin geforderten fachlichen Qualifikation, so dass die
Frage, ob die von der Antragsgegnerin aufgestellten Anforderungen rechtmäßig sind, entscheidungserheblich ist. Die Sache ist
auch eilbedürftig, weil der Antragsteller seit Januar 2012 keine Betreuungsleistungen mehr erhält und nach der vorgelegten
Mitteilung seines behandelnden Arztes zu dringend erforderlichen Kontrollterminen nicht erscheint.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Es ist nicht zu erkennen, dass die von der
Antragsgegnerin zum Inhalt der Zielvereinbarung gemachte Voraussetzung, dass die psychosoziale Begleitung des Antragstellers
durch geeignete Fachkräfte erfolgen muss, unzulässig ist. Die Auffassung des Antragstellers, durch die "Fachkräfteklausel"
werde in unzulässiger Weise in sein Wunsch- und Wahlrecht bei der Auswahl eines Leistungserbringers eingegriffen, teilt der
Senat nicht. Zwar muss die dem persönlichen Budget zugrundeliegende Zielsetzung, dem Leistungsberechtigten ein möglichst selbstbestimmtes
Leben zu ermöglichen (§
17 Abs.
2 S. 1
SGB IX) und dem bereits in §
9 Abs.
1 Satz 1
SGB IX ausdrücklich geregelten Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten entsprechen (vgl. Welti in: Lachwitz/Schellhorn/Welti,
Hk-
SGB IX, 3. Aufl. 2010, §
17 Rdnr. 17 f.), bei der zu treffenden Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch und insoweit bei der Auslegung der einschlägigen
Rechtsgrundlagen berücksichtigt werden (vgl. BSG, Urteil vom 30. November 2011, B 11 AL 7/10 R, juris Rdnr. 17). Das Budget muss den Betroffenen befähigen, eine vollwertige Alternative zur Sachleistung zu realisieren.
Es begründet aber keinen Anspruch auf neue Formen der Teilhabeleistung, sondern lediglich die Möglichkeit, anstelle der Inanspruchnahme
der durch den Rehabilitationsträger bereitgestellten Sachleistung sich selbst die erforderlichen Hilfen zu organisieren (vgl.
LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Oktober 2009, L 7 SO 3329/09 ER-B, juris m. w. N.). Am Charakter und der Zielrichtung
der zugrundeliegenden Teilhabeleistungen ändert sich durch das persönliche Budget nichts; auch bei dessen Gewährung muss es
sich mithin um finale, auf ein bestimmtes Rehabilitationsziel gerichtete Leistungen handeln (vgl. Voelzke in: Hauck/Noftz,
SGB XII, 3. Aufl. 2009, § 57 Rdnr. 6a). Das bedeutet, dass die selbstbeschafften Hilfen den allgemeinen Anforderungen an Teilhabeleistungen in gleicher
Weise entsprechen müssen wie die von Seiten der Rehabilitationsträger erbrachten Leistungen.
Zu den grundlegenden allgemeinen Anforderungen an Teilhabeleistungen gehört, dass diese durch fachlich ausreichend qualifiziertes
Personal erbracht werden. Normativ ergibt sich dies u. a. aus §§
20,
21 SGB IX. Danach sind die Leistungserbringer verpflichtet, u. a. ein Qualitätsmanagement zu betreiben, das durch zielgerichtete und
systematische Verfahren und Maßnahmen die Qualität der Versorgung gewährleistet und kontinuierlich verbessert (§ 20 Abs. 2
SGBIX). Verträge über die Ausführung von Leistungen durch Rehabilitationsdienste und -einrichtungen, die nicht in der Trägerschaft
eines Rehabilitationsträgers stehen, enthalten insbesondere Regelungen über die Qualitätsanforderungen an die Ausführung der
Leistungen, das beteiligte Personal und die begleitenden Fachdienste (§
21 Abs.
1 Nr.
1 SGB IX). Verträge mit fachlich nicht geeigneten Diensten oder Einrichtungen sind zu kündigen (§
21 Abs.
3 Satz 1
SGB IX). Entsprechend schreibt § 4 Abs. 1 Nr. 3 BudgetV für die Zielvereinbarung vor, dass in dieser Regelungen zur Qualitätssicherung zu treffen sind.
Eine solchermaßen zulässige Regelung zur Sicherung der Qualität der Versorgung mit Teilhabeleistungen stellt die von der Antragsgegnerin
geforderte Fachkräfteklausel dar, welche die Wahrnehmung der psychosozialen Begleitung an fachliche Mindestanforderungen der
Leistungserbringer knüpft. Der Antragsteller benötigt Leistungen zur Teilhabe i. S. v. §
26 Abs.
3 SGB IX. Danach sind Bestandteil der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation auch medizinische, psychologische und pädagogische
Hilfen, soweit diese Leistungen im Einzelfall erforderlich sind, um die in Absatz 1 genannten Ziele zu erreichen oder zu sichern
und Krankheitsfolgen zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Hierzu gehören nach der
Aufzählung in §
26 Abs.
3 SGB IX u. a. Hilfen zur Unterstützung bei der Krankheits- und Behinderungsverarbeitung, zur Aktivierung von Selbsthilfepotentialen,
zur seelischen Stabilisierung und zur Förderung der sozialen Kompetenz sowie Anleitung und Motivation zur Inanspruchnahme
von Leistungen der medizinischen Rehabilitation. Nach dem integrierten Behandlungs- und Rehabilitationsplan (IBRP) vom 10.
September 2011 und dem Besprechungsergebnis der Hilfeplankonferenz vom 26. Oktober 2011 dient das Persönliche Budget bei dem
unter einer Persönlichkeitsstörung leidenden Antragstellers dazu, diesen psychosozial zu begleiten und die Ergebnisse im Austauschgespräch
mit der Werkstatt für behinderte Menschen bzw. dem "Runden Tisch" zu vermitteln. Dabei ist, wie dem IBRP zu entnehmen ist,
mit dem Begriff der psychosozialen Begleitung die Schaffung einer Tages- und Wochenstruktur, Motivations- und Mobilitätstraining,
reflektierende und entlastende Gespräche, Unterstützung und Beratung bei aktuellen Problemlagen, Suchtberatung und Kontrolltraining
gemeint. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die eine entsprechend qualifizierte Betreuungsperson erfordern, welche über
die von §
26 Abs.
3 SGB IX geforderte medizinische, psychologische oder pädagogische Kompetenz verfügt. Es geht also nicht etwa um einfache Hilfeleistungen
etwa in der Art, für den Antragsteller Arzt- oder Behördentermine zu vereinbaren und ihn dorthin zu begleiten, sondern gefordert
ist ein konzeptionelles Vorgehen auf der Basis entsprechender beruflicher Kenntnisse und Fähigkeiten. Dementsprechend geht
die Budgetvereinbarung von einem Stundensatz der Betreuungsperson von 48,69 Euro aus, ist also auf entsprechend qualifizierte
Fachkräfte zugeschnitten.
Aus der Sicht des Senats sprechen jedenfalls bei summarischer Prüfung auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die konkreten
inhaltlichen Vorgaben der Fachkräfteregelung durch die Antragsgegnerin. Aufgrund der Bezugnahme auf § 8 Abs. 1 der Zusatzvereinbarung
"Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderungen" zum Rahmenvertrag nach § 93 d Abs. 2 BSHG/§ 79 Abs. 1 SGB XII und der ergänzenden Bestimmungen der Zielvereinbarung kann der Antragsteller nach seiner Wahl folgende Berufsgruppen in Anspruch
nehmen: Diplom-Sozialarbeiter/innen, Diplom-Sozialpädagogen/innen oder anderer Angehöriger vergleichbarer Fachgruppen, Erzieher/innen,
Heilerziehungspfleger/innen und Fachkrankenpfleger/-schwestern sowie Angehörige höher qualifizierter Berufe, z.B. Diplom-Psychologen,
Psychotherapeuten und Psychiater. Damit sind die Berufsgruppen erfasst, die aufgrund ihrer Berufsausbildung primär für die
benötigten Leistungen geeignet sind. Darüber hinaus enthält die Regelung aber auch eine Öffnungsklausel für andere Berufsgruppen.
Zwar ist deren Inanspruchnahme davon abhängig, dass die Beauftragung solcher Personen vorher mit der Antragsgegnerin "abzustimmen"
ist. Hierdurch wird der Antragsgegnerin jedoch nicht das Recht eröffnet, über die Beauftragung anderer Personen nach freiem
Ermessen zu entscheiden. Bei einer sachgerechten und die Belange der behinderten Menschen sowie die Intention des persönlichen
Budgets berücksichtigenden Anwendung muss davon ausgegangen werden, dass der Antragsgegnerin bei der vorgesehenen Abstimmung
verpflichtet ist, Personen mit anderweitiger fachlicher Qualifikation, die über ausreichende Befähigungen im Rahmen der psychosozialen
Betreuung behinderter Menschen verfügen, als Leistungserbringer zu akzeptieren. Die damit im Zusammenhang stehenden Einzelfragen
sind an dieser Stelle nicht zu entscheiden. Es gibt jedenfalls keinen Grund für die Annahme des Antragstellers, die Fachkräfteklausel
entwerte das persönliche Budget, weil es - wie der Antragsteller ohne nähere Substantiierung vorträgt - eine "Vielzahl" anderer
Berufsgruppen gebe, welche diese Leistungen erbringen könnten und durch die beanstandete Klausel ausgeschlossen würden. Umgekehrt
würde der von dem Antragsteller geforderte vollständige Verzicht auf eine Fachkräfteklausel dem gesetzlichen Ziel, eine qualifizierte
Betreuung der behinderten Menschen sicherzustellen, erkennbar zuwiderlaufen.
Soweit der Antragsteller - erstmals im Beschwerdeverfahren - hilfsweise beantragt, die psychosoziale Begleitung als Geld-
oder Sachleistung zu gewähren, ist dieser Antrag unzulässig. Das Begehren, die psychosoziale Begleitung als Geld- bzw. Sachleistung
zu gewähren, ist eine unzulässige Antragserweiterung um einen anderen Streitgegenstand. Denn die Erbringung der Teilhabeleistungen
in Form der psychosozialen Betreuung unmittelbar durch die Antragsgegnerin nach §
17 Abs.
1 SGB IX setzt voraus, dass der Antragsteller von dem Begehren auf Bewilligung eines persönlichen Budgets Abstand nimmt und stattdessen
die unmittelbare Gewährung von Teilhabeleistungen durch die Antragsgegnerin beantragt. Ein solcher Anspruch des Antragstellers
ergibt sich auch nicht gewissermaßen automatisch aufgrund der hier getroffenen Entscheidung des Senats, da damit keine generelle
Ablehnung der Gewährung eines persönlichen Budgets für die begehrte Leistung verbunden ist. Vielmehr bleibt es dem Antragsteller
unbenommen, das persönliche Budget auf der Grundlage der von der Antragsgegnerin vorgeschlagenen Zielvereinbarung in Anspruch
zu nehmen.
Angesichts der dargelegten Rechtslage hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt, da
die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war aus den vorgenannten Gründen wegen fehlender
Erfolgsaussicht abzulehnen, §§ 73a
SGG i. V. m. §
114 ZPO.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar, §
177 SGG: