Elterngeld
Doppelbesteuerungsabkommen mit Japan
Im Inland zu versteuernde Einkünfte
Beschränkung des für die Einkommensermittlung maßgeblichen Einkommens
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des für die Zeit vom 19. Oktober 2012 bis 18. Oktober 2013 zu zahlenden Elterngeldes
nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) streitig. Dabei ist insbesondere die Berücksichtigung von Einkommen im Bemessungszeitraum streitig, das aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens
mit Japan nicht der deutschen Einkommensteuerpflicht unterlag.
Die 1977 geborene Klägerin und ihr 1977 geborener Ehemann, C. A., sind Eltern des 2012 geborenen Kindes D. Sie stellten am
25. Oktober 2012 Antrag auf Elterngeld und bestimmten für die Klägerin als Bezugszeitraum den 1. bis 12. Lebensmonat des Kindes
(Ehemann: 13. und 14. Lebensmonat). Aus einem Schreiben der BKK E. vom 30. Oktober 2012 geht hervor, dass die Klägerin für
die Zeit vom 28. August bis 14. Dezember 2012 Mutterschaftsgeld in Höhe von 13,00 € kalendertäglich bezogen hat. Ergänzend
legte die Klägerin Gehaltsabrechnungen der FA. für die Monate August 2011 bis September 2012 vor. In einem Begleitschreiben
vom 24. September 2012, vorgelegt zusammen mit dem Formularantrag, erklärte die Klägerin den Verzicht auf Ausklammerung der
Zeit des Bezugs von Mutterschaftsgeld hinsichtlich des Monats August 2012 mit dem Begehren, diesen Monat bei der Berechnung
des Elterngeldes zu berücksichtigen.
Durch Bescheid vom 26. November 2012 bewilligte der Beklagte Elterngeld für die beantragten Lebensmonate und damit für die
Zeit vom 19. Oktober 2012 bis 18. Oktober 2013 unter Berücksichtigung des Bezugs von Mutterschaftsgeld (0 € für den 1. Lebensmonat,
79,56 € für den 2. Lebensmonat und jeweils 596,76 € für den 3. bis 12. Lebensmonat). Dabei berücksichtigte der Beklagte als
Bemessungszeitraum die Monate August 2011 bis Juli 2012 und führte zur Höhe aus, das der Klägerin zustehende Elterngeld belaufe
sich angesichts eines durchschnittlichen monatlichen Nettoerwerbseinkommens im Bemessungszeitraum von 752,53 € auf den Betrag
von 596,76 € (67 % + 12,3 %) monatlich. Für die Monate August 2011 bis Januar 2012 berücksichtigte der Beklagte kein Einkommen
aus nichtselbständiger Arbeit, für Februar 2012 1.323,60 € brutto, für März 2012 2.558,97 € brutto und für April bis Juli
2012 jeweils 2.649,84 € brutto.
Die Klägerin erhob Widerspruch am 7. Dezember 2012 und machte geltend, ihre Einkünfte in den Monaten September 2011 bis Januar
2012 und im August 2012 seien unzutreffend nicht berücksichtigt worden. Eine etwaige Steuerfreiheit nach §§
3 ff.
Einkommensteuergesetz (
EStG) schließe die Berücksichtigung von Einkommen nicht aus. Zwar habe sie Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, das
teilweise auch im Ausland versteuert worden sei. Dennoch müsse auch dieses Einkommen bei der Berechnung des Elterngeldes Berücksichtigung
finden. Soweit § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BEEG als Voraussetzung für die Berücksichtigung regele, dass das Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit im Inland versteuert
worden sei, verstoße die Regelung gegen den Gleichheitssatz sowie gegen den Schutz der Familie aus Art.
6 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) und sei deshalb nichtig. Bei verfassungskonformer Auslegung sei das gesamte Nettoeinkommen der Monate September 2011 bis
August 2012 der Berechnung des Elterngeldes zu Grunde zu legen (September 2011: 2.106,70 €, Oktober 2011: 2.044,14 €, November
2011: 3.573,47 €, Dezember 2011: 1.936,87 €, Januar 2012: 1.956,37 €, Februar 2012: 1.602,67 €, März 2012: 1.950,03 €, April
und Mai 2012: jeweils 1.706,44 €, Juni 2012: 2.523,18 €, Juli 2012: 1.706,54 € und August 2012: 2.155,38 €, insgesamt: 24.968,13
€). Es ergebe sich ein durchschnittlicher Monatsbetrag von 2.080,68 €. Das Elterngeld belaufe sich auf 67 % und damit auf
1.394,05 €. Ergänzend legte die Klägerin den Steuerbescheid für 2011 vor mit dem Hinweis, dieser erfasse zwar lediglich das
Einkommen ihres Ehemannes, sie sei jedoch mit diesem gemeinsam veranlagt und die Steuerschuld gesamtschuldnerisch gegenüber
beiden Ehegatten festgesetzt worden. Deshalb treffe es nicht zu, dass sie in Deutschland kein Einkommen versteuert habe.
Der Beklagte erteilte zunächst Abhilfebescheid vom 22. Januar 2013 dahingehend, dass nunmehr ein Bemessungszeitraum vom Oktober
2011 bis September 2012 zu Grunde gelegt wurde mit einem Nettoerwerbseinkommen von 10.444,47 € gesamt und 870,37 € durchschnittlich
im Monat. Hieraus ergab sich ein monatliches Elterngeld von 638,85 € (67 % + 6,4 %). Unter Berücksichtigung des nach der Geburt
des Kindes bezogenen Mutterschaftsgeldes setzte der Beklagte folgende Einzelbeträge fest: 0 € für den 1. Lebensmonat, 85,20
€ für den 2. Lebensmonat und jeweils 638,85 € für den 3. bis 12. Lebensmonat.
Sodann wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2013 mit der Begründung zurück,
die Klägerin habe nach Erteilung des Abhilfebescheides ihren Widerspruch weder zurückgenommen noch ergänzend begründet, sodass
nicht ersichtlich sei, wodurch sie sich noch beschwert fühle.
Mit der am 14. März 2013 erhobenen Klage vor dem Sozialgericht Wiesbaden verfolgte die Klägerin ihr Begehren auf Berücksichtigung
des in Japan versteuerten Einkommens weiter. Sie wiederholte ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren und trug ergänzend vor,
der Beklagte sei auf die geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken sowie das Argument, dass sie mit ihrem Ehemann gemeinsam
steuerlich veranlagt worden sei, nicht eingegangen.
Demgegenüber trug der Beklagte vor, gemäß § 2 Abs. 1 BEEG seien lediglich im Inland zu versteuernde Einkünfte als Einkommen aus Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen. Zu Grunde zu legen
sei das steuerliche Bruttoeinkommen. Verfassungsrechtliche Bedenken könnten bei einer Entscheidung durch die Verwaltung keine
Berücksichtigung finden.
Nachdem die Klägerin zum 1. Oktober 2013 wieder eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hatte, stellte der Beklagte durch vorläufigen
Bescheid vom 4. Oktober 2013 das der Klägerin zustehende Elterngeld für den 12. Lebensmonat neu fest, indem er nunmehr den
Sockelbetrag von 300,00 € festsetzte und eine Überzahlung in Höhe von 338,85 € zurückforderte. In den tatsächlichen Verhältnissen
habe sich eine wesentliche Änderung dadurch ergeben, dass die Klägerin zum 1. Oktober 2013 eine Erwerbstätigkeit aufgenommen
habe. Das Einkommen aus dieser Erwerbstätigkeit sei bei der Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigen. Zur endgültigen
Feststellung werde der Gehaltsnachweis für Oktober 2013 benötigt.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 19. Juni 2015 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt,
die Klägerin habe keinen Anspruch auf Berücksichtigung des in den Monaten Oktober 2011 bis Januar 2012 des Bemessungszeitraumes
erzielten, in Deutschland nicht versteuerten Einkommens. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG seien nur die im Inland zu versteuernden Einkünfte für die Elterngeldberechnung relevant. Der Zusatz "die im Inland zu versteuern
sind" sei durch das Haushaltsbegleitgesetz (HBeglG) 2011 eingefügt worden. Einkünfte, die im Inland steuerbefreit seien, Einnahmen,
die nach deutschem Steuerrecht zwar als Einkünfte zu qualifizieren wären, aber aufgrund von supra- oder internationalen Regelungen
für einen bestimmten Personenkreis nicht nach deutschem Recht zu versteuern seien, und Einnahmen, die nur nach ausländischem
Steuerrecht zu versteuern seien oder überhaupt keiner staatlichen Besteuerung unterlägen, seien bei der Elterngeldberechnung
außer Betracht zu lassen (Hinweis auf die Gesetzesbegründung Bundestags- Drucksache - BT-Drucks. - 17/3030, Seite 48). Dafür
sei maßgebend, dass die Eltern mit dem als Einkommensersatzleistung ausgestalteten Elterngeld einen Teil des von ihnen durch
eine Erwerbstätigkeit geleisteten Beitrags zur wirtschaftlichen Stabilität des Landes zurückerhielten (Hinweis auf die Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf eine Anfrage der Fraktion
Die Linke, BT-Drucks. 17/5016). Diese gesamtwirtschaftliche Wirkung gelte nur für die im Inland zu versteuernden Einnahmen.
Im Übrigen bestehe eine Mindestabsicherung in Höhe des Sockelbetrages von 300,00 € gemäß § 2 Abs. 4 BEEG. Der Beklagte habe damit richtigerweise die Einkünfte der Klägerin in den Monaten Oktober 2011 bis Januar 2012 bei der Elterngeldberechnung
außer Betracht gelassen, da diese Einkünfte aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens mit Japan nicht in Deutschland zu versteuern
gewesen seien. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Klägerin im Jahr 2011 mit ihrem Ehemann gemeinsam
steuerlich veranlagt worden sei, denn dies ändere nichts daran, dass ihre eigenen Einkünfte nicht in Deutschland versteuert
worden seien. Das Sozialgericht führte weiter aus, es bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Bundessozialgericht
habe zwar bislang nur ausgeführt, dass es in dem Fall, in dem die elterngeldberechtigte Person in den Monaten, in denen die
elterngeldrelevanten Einkünfte aufgrund einer fehlenden Inlandsbesteuerung mit 0 € angesetzt worden seien, im Ausland gelebt
habe, keine Verletzung des Artikels 3 Abs. 1
GG darstelle (Hinweis auf das Urteil vom 20. Mai 2014, B 10 EG 2/14 R). Aber auch im vorliegenden Fall sei keine offensichtliche Verfassungswidrigkeit bei der grundsätzlichen Ausklammerung von
Einkommen, auf das keine Einkommensteuer zu entrichten sei, zu sehen. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber
bei der Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen - wie dem Elterngeld - ein weiter Gestaltungsspielraum zustehe (Hinweis
auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juli 2004, 1 BvR 2515/95).
Gegen das der Klägerin am 10. Juli 2015 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 23. Juli 2015 bei dem Hessischen Landessozialgericht
eingegangene Berufung. Sie hält unter Hinweis auf die Notwendigkeit der verfassungskonformen Auslegung von § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG sowie auf die gemeinsame steuerliche Veranlagung mit ihrem Ehemann an ihrer Auffassung fest, dass auch ihr in Japan versteuertes
Einkommen bei der Elterngeldberechnung zu berücksichtigen sei. Soweit sich das Sozialgericht auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts
vom 20. Mai 2014 (B 10 EG 2/14 R) gestützt habe, sei diese Entscheidung, wie auch die weitere Entscheidung vom selben Tag (B 10 EG 9/13 R), mit dem
Grundgesetz unvereinbar.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 19. Juni 2015 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 26.
November 2012 in Gestalt des Abhilfebescheides vom 22. Januar 2013 und des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2013 sowie
des Neufeststellungsbescheides vom 4. Oktober 2013 zu verurteilen, ihr höheres Elterngeld für das Kind D. unter Berücksichtigung
der im Bemessungszeitraum erzielten und in Japan versteuerten Einkünfte in gesetzlichem Umfang zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Beide Beteiligte haben übereinstimmend erklärt, dass sie mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung
einverstanden sind.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akte des Beklagten, die Gegenstand
der Entscheidung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§
124 Abs.
2,
153 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -), da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben.
Die gemäß §§
143 und
144 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß §
151 Abs.
1 SGG eingelegt worden.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 19. Juni 2015 zu Recht
abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 26. November 2012 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 22. Januar 2013 und des
Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2013 sowie der nach Klageerhebung ergangene weitere Bescheid vom 4. Oktober 2013, der
gemäß §
96 Abs.
1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, sind im Hinblick auf die Außerachtlassung des von der Klägerin im Bemessungszeitraum
erzielten und aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens mit Japan nicht in Deutschland versteuerten Erwerbseinkommens rechtmäßig.
Nach § 1 Abs. 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr. 1), mit seinem
Kind in einem Haushalt lebt (Nr. 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr. 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit
ausübt (Nr. 4). Diese Voraussetzungen sind für den Bezugszeitraum der ersten zwölf Lebensmonate des Kindes erfüllt, was sich
aus den Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren ergibt und auch nicht streitig ist. Streitig ist allein noch die Frage,
ob für die Berechnung der Höhe des Elterngeldes die im Bemessungszeitraum erzielten und in Japan versteuerten Erwerbseinkünfte
zu berücksichtigen sind. Dies ist auch nach Auffassung des Senates zu verneinen.
Gemäß § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 % des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes bis zu einem Höchstbetrag
von 1.800,00 € monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BEEG erhöht sich in den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1.000,00 € war, der maßgebliche
Prozentsatz für die Bemessung des Elterngeldes von 67 % um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die das maßgebliche Einkommen
den Betrag von 1.000,00 € unterschreitet, auf bis zu 100 %.
Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 BEEG sinkt in den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher
als 1.200,00 € war, der maßgebliche Prozentsatz für die Bemessung des Elterngeldes von 67 % um 0,1 Prozentpunkte für je 2,00
€, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1.200,00 € überschreitet, auf bis zu 65 %.
Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300,00 € gezahlt, wobei dies auch gilt, wenn die berechtigte Person vor der Geburt
des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat (§ 2 Abs. 4 BEEG).
Der Bemessungszeitraum umfasst gemäß § 2b Abs. 1 Satz 1 BEEG die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes und unterliegt den Einschränkungen des § 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG, wonach u.a. Kalendermonate unberücksichtigt bleiben, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach dem
Fünften Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) bezogen hat (Nr. 2) oder eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war (Nr. 3), mit der Folge
eines geringeren Einkommens aus Erwerbstätigkeit.
Schließlich regelt § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG, dass sich das Einkommen aus Erwerbstätigkeit berechnet nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f BEEG aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
2. Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach §
2 Abs.
1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 des
Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b BEEG oder in Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs. 3 BEEG erzielt hat.
Ausgehend von diesen Regelungen ist zunächst festzustellen, dass der Beklagte im Abhilfebescheid vom 22. Januar 2013 zutreffend
als Bemessungszeitraum die letzten zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes berücksichtigt hat. Zwar regelt
§ 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG, dass u.a. Kalendermonate, in denen Mutterschaftsgeld bezogen worden ist, für den Bemessungszeitraum unberücksichtigt bleiben,
sodass dieser um die nicht berücksichtigten Monate zu verschieben ist. Das Bundessozialgericht hat jedoch zur inhaltsgleichen
Vorgängervorschrift (§ 2 Abs. 7 Sätze 5 und 6 BEEG) entschieden, dass die Regelung nach Sinn und Zweck, Gesetzessystematik und dem Gebot einer verfassungskonformen Auslegung
im Wege einer teleologischen Reduktion dahingehend einzuschränken ist, dass die Regelung nicht gegen den ausdrücklich erklärten
Willen des berechtigten Elternteils angewendet werden kann (Urteil vom 18. August 2011, B 10 EG 7/10 R). So liegt der Fall hier. Die Klägerin, die vor der Geburt des Kindes (19. Oktober 2012) ab dem 28. August 2012 Mutterschaftsgeld
bezogen hat, sodass an sich die Monate August und September 2012 unberücksichtigt bleiben, hat mit Schreiben vom 24. September
2012 gegenüber dem Beklagten erklärt, der Monat August 2012 solle bei der Bemessung des Elterngeldes berücksichtigt werden.
Auch wenn sich die Erklärung der Klägerin nicht zugleich auf den Monat September 2012 bezieht, hat sie doch zum Ausdruck gebracht,
dass die Regelung über die Verschiebung des Bemessungszeitraums nicht zur Anwendung kommen soll, damit das im Monat August
2012 erzielte Erwerbseinkommen elterngelderhöhend berücksichtigt werden kann. Insofern steht dem elterngeldberechtigten Elternteil
lediglich die Wahl zwischen Anwendung und Nichtanwendung der Vorschrift des § 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG zu, nicht jedoch die Berücksichtigung lediglich einzelner Kalendermonate, die an sich unberücksichtigt bleiben. Dementsprechend
hat der Beklagte, der zunächst die Erklärung der Klägerin im Schreiben vom 24. September 2012 bei Erteilung des Bescheides
vom 26. November 2012 unbeachtet gelassen hat, nunmehr im Abhilfebescheid vom 22. Januar 2013 zutreffend als Bemessungszeitraum
die Monate Oktober 2011 bis September 2012 zugrunde gelegt.
Dies vorausgeschickt vermag der Senat der Auffassung der Klägerin nicht zu folgen, dass ihre Einkünfte aus nichtselbständiger
Erwerbstätigkeit im Bemessungszeitraum, die aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens mit Japan (Abkommen zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und Japan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und bei einigen anderen Steuern vom
22. April 1966 in der Fassung des Revisionsprotokolls vom 17. April 1979 <Bundesgesetzblatt - BGBl - 1980 II Seite 1183> und
des 2. Änderungsprotokolls vom 17. Februar 1983 <BGBl II Seite 195>) nicht in Deutschland, sondern in Japan versteuert worden
sind, bei der Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigen wären. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bewusst
derartige Einkünfte von der Berechnung des Elterngeldes ausgenommen hat.
In Anwendung von Art. 15 Abs. 1 der genannten und auf den Fall der Klägerin anwendbaren Fassung des Abkommens (jetzt: Abkommen
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Japan zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen
und bestimmter anderer Steuern sowie zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung vom 17. Dezember 2015, das das Abkommen
vom 22. April 1966 ersetzen soll, jedoch noch der parlamentarischen Zustimmung beider Vertragsstaaten bedarf) ist das von
der Klägerin im Bemessungszeitraum in den Monaten Oktober 2011 bis Januar 2012 erzielte Einkommen aufgrund ihrer Tätigkeit
als Flugbegleiterin für die FA. nicht in Deutschland, sondern in Japan versteuert worden. Die fehlende Inlandsbesteuerung
weisen sowohl die für die genannten Monate vorliegenden Entgeltabrechnungen als auch der Steuerbescheid vom 20. August 2012
für das Jahr 2011 aus.
Das in Japan versteuerte Einkommen ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes nicht zu berücksichtigen, was sich aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut und
auch aus der Systematik des BEEG ergibt.
Mit Wirkung zum 1. Januar 2011 hat der Gesetzgeber durch das HBeglG 2011 die Vorgängervorschrift (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG, gültig bis zum 17. September 2012) durch Einfügung der Wörter "im Inland zu versteuernde Einkünfte" klargestellt, dass es
nur auf diese Einkünfte ankommt (vgl. BT-Drucks. 17/3030, Seite 48). Bereits aufgrund der vor dem 1. Januar 2011 geltenden
Rechtslage waren Einkünfte mit Auslandsbesteuerung ausgeschlossen (auch wenn dies die Elterngeldbehörden teilweise abweichend
gehandhabt haben). Dies folgt daraus, dass der Gesetzgeber - von der vorstehenden Klarstellung abgesehen - stets auf die Summe
der positiven Einkünfte im Sinne von §
2 Abs.
1 Satz 1 Nrn. 1 bis 4
EStG und damit auf Einkünfte abgestellt hat, die überhaupt der (deutschen) Einkommensteuer unterliegen. Nach dem ursprünglichen
Gesetzesentwurf des BEEG (BT-Drucks. 16/1889) sollte auf den Einkommensbegriff des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende
- (SGB II) zurückgegriffen werden. Auf Wunsch des Bundesrates wurde letztlich ein am Steuerrecht orientierter Einkommensbegriff in
§ 2 BEEG geregelt (BT-Drucks. 16/2785, Seite 37; vgl. zur Entwicklung des für das BEEG maßgeblichen steuerrechtlichen Einkommensbegriffs unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des BEEG sowie der Vorläuferregelung des Bundeserziehungsgeldgesetzes <BErzGG>: BSG, Urteil vom 20. Mai 2014, B 10 EG 9/13 R). Mit der seit dem 18. September 2012 geltenden Fassung des § 2 Abs. 1 BEEG, die auf den Fall der Klägerin anzuwenden ist, hat der Gesetzgeber im Hinblick auf die Voraussetzung einer Inlandsbesteuerung
keine Änderungen vorgenommen, sondern lediglich den bisherigen Satz 2 nunmehr - redaktionell verändert - in Satz 3 des § 2 Abs. 1 BEEG geregelt. Dies alles hat zur Folge, dass u.U. für eine elterngeldberechtigte Person, die im Bemessungszeitraum lediglich
im Ausland zu versteuerndes Einkommen erzielt hat, nur der Sockelbetrag gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 BEEG von 300,00 € verbleibt.
Angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts und der in den Gesetzesmaterialien zutage getretenen Absicht des Gesetzgebers,
mit dem Verweis auf den steuerrechtlichen Einkommensbegriffs steuerfreie Einnahmen von der Elterngeldbemessung auszunehmen,
besteht kein Raum für eine Korrektur im Wege einer teleologischen Reduktion (so auch BSG, Urteil vom 20. Mai 2014 a.a.O.).
Die Beschränkung des für die Einkommensermittlung maßgeblichen Einkommens auf im Inland zu versteuernde Einkünfte gemäß §
2 Abs. 1 Satz 3 BEEG widerspricht nicht Sinn und Zweck des Elterngeldes. Ein vollständiger Ausgleich der Einkommenseinbußen hat der Gesetzgeber,
wie insbesondere die Begrenzung des Elterngelds auf 1.800,00 € monatlich zeigt, nicht beabsichtigt. Bei der gesetzlichen Ausgestaltung
steuerfinanzierter Sozialleistungen, die nicht auf eigenen Beiträgen des Anspruchsberechtigten beruhen, steht dem Gesetzgeber
ein weiter Beurteilungsspielraum zu (siehe hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 20. April 2011, 1 BvR 1811/08, 6. Juni 2011, 1 BvR 2712/09, 19. August 2011, 1 BvL 15/11, 26. Oktober 2011, 1 BvR 2075/11, 9. November 2011, 1 BvR 1853/11 u. 24. November 2011, 1 BVR 1457/11). Vor diesem Hintergrund ist der Gesetzgeber gerade nicht verpflichtet gewesen, nicht
im Inland zu versteuerndes Erwerbseinkommen in die Bemessung des Elterngeldes einzubeziehen.
Die gesetzliche Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten. Art.
3 Abs.
1 GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen
beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen
können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1980, 1 BvL 89/79, 1 BvR 240/79 = BVerfGE 55, 72 - 95; Beschluss vom 9. November 2004, 1 BvR 684/98 = BVerfGE 112, 50 - 74). Umgekehrt verbietet Art.
3 Abs.
1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit
einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung verbieten. Dabei
legt das Bundesverfassungsgericht je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab
an (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 1993, 1 BvL 38/92, 1 BvL 40/92, 1 BvL 43/92 = BVerfGE 88, 87 - 103). Soweit die Klägerin gegenüber Berechtigten ungleich behandelt wird, die im Bemessungszeitraum im Inland zu versteuernde
Einkünfte erzielen, ist dies durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt. Hiervon ist auch unter der Prämisse auszugehen,
dass Art.
3 Abs.
1 GG in Verbindung mit Art.
6 Abs.
1 GG zu erhöhten Rechtfertigungsanforderungen führt.
Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 20. Mai 2014 (B 10 EG 2/14 R) entschieden, dass die Nichtberücksichtigung von aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens im Inland steuerfreien Einkünften
der Gesetzeslage entspricht, mit Sinn und Zweck des Elterngeldes im Einklang steht und auch verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden ist. Der Entscheidung lag die Konstellation einer im Bemessungszeitraum an der Deutschen Schule in G-Stadt tätigen
Klägerin zu Grunde, deren Einkommen aufgrund des mit der Volksrepublik China bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens in China
versteuert wurde und die im Bezugszeitraum wieder in Deutschland lebte. Das Bundessozialgericht hat auf die Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 10. Juli 2012, 1 BvL 2/10, 1 BvL 3/10, 1 BvL 4/10, 1 BvL 3/11 = BVerfGE 132, 72) verwiesen, wonach der Gesetzgeber durch Erziehungs- und Elterngeld einen legitimen Zweck verfolge, soweit er eine nachhaltige
Bevölkerungsentwicklung in Deutschland fördern wolle. Dieses Ziel würde bei Leistungsgewährung an Personen, die das Bundesgebiet
bald wieder verlassen, verfehlt. Darüber hinaus hat das Bundessozialgericht ausgeführt, das Elterngeld diene nicht dazu, eine
unter den ganz andersgearteten Bedingungen im außereuropäischen Ausland erarbeitete familiäre Lebenssituation nach der Rückkehr
nach Deutschland aufrechtzuerhalten.
In einer weiteren Entscheidung vom selben Tag (B 10 EG 9/13 R) hat das Bundessozialgericht für eine bei dem Europäischen Patentamt in München tätige Bedienstete ebenso entschieden, dass
die aus dieser Tätigkeit erzielten und gegenüber dem deutschen Fiskus in der Art eines Doppelbesteuerungsabkommens steuerfreien
Einkünfte nicht elterngelderhöhend zu berücksichtigen sind. Dabei hat das Bundessozialgericht bei seiner Prüfung, ob ein Verstoß
gegen Art.
3 Abs.
1 GG in der maßgeblichen Ausprägung als Willkürverbot vorliegt, u.a. darauf abgestellt, dass die dortige Klägerin als Beamtin
des Europäischen Patentamts in ein von dieser internationalen Organisation geschaffenes, dem EG-Beamtenstatus nachempfundenes,
eigenes System sozialer Absicherung eingegliedert ist, das ein gegenüber dem BEEG und den ergänzenden Normen des deutschen Sozialrechts zumindest gleichwertiges Schutzniveau bietet.
Auch wenn der vorliegende Fall gegenüber der ausgeführten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts insofern anders gelagert
ist, als die Klägerin weder während des Bemessungszeitraumes im außereuropäischen Ausland mit entsprechendem Auslandswohnsitz
bzw. gewöhnlichen Auslandsaufenthalt gearbeitet hat noch in ein europäisches Sondersystem eingegliedert gewesen ist, vertritt
der erkennende Senat auch für die vorliegende Konstellation die Auffassung, dass es bei dem Grundsatz der Nichtberücksichtigung
von Einkünften, die im Inland nicht zu versteuern sind, zu verbleiben hat. Dabei ist entscheidend zu berücksichtigen, dass
es sich bei dem Elterngeld um eine steuerfinanzierte Leistung und gerade nicht um eine aufgrund eigener Beitragsleistung begründete
Versicherungsleistung handelt, sodass dem Gesetzgeber - wie ausgeführt - ein besonders weiter Gestaltungsspielraum zusteht.
Soweit innerhalb dieses weiten Gestaltungsrahmens ein steuerrechtlicher Einkommensbegriff geregelt worden ist mit der Folge,
dass grundsätzlich steuerfreie Einkünfte für die Berechnung der Höhe des - steuerfinanzierten - Elterngeldes nicht zu berücksichtigen
sind, entspricht dies hinreichenden sachlichen Gründen, insbesondere vor dem Hintergrund einer im Hinblick auf Haushaltsstabilität
gewollten Begrenzung des Leistungsvolumens des Elterngeldes. In diesem Zusammenhang durfte der Gesetzgeber auch darauf abstellen,
dass das Elterngeld vor allem Eltern zugutekommen soll, die in Deutschland wohnen und die vor der Geburt des Kindes im Inland
zu versteuerndes Erwerbseinkommen erzielt haben, sodass diese Eltern letztlich einen Teil des von ihnen geleisteten Beitrags
zur wirtschaftlichen Stabilität in Deutschland zurückerhalten (vgl. Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 8. März 2011 auf die Frage der Fraktion "Die Linke", BT-Drucks. 17/5016, Seite
104). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass im Falle von ausschließlich steuerfreien Einkünften im Bemessungszeitraum
die elterngeldberechtigte Person als Anerkennung ihrer Betreuungs- und Erziehungsleistung jedenfalls das Mindestelterngeld
von 300,00 € monatlich erhält, sofern ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland während des Bezugszeitraumes
besteht (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 20. Mai 2014, B 10 EG 9/13 R).
In der Gesamtschau vertritt der Senat die Auffassung, dass die Ungleichbehandlung der Klägerin den erhöhten Rechtfertigungsanforderungen
aus Art.
3 Abs.
1 GG in Verbindung mit Art.
6 Abs.
1 GG entspricht.
Die Berufung war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Die Revision war zuzulassen. Insoweit ist grundsätzliche Bedeutung (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG) zu bejahen, da eine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der vorliegend entschiedenen Sachverhaltskonstellation (Wohnsitz
bzw. gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland während des Bemessungszeitraumes und Erzielen von im Inland steuerfreien Einkünften
aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens bei gleichzeitigem Eingebundensein in das deutsche Sozialversicherungssystem) noch
nicht ergangen ist.