LSG Hessen, Beschluss vom 10.06.2005 - 6/7 KA 58/04 ER
Ende der Zulassung wegen Vollendung des 68. Lebensjahres in der vertragspsychotherapeutischen Versorgung, aufschiebende Wirkung
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, Verstoß gegen die Anti-Diskriminierungs-Richtlinien im europäischen Recht
1. Widerspruch und Klage gegen eine Entscheidung des Zulassungsausschusses gemäß §
95 Abs.
7 S. 2
SGB V, dass die Zulassung mit dem Ende eines bestimmten Quartals kraft Gesetzes geendet hat, kommt keine aufschiebende Wirkung
zu.
2. Die "Anti-Diskriminierungs-Richtlinien" der Europäischen Gemeinschaft entfalten grundsätzlich auch Wirkung im Vertragsarztrecht
nach dem
SGB V. So kann das Verbot der Benachteiligung im Hinblick auf das Merkmal "Alter" nach Art. 1 und Art. 6 EGRL 78/2000 grundsätzlich
auch für die Prüfung der Frage bedeutsam sein, ob es weiterhin rechtmäßig bleibt, dass die Zulassung von Vertragspsychotherapeuten/-innen
mit Vollendung des 68. Lebensjahres nach §
95 Abs.
7 SGB V endet.
3. Alle nationalen Gerichte haben die unmittelbare innerstaatliche Anwendung der Richtlinien bei in Streit stehenden öffentlich-rechtlichen
Rechtsbeziehungen zu prüfen, soweit die Bundesrepublik Deutschland mit der Umsetzung der "Anti-Diskriminierungs-Richtlinien"
im Verzug ist. In Zweifelsfällen ist ein Vorab-Entscheidungsersuchen nach Art. 234 EG an den EuGH zu richten.
4. Das Landessozialgericht ist in Beschwerde-Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes als letztinstanzliches Gericht
iS des Art. 234 Abs. 3 EG bei Zweifeln über die Anwendbarkeit und Auslegung europäischen Rechts zur Vorlage an den EuGH verpflichtet.
[Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Normenkette: EG Art. 226 Art. 234 Abs. 3 Art. 43 Abs. 2
,
EGRL 78/2000 Art. 1 Art. 18 Abs. 2 Art. 2 Art. 3 Abs. 3 Art. 6 Abs. 1, Nr. 13, Nr. 14, Nr. 25
,
EGVtr Art. 52 Abs. 2
,
GG Art.
101 Abs.
1 S. 2 Art.
12 Abs.
1 S. 1 Art.
14 Abs.
1 Art.
3 Abs. 1 Art.
59 Abs. 2
,
MRK Art. 14
,
,
Vorinstanzen: SG Frankfurt 12.05.2004 S 27 KA 2024/04 ER