Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld wegen einer 12-wöchigen Sperrzeit sowie dreier
1-wöchigen Sperrzeiten vom 9. Februar bis 2. Mai 2008, 3. Mai bis 9. Mai 2008, 10. Mai bis 16. Mai 2008 und 17. Mai bis 21.
Mai 2008 und weiter die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung für die Zeit vom 9. Mai bis 5. Juni 2008
streitig.
Der 1956 geborene Kläger war in der Zeit vom 1. Juni 2006 bis 31. Januar 2008 bei der Firma C. in C-Stadt und anschließend
vom 4. Februar bis 8. Februar 2008 bei der Firma F. Trans & Export GmbH jeweils als Berufskraftfahrer versicherungspflichtig
beschäftigt. Beide Beschäftigungsverhältnisse endeten aufgrund Eigenkündigung des Klägers. Auf die Arbeitslosmeldung am 3.
März 2008 bewilligte die Beklagte durch Bescheid vom 7. April 2008 dem Kläger ab diesem Zeitpunkt Arbeitslosengeld mit einer
Anspruchsdauer von 240 Tagen. Durch weiteren Bescheid vom selben Tag teilte die Beklagte dem Kläger mit, in dem 12-wöchigen
Zeitraum vom 9. Februar bis 2. Mai 2008 sei eine Sperrzeit eingetreten, während der sein Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe,
weil er das Beschäftigungsverhältnis bei der Firma F. Trans & Export GmbH durch eigene Kündigung selbst gelöst habe. Unter
dem 7. April 2008 erließ die Beklagte einen weiteren Sperrzeitbescheid für die Zeit vom 3. Mai bis 9. Mai 2008 mit der Begründung,
der Kläger habe sich verspätet erst am 3. März 2008 arbeitsuchend gemeldet. In der Folgezeit stellte die Beklagte zwei weitere
einwöchige Sperrzeiten vom 10. Mai bis 16. Mai 2008 und 17. Mai bis 23. Mai 2008 durch Bescheide jeweils vom 17. Juli 2008
wegen Meldeversäumnissen fest. Mit weiterem Bescheid vom 17. Juli 2008 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld
für die Zeit vom 19. Mai bis 5. Juni 2008 mit der Begründung auf, der Kläger sei nicht erreichbar gewesen und habe deshalb
für eine Vermittlung nicht zur Verfügung gestanden.
Die von dem Kläger gegen sämtliche Bescheide erhobenen Widersprüche wies die Beklagte durch insgesamt fünf Widerspruchsbescheide
vom 6. August 2008 zurück. Gegen die Widerspruchsbescheide erhob der Kläger Klage am 8. September 2008.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen G. G., Inhaber der Firma F. Trans & Export GmbH im Rahmen
der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2010. Der Zeuge hat bekundet, der Kläger habe drei bis vier Tagen nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses
angerufen und mitgeteilt, er werde nicht mehr zur Arbeit erscheinen. Den von ihm gefahrenen Sattelzug habe er in H. bzw. auf
freiem Feld abgestellt und den Schlüssel unter die Sichtblende gelegt, obwohl sich in dem Lkw Ware im Wert von ca. 100.000,00
EUR befunden habe. Der Kläger habe selbst bei ihm gekündigt. Hierauf gestützt hat das Sozialgericht durch Urteil vom selben
Tag die Klage abgewiesen und das Urteil unmittelbar nach der mündlichen Verhandlung verkündet. Am Nachmittag des 7. Juli 2010
rief der Zeuge G. den Kammervorsitzenden an und teilte mit, seine im Termin gemachte Aussage sei objektiv unzutreffend. Dies
beruhe darauf, dass ihm von seinem Büro Unterlagen betreffend einen anderen Mitarbeiter mitgegeben worden seien. Dies sei
erst nach seiner Rückkehr von dem Gerichtstermin aufgefallen. Es handele sich um zwei ehemalige Mitarbeiter, die zufälligerweise
aus demselben Wohnort H. stammten. Das Sozialgericht hat daraufhin in den Entscheidungsgründen seines Urteils ausgeführt,
die Klageabweisung beruhe auf dem unmittelbaren Eindruck der Kammer nach der Zeugenvernehmung des Zeugen G. und es habe keine
Veranlassung bestanden, die Aussage des Zeugen in Zweifel zu ziehen. Nach den von dem Zeugen gemachten Angaben sei die Sperrzeitentscheidung
hinsichtlich der 12-wöchigen Sperrzeit gerechtfertigt gewesen, insbesondere hätte ein wichtiger Grund für das Verhalten des
Klägers nicht angenommen werden können. Soweit die Aussage des Zeugen G. jedoch aufgrund einer Personenverwechselung unwissentlich
falsch sei und der Zeuge den Sachverhalt telefonisch und nochmals schriftlich klargestellt habe, sei es dem Gericht verwehrt,
die nach Verkündung des Urteils erhaltenen Informationen zu verwerten.
Gegen dieses dem Kläger am 12. August 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. September 2010 vor dem Hessischen Landessozialgericht
eingelegte Berufung. Er trägt vor, der im angefochtenen Urteil zu Grunde gelegte Sachverhalt sei aufgrund der dem Zeugen unterlaufenen
Verwechslung unzutreffend, und führt auf Nachfrage des Senats ergänzend aus, er halte eine Zurückverweisung des Verfahrens
an das erstinstanzliche Gericht für sachgerecht.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Rechtsstreit an das Sozialgericht Kassel zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Beklagte schließt sich diesem Antrag an.
Die Beklagte trägt vor, sie habe ebenfalls keine Bedenken gegen eine Zurückverweisung an das Sozialgericht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akte der Beklagten, die Gegenstand
der Entscheidung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist auch im Sinne der Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Kassel vom 7. Juli 2010 und Zurückverweisung
des Rechtsstreits an das Sozialgericht begründet.
Gemäß §
159 Abs.
1 Nr.
3 SGG kann das Landessozialgericht die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn
nach dem Erlass des angefochtenen Urteils neue, für die Entscheidung wesentliche Tatsachen oder Beweismittel bekannt geworden
sind. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, denn das Sozialgericht hat seiner Entscheidung im Hinblick auf die 12-wöchige
Sperrzeit vom 9. Februar bis 2. Mai 2008 im Wesentlichen die Aussage des Zeugen G., Inhaber der Firma F. Trans & Export GmbH,
zu Grunde gelegt und darauf gestützt - aus seiner Sicht konsequent und zutreffend - die Klage abgewiesen. Der Zeuge hat jedoch
nach seinem eigenen Bekunden noch am selben Tag bzw. gemäß Ausführungen mit Schreiben vom 8. Juli 2010 eine objektiv unzutreffende
Aussage gemacht, was nach seinem Vorbringen darauf beruhte, dass ihm von seinem Büro Unterlagen betreffend einen anderen Mitarbeiter
mitgegeben worden sind, der zufälligerweise aus demselben Wohnort H. stammt wie der Kläger. Damit sind nach Verkündung des
angefochtenen Urteils neue und entscheidungsrelevante Tatsachen bekannt geworden. Neu im Sinne des §
159 Abs.
1 Nr.
3 SGG sind Tatsachen, wenn das Sozialgericht sie noch nicht berücksichtigen konnte (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, Kommentar, 9. Auflage, §
159 Rdnr. 4). Dies trifft auf die nach Verkündung des Urteils vom 7. Juli 2010 bekannt gewordene Personenverwechselung durch
den Zeugen G. bzw. den sich daraus ergebenden Umstand zu, dass zutreffende Angaben des Zeugen zum maßgeblichen Verhalten des
Klägers nicht von der Beweiserhebung erfasst worden sind. Einer der typischen Anwendungsfälle des §
159 Abs.
1 Nr.
3 SGG ist das Bekanntwerden eines neuen Sachverhaltes, der entsprechende Beweiserhebungen und tatsächliche Feststellungen des Gerichts
erfordert, wobei nach Sinn und Zweck der Vorschrift der Verlust einer Tatsacheninstanz vermieden werden soll (vgl. BSG, Beschluss
vom 31. Januar 1962, 2 RU 85/60 = SozR Nr. 5 zu §
159 SGG). So liegt der Fall hier mit der Folge der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht.
Dabei hat sich der Senat im Rahmen des ihm nach §
159 Abs.
1 SGG eingeräumten Ermessens davon leiten lassen, dass dem Kläger zwei Tatsacheninstanzen erhalten bleiben sollen, der Rechtsstreit
erst kurze Zeit in der Berufungsinstanz anhängig ist und deshalb die Verfahrensdauer nicht wesentlich verlängert wird und
im Übrigen beide Beteiligte ihr Einverständnis mit einer Zurückverweisung erklärt haben.
Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des Sozialgerichts vorbehalten.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG nicht vorliegen.