Anspruch auf Elterngeld; Ermittlung des Einkommens; Berücksichtigung von Kalendermonaten gemäß § 2 Abs. 7 S. 6 BEEG im Bemessungszeitraum;
Begriff der maßgeblich schwangerschaftsbedingten Verschlimmerung
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung höheren Elterngeldes nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes
(BEEG) streitig. Streitig ist dabei insbesondere, ob der für die Höhe des Elterngelds maßgebliche Bemessungszeitraum aufgrund
einer Erkrankung bzw. Arbeitsunfähigkeit der Klägerin zu verschieben ist.
Die Klägerin und ihr Ehemann, Herr HG., sind Eltern des 2009 geborenen Kindes AH ... Sie stellten am 17. Juli 2009 Antrag
auf Elterngeld und legten für die Klägerin einen Bezugszeitraum vom 1. bis 12. Lebensmonat des Kindes fest. Ergänzend führte
die Klägerin aus, sie habe im zwölfmonatigen Zeitraum vor dem Beginn der Mutterschutzfrist aufgrund einer maßgeblich auf die
Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommensverluste erlitten. Sie legte hierzu eine ärztliche Bescheinigung des
Internisten Dr. C. vom 22. Juli 2009 vor, wonach sie wegen einer malignen Hypertonie bei Verdacht auf Phäochromozytom vom
25. November 2008 bis 5. Januar 2009 und vom 16. Januar bis 15. Mai 2009 schwangerschaftsbedingt arbeitsunfähig gewesen sei.
Aus einem Schreiben der BKK XY. vom 15. Juli 2009 ergibt sich, dass die Klägerin vom 6. bis 11. Januar 2009 und 16. Januar
bis 15. Mai 2009 Krankengeld erhalten hat. Im Übrigen hat die Klägerin Mutterschaftsgeld in Höhe von 13,00 EUR kalendertäglich
in der Zeit vom 16. Mai bis 19. September 2009 bezogen (Schreiben der BKK XY. vom 17. Juni 2009).
Durch Bescheid vom 3. September 2009 bewilligte der Beklagte Elterngeld (0,00 EUR in der Zeit vom 15. Mai bis 14. September
2009, 641,25 EUR in der Zeit vom 15. September bis 14. Oktober 2009 und für die Zeit vom 15. Oktober 2009 bis 14. Mai 2010
jeweils 769,55 EUR monatlich und berücksichtigte als maßgeblichen Bemessungszeitraum die Monate Mai 2008 bis April 2009. Hierzu
führte er weiter aus, die Krankengeldbezugszeiten vom 6. bis 11. Januar 2009 und 16. Januar bis 15. Mai 2009 könnten bei der
Festlegung des für die Höhe des Elterngeldes maßgeblichen Bemessungszeitraumes nicht ausgeklammert werden, weil nicht nachgewiesen
sei, dass die Erkrankung selbst (Hypertonie) maßgeblich durch die Schwangerschaft verursacht worden sei.
Die Klägerin erhob Widerspruch am 21. September 2009, verwies auf die vorgelegte ärztliche Bescheinigung und legte in der
Folge Befundberichte des Universitätsklinikums B-Stadt vom 30. November 2007, 3. Februar 2009, 20. Februar 2009, 9. März 2009
und 21. Mai 2009 vor.
Durch Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2009 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung
aus, nach den vorgelegten ärztlichen Unterlagen habe die Erkrankung (Hypertonie) bereits vor der Schwangerschaft bestanden,
so dass diese nicht maßgeblich durch die Schwangerschaft verursacht worden bzw. auf die Schwangerschaft zurückzuführen sei.
Die Voraussetzungen für eine Änderung des Bemessungszeitraumes aufgrund einer Einkommenseinbuße wegen unmittelbarer schwangerschaftsbedingter
Erkrankung lägen daher nicht vor.
Mit der am 16. November 2009 erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter und trug vor, die bei ihr während
der Schwangerschaft eingetretenen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit seien schwangerschaftsbedingt gewesen. Die Diagnose habe "Gestationshypertonie"
gelautet. Hierbei handele sich nach der ICD-Klassifikation um eine schwangerschaftsinduzierte Hypertonie, die ein eigenständiges
Krankheitsbild darstelle. Der zunächst geäußerte Verdacht eines Phäochromozytoms, das Ursache für die extremen Blutdruckwerte
hätte sein können, habe sich nicht bestätigt. Der starke Anstieg der Blutdruckwerte sei demnach auf die körperlichen Umstellungen
aufgrund der Schwangerschaft zurückzuführen mit der Folge, dass die Voraussetzungen für die Verschiebung des Bemessungszeitraumes
erfüllt seien. Im weiteren Verlauf legte die Klägerin eine ärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. D. vom 16. Mai 2010 vor.
Dieser führte darin aus, schwangerschaftsbedingt sei es zu einer mütterlichen Gefährdung im Sinne eines schwer einstellbaren
Hypertonus gekommen. Weiter sei die Verdachtsdiagnose eines lebensgefährlichen Phäochromozytoms gestellt worden. Schließlich
sei die iatrogene Frühgeburt erforderlich gewesen. Insgesamt habe es sich bei der Klägerin um eine Patientin mit Hochrisikokonstellation
durch vorbestehenden Hypertonus gehandelt bei Entwicklung einer schwangerschaftsbedingten Propfgestose mit iatrogener Induktion
einer Frühgeburt.
Demgegenüber trug der Beklagte vor, die Schwangerschaft sei im Hinblick auf die Erkrankung lediglich ein Begleiter und nicht
Auslöser gewesen. Nach Information des zuständigen Bundesministeriums solle die Verschiebung des Bemessungszeitraums lediglich
in engen Grenzen erfolgen. Danach scheide eine Verschiebung beispielsweise auch dann aus, wenn eine Krankheitsdisposition
vorliege, die durch Medikamente eingestellt sei, die Medikamente aber während der Schwangerschaft nicht eingenommen werden
könnten und die Erkrankung deshalb ausbreche mit einhergehender Arbeitsunfähigkeit. Ergänzend legte der Beklagte ein Schreiben
der BKK XY. vom 21. April 2010 vor, das die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin wie folgt ausweist: 25. November 2008
bis 11. Januar 2009 (Diagnose "Essentielle Hypertonie, n.n. bez.: m. Ang. hypert. Krise") und 16. Januar bis 15. Mai 2009
(Diagnose "Schwangerschaftsdauer: 26. Woche bis 33. vollendete Wochen Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr Body-Mass-Index
BMI von 35 bis unter 40 Hypoosmolalität und Hyponatriämie Hypokaliämie Hypertonie als Folge von endokrinen Krankheiten: Vorzeitige
Entbindung ohne Wehen Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten, die Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett komplizieren
Nicht näher bezeichnete Hypertonie der Mutter Gestationshypertonie, schwangerschaftsinduziert ohne bedeutsame Proteinurie").
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 31. August 2010 die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen des §
2 Abs. 7 S. 6 BEEG, nämlich der vollständige oder teilweise Wegfall von Einkommen wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft
zurückzuführenden Erkrankung, seien vorliegend nicht erfüllt. Unter Berücksichtung der Bescheinigung des Dr. C. vom 22. Juli
2009 und der ausführlichen Behandlungsberichte der Klinik für Geburtshilfe und Perinatalmedizin (des Universitätsklinikums
B-Stadt) aus dem Zeitraum vom 3. Februar bis 21. Mai 2009 sowie der Stellungnahme des Prof. Dr. D. vom 16. Mai 2010 müsse
davon ausgegangen werden, dass die zu den Arbeitsunfähigkeitszeiten während der Schwangerschaft führende Erkrankung der Klägerin
auf dem vorher bestehenden Hypertonus beruht habe. Möglicherweise sei dieser durch die Schwangerschaft verstärkt oder verschlimmert
worden. Der Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 7 S. 6 BEEG verlange jedoch, dass eine Erkrankung auf die Schwangerschaft selbst
zurückzuführen sei. Dies sei hier nicht der Fall, weil die Grunderkrankung bereits vor der Schwangerschaft vorgelegen habe
und nachgewiesen gewesen sei.
Gegen dieses der Klägerin am 8. Oktober 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. Oktober 2010 bei dem Hessischen Landessozialgericht
eingelegte Berufung. Sie trägt vor, das Sozialgericht habe verkannt, dass es hier um zwei unterschiedliche Bluthochdruckerkrankungen
gehe. Zum einen habe bereits vor der Schwangerschaft ein eingestellter Hypertonus bestanden, zum anderen sei es zu einer Gestationshypertonie
(Klassifikation nach ICD-10: O13) gekommen. Bei der Anwendung des § 2 Abs. 7 S. 6 BEEG sei nicht auf die Grunderkrankung abzustellen,
sondern auf ihre besondere Ausprägung in der Schwangerschaft. Wäre sie nicht schwanger geworden, hätte sie aufgrund der medikamentösen
Einstellung ihres Hypertonus normal weiterarbeiten können und zu Arbeitsunfähigkeitszeiten wäre es nicht gekommen. Erst die
Schwangerschaft habe dazu geführt, dass sie die Medikamente, auf die sie eingestellt gewesen sei, nicht mehr habe nehmen dürfen,
weil es sonst zu einer Schädigung des nasciturus gekommen wäre. Hierdurch habe die Erkrankung eine andere Qualität erhalten,
weil sie durch die Schwangerschaft beeinflusst bzw. die lebensgefährliche Ausprägung erst durch die Schwangerschaft hervorgerufen
worden sei. Im Übrigen beanstandet die Klägerin, dass das Sozialgericht zur weiteren medizinischen Klärung kein Sachverständigengutachten
eingeholt habe.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 31. August 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 3.
September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2009 zu verurteilen, ihr höheres Elterngeld unter
Berücksichtung der Kalendermonate Januar bis Dezember 2008 als Bemessungszeitraum für die Einkommensermittlung vor der Geburt
zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Beiziehung eines Befundberichtes des Prof. Dr. D., Klinik für Geburtshilfe und Perinatalmedizin
des Universitätsklinikums B-Stadt vom 22. März 2011 nebst weiteren Befundunterlagen. Prof. Dr. D. hat angegeben, bei der Klägerin
habe eine Hochrisikoschwangerschaft vorgelegen. Bei fortbestehendem medikamentös eingestellten Hypertonus mit in der Schwangerschaft
aufgetretenen Hochdruckkrisen habe es sich um eine potentiell lebensgefährliche Risikosituation mit schwangerschaftsbedingter
mütterlicher Gefährdung gehandelt. Insgesamt sei es in der Schwangerschaft aufgrund der Hochdruckkrisen zu einer Verschlechterung
des bestehenden Hypertonus gekommen, der so wenig durch sämtliche Maßnahmen einstellbar gewesen sei, dass zur Vermeidung weiterer
Komplikationen für die werdende Mutter oder das Kind eine frühzeitige sog. iatrogene Geburt (iatrogener Kaiserschnitt) indiziert
worden sei. Im Übrigen sei bei der Klägerin die Verdachtsdiagnose eines Phäochromozytoms gestellt worden, bei dem es sich
um eine lebensgefährliche Erkrankung handele.
Der Senat hat darüber hinaus Beweis erhoben durch Beiziehung eines Befundberichtes des Dr. C. vom 28. April 2011. Dieser hat
mitgeteilt, die Klägerin befinde sich seit Oktober 2005 in Betreuung seiner Praxis. Zu dieser Zeit habe bereits seit wenigen
Jahren ein Bluthochdruck bestanden, der mehr oder weniger zufriedenstellend medikamentös eingestellt gewesen sei. Nach einer
früheren Fehlgeburt sei es im Frühjahr 2008 erneut zu einem Abort gekommen. Während der Schwangerschaft sei die medikamentöse
Hochdrucktherapie den Leitlinien entsprechend umgestellt worden, wobei sich die Einstellung zunehmend schwieriger gestaltet
habe. Eine akute Entgleisung des Bluthochdrucks im Sinne einer hypertensiven Krise habe zur Aufnahme der Klägerin in die Universitätsklinik
B-Stadt geführt, die die weitere Betreuung der Klägerin übernommen habe. Auch eine spätere mehrwöchige stationäre Behandlung
der Klägerin fortdauernd bis zur Entbindung sei wegen der zunehmend häufiger auftretenden Entgleisungen des Bluthochdrucks
und der damit verbundenen Gefahr eines möglichen erneuten Aborts erfolgt. Die Phase des schwer einzustellenden Hochdrucks
sei abhängig gewesen von der Schwangerschaft und stelle sich damit eindeutig als Verschlechterung des Gesundheitszustandes
dar. Im Übrigen sei die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit wegen der sich abzeichnenden schwangerschaftsbedingten Zunahme
des Hochdrucks und der Gefahr einer möglichen Fehlgeburt erfolgt. Ergänzend hat Dr. C. diverse Befundberichte der Universitätsklinika
B-Stadt und BF. vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten,
die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§
124 Abs.
2,
153 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -), da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben.
Die gemäß §§
143 und
144 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß §
151 Abs.
1 SGG eingelegt worden.
Die Berufung der Klägerin ist auch sachlich begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht durch Urteil vom 31. August
2010 abgewiesen. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Berechnung des ihr zustehenden Elterngeldes unter Außerachtlassung der
Monate Januar bis April 2009 bei der Einkommensermittlung, in denen sie arbeitsunfähig war. Der angefochtene Bescheid vom
3. September 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2009 ist insoweit rechtswidrig.
Die Klägerin erfüllt zunächst alle Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEEG für den Bezug von Elterngeld während des Bezugszeitraumes
vom 15. September 2009 bis 14. Mai 2010 im Hinblick auf das 2009 geborene Kind AH., was zwischen den Beteiligten nicht streitig
ist. Streitig ist allein die Frage, ob für die Berechnung der Höhe des Elterngeldes die Monate Januar bis April 2009 unberücksichtigt
zu bleiben haben. Dies ist nach Auffassung des Senates zu bejahen. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67
% des in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus
Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person
kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Dabei bleiben gemäß § 2 Abs. 7 S. 5 BEEG bei der Bestimmung der zwölf für die
Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zu Grunde zu legenden Kalendermonate solche Kalendermonate unberücksichtigt,
in denen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat. Unberücksichtigt bleiben
auch Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der
Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung
Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 2 Abs. 7 S. 6 BEEG). Davon ausgehend steht zur Überzeugung
des Senats fest, dass bei der Klägerin vor Eintritt der Schwangerschaft eine Hochdruckerkrankung bestanden hat, die medikamentös
- zumindest zufriedenstellend - eingestellt war. Aufgrund der Schwangerschaft kam es zu einer Umstellung der medikamentösen
Hochdrucktherapie, was bei der Klägerin zur Folge hatte, dass akute Blutdruckentgleisungen bzw. hypertensive Krisen auftraten,
die therapeutisch kaum beherrschbar waren und letztlich eine mehrwöchige stationäre Behandlung der Klägerin fortdauernd bis
zur Entbindung notwendig machten. Insgesamt hat es sich um eine potentiell lebensgefährliche Risikosituation für die Klägerin
mit der Gefahr einer Fehlgeburt gehandelt, wobei dies auch dadurch untermauert wird, dass eine frühzeitige Geburt mittels
Kaiserschnitt erfolgte, um die Gefährdungslage zu verringern. Damit waren die kaum behandelbaren hypertensiven Krisen abhängig
von der Schwangerschaft und wären ohne diese nicht aufgetreten. Dies alles steht für den Senat fest aufgrund der Ausführungen
von Prof. Dr. D. im Befundbericht vom 22. März 2011 sowie von Dr. C. im Befundbericht vom 28. April 2011, die im Berufungsverfahren
eingeholt worden sind. Die Mitteilungen der beiden Ärzte stehen im Einklang mit den ärztlichen Befundmitteilungen, wie sie
sich aus der vorangegangenen Aktenlage ergeben, und sind insgesamt für den Senat nachvollziehbar. Einwände gegen den mitgeteilten
medizinischen Sachverhalt haben die Beteiligten im Übrigen nicht erhoben. Diese medizinische Sachlage reicht aus, um die Voraussetzungen
des § 2 Abs. 7 S. 6 BEEG zu erfüllen. Soweit das Sozialgericht und der Beklagte demgegenüber ausgeführt haben, die Vorschrift
erfasse lediglich (Neu-) Erkrankungen, die durch die Schwangerschaft selbst hervorgerufen würden, vermag der Senat dem nicht
zu folgen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch eine schwangerschaftsbedingte wesentliche Verschlimmerung einer vorbestehenden
Erkrankung mit entsprechendem Wegfall von Einkommen aus Erwerbstätigkeit unter den Anwendungsbereich von § 2 Abs. 7 S. 6 BEEG
fällt. Hierfür sind folgende Erwägungen bedeutsam: Zur Höhe des Elterngeldes ist in der Begründung des ersten Gesetzesentwurfs
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD ausgeführt, dass die Orientierung des Elterngeldes am individuellen Einkommen es Paaren
erleichtern will, in einem überschaubaren Zeitraum auf das höhere Einkommen zu verzichten (BT-Drucks. 16/1889, S. 15). Weiter
enthält die Entwurfsbegründung den Hinweis darauf, dass Eltern die Möglichkeit eröffnet werden soll, ihre Erwerbstätigkeit
zu unterbrechen oder einzuschränken, um sich vorrangig der Betreuung ihres neugeborenen Kindes zu widmen (BT-Drucks. 16/1889,
S. 19). Mit einem Elterngeld in Höhe von 67 % des vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten Nettoentgeltes solle
die Lebensgrundlage der Familie in dieser Frühphase der Elternschaft abgesichert werden. Neben diesen grundsätzlichen Ausführungen
finden sich in den Gesetzesmaterialien nur wenige ausdrückliche Hinweise auf die Motive für die Ausklammerung schwangerschaftsbedingter
Krankheitszeiten bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes. Lediglich im ersten Gesetzesentwurf ist in der Begründung zu
§ 2 Abs. 1 BEEG (der noch teilweise den Wortlaut der späteren Fassung des Abs. 7 enthielt) ausgeführt, dass der Wegfall von
Erwerbseinkommen wegen Erkrankung generell nicht anders behandelt werden könne als der Wegfall oder das Fehlen von Erwerbseinkommen
aus anderen Gründen wie z.B. der Arbeitsmarktlage oder anderen konkreten Lebensumständen, etwas anderes jedoch in Fällen einer
schwangerschaftsbedingten Erkrankung gelten müsse. Insofern könne das besondere gesundheitliche Risiko Schwangerer diesen
bei der Berechnung des Elterngeldes nicht zum Nachteil gereichen (BT-Drucks. 16/1889, S. 20). Der erste Gesetzesentwurf sah
im Falle eines schwangerschaftsbedingten Einkommensausfalls noch vor, für die Berechnung des Elterngeldes auf das in dem der
Erkrankung vorangegangenen Kalendermonat erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzustellen. Diese Regelung ist auf Vorschlag
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages durch § 2 Abs. 7 BEG neu gefasst und nunmehr
geregelt worden, dass Kalendermonate mit Einkommensausfall aufgrund einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden
Erkrankungen bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung maßgeblichen Kalendermonate unberücksichtigt bleiben
(vgl. BT-Drucks. 16/2785, S. 9). Sofern weiter in dem Ausschussbericht bzw. der Beschlussempfehlung in der Begründung auf
Sätze 5 und 6 des § 2 Abs. 7 BEEG eingegangen wird (BT-Drucks. 16/2785, S. 37 f.), sind die Ausführungen jedoch rudimentär
und es wird lediglich der Hinweis gegeben, dass in den genannten Fällen bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung
vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Kalendermonate die entsprechenden Kalendermonate nicht mitgezählt werden; ein Absinken
des Elterngeldes durch das in diesen Monaten geringere oder fehlende Erwerbseinkommen werde so vermieden. Im Übrigen finden
sich in der Stellungnahme des Bundesrates (BR-Drucks. 426/06 u. 426/06 Beschluss) und der Gegenäußerung der Bundesregierung
(BT-Drucks. 16/2454, S. 11 ff.) keine Ausführungen zu § 2 Abs. 7 S. 6 BEEG. Damit bleibt festzustellen, dass gegenüber dem
ersten Gesetzesentwurf im weiteren Gesetzgebungsverfahren weder die Ausklammerung von Kalendermonaten mit Einkommensausfall
aufgrund schwangerschaftsbedingter Erkrankung noch die hierzu gegebene Begründung thematisiert worden sind und insofern von
einem Konsens auf der Grundlage des ersten Gesetzesentwurfs zwischen den an der Gesetzgebung Beteiligten ausgegangen werden
muss. Motiv des Gesetzgebers für die in § 2 Abs. 7 S. 6 BEEG enthaltene Regelung war mithin, den besonderen Sachverhalt einer
schwangerschaftsbedingten Erkrankung zu erfassen und ein Absinken des Elterngeldes aufgrund des besonderen gesundheitlichen
Risikos Schwangerer zu vermeiden. Das besondere gesundheitliche Risiko Schwangerer realisiert sich jedoch nicht lediglich
im Falle einer aufgrund der Schwangerschaft eintretenden Neuerkrankung, sondern auch dann, wenn die Verschlimmerung einer
vorbestehenden Erkrankung gerade schwangerschaftsbedingt eintritt. Sinn und Zweck der Regelung des § 2 Abs. 7 S. 6 BEEG gebieten
auch in einem solchen Fall die Ausklammerung von Kalendermonaten, in denen es wegen der Verschlimmerung zu Einkommensausfällen
gekommen ist. Dies gilt zumindest dann, wenn die Verschlimmerung maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführen und diese
im Wesentlichen ursächlich für den Eintritt von Arbeitsunfähigkeit und der damit einhergehenden Einkommensverluste ist. Insoweit
ist zu beachten, dass der Gesetzgeber in § 2 Abs. 7 S. 6 BEEG einschränkend geregelt hat, dass lediglich die "maßgeblich"
auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankungen für die Nichtberücksichtigung von Kalendermonaten bedeutsam sind. Zur
Eingrenzung der entsprechenden Fallgestaltungen hält es der Senat für geboten, auf die in der Unfallversicherung geltende
Lehre von dem rechtlich wesentlichen Zusammenhang/von der rechtlich wesentlichen Ursache (Bedingung) zurückzugreifen (vgl.
BSG, Urteil vom 17. Februar 2009, B 2 U 18/07 R). Danach ist eine wertende Betrachtung dahingehend erforderlich, dass eine Bedingung (hier die Schwangerschaft) nicht nur
irgendeine Bedingung war, sondern wegen ihrer besonderen Beziehung zu der Erkrankung wesentlich mitgewirkt hat. Ob dies der
Fall ist, ist aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs
abzuleiten (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, B 2 U 1/05 R). Davon ausgehend war hier die Schwangerschaft der Klägerin wesentliche Ursache für die zur Arbeitsunfähigkeit und dem (teilweisen)
Einkommenswegfall führende Erkrankung. Die vorbestehende Bluthochdruckerkrankung der Klägerin war - wie ausgeführt - vor Eintritt
der Schwangerschaft medikamentös eingestellt und bedingte keine Arbeitsunfähigkeit. Dies änderte sich erst mit Eintritt der
Schwangerschaft, weil zum Schutz von Mutter und Kind die Umstellung der medikamentösen Hochdrucktherapie erforderlich wurde
und hierdurch Blutdruckentgleisungen auftraten, die therapeutisch nicht zu beherrschen waren, einhergehend mit lebensbedrohlichen
Risikosituationen. Ausschließlich aufgrund dieser wesentlich durch die Schwangerschaft ausgelösten Verschlimmerung trat Arbeitsunfähigkeit
der Klägerin ein mit Krankengeldbezug vom 6. bis 11. Januar 2009 und 16. Januar bis 15. Mai 2009. Insofern ist weiter zu berücksichtigen,
dass es nicht nur zu irgendeiner Veränderung des Gesundheitszustandes der Klägerin infolge der Schwangerschaft gekommen ist,
sondern eine Verschlimmerung des zunächst aufgrund medikamentöser Einstellung stabilen und beschwerdefreien Zustandes eintrat
bis hin zu lebensbedrohlichen Krisen, die sogar eine vorzeitige Entbindung mittels Kaiserschnitt erforderlich machten. Gravierender
kann eine vorbestehende Erkrankung durch den Hinzutritt der Schwangerschaft kaum verschlimmert werden. Nach alledem wäre es
mit Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift nicht zu vereinbaren, den krankheitsbedingten Einkommensausfall der Klägerin
auf die Höhe des Elterngeldes durchschlagen zu lassen.
Im Ergebnis haben bei dem an sich gegebenen Zwölfmonatszeitraum vom Mai 2008 bis April 2009 die Kalendermonate mit Krankengeldbezug
(Januar bis April 2009) unberücksichtigt zu bleiben, so dass als für die Höhe des Elterngeldes maßgeblicher Zeitraum auf die
Kalendermonate Januar bis Dezember 2008 abzustellen ist.
Nach alledem war der Berufung stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war zuzulassen. Der Senat bejaht insoweit die Voraussetzungen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG. Die Frage, ob für die Anwendung des §
2 Abs. 7 S. 6 BEEG die schwangerschaftsbedingte Verschlimmerung einer vor der Schwangerschaft bereits bestehenden Erkrankung
ausreicht, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden.