Anspruch auf Arbeitslosengeld; Sperrzeit bei Freistellung von der Arbeitspflicht unter Anrechnung des Urlaubsanspruches
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer Sperrzeit nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages.
Der 1948 geborene Kläger war seit 1. Juli 1977 bei der C. GmbH, zuletzt als Außendienstmitarbeiter mit einem monatlichen Bruttoentgelt
in Höhe von 5.200,00 EUR, beschäftigt. Die Kündigungsfrist betrug 6 Monate zum Ende des Vierteljahres. Am 21. Juni 2005 schloss
der Kläger mit seinem Arbeitgeber eine Aufhebungsvereinbarung, in der unter Ziffer 1 folgendes vereinbart wurde: "Die Parteien
schließen diese Aufhebungsvereinbarung zur Vermeidung einer arbeitgeberseitigen, betriebsbedingten Kündigung. Sie sind sich
darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen unter Einhaltung der ordentlichen
Kündigungsfrist mit Ablauf des 31.12.2005 beendet wird ..." In Ziffer 3 der Aufhebungsvereinbarung wurde festgehalten, dass
der Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes gemäß §§ 9,10 KSchG und §
3 Nr. 9
Einkommensteuergesetz eine Abfindung in Höhe von 239.500,00 EUR brutto erhält. In einem gesonderten Schreiben vom 29. Juni 2005 stellte die C.
GmbH den Kläger mit Wirkung zum 4. Juli 2005 unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeitsleistung frei. In dem Schreiben heißt
es weiter: "Auf die Freistellung werden der Ihnen noch zustehende Urlaub und eventuell geleistete Mehrarbeitszeiten angerechnet.
Damit gelten Resturlaub und Mehrarbeitszeiten als abgegolten."
Am 28. September 2005 meldete sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung zum 1. Januar 2006 arbeitslos und beantragte die
Gewährung von Arbeitslosengeld. In dem am 8. Oktober 2005 eingereichten "Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses
bei Kündigung durch den Arbeitnehmer oder Abschluss des Aufhebungs-/Auflösungsvertrages" führte der Kläger aus, dass der Abschluss
des Aufhebungsvertrages wegen Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung wegen Personalabbau (120 Personen) erfolgt sei.
Eine Entlassung während der ersten Entlassungswelle bereits im Oktober 2004 habe er noch durch freiwilligen Wechsel aus dem
Management in den Außendienst verhindern können. Die Alternative nunmehr wäre eine arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung
zum 31. Dezember 2005 ohne Abfindung gewesen.
Mit Bescheid vom 19. Januar 2006 stellte die Beklagte in der Folgezeit den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 1. Januar
bis 25. März 2006 fest, da der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis bei der Firma C. GmbH durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages
ohne wichtigen Grund selbst gelöst habe. Während dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Gleichzeitig mindere
sich der Anspruch auf Arbeitslosengeld um 240 Tage (ein Viertel der Anspruchsdauer). In dem dagegen erhobenen Widerspruch
vom 14. Februar 2006 machte der Kläger nochmals geltend, dass ihm eine arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung zum gleichen
Zeitpunkt gedroht hätte, was auch der Betriebsratsvorsitzende, Herr D., bezeugen könne. Zudem seien mit ihm weitere ca. 35
Mitarbeiter gekündigt worden, wobei ihm kein einziger Fall bekannt sei, in welchem die Agentur für Arbeit in ähnlicher Weise
reagiert habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Ob das Arbeits-/Beschäftigungsverhältnis
auch durch rechtmäßige Kündigung habe beendet werden können, sei für die Entscheidung über das Vorliegen eines Auflösungssachverhaltes
bei abgeschlossenen Verträgen unerheblich; entscheidend sei allein, dass der Aufhebungsvertrag gegen den Willen des Arbeitslosen
nicht habe zustande kommen können; darin liege die freiwillige Arbeitsaufgabe im Sinne der Sperrzeitvorschrift. Auch ein wichtiger
Grund sei nicht erkennbar.
Hiergegen hat der Kläger am 11. Juli 2006 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main Anfechtungsklage erhoben und nochmals darauf
hingewiesen, dass es auch ohne die Aufhebungsvereinbarung zum gleichen Zeitpunkt zu einer betriebsbedingten Kündigung durch
den Arbeitgeber gekommen wäre. Dies ergebe sich auch schon aus der Aufhebungsvereinbarung. Hätte er es auf eine Kündigung
ankommen lassen, hätte er eine Abfindung im Arbeitsgerichtsverfahren erstreiten müssen, wobei er es für ausgeschlossen halte,
dass er nach den üblichen Sätzen in einem solchen Verfahren dann eine Abfindung in der vereinbarten Höhe von 239.500,00 EUR
hätte erstreiten können. Von diesem Geld habe er bis zum Rentenbeginn leben müssen.
Für die Zeit vom 26. März 2006 bis zum 24. März 2008 (vgl. Leistungsnachweis der Beklagten vom 25. März 2008) hat die Beklagte
dem Kläger Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung eines täglichen Bemessungsentgelts in Höhe von 170,96 EUR, Lohnsteuerklasse
III und Kindermerkmal 0 in Höhe von kalendertäglich 62,76 EUR gewährt. Unter Berücksichtigung der festgestellten Minderung
des Anspruchs um 240 Tage war danach der Anspruch erschöpft.
Am 16. Februar 2009 hat eine mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main stattgefunden, in der es zum Abschluss
eines Vergleichs auf Widerruf gekommen war, der in der Folgezeit von der Beklagten fristgerecht widerrufen wurde. Die Beklagte
hält daran fest, dass die angegriffenen Bescheide rechtmäßig seien. Es bestehe auch keine Möglichkeit, die Sperrzeit von zwölf
auf sechs Wochen herabzusetzen. Auch sei der Beginn der Sperrzeit richtig berechnet. Da es sich nur um eine widerrufliche
Freistellung des Klägers gehandelt habe, beginne die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses, nicht mit
dem ersten Tag der Freistellung.
Mit Gerichtsbescheid vom 2. Juni 2009 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main in der Folgezeit den Bescheid der Beklagten
vom 19. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2006 (richtig: 5. Juli 2006) aufgehoben und im
Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Beklagte den Beginn der Sperrzeit falsch bestimmt habe. Unter Verweis auf die Entscheidung
des Bundessozialgerichts vom 25. April 2002 (B 11 AL 65/01 R) hätte die Sperrzeit vorliegend bereits am Tag der Freistellung, also dem 4. Juli 2005 beginnen müssen und wäre daher am
25. September 2005 abgelaufen. Da die Beklagte den Sperrzeitbeginn auf den 1. Januar 2006 festgelegt habe, liege die von ihr
festgestellte Sperrzeit komplett außerhalb des tatsächlichen Sperrzeitzeitraums und sei daher in vollem Umfang rechtswidrig
festgestellt. Das Argument der Beklagten, der Kläger sei nicht unwiderruflich freigestellt, das Beschäftigungsverhältnis damit
nicht schon vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses beendet worden, überzeuge nicht. Eine Freistellung könne vertraglich vereinbart
oder einseitig ausgesprochen werden. Bei der Freistellung des Klägers von seiner Arbeitsleistung handele es sich um eine einseitige
empfangsbedürftige Willenserklärung, mit der die Arbeitgeberin sich von ihrer Beschäftigungspflicht befreite. Dabei sei bei
der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks
zu haften (§
133 BGB). Nach §
145 BGB, der generell für empfangsbedürftige Willenserklärungen anzuwenden sei, sei der Erklärende an die Willenserklärung gebunden,
es sei denn, er hätte die Gebundenheit, z.B. mittels eines Widerrufsvorbehalts, ausgeschlossen. Einen solchen Widerrufsvorbehalt
enthalte das Schreiben des Arbeitgebers vom 29. Juni 2005 jedoch nicht. Indem die Arbeitgeberin sich nicht vorbehalte, die
Arbeitsleistung des Klägers zwischen dem 4. Juli 2005 und dem Ende des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2005 auch wieder
in Anspruch zu nehmen, vielmehr auch die Anrechnung von Urlaub und Mehrarbeitszeiten regele, handele es sich um eine endgültige
Regelung durch die Arbeitgeberin. Somit sei die Freistellung mangels ausdrücklichen Ausschlusses der Gebundenheit und mangels
eines Vorbehalts des Widerrufs unwiderruflich. Das entspreche auch der höchstrichterlichen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung.
Danach liege in der Freistellung des Arbeitnehmers unter Anrechnung von Urlaub, wenn sich der Arbeitgeber den Widerruf der
Urlaubsgewährung nicht vorbehalten habe, eine unwiderrufliche Freistellung, auch wenn die Unwiderruflichkeit nicht explizit
zum Ausdruck komme (Verweis auf BAG, Urteil vom 14. März 2006, Az.: 9 AZR 11/05). Überdies habe der Kläger glaubhaft vorgetragen, dass ab 4. Juli 2005 keiner der Arbeitnehmer, die einen Aufhebungsvertrag
unterschrieben hatten, mehr in der Firma arbeitete, also auch tatsächlich in keinem Fall eine suspendierte Arbeitsleistung
von der Arbeitgeberin wieder in Anspruch genommen worden sei.
Gegen den der Beklagten am 17. Juni 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese am 1. Juli 2009 bei dem Hessischen Landessozialgericht
Berufung eingelegt. Der Auffassung des Sozialgerichts könne nicht gefolgt werden. Das angeführte Urteil des Bundesarbeitsgerichts
betreffe die Erfüllung von Urlaubsansprüchen durch den Arbeitgeber und stelle insoweit fest, dass es hierfür der unwiderruflichen
Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht bedarf. Hieraus könne jedoch nicht zwangsläufig geschlossen werden, dass
es sich bei der Erklärung eines Arbeitgebers, er stelle den Arbeitnehmer unter Anrechnung noch zustehenden Urlaubs frei, um
eine unwiderrufliche Freistellung handelt. Im Ergebnis komme es allerdings nicht darauf an, ob eine einseitige widerrufliche
oder eine einseitige unwiderrufliche Freistellung ausgesprochen werden sollte. Die Sperrzeit beginne mit dem Tag nach dem
Ereignis, dass die Sperrzeit begründet. Das Ereignis sei hier der Abschluss des Aufhebungsvertrages vom 21. Juni 2005 zum
31. Dezember 2005 und die damit verbundene Beschäftigungslosigkeit ab 1. Januar 2006. Im Unterschied zu dem von dem 11. Senat
des Bundessozialgerichts in dem Urteil vom 25. April 2002 entschiedenen Fall sei hier die Freistellung nicht zusammen mit
dem Aufhebungsvertrag und auch nicht einvernehmlich vereinbart worden. Vielmehr habe der Arbeitgeber einige Tage nach Abschluss
des Aufhebungsvertrages einseitig die Freistellung zum 4. Juli 2005 erklärt. Eine Mitwirkung des Klägers hieran sei nicht
erkennbar. Nach Auffassung der Beklagten beginne die Sperrzeit in diesen Fällen mit dem Tag nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
durch den Aufhebungsvertrag, mithin am 1. Januar 2006.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 2. Juni 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar bis 25. März 2006
Arbeitslosengeld zu bezahlen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Vor der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages am 21. Juni 2005
habe es ein Gespräch mit der Geschäftsführung, dem unmittelbaren Vorgesetzten, der Personalchefin und dem Betriebsratsvorsitzenden
gegeben, indem man ihm unmissverständlich klar gemacht habe, dass, soweit er den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet, zum
gleichen Termin die Kündigung ausgesprochen würde. Eine Abfindung wäre dann nicht in Betracht gekommen. Schon deshalb sei
von einem wichtigen Grund für den Abschluss des Aufhebungsvertrages auszugehen. Zudem sei auch eine wirksame Verrechnung eines
Urlaubes in einer Freistellungsphase nur denkbar, wenn die Freistellung unwiderruflich erfolgt. Somit könne eine Freistellung
ohne Nutzung des Wortes "widerruflich", aber unter Verrechnung des Urlaubs, nur so ausgelegt werden, dass die Parteien unwiderruflich
freistellen wollten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig (§§
143,
144 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-); Ausschlussgründe liegen nicht vor. Durch die Aufhebung der Sperrzeit sind für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 25. März
2006 Leistungen (= 84 Tage x 62,76 EUR/Tag) zu erbringen, deren Wert 750,00 EUR übersteigt.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den die Sperrzeit
feststellenden Bescheid vom 19. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2006 aufgehoben (1). Zur Vermeidung
von Wiederholungen kann insoweit auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides verwiesen werden (vgl. §
153 Abs.
2 SGG). Dabei ist unschädlich, dass im Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung der 15. Juli 2006 als Datum des Widerspruchsbescheides
benannt wurde. Dabei handelt es sich erkennbar um einen Schreibfehler, da im Tatbestand des Gerichtsbescheides ausdrücklich
der Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2006 aufgeführt ist und es einen Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2006 nicht gibt.
Nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides ist die Beklagte auch verpflichtet, für den Zeitraum der fehlerhaft festgestellten
Sperrzeit vom 1. Januar bis 25. März 2006 Arbeitslosengeld in gesetzlichem Umfang an den Kläger zu zahlen. Dies gilt unabhängig
davon, dass der Anspruch zwischenzeitlich bereits aufgebraucht ist (2). Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung
des Berufungsverfahrens - von der Beklagten unwidersprochen - sein ursprüngliches reines Anfechtungsbegehren zulässigerweise
um den erforderlichen Leistungsantrag für den streitigen Zeitraum ergänzt (vgl. §
153 Abs.
1 i.V.m. §
99 SGG).
(1) Mit dem 1. Januar 2006 hat die Beklagte den Sperrzeitbeginn rechtswidrig festgestellt. Der von ihr festgestellte Sperrzeitzeitraum
(1. Januar 2006 bis 25. März 2006) liegt vollständig außerhalb des tatsächlichen Sperrzeitzeitraumes, der auch nach Auffassung
des Senats vorliegend bereits am 4. Juli 2005 mit der Freistellung des Klägers begonnen hat. Maßgebend ist also insoweit allein
die tatsächliche Beschäftigungslosigkeit des Klägers. Damit ist das Ende des Beschäftigungsverhältnisses nicht notwendigerweise
mit dem arbeitsrechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses identisch. Insbesondere beginnt die Sperrzeit bei einer Freistellung
eines Arbeitnehmers bei Fortzahlung des Arbeitsentgelts bereits mit dem Tag der Freistellung, und nicht erst mit dem arbeitsrechtlichen
Ende des Arbeitsverhältnisses. Dies gilt auch und gerade, wenn die Freistellung unter Anrechnung auf den Jahresurlaub erfolgt;
denn der Arbeitgeber hat durch diese Freistellung auf die Wahrnehmung seiner Verfügungsmöglichkeit über den Arbeitnehmer und
damit sein Weisungsrecht verzichtet (vgl. Karmanski, in: Niesel/Brand,
SGB III Kommentar, 5. Auflage 2010, §
144 Rdnr. 145 mit Hinweis auf BSG-Rspr.). Dass es sich hierbei - wie von der Beklagten vorgetragen - um eine bloß widerrufliche
Freistellung gehandelt hat, ist weder dem Schreiben der Firma C. GmbH vom 29. Juni 2005 noch den sonstigen Umständen zu entnehmen.
Will jedoch jemand eine an einen anderen gerichtete Willenserklärung nur unter Vorbehalt oder unter sonstigen Bedingungen
oder Einschränkungen abgeben, so muss er dies entsprechend zum Ausdruck bringen. Das insoweit offene Schreiben des Arbeitgebers
vom 29. Juni 2005 enthält jedoch weder einen Widerrufsvorbehalt noch sonstige Vorbehalte. Folglich ist ohne Weiteres von einer
unwiderruflichen Freistellung des Klägers auszugehen. Zwar handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
(BAG) bei einer Erklärung ohne weitere Zusätze wie Urlaubsanrechnung oder Ähnliches "nur" um eine widerrufliche Freistellung
(vgl. BAG vom 14. März 2006, NZA 2006, 1008; BAG vom 30. Mai 2006, NZA 2006, 1122). Aber auch nach dieser Rechtsprechung liegt eine unwiderrufliche Freistellung dagegen vor, wenn sich durch Auslegung der
Erklärung ergibt, dass sie unwiderruflich gewollt ist. Dies sei dann der Fall, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer - wie
vorliegend geschehen - unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen freistellt (BAG vom 14. März 2006, NZA 2006, 1008; so auch Bauer, NZA 2007, 409).
Unbeachtlich ist nach Auffassung des Senats dabei auch, dass die Freistellung nicht bereits in der Aufhebungsvereinbarung
vom 21. Juni 2005 - einvernehmlich - vereinbart wurde, sondern erst wenige Tage später mit Schreiben des Arbeitgebers vom
29. Juni 2005 - einseitig - erklärt wurde. Insoweit besteht jedenfalls sowohl ein enger zeitlicher als auch sachlicher Zusammenhang
zwischen der einseitig erklärten - von dem Kläger im Übrigen auch nicht widersprochenen - Freistellung durch den Arbeitgeber
und der zuvor abgeschlossenen Aufhebungsvereinbarung. Dieser Zusammenhang rechtfertigt es somit auch, die vorzeitige Herbeiführung
der Beschäftigungslosigkeit ab 4. Juli 2005 - zumindest mittelbar - auf eine Mitwirkungshandlung des Klägers zurückzuführen.
Insoweit ist nämlich zu beachten, dass ein Arbeitnehmer als Ausprägung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Arbeitsverhältnis
nicht nur einen Anspruch auf Zahlung der Vergütung, sondern auch auf tatsächliche Beschäftigung hat (BAG, NJW 1985, 2968 = NZA 1985, 702). Eine allein einseitig erklärte Freistellung durch den Arbeitgeber hätte der Kläger daher gar nicht hinnehmen müssen. Es
kann jedoch für die Bewertung im Ergebnis keinen Unterschied machen, ob der Arbeitnehmer eine wesentliche Ursache für das
Eintreten der Beschäftigungslosigkeit dadurch gesetzt hat, dass er die Freistellung bereits in dem Aufhebungsvertrag mit vereinbart
hat, oder dass er eine wenige Tage später "einseitig" ausgesprochene Freistellung widerspruchslos hinnimmt.
Da somit der Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2006 schon wegen
der vollständig außerhalb des tatsächlichen Sperrzeitzeitraumes festgestellten Sperrzeit rechtswidrig ist, bedarf es keiner
weiteren Prüfung, ob dem Kläger zum Abschluss der Aufhebungsvereinbarung ein wichtiger Grund zur Seite stand. Entgegen der
Andeutung des Sozialgerichts in dem angefochtenen Gerichtsbescheid sowie entgegen der Auffassung der Beklagten dürfte jedoch
das Vorliegen eines wichtigen Grundes vorliegend nicht ohne Weiteres zu verneinen sein.
Über das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist nach der Rechtsprechung des BSG unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung
zu entscheiden. Diese dient dem Schutz der Versichertengemeinschaft vor Risikofällen, deren Eintritt der Versicherte selbst
zu vertreten hat. Eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn dem Versicherten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls
und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden
kann (zuletzt BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr. 17 Rdnr. 35 m.w.N.).
Im Falle der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag hat das BSG seine Rechtsprechung dahingehend konkretisiert,
dass sich ein Arbeitnehmer auf einen wichtigen Grund berufen kann, wenn ihm der Arbeitgeber mit einer nach Arbeitsrecht objektiv
rechtmäßigen betriebsbedingten Kündigung zu dem Zeitpunkt droht, zu dem er das Arbeitsverhältnis löst, und ihm die Hinnahme
dieser Kündigung nicht zuzumuten ist (BSGE 89, 243, 246 ff = SozR 3-4300 § 144 Nr. 8; BSG SozR 3-4300 § 144 Nr. 12; BSGE 92, 74 = SozR 4-4300 § 144 Nr. 6; BSGE 95, 232 = SozR 4-4300 § 144 Nr. 11).
Des Weiteren kommt nach der Rechtsprechung des BSG bei Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch einen Aufhebungsvertrag
ein wichtiger Grund keineswegs nur in Fällen in Betracht, in denen die Unzumutbarkeit des Abwartens der arbeitgeberseitigen
Kündigung darauf beruht, dass Nachteile für das berufliche Fortkommen zu befürchten sind; dies ist vielmehr nur einer der
in Betracht zu ziehenden Gesichtspunkte (vgl. etwa die Urteile des BSG vom 12. April 1984 - 7 RAr 28/83 - und vom 25. April 2002 - B 11 AL 100/01 R -, jeweils veröffentlicht in juris). Demgemäß können auch sonstige Umstände zu einem wichtigen Grund führen (vgl. BSGE 89,
243, 248 = SozR 3-4300 § 144 Nr. 8 mit Hinweis auf das verfassungsrechtliche Übermaßverbot; BSG SozR 3-4300 § 144 Nr. 12 S. 34,
36; BSG-Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 18/04 R - veröffentlicht in juris).
Zwar ist nach der bisherigen Rechtsprechung das Interesse, eine Abfindung zu erhalten, für sich allein nicht geeignet, die
Annahme eines wichtigen Grundes zu rechtfertigen (vgl. etwa BSGE 66, 94, 98 = SozR 4100 § 119 Nr. 36; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr. 12 S. 25 f). Umgekehrt ist jedoch eine Abfindung auch kein Ausschlussgrund
für die Annahme eines wichtigen Grundes. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Gesetzgeber an anderer Stelle
eine Entlassungsentschädigung nur dann als für den Anspruch auf Arbeitslosengeld schädlich ansieht, wenn die für den Arbeitgeber
geltende ordentliche Kündigungsfrist nicht eingehalten ist (§ 143a
SGB III), was beim Kläger nicht der Fall war. Es bedarf daher in der vorliegenden Konstellation keiner weiteren besonderen Umstände,
die ein Abwarten der Kündigung unzumutbar erscheinen lassen. Denn es besteht im Hinblick auf den ohnehin nicht zu vermeidenden
Eintritt der Beschäftigungslosigkeit kein Interesse der Versichertengemeinschaft daran, den Arbeitnehmer von der Wahrnehmung
seiner berechtigten Interessen abzuhalten (vgl. bereits in anderem Zusammenhang - Abwicklungsvertrag - BSGE 92, 74, 81 = SozR 4-4300 § 144 Nr. 6 Rdnr. 17).
Wie das Bundessozialgericht in der Entscheidung vom 25. April 2002 (BSGE 89, 243, 248 = SozR 3-4300 § 144 Nr. 8) ausgeführt hat, unterliegt im Übrigen das Vorgehen der Beklagten, die Arbeitnehmern anscheinend
grundsätzlich zumuten will, die drohende Kündigung des Arbeitgebers abzuwarten, unter Beachtung des Zwecks der Sperrzeit und
des verfassungsrechtlichen Übermaßverbots durchgreifenden Bedenken. Es wird vielmehr umgekehrt bei einer drohenden rechtmäßigen
Arbeitgeberkündigung im Regelfall - also nicht nur bei leitenden Angestellten (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 17. November
2005, B 11a/11 AL 69/04 R) - ein wichtiger Grund anzunehmen sein (anders wohl 7. Senat in BSG SozR 3-4300 § 144 Nr. 12 S.
36 mit Hinweis u.a. auf Urteil vom 12. April 1984 - 7 RAr 28/83 - DBlR 2959 zu § 119 AFG, wobei jedoch der letztgenannten Entscheidung keine drohende rechtmäßige Kündigung zu Grunde lag).
Vor diesem Hintergrund dürfte dem Kläger bei Abschluss der Aufhebungsvereinbarung vom 21. Juni 2005 durchaus ein wichtiger
Grund zur Seite gestanden haben; einer abschließenden Klärung bedarf dies jedoch - wie bereits oben ausgeführt - an dieser
Stelle nicht.
(2) Demnach ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar bis 25. März 2006 Arbeitslosengeld in
gesetzlichem Umfang zu gewähren. Dem steht nach Auffassung des Senats insbesondere nicht die Tatsache entgegen, dass - infolge
der Minderung der Anspruchsdauer, bei der es aufgrund des bloß geänderten Sperrzeitzeitraumes bei Verneinung eines wichtigen
Grundes ja verbleibt - der dem Kläger zustehende Gesamtanspruch (960 Tage - 240 Tage = 720 Tage) durch die Gewährung von Arbeitslosengeld
vom 26. März 2006 bis 24. März 2008 (= 730 Tage) bereits verbraucht ist.
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass dem Kläger Arbeitslosengeld nicht losgelöst von einem konkreten Leistungszeitraum zusteht.
Dieser Zeitraum beginnt vorliegend - was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist - nach Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen
am 1. Januar 2006 nach dem arbeitsrechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum
vom 1. Januar bis 25. März 2006 ist somit gerade nicht erfüllt (vgl. §
128 Abs.
1 Nr.
1 SGB III). Dass die Beklagte demgegenüber "am Ende" Leistungen für Zeiträume erbracht hat, für die keine Leistungen mehr zugestanden
haben, muss insoweit unberücksichtigt bleiben (vgl. insoweit schon angedeutet von BSG, Urteil vom 17. November 2005, B 11a/11
AL 69/04 R, juris-Rdnr. 10, obiter dictum: "Ihr Einwand, eine Klaglosstellung sei gleichwohl nicht geboten, weil wegen der
späteren Zahlung von Alg von einer Erfüllung analog §
362 BGB auch schon für die Zeit ab 1. April 2000 auszugehen sei, dürfte nicht durchgreifen. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen,
da."; wohl auch schon BSG, Urteil vom 25. April 2002, B 11 AL 65/01 R, wo das BSG den Leistungsanspruch des Klägers in einer vergleichbaren Fallkonstellation ohne Weiteres als gegeben angesehen
hat, weil die Sperrzeit jedenfalls nicht in dem von der BA verfügten Zeitraum eingetreten sei; a.A. wohl LSG Nordrhein-Westfalen,
Urteil vom 11. Januar 2006, L 12 AL 34/05, juris, wobei dort jedoch eine andere Fallkonstellation - Ruhen des Anspruchs wegen Urlaubsabgeltung - betroffen ist). Für
deren Rückabwicklung sind ggf. - da die Leistungen ab 26. März 2006 auch nicht vorläufig (vgl. §
328 SGB III) bewilligt worden sind - die hierfür maßgeblichen Aufhebungs- und Erstattungsvorschriften (§§ 45 ff., 50 SGB X) zu prüfen. Allein dadurch kann der durch die Überschreitung der Höchstanspruchsdauer eingetretene gesetzwidrige Zustand
ggf. korrigiert werden (so auch Bienert, SGB 2009, Heft 10, S. 576, 580).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1 Satz 1
SGG.
Der Senat hat im Hinblick auf die höchstrichterlich noch nicht (abschließend) geklärte Rechtsfrage, ob sich die Beklagte in
vorliegenden Fallkonstellationen auf Erfüllung analog §
362 BGB berufen kann, wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG die Revision zugelassen.