Gründe:
I. Die Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes, die Antragsgegnerin zu verpflichten, bis zum Abschluss
der Hauptsache die Kosten ihrer Behandlung mittels Immuntherapie durch den Arzt QQ. auf der Grundlage seines Kostenvoranschlags
vom 8. März 2012 zu übernehmen.
Die Antragstellerin, geboren im Jahr 1959 und bei der Antragsgegnerin krankenversichert, leidet an einem metastasierenden
Ovarialkarzinom. Im November 2009 wurde eine operative Behandlung des Ovarialkarzinoms (pT4c pNO RI G2 FIGO III) mit anschließender
Chemotherapie mit Paclitaxel und Carboplatin durchgeführt. Dem folgte ihm Jahr 2010 eine Behandlung mit Pazopanib im Rahmen
einer Studie, die jedoch wegen Nebenwirkungen abgebrochen wurde. Im Dezember 2011 wurde die Diagnose V. a. Metastasen zwischen
Magen und Pankreas sowie am Milzhilus gestellt. Im Gemeinschaftskrankenhaus WW. wurde am 7. März 2012 eine Computertomographie
durchgeführt. Dabei wurden neu festgestellt: eine größer werdende flaue hypodense Zone im Segment IVa des linken Leberlappens
(eine Differenzierung zwischen fokaler Verfettung oder Malignom war nicht möglich) sowie eine Milzmetastase. Die diagnostizierenden
Ärzte sind von einem Prozess ausgegangen. Eine Sonographie des Abdomen am 14. März 2012 (Gemeinschaftskrankenhaus WW.) ergab
eine echoarme Raumforderung der Leber im Segment IV sowie eine unklare Raumforderung zwischen Pankreasschwanz und Magen, die
einem Milzhilus entspricht.
Am 19. März 2012 ging bei der Antragsgegnerin der Antrag der Antragstellerin ein auf Übernahme der Kosten einer Behandlung
bei dem Arzt QQ. mittels Immuntherapie (mit Fieber, onkolytischen Vieren und dendritischen Zellen). Wegen der klinischen Brisanz
bat die Antragstellerin um eine Entscheidung bis zum 30. März 2012.
Die Antragsgegnerin holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in EE. e. V. (MDK) ein. Dieser
kam zu dem Ergebnis, es liege unstreitig eine lebensbedrohliche Erkrankung vor. Die vorgesehene Behandlung in Kombination
verschiedener therapeutischer Ansätze (dendritischen Zellen und natürliche Killerzellen, hergestellt unter Aufsicht von Herrn
QQ. im Onkolytischen Zentrum R-Stadt, onkolytischen Vieren mit zusätzlicher aktiver Hyperthermie (Fiebertherapie) und Tiefen-Hyperthermie)
stelle eine experimentelle Therapie dar. Eine Abrechnungsmöglichkeit über den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) bestehe
nicht und ein positives Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses liege nicht vor. Weder für die einzelnen Elemente noch für
die Kombinationsbehandlung stünden ausreichend wissenschaftlich geprüfte oder tragfähigen Anhaltspunkte zur Verfügung, die
eine klinisch relevante Wirksamkeit bei Patientinnen mit metastasierendem Ovarialkarzinom nach vorangegangener Chemotherapie
belegten. Auffallend sei, dass von Seiten der behandelnden onkologischen Einrichtung keine Behandlungsempfehlung vorgelegt
worden sei. Nach Auskunft der Versicherten habe im Zeitpunkt der Beantragung der vorliegend streitigen Therapie ein zusammenfassender
Befund noch nicht vorgelegen. Nach Versagen der Standardtherapie im Stadium FIGO II-III mit Carboplatin/Pazopanib (Erstlinientherapie)
stehe als Zweit-Linienbehandlung zur Verfügung:
- im Falle eines Rezidivs bei Platin-sensitiver Erkrankung: behandlungsfreies Intervall) 6 Monate: erneute Behandlung mit
der Standardtherapie Taxan und Platinderivat oder nicht platinhaltiger bzw. taxanhaltiger Mono- bzw. Kombinations-Therapie,
- im Fall eines Rezidivs bei Platin-refraktärer Erkrankung: Monotherapie u. a. mit liposomalem Doxorubicin (Caelyx), Topotecan,
Etoposid, Gemcitabin, Oxaliplatin oder Ifosfamid.
Die Entscheidung über eine Dritt-Linientherapie könne nur individuell im Einzelfall erfolgen. Bei fehlender Eignung für einen
Chemotherapie stelle der Einsatz von endokrinen Optionen eine Alternative dar. Die zur Chemotherapie zugelassenen Therapeutika
seien im Rahmen entsprechender Zulassungsstudien hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Sicherheit geprüft und könnten nicht wie
von Herrn QQ. ausgeführt, als "herum experimentieren mit toxischen Substanzen" angesehen werden.
Die Antragsgegnerin lehnte mit Bescheid vom 2. April 2012 unter Zugrundelegung der Stellungnahme des MDK vom 24. März 2012
den Antrag auf Übernahme der Kosten einer Immuntherapie ab.
Am 10. April 2012 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Frankfurt am Main den Antrag gestellt, die Antragsgegnerin zu
verpflichten, vorläufig bis zum Abschluss der Hauptsache die Kosten der streitigen Immuntherapie durch den Arzt QQ. entsprechend
des Kosten- und Behandlungsplan vom 8. März 2012 zu übernehmen.
Zur Begründung hat die Antragstellerin ausgeführt, trotz Operation und Chemo-Therapie sei ein Progress ihrer lebensbedrohlichen
Erkrankung festzustellen. Da eine schulmedizinische Behandlung nicht zur Verfügung stehe, habe sie einen Anspruch auf Übernahme
der streitigen Behandlung, da die in Aussicht genommene Therapie eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine positive
Einwirkung auf den Krankheitsverlauf habe. Dies sei durch die Ausführungen von Herrn QQ. (Schreiben vom 8. März 2012) erwiesen.
Ihrem Anspruch könne nicht das MDK-Gutachten vom 24. März 2012 entgegengehalten werden. Darin werde ein falscher Maßstab an
die Evaluation der streitigen Behandlung angelegt. Auch bestünden Zweifel an der Unabhängigkeit der Gutachtenerstellung durch
den MDK. Zwischenzeitlich habe ein Arzneimittel zur Therapie mit dendritischen Zellen in den Vereinigten Staaten von Amerika
als auch in der Schweiz eine Zulassung erhalten. Zudem sei dem Entdecker der dendritischen Zellen der Nobelpreis für Medizin
im vergangenen Jahr verliehen worden. Zwar habe der Gemeinsame Bundesausschuss die Tiefen-Hyperthermie im Jahr 2005 ausdrücklich
vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen. Auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
vom 29. November 2007 habe jedoch der Gemeinsame Bundesausschuss im Jahr 2011 festgestellt, dass im Einzelfall ein Anspruch
bestehe, wenn die Kriterien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfüllt seien. Auch sei sie nicht in der Lage,
die Therapiekosten aus eigenen Mitteln aufzubringen. Die monatliche Therapie erfordere Kosten in Höhe von 15.000 EUR monatlich
(Herstellung dendritischer Zellen und onkolytischer Viren je 6.000 EUR, Hyperthermie 3.000 EUR). Sie erhalte eine Witwenrente
(1.072,48 EUR) und Arbeitslosengeld in Höhe von 50,78 EUR kalendertäglich. Darüber hinaus verfüge sie über einen liquides
Vermögen in Höhe von 22.800 EUR, eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert in Höhe von 29.821,39 EUR (Stand November
2011) und eine betriebliche Altersversorgung mit einem Rückkaufswert in Höhe von 7.400 EUR.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 24. April 2012 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur
Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten
der Behandlung durch den Arzt QQ. entsprechend dem Behandlungsplan 8. März 2012. Die Voraussetzung des vorliegend allein einschlägigen
§
86b Abs.
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) seien vorliegend nicht erfüllt. Danach könne das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen
Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile
nötig erscheine (Regelungsanordnung). Dies setze einen Anordnungsanspruch (einen materiellen-rechtlichen Anspruch auf die
begehrte Leistung) voraus sowie einen Anordnungsgrund (einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründe).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stünden nicht isoliert nebeneinander. Es bestehe vielmehr eine Wechselbeziehung in
der Weise, dass Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System bildeten
(Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8. Auflage, §
86b Rdnr. 27 und 29). Die Eilbedürftigkeit bzw. die Schwere des drohenden Nachteils verringere die Anforderungen an den Anordnungsanspruch
und umgekehrt. Sei die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so sei der Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht
vorhanden sei. Sei dagegen die Klage in der Hauptsache offensichtlich begründet, so verminderten sich die Anforderungen an
den Anordnungsgrund. In der Regel sei dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem
Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden könne. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn
etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich sei, sei im Wege einer Folgenabwägung
zu entscheiden. Dabei seien insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen.
Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund seien gemäß §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) in Verbindung mit §
86b Abs.
2 S. 4
SGG glaubhaft zu machen. Die Antragstellerin besitze gegen die Antragsgegnerin keinen Leistungsanspruch gemäß §
27 Abs.
1 Satz 1
SGB V. Die vorliegend streitige Behandlung sei kein Leistungsgegenstand der GKV. Denn sie gehöre weder zu den abrechnungsfähigen
Leistung der GKV, da sie weder Inhalt des Leistungskatalogs Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistung
(EBM) sei noch der Gemeinsame Bundesausschuss in einer Richtlinie nach §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben habe. Hinsichtlich der
Hyperthermie als alleiniges Therapiemittel habe der Gemeinsame Bundesausschuss mit Wirkung ab dem 15. Mai 2005 beschlossen,
diese als Methode nicht anzuerkennen. Die Antragstellerin besitze auch nach §
2 Abs.
1a Satz 1
SGB V keinen Leistungsanspruch. Danach könnten Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder mit einer
zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende
Leistung nicht zur Verfügung stehe, eine von Abs.1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt
liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Die Formulierung
des §
2 Abs.
1a Satz 1
SGB V entspreche der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 6. Dezember 2005 (Az. 1 BvR347/98). Die
Voraussetzungen dieser Norm seien vorliegend nicht erfüllt. Denn es stünden weiterhin für die Behandlung der Antragstellerin
anerkannte Behandlungsmethoden zur Verfügung. Mittel der Wahl sei als Zweitlinienbehandlung eine Chemotherapie mit dem Ziel,
auf die Metastasen einzuwirken um palliativ die Überlebenszeit zu verlängern. Die letzte Behandlung mit Chemo-Therapeutika
habe im Juni 2010 im Rahmen einer Studie stattgefunden. Damit liege ein behandlungsfreies Intervall von mehr als 6 Monaten
bezogen auf eine Standardtherapie vor. Unter Bezug auf das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 12. Januar
2012 (Az. L 5 KR 49/10, Rdnr. 34 bis 38, veröff. in Juris) sei davon auszugehen,
"dass hinsichtlich der Kombination aus Hyperthermie mit dendritischer Zelltherapie 'deren Wirksamkeit bei einem genitalen
Sarkom der Frau bislang nicht einmal annähernd nachgewiesen worden ist' und es auch keinerlei Veröffentlichung über diese
Therapieform gebe. In den NCCN-Guidlines Uterine Sarcomas 2.2011 und den NCCN Guidlines Soft Tissue Sarcomas 1.2011 werde
die Methode nicht (auch nicht als potentielle Option) benannt. Prof. Dr. O. nimmt eine Einschätzung dahingehend vor, dass
die Immuntherapie mit dendritischen Zellen bestenfalls als eine experimentelle Therapie zu bewerten sei. Auch Dr. M. bestätigt
den experimentellen Charakter und das Fehlen von Ergebnissen der dendritischen Zelltherapie bei Sarkomen. Allerdings weist
Dr. M. auf Ergebnisse der dendritischen Zelltherapie bei Karzinomen hin und stellt insoweit die These auf, dass bei diesen
Studien aufgetretene positive Einwirkungen auf Karzinome und Sarkome und damit auch auf die Erkrankung der Klägerin übertragbar
seien. Das Prinzip der Therapie basiere nämlich auf biologischen Grundlagen einer zellulären Immunabwehr, die unabhängig von
dem Tumortyp, also Karzinomen oder Sarkomen, nach dem gleichen Prinzip ablaufe. Diesen Schluss vermag der Senat hingegen nicht
nachzuvollziehen. So weist Prof. Dr. K. darauf hin, dass ein Vergleich zwischen malignen Tumoren unzulässig sei. Es handele
sich bei diesen Tumoren um völlig andere Entitäten mit einer komplett anderen Genese und einem anderen klinischen Verhalten.
Es gebe schon unter den gynäkologischen Sarkomen erhebliche Unterschiede in Genese, Verlauf Prognose, therapeutischen Prozedere
wie auch in der Ansprechbarkeit gegenüber unterschiedlichen Chemo-Therapeutika. Auch Prof Dr. G. weist insoweit darauf hin,
dass zwar Parallelen bei der Behandlung grundsätzlich zulässig seien, jedenfalls bei sehr seltenen onkologischen Erkrankungen.
In dem Fall zieht Prof Dr. G. allerdings Parallelen zu ähnlichen Tumoren und damit gut vergleichbaren Erkrankungen. Eine solche
Ähnlichkeit besteht jedoch nicht zwischen den Sarkomen und dem Prostatakarzinom, zu dem bisher als einziger Krebstherapie
positive Ergebnisse der dendritischen Zelltherapie erzielt wurden. In diesem Zusammenhang nimmt der Senat auch auf die Stellungnahme
der Deutschen Krebsgesellschaft vom 5. April 2011 zu der Impfung mit dendritischen Zellen Bezug. Darin führt die Deutsche
Krebsgesellschaft u. a. aus, dass' obwohl schon eine Vielzahl verschiedenster DZ-Impfstoffe im frühen und fortgeschrittenen
Stadien der klinischen Testungen einer großen Anzahl von Patienten mit unterschiedlichen Tumorarten erprobt wurden, sind die
erzielten Erfolge bisher noch ernüchternd und treten nur bei einer kleinen Zahl von behandelten Patienten auf. Sipuleucel-T
ist der bisher weltweit am weitesten entwickelte DZ-Impfstoff der zu Beginn diesen Jahres, nach etwa zehn Jahren der klinischen
Entwicklung in mehreren Studien, in den USA eine Zulassung zur Behandlung bei Patienten mit bestimmten Verlaufsformen des
Prostatakarzinoms erhalten hat. Damit wurde erstmalig an einer großen Zahl von Patienten erwiesen, dass Impfstoffe zur Therapie
von Krebserkrankungen wirksam sein können. Sipuleucel-T führt in der Gruppe der behandelten Patienten aber nicht zu einer
kompletten Heilung von Tumorleiden, sondern verlängert das Überleben der Patienten im Schnitt um etwa 4,5 Monate gegenüber
der Standardtherapie. Das Beispiel Sipulecucel-T zeigt, dass diese Wirksamkeit nur durch kontrollierte klinische Studien mit
einer großen Zahl von Patienten gezeigt werden kann. Wie oben dargelegt, befindet sich die Therapie mit Tumorimpfstoffen und
dendritischen Zellen in der wissenschaftlichen Entwicklung. Die aktuellen Therapieergebnisse sprechen gegen einen Einsatz
außerhalb von wissenschaftlichen Studien. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass negative Auswirkungen auf den Patienten
und die Tumorerkrankung auftreten. Auch die Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen außerhalb klinischer
Studien stellt keine von der Deutschen Krebsgesellschaft empfohlene Therapie dar. Die Deutsche Krebsgesellschaft empfiehlt
die Behandlung von Patienten mit Tumorimpfstoffen und dendritischen Zellen nur innerhalb klinischer Studien. Sie fordert alle
Ärzte auf, ihre Patienten von Therapieangeboten außerhalb von Studien auf privater Zahlungsbasis abzuraten und Patienten mit
Informationsbedarf an ein entsprechendes Forschungs- und Studienzentrum zu verweisen. ' Zur Vergleichbarkeit von Studien und
Studienergebnisse zwischen verschiedenen Krebserkrankungen verweist der Senat auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts
Minden (Urteil vom 9. Februar 2010, - 4 K 1715/08). Das Verwaltungsgericht hat in dem dort entschiedenen Fall eines an Prostatakrebs Erkrankten die Anwendung der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts auch im Hinblick auf die oben zitierten Ergebnisse einer Therapie mit dendritischen Zellen bei
Prostatakarzinom abgelehnt, weil der dortige Kläger nicht an dem hormonrefraktärer Prostatakarzinom, über das die Studie erfolgte,
erkrankt war, sondern an einen hormonabhängigen Prostatakarzinom."
Die Überlegungen des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein seien auf den vorliegenden Fall übertragbar. Zwar leide die Antragstellerin
an einem Karzinom. Hinsichtlich der Behandlung mit dendritischen Zellen in Verbindung mit Hyperthermie gebe es lediglich Indizien,
die darauf hinwiesen, dass der Verlauf einer Krebserkrankung eines Prostatakarzinoms mit dieser Behandlungsmethode positiv
beeinflusst werden könne. Ungeachtet der Nichtübertragbarkeit dieser Studie auf die Erkrankung der Antragstellerin, bieten
diese Studien kein Indiz dafür, dass diese Behandlung kurative Erfolge zeitigen könnte. Es könne allenfalls eine Verlängerung
des Überlebens erreicht werden. Dies könne vorliegend auch mit einer Standardtherapie erreicht werden. Hinsichtlich der Hyperthermie
fehle es ebenfalls an Indizien für die Wirksamkeit für die vorgesehene Behandlung, denn so sie in klinischen Studien angewendet
werde, geschehe dies immer in Kombination mit Chemotherapie oder Radiotherapie. Auch der MDK komme in seiner Stellungnahme
vom 27. März 2012 nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass eine Behandlung mit einer dendritische Zelltherapie allenfalls in
Rahmen von klinischen Studien begründet sei. Es gebe keine randomisierten Studien zur Evaluation von Tumorvakzinationstherapien
bei Patienten mit Ovarialkarzinomen im Vergleich zu Standardtherapien. Auch aus den eingereichten Unterlagen ergebe sich insoweit
kein Nachweis. Dies gelte auch für die Behandlung mit onkolytischen Viren. Hierzu verweise der behandelnde Arzt auf eine Studie
von 14 Patienten, mit Glioblastoma multiforme. Auch hier gebe es keine Begründung zur Übertragung der Studienergebnisse auf
das Ovarialkarzinom. Offen bleiben könne, ob eine Übertragung der Studienergebnisse überhaupt geeignet wäre, für die vorliegend
angestrebte Kombinationsbehandlung. Allein der Umstand, dass auf diesem Gebiet geforscht werde, lasse die Anforderungen gemäß
§
2 Abs.
1a SGB V nicht entfallen, einen Nachweis für die Wirksamkeit der beabsichtigten Behandlung zu fordern. Somit könne offen gelassen
werden, ob der behandelnde Arzt die notwendige Fachkunde für die onkologische Behandlung mitbringe.
Gegen den am 27. April 2012 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 16. Mai 2012 Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung führt die Antragstellerin aus, es sei kein palliativer sondern eine kurativer Behandlungserfolg angestrebt.
Dem folgend könnte ihr keine schulmedizinischen palliativen Behandlungsmethoden entgegengehalten werden. Auch sei im Rahmen
der Prüfung eines Anordnungsanspruchs nicht auf einen Erfolg in der Hauptsache abzustellen. Angesichts ihrer lebensbedrohlichen
Erkrankung sei eine Güterabwägung vorzunehmen. Dies sei interessengerecht, da die Antragsgegnerin lediglich ein Kostenrisiko
trage, dass nach abschließender Klärung des Hauptsacheverfahrens ausgeglichen werden könne. Auch sei mit dem Bundesverfassungsgericht
weder eine überwiegende noch eine Wahrscheinlichkeit für die Wirksamkeit der streitigen Behandlungsmethode zu fordern. Es
genüge ein Indiz dafür, dass eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht darauf bestehe, das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten
oder Komplikationen zu verhindern. Auch nach dem Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein sei davon auszugehen,
dass eine positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf nicht ganz entfernt liege.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. April 2012 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten,
die Kosten ihrer Behandlung durch den Arzt QQ. mit dendristischen Zellen, onkolytischen Viren und supportiver Hyperthermie
auf der Grundlage des Behandlungsplanes vom 8. März 2012 zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
Die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe mit dem angefochtenen Beschluss zutreffend entschieden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin und die Gerichtsakte
verwiesen, die Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts ist zulässig,
§§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz (
SGG).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts war zu bestätigen. Eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übernahme der
Kosten einer Behandlung der Antragstellerin durch den Arzt QQ. mit dendristischen Zellen, onkolytischen Viren und supportiver
Hyperthermie auf der Grundlage des Behandlungsplanes vom 8. März 2012 war nicht anzuordnen.
Nach §
86b Abs.
2 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn
die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers
vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines
vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile nötig erscheint (§
86b Abs.
2 Satz 2
SGG). Eine solche Regelungsanordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus, Anordnungsanspruch
und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung).
Die vorliegend in Betracht kommende Regelungsanordnung konnte nicht angeordnet werden. Vorliegend ist zwar der Anordnungsgrund
glaubhaft gemacht, es fehlt jedoch die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.
Der glaubhafte Anordnungsgrund ergibt sich bereits aus der vorgelegten Stellungnahme des MDK vom 27. März 2012, indem anhand
des Krankheitsverlaufs der Antragstellerin seit 2009 und des CT-Befundes vom 7. März 2012 und des Sonographie-Befundes vom
14. März 2012 eine lebensbedrohliche Erkrankungssituation festgestellt wurde.
Jedoch ist vorliegend der Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Nach dem Ergebnis der Würdigung aller vorliegenden Unterlagen
besitzt die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin gemäß §
27 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 und
3 SGB V keinen Anspruch auf eine Behandlung durch den Arzt QQ. mit dendristischen Zellen, onkolytischen Viren und supportiver Hyperthermie
auf der Grundlage des Behandlungsplanes vom 8. März 2012. Denn weder diese Kombinationstherapien noch deren einzelnen Bestandteile
sind Inhalt des Leistungskatalogs der GKV. Darüber hinaus hat der Gemeinsame Bundesausschuss bislang keine Empfehlung gemäß
§
135 Abs.
1 SGB V dazu ausgesprochen.
Der Senat macht sich insoweit die zutreffende, widerspruchsfreie und ausführliche Begründung des erstinstanzlichen Urteils
zu Eigen und weist die Berufung aus den dort niedergelegten Entscheidungsgründen zurück. Er sieht angesichts dessen und um
Wiederholungen zu vermeiden, von einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§
153 Abs.
2 SGG).
Auch besitzt die Antragstellerin nach §
2 Abs.
1a Satz 1
SGB V in der ab 1. Januar 2012 geltenden Fassung (BGBl. 2011 I S. 2983) nicht den geltend gemachten Anspruch. Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung
oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard
entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine
nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Nach der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 456/11, S. 83) stellt diese Norm eine Klarstellung zum Geltungsbereich des Beschlusses
des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98, veröff. in Juris, so genannter Nikolaus Beschluss) für das Leistungsrecht der GKV dar (so auch: Plagemann in jurisPK-
SGB V, §
2 SGB V, Rdnr. 53). Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass aus dem
Grundgesetz keine konkreten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsansprüche hergeleitet werden können, nur für lebensbedrohliche oder
regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankungen gemacht, für die eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende
Behandlung nicht zur Verfügung steht.
Diese Konstellation ist im Fall der Antragstellerin jedoch nicht glaubhaft gemacht. Denn wie das Sozialgericht zutreffend
ausgeführt hat - bestehen nach der Stellungnahme des MDK vom 27. März 2012 auch im Hinblick darauf, dass die Standardtherapie
in Tumorstadium der Antragstellerin (FIGO III) mit Paclitaxel und Carboplatin nicht zum erhofften und gewünschten Erfolg geführt
haben, sondern nunmehr anhand der Untersuchungen am 7. und 14. März 2012 im Gemeinschaftskrankenhaus WW. ein neuer krankhafter
Prozess im Rahmen ihrer Tumorerkrankung festgestellt wurde, durchaus Behandlungsmöglichkeiten der so genannten Zweitlinien-
bzw. Drittlinien-Behandlung.
Auch ist insoweit auf die zutreffende, widerspruchsfreie und ausführliche Begründung des erstinstanzlichen Beschlusses zur
Vermeidung von Wiederholungen zu verweisen.
Dem kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass im Rahmen der begehrten Immuntherapie nicht ein palliativer,
sondern ein kurative Behandlungserfolg angestrebt werde. Denn im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
(Beschluss vom 6. Dezember 2005, Az. 1 BvR 347/98, veröff. in Juris) ist auf das Vorliegen einer schulmedizinischen Behandlungsmethode abzustellen, unabhängig davon, ob mit
dieser eine palliative oder kurative Wirkung erzielt werden kann. Dies erscheint in Anbetracht dessen, dass ein Anspruch nach
§
2 Abs.
1a SGB V nur im Falle der extremen Situation einer lebensbedrohlichen oder gleichwertigen Situation in Betracht kommt nicht unangemessen.
Auch ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die gesetzliche Krankenversicherung nicht von Verfassungs wegen
gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit zur Verfügung steht (Beschluss
vom 6. Dezember 2005, Az. 1 BvR 347/98, veröff. in Juris).
Dem folgend konnte der Senat offen lassen, ob entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts "eine nicht ganz
entfernt liegende Aussicht auf Heilung" des Krankheitsbild des Antragstellerin durch die angestrebten Immuntherapie entsprechend
dem Behandlungsplan des Arztes QQ. vom 8. März 2012 besteht.
Auch ist insoweit auf die zutreffende, widerspruchsfreie und ausführliche Begründung des erstinstanzlichen Beschlusses zur
Vermeidung von Wiederholungen zu verweisen.
Dem kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass im Rahmen der begehrten Mischtherapie nicht ein palliativer,
sondern ein kurativer Behandlungserfolg angestrebt werde. Denn der Senat geht ebenso wie das Sozialgericht gestützt auf die
ausführliche und nachvollziehbar unter Angabe vieler Belegstellen aus den medizinischen Datenbanken begründete Beurteilung
in dem sozialmedizinischen Gutachten des MDK vom 27. März 2012 davon aus, dass das Therapiekonzept des Arztes QQ. keinerlei
Aussicht auf Erfolg bietet, den behaupteten kurativen Effekt zu erzielen und damit auch eine nicht ganz entfernt liegende
Aussicht auf Heileffekte ausscheidet.
Das Behandlungskonzept des Arztes QQ., das auf den Einsatz dendritischer Zellen, onkolytischer Viren und supportiver Hyperthermie
ausweislich des Behandlungsplanes vom 8. März 2012 beruht, stellt eine medizinische Vorgehensweise dar, welche weitgehend
experimentellen Charakter hat. In der MDK-Stellungnahme vom 27. März 2012 wird mit entsprechenden Belegen ausgeführt, sowohl
bei den einzelnen Behandlungselementen als auch bei deren gemeinsamen Einsatz nach dem beschriebenen Gesamttherapiekonzept
handele es sich um Verfahren, die sich noch absolut in der wissenschaftlichen Entwicklung befänden. Hierfür sprechen auch
die Ausführungen des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein in dessen Urteil vom 12. Januar 2012 (Az. L 5 KR 49/10, Rdnr. 36 f., zitiert nach Juris), wonach die Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen nach derartigen
Therapiekonzepten außerhalb klinischer Studien keine von der Deutschen Krebsgesellschaft empfohlene Therapie darstelle. Die
Deutsche Krebsgesellschaft empfiehlt nämlich die Behandlung von Patienten mit Tumorimpfstoffen und dendritischen Zellen nur
innerhalb klinischer Studien. Sie fordert alle Ärzte auf, ihren Patienten von Therapieangeboten außerhalb von Studien auf
privater Zahlungsbasis abzuraten und Patienten mit Informationsbedarf an ein entsprechendes Forschungs- und Studienzentrum
zu verweisen.
Bei dieser Sachlage sieht der Senat es auch nicht im Rahmen einer Folgenabwägung als angezeigt an, die Krankenkasse der Antragstellerin
zur Übernahme der Behandlungskosten der streitigen Therapie durch den Arzt QQ. entsprechend dessen Behandlungsplan vom 8.
März 2012 zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Der Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.