Vergütung stationärer Krankenhausbehandlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung
Kein Vergütungsanspruch für eine allogene Stammzelltransplantation bei einem rezidivierten Myelom im Wege der grundrechtsorientierten
Auslegung
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Vergütung eines vollstationären Krankenhausaufenthalts.
Die Klägerin betreibt in ihrem Krankenhaus ein Zentrum für Blutstammzellen- und Knochenmarktransplantation (im Weiteren: Zentrum).
Dieses Zentrum war im streitigen Zeitraum im Krankenhausplan des Landes Hessen mit Transplantationseinheiten aufgeführt und
nach dem sog. JACIE-Standard der Europäischen Gesellschaft für Knochenmark- und Blutstammzellentransplantation (EBMT) und
der Internationalen Gesellschaft für Zelltherapie (ISCT) zertifiziert.
Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte C. C. (im Weiteren: Versicherte) befand sich vom 15. November 2010 bis
zum 23. Dezember 2010 in vollstationärer Behandlung im Zentrum der Klägerin zur Fortführung der in dem Universitätsklinikum
Bonn begonnenen autolog-allogenen Hybrid Stammzellentransplantation (im Weiteren: SZT).
Dem gingen folgende Behandlungen voraus:
Im Februar 2004 wurde bei der Versicherten ein multiples Myelom vom Typ lambda Leichtketten, Inital Stadium Tumorstadium
IIa diagnostiziert;
im Zeitraum Mai bis August 2004 wurde eine Erstlinientherapie mit einer Chemotherapie durchgeführt (drei Zyklen AD, eine
Thalidomid-Erhaltungstherapie musste nach wenigen Tagen wegen depressiver Verstimmung abgebrochen werden; ein Zykus CAD [Cyclophosphamid,
Doxorubicin/ Dexamethason] und abschließender SZ-Apherese;
im Oktober 2004 zweimalige Gabe von Hochdosis-Melphalan und die erste autologe SZT (SZ-Re-Infusion);
im Januar 2005 erneute Gabe von Hochdosis-Melphalan und die zweite autologe SZT;
seit Juli 2005 wurde eine Thalidomid-Erhaltungstherapie durchgeführt;
im Dezember 2009 wurde ein Rezidiv (Anstieg der Leichtketten) mit Fraktur der Clavicula, Verbundosteosynthese und Radiatio
Clavicula links festgestellt (Tumorstadium III);
von Januar bis August 2010 bestand die Zweitlinien-Chemotherapie aus sechs Zyklen RD (Revilmid/Dexamethason), ein Zyklus
CAD zur Mobilisation der autologen SZ und abschließende Sammlung autologer SZT;
im September 2010 erhielt die Versicherte im Universitätsklinikum Bonn erneut Hochdosis-Melphalan (200 mg/m) und die dritte
autologe SZT (SZ-Re-Infusion) Der erreichte Remissionsstatus wurde mit "sehr guter partieller Remission" bewertet.
Anschließend wurde die Versicherte an das Zentrum der Klägerin überwiesen zur Durchführung einer allogenen SZT.
Am 14. Oktober 2010 erhielt die Versicherte von der Klägerin eine Informationsschrift "Information zur allogener Stammzellentransplantation
für Patienten mit maligen hämatologischen Systemerkrankungen" und sie erklärte zugleich schriftlich ihre Einwilligung zur
allogenen SZT.
Bei der stationären Aufnahme der Versicherten im Zentrum der Klägerin am 15. November 2010 wurde der Allgemeinzustand der
Patientin mit einem Karnofsky-Index von 100 % bewertet. Untersuchungen der Lungenfunktion zeigten letztlich eine CO-Diffusionskapazität
von 79,5 %, so dass von dem Zentrum der Komorbiditätsindex nach Sorrer mit drei festgestellt wurde. Weitere Einschränkungen
der Organfunktionen oder nicht ausgeheilte Infektionen bestanden nicht. Der Remissionsstatus wurde mit "sehr gute partielle
Remission" bewertet.
Im Rahmen der stationären Behandlung der Versicherten vom 15. November 2010 bis zum 23. Dezember 2010 wurde als weitere Behandlung
zur autolog-allogenen Hybrid- SZT durchgeführt:
Zur Konditionierung erhielt die Versicherte Flurdarabin 30 mg/m2 (Tag -6 bis -2), Treosulfan 12 g/m2 (Tag -6 bis -4) und
ATG (Anti-Thymozyten-Globolin) 10 mg/kg (Tag -4 bis -2).
Am 23. November 2010 erfolgte eine allogene SZT eines HLA identischen nichtverwandten Spenders.
Als GvHD (Graft-versus-Host Disease)-Prophylaxe erhielt die Versicherte Bortezomib jeweils 1,3 mg/m2 (Tag +1, +4, +7). Parallel
wurde Sirolimus gegeben, welches wegen Kopfschmerzen am Tag +13 auf Everolimus umgestellt wurde. Des Weiteren erhielt die
Versicherte auch in dieser Behandlungsphase ATG.
Es trat eine gering gradige kutane GvHD (im Bereich Rücken, Abdomen, Dekolleté, Oberschenkel und Unterarme) auf, die sich
unter Steroidsalbe zurückbildete. Am Tag +15 zeigte sich ein Spenderchimärismus von 99,6 %. Nach Regeneration der Hämatopoese
konnte die Versicherte in gutem Allgemeinzustand (Karnofsky-Index 100 %) am 23. Dezember 2010 aus der stationären Behandlung
entlassen werden.
Die Klägerin rechnete die Behandlungskosten mit Rechnung vom 29. Dezember 2010 auf der Grundlage der DRG AO4D (Knochenmarkstransplantation/Stammzelltransfusion,
allogen) und gesondert berechenbaren Zusatzentgelten (z.B. 2.621,01 EUR für die Gabe von Bortezomib) in Höhe von 73.955,25
EUR ab.
Zunächst zahlte die Beklagte den in Rechnung gestellten Betrag, beauftragte jedoch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen
in Hessen (MDK) mit der Überprüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung sowie der Notwendigkeit der Behandlung.
Der MDK gelangte in seinem Gutachten vom 7. März 2011 zu der Auffassung, die Kodierung der Abrechnung sei zwar korrekt, eine
zwingende medizinische Indikation für die hier erfolgte fremdallogene, HLA-idente SZT sei jedoch nicht zu erkennen. Diese
sei keine Standardindikation und außerhalb von Studien nach dem aktuellen Wissensstand medizinisch noch nicht ausreichend
begründet.
Dem widersprach die Klägerin mit Stellungnahme des behandelnden Arztes Prof. Dr. med. D. vom 21. März 2011. Danach sei die
durchgeführte SZT die einzige kurative Chance bei der Behandlung des multiplen Myeloms gewesen. Nach dem unzureichendem Ansprechen
auf Revledim/Dexamethason habe man ein autolog-allogenes Transplantationskonzept gewählt, da von einer erneuten ausschließlichen
autologen Transplantationsstrategie keine längerfristige Krankheitsfreiheit zu erwarten gewesen sei. Es habe eine klare Indikation
für die gewählte Therapie bestanden, die leider nicht im Rahmen einer Studie habe erfolgen können, da seinerzeit keine Studie
bei rezidiviertem oder progredientem multiplem Myelom offen gewesen sei.
Der MDK schaltete das Kompetenz Centrum Onkologie des Medizinischen Dienstes Nordrhein-Westfalen (im Weiteren: KC Onkologie)
ein, das in seinem Gutachten vom 27. September 2011 ausführte: Nach Auswertung von Studien und Empfehlungen internationaler
Fachgesellschaften solle die allogene Stammzellentransplantation bei Myelompatienten, insbesondere bei nicht verwandten Spendern,
aufgrund des nicht gesicherten Nutzens, des hohen behandlungsbedingten Risikos für tödliche Komplikationen und der ungünstigen
Langzeitergebnisse auf klinische Studien beschränkt bleiben. Die EBMT-Studie zur allogenen SZT von Patienten mit rezidivierendem
Myelom sei seit 2007 geschlossen und aktuell (2011) seien nur Studien für den Einsatz einer allogenen SZT in der Erstlinientherapie
von Myelompatienten aktiv. Das Zentrum der Klägerin sei bei der konkreten Behandlung in zwei Punkten von dem anerkannten Stand
der medizinischen Erkenntnisse abgewichen. Es sei weder ein ausreichend geprüftes Konditionierungsprotokoll eingesetzt worden
noch sei eine zugelassene GvHD-Prophylaxe erfolgt.
Unter Bezug auf dieses Gutachten des KC Onkologie teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 19. Oktober 2011 mit,
sie rechne den bereits gezahlten Betrag gegen andere Forderungen der Klägerin auf. Die Aufrechnung erfolgte am 31. Oktober
2011.
Dagegen hat die Klägerin am 8. Dezember 2011 bei dem Sozialgericht Wiesbaden Klage erhoben.
Die Beklagte hat im Klageverfahren ein weiteres Gutachten des KC Onkologie vom 31. Juli 2012 vorgelegt und ausgeführt, im
Streit stehe weiterhin die sachgerechte Auswahl des Konditionierungsprotokolls und der GvHD-Prophylaxe.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 22. Oktober 2014 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 73.955,25 EUR nebst Zinsen
seit dem 31. Oktober 2011 zu zahlen. Die Klägerin habe die Behandlung der Versicherten zutreffend auf der Grundlage der G-DRG
AO4D (Knochenmarkstransplantation/ Stammzelltransfusion, allogen) sowie den gesondert berechenbaren Zusatzentgelten in Höhe
von 73.955,25 EUR abgerechnet. Da die streitgegenständliche SZT bei einem rezidivierenden Myelom im Zeitpunkt der Behandlung
der Versicherten nicht dem gesicherten Stand der medizinischen Erkenntnis entsprochen habe und auch nicht im Rahmen einer
klinischen Studie (§ 137c Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SGB V) durchgeführt worden sei, ergebe sich der Vergütungsanspruch der Klägerin
als ultima ratio auf der Grundlage der Rsprg des Bundesverfassungsgerichts und § 2 Abs. 1a SGB V. Die im Zentrum der Klägerin
durchgeführte SZT bei einem rezidivierenden Myelom in der Zweitlinienbehandlung habe in dem streitgegenständlichen Einzelfall
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung besessen. In Streit stehe allein die sachgerechte Auswahl des Konditionierungsprotokolls
und der GvHD-Prophylaxe. Finde im Fall eines rezidivierenden Myelom eine dem Grunde nach erforderlichen Behandlung mit (autolog-)allogener
SZT in einem Behandlungszentrum statt, das von der EBMT und ISCT als Zentrum der Stammzellentransplantation mit dem höchsten
europäischen Standard zertifiziert sei (JACIE Standard), besäßen die behandelnden Ärzte ein Auswahlermessen im Rahmen der
Therapiefreiheit auf der Grundlage der bekannten Studien und ihrer gewonnenen individuellen Erkenntnisse, soweit es hinsichtlich
der einzelnen Behandlungselemente keinen Standard im Sinne eines gesicherten Stands medizinischer Erkenntnis gebe und kein
Verstoß gegen Patientenrechte oder das Gebot der Wirtschaftlichkeit (§ 12 Abs. 1 SGB V) festzustellen sei. Die vorliegend
streitige Konditionierung (Fludarabin, Treosulfan und ATG) sowie die GvHD-Prophylaxe (ATG, Sirolimus und Bortezomib) habe
für die Versicherte eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder einen spürbare positive Einwirkung auf den
Krankheitsverlauf besessen. Auch sei ein Verstoß gegen Patientenrechte nicht zu erkennen. Zwar sei Treosulfan ebenso wie Melphalan,
welche die Beklagten zur Konditionierung favorisiere, für die Zweitlinienbehandlung von rezidivierenden multiplen Myelom nicht
zugelassen. Treosulfan gehöre jedoch ebenso wie Melphalan zu der Zytostatikagruppe der Alkylanzien und sei für die Behandlung
von Ovarialkarzinomen zugelassen. Die Verwendung von Treosulfan sei kein evidenter Verstoß und es habe eine nicht entfernt
liegende Aussicht auf Heilung bestanden. Ebenso biete die GvHD-Prophylaxe mit ATG, Sirolimus und Bortezomib eine nicht ganz
entfernt liegende Aussicht auf Heilung. Das Therapiekonzept sei von dem Zentrum der Klägerin vor der streitgegenständlichen
Behandlung bereits bei mehr als 50 Patienten eingesetzt worden und die positiven Behandlungsansätze hinsichtlich der ersten
15 Patienten seien u. a. von dem behandelnden Arzt der Klägerin, Prof. Dr. med. D. bereits im Jahr 2009 publiziert worden
(Bone Marrow Transplanation (200X), 43, 717-723).
Gegen das am 29. Oktober 2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. November 2014 beim Hessischen Landessozialgericht
Berufung eingelegt.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, auch auf der Grundlage einer grundrechtsorientierten Auslegung der Leistungsvorschriften
des SGB V besitze die Klägerin nicht den geltend gemachten Vergütungsanspruch. Nach der Rechtsprechung des BSG sei klargestellt,
dass das Fehlen einer indikationsgerechten Standardtherapie lediglich zu einer Abmilderung des Qualitätsgebots führe, zur
Verfügung stehende wissenschaftliche Erkenntnisse jedoch zu berücksichtigen seien. Diesen Anforderungen werde die streitgegenständliche
Behandlung in mehrfacher und gravierender Weise nicht gerecht. Gestützt auf die Gutachten des MDK (KC Onkologie) vom 27. September
2011, vom 31. Juli 2012, vom 19. August 2013, vom 27. August 2015 und 3. Juni 2016 vertritt die Beklagte weiterhin die Auffassung,
dass weder das bei der Versicherten eingesetzte Konditionierungsprotokoll noch die zur GvHD-Prophylaxe eingesetzte Medikamentenkombination
dem Qualitätsgebot entspreche. Zum Zeitpunkt der streitigen Behandlung habe die Versicherte noch in einer aktiven klinische
Studie der Universitätsklinik Hamburg eingeschlossen werden können; es sei zu prüfen, ob die gewünschte Behandlung nur im
Rahmen und den Sicherungen einer klinischen Studie hätte erfolgen dürfen. Im Jahr 2010 hätte die Versicherte außerhalb einer
Studie nur mit einer autolog-allogenen Hybrid SZT auf der Grundlage des umfangreich klinisch geprüften, in Seattle/USA entwickelten
Protokolls behandelt werden dürfen, das neben der Konditionierung mit Hochdosis-Melphan 200 mg/m² eine dosisreduzierte Ganzkörperbestrahlung
(2Gy) beinhalte. Diese Studie betreffe zwar neu diagnostizierte Myelom-Patienten im Sinne eine Erstlinientherapie. Bislang
gebe es jedoch keine Veröffentlichungen und Auswertungen klinischer Studien, in denen die dosisreduzierte Ganzkörperbestrahlung
- wie vorliegend - durch Treosulfan ersetzt worden sei. Dies zeige den experimentellen Charakter dieser Therapie. Die Tatsache,
dass das vorliegend streitige Therapiekonzept außerhalb einer klinischen Studie bereits an fünf Patienten eingesetzt worden
sei (wovon ein Patient während der stationären Behandlung verstorben sei) lasse keinerlei Aussage über Sicherheit und Nutzen
dieses Behandlungskonzepts zu. Es sei bislang völlig offen, ob sich mit Treosulfan günstigere Behandlungsergebnisse aufgrund
einer besseren Wirkung auf die Myelomzellen erzielen ließen als mit dem Seattle-Protokoll. Eine Begründung für einen zulassungsüberschreitenden
Medikamenteneinsatz von Treosulfan lasse sich nach der Rechtsprechung des BSG nicht ableiten. Der Fachinformation zu ATG und
den neuen Leitlinien der deutschen Fachgesellschaft DGHO lasse sich entnehmen, dass im vorliegenden Fall als Standardmedikation
für die GvHD-Prophylaxe die Kombination Cyclosporin A, Methotrexat und ATG zur Verfügung gestanden habe. Bislang gebe es keine
klinischen Studien, die belegten, dass der vorliegend vorgenommene Ersatz von Cyclosporin A durch Sirolimus eine vergleichbare
Wirkung und Sicherheit biete. Es gebe auch keine klinischen Studien, in denen Bortezomib zur GvHD-Prophylaxe eingesetzt werde.
Die im vorliegenden Fall eingesetzte Kombination (Bortezomib, Sirolimus und ATG) sei hochgradig experimentell. Der Hinweis
des behandelnden Arztes (Professor Dr.med. D.), er habe seit 2006 bei der GvHD-Prophylaxe bei 50 Patienten das zugelassene
Medikament Cyclosporin A durch Sirolimus ersetzt, weise auf eine systematische Erprobung eines zulassungsüberschreitenden
Medikamenteneinsatzes hin. Dies verstoße gegen die Patientenschutzrechte entsprechend dem Arzneimittelgesetz (AMG) und die
Grundsätze "guter klinischer Praxis" und schließe ein Vergütungsanspruch der Klägerin aus. Auch stehe einem Vergütungsanspruch
der Klägerin nach der Rechtsprechung des BSG die unzureichende Aufklärung der Versicherten entgegen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 22. Oktober 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, das Sozialgericht habe mit dem angefochtenen Urteil zutreffend entschieden. Nach den
Kenntnissen ihrer behandelnden Ärzte sei die von der Beklagten zitierten Studie nicht registriert gewesen. Die vom KC Onkologie
zitierte Studie der Phase III könne vorliegend nicht herangezogen werden. Diese liefere keine Informationen darüber, welche
Konditionierungsbehandlung bei einem Patienten mit rezidivierenden Myelom einzusetzen sei. Auch gebe es bis heute keine einzige
Studie der Phase III, welche die durchgeführte SZT bei rezidivierenden multiplen Myelom einschließe. Die wenigen hierzu publizierten
Berichte seien überwiegend retrospektive Untersuchungen mit kleinen Patientenzahlen. Eine der wenigen prospektiven Studien
sei unter Mitwirkung ihrer Ärzte durchgeführt worden. Diese Studie sei jedoch im Zeitpunkt der streitigen Behandlung geschlossen
gewesen. In dieser Studie sei zur Konditionierung Melphalan mit enttäuschenden Ergebnissen eingesetzt worden. Auch gebe es
für die von dem KC Onkologie favorisierte Konditionierung mit Ganzkörperbestrahlung mit 200 cGy für die hier maßgebliche Patientengruppe
so gut wie keine Daten. Im Zeitpunkt der Behandlung der Versicherten seien dagegen in mehreren Studien über Treosulfan basierte
Konditionierung an über 300 Patienten berichtet worden, darunter auch Patienten mit multiplen Myelom. Darin sei unisono berichtet
worden, dass das Medikament sehr gut verträglich sei und eine gute antineoplastische Wirkung besitze. Dies decke sich mit
den Erfahrungen der vorliegend behandelnden Ärzte. Seit 2005 werde in ihrem Haus Treosulfan im Rahmen der Konditionierung
mit sehr guten Ergebnissen eingesetzt. Auf diese habe man zurückgreifen dürfen. Bis zum 23. November 2010 sei bei fünf Patienten
mit nach autologer SZT rezidivierenden multiplen Myelom eine Konditionierung mit Treosulfan für eine allogene SZT durchgeführt
worden. Nur einer der Patienten sei in der Frühphase verstorben. Alle anderen hätten ohne große Verzögerung in die ambulante
Behandlung entlassen werden können. Die Behandlung mit Treosulfan werde über eine DRG abgebildet und unabhängig von der Wahl
des Medikaments zur Konditionierung generiert. Für die Wahl von Treosulfan falle weder ein Zusatzentgelt noch ein NUB-Entgelt
an. Bezugnehmend auf die Stellungnahme von Prof. Dr. med. D. vom 29. Oktober 2015 vertritt die Klägerin die Auffassung, unter
besonderer Berücksichtigung der Krankheitsgeschichte und des Allgemeinzustandes der Versicherten sei die Therapieentscheidung
einschließlich der gewählten Konditionierung und der GvHD-Prophylaxe im Team der leitenden Ärzte (PD Dr. med. E., Dr. med.
H F. und PD Prof. Dr. med. D.) getroffen worden, basierend auf den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand und den eigenen
Erfahrungen. Dabei sei berücksichtigt worden, dass die Versicherte sich nicht in einer kompletten Remission des multiplen
Myeloms befunden und bereits drei Hochdosis Therapien mit autologen SZ-Support mit jeweils 200 mg/m² Melphalan erhalten habe.
Es sei von einem erneuten Einsatz von Melphalan keine anhaltende Wirkung zu erhoffen gewesen. Auch sei eine Ganzkörperbestrahlung
200 cGy zur Behandlung eines multiplen Myelom komplett wirkungslos. Die behandelnden Ärzte seien unter Berücksichtigung aller
Umstände davon überzeugt gewesen, dass die Versicherte im Rahmen der Konditionierung auch wirksame Substanzen gegen das Myelom
erhalten sollte. In einer Situation, in der es - wie vorliegend - keine Standardkonditionierungsverfahren gebe, sei nach reichlicher
Abwägung - und bei erhaltener antineoplastischer Wirkung - eine Entscheidung für Treosulfan getroffen worden. Hinsichtlich
der angegriffenen GvHD- Prophylaxe (Bortezomib jeweils 1,3 mg/m2 am Tag +1, +4, +7, kombiniert mit Sirolimus, welches wegen
Kopfschmerzen am Tag +13 durch Everolimus ersetzt wurde) sei darauf zu verweisen, dass Bortezomib zur Behandlung des multiplen
Myelom zugelassen und indikationsgerecht eingesetzt worden sei. Dies kombiniert mit Sirolimus statt mit Cyclosporin. Erfahrungen
in der Organtransplantation hätten gezeigt, dass unter Verwendung von Cyclosporin es zu Nieren- und neurologischen Schäden
gekommen sei und dieses gefahrlos durch Sirolimus ersetzt werden könne. Das als Kombinationsträger verwandte ATG sei arzneimittelrechtlich
zugelassen und biete einen Schutz vor akuter GvHD. Die Patientenaufklärung der Versicherten zur allogenen SZT sei umfassend
und korrekt gewesen. Die behandelnden Ärzte seien der Auffassung gewesen, dass ein von einer Ethikkommission genehmigtes Prüfprotokoll
nicht erforderlich sei, da es keine gut geprüfte Behandlungsmethode gegeben habe. Die behandelnden Ärzte hätten ihre Therapieentscheidung
nach besten Wissen und Gewissen auf die Erkrankungssituation der Versicherten getroffen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens bei Prof. Dr. med. G. (Klinik für Innere Medizin - Onkologie,
Hämatologie, Klinische Infektiologie, Klinische Immunologie, Hämostaseologie und Internistische Intensivmedizin) vom 22. Juni
2017 mit ergänzender Stellungnahme vom 7. Juni 2018. Darin kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, es habe bei der Versicherten
am 15. November 2010 weiterhin ein nachweisbares multiples Myelom in Form eines Rezidiv im Stadium III mit pathologischer
Clavicula-Fraktur und mehreren Osteolysen (BWKQ, BWK12, kleine Cstaolyse im HWK3, 2Herde in der Schädelkalotte) vorgelegen.
Das Multiple Myelom sei eine unheilbare Erkrankung. Im Fall der Versicherten sei die allogene SZT als einzige kurative Therapieoption
anzusehen. Studien zeigten eine nur sehr begrenzte Krankheitskontrolle durch eine im Rezidiv durchgeführte (zusätzliche) autologe
SZT. Es habe die dringende Notwendigkeit bestanden, die Versicherte vor einer erneuten Krankheitsverschlimmerung zu bewahren
und weitere Therapieschritte einzuleiten. Im Zeitpunkt des Rezidiv sei ein Rückfall im Median nach 8,5 Monaten zu erwarten
gewesen. Aufgrund der nachgewiesenen Wirksamkeit und des kurativen Potentials sei die allogene SZT ausreichend und im Sinne
einer klaren Behandlungsindikation auch zweckmäßig gewesen. Diese Therapie sei im Jahr 2010 auch wirtschaftlich gewesen, da
keine andere Therapie mit gleicher Wirkung zur Verfügung gestanden habe. Die Versicherte sei mit kurativem Ziel behandelt
worden. In mehreren Studien sei nach einer allogenen SZT mit dosisreduzierter Konditionierung ein sehr langes progressionsfreies
Überleben dokumentiert und auch in einem Langzeit Follow-up sei ein Plateau in den Überlebenskurven verzeichnet worden. Zur
angewandten Konditionierung führt der Sachverständige aus, bereits zum Behandlungszeitpunkt der Versicherten im Jahr 2010
habe eine Reihe von publizierten Daten zu verschiedenen Konditionierungsregimen vorgelegen, einschließlich der vorliegend
verwendeten Kombination aus Treosulfan und Fludarabin, so z. B. die Studie von Schmidt-Hieber et al. aus dem Jahr 2007. Dieses
dosisreduzierte Konditionierungsschema habe daher bereits 2010 dem Stand der ärztlichen Kunst entsprochen. Der Einsatz von
Sirolimus zur GvHD-Provilaxe sei im Zeitpunkt der streitigen Behandlung bei der allogenen SZT und fortlaufend bis heute publiziert.
Allein der Einsatz von Bortezomib sei davon abzutrennen als eine Behandlung außerhalb des medizinischen Standards.
Dem ist die Beklagte unter Bezug auf Stellungnahmen des KC Onkologie vom 12. März 2018 und vom 31. Juli 2018 (Prof. Dr. J.)
entgegengetreten, in denen ausgeführt wird: Es sei nicht nachvollziehbar, wenn der Sachverständige Prof. Dr. med. G. ausführe,
die Konditionierung mit Treosulfan habe "bereits 2010 dem Stand der ärztlichen Kunst" entsprochen. Die Publikation von Schmidt-Hieber
sei eine Studie der Phase II, die - wie bei Studien der Phase II üblich - keinen Vergleichsarm habe. Zudem beruhe die Studie
auf nur 34 Patienten. Untersucht worden sei auch nur die einfache allogene SZT. Bislang seien keine Daten zur Konditionierung
mit Treosulfan bei autolog-allogener Hybrid SZT veröffentlicht. Dazu seien im streitigen Zeitraum lediglich Ergebnisse aus
Tierexperimenten und klinischen Studien der Phase I veröffentlicht worden. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung für Treosulfan
bestehe bei der Behandlung von fortgeschrittenem Eierstockkrebs, nicht jedoch zur Konditionierung im Rahmen einer SZT. Ein
zulassungsüberschreitender Einsatz von Treosulfan sei nicht gerechtfertigt, da Melphalan zur Konditionierung zugelassen sei,
auch in Form der Hochdosierung. Im Übrigen bestätige der Sachverständige Prof. Dr. med. G., dass die zusätzlich zur Konditionierung
der Versicherten vorgeschlagene Ganzkörperbestrahlung 2 GY möglich gewesen und das am besten in klinischen Studien geprüfte
Konditionierungsverfahren bei autolog-allogener SZT sei. Unverständlich sei die Behauptung des Sachverständigen, klinische
Studien zur Auswahl einer GvHD-Prophylaxe seien nicht vorhanden und deshalb könne auf die Erfahrungen des jeweiligen Therapiezentrums
zurückgegriffen werden. Es seien mehrere Studien der Phase III (=prospektiv randomisiert) vorhanden, in denen mehrere hundert
Patienten eingeschlossen gewesen seien und die innerhalb mehrerer Jahrzehnte durchgeführt worden seien. Die dadurch gewonnenen
Erkenntnisse bildeten die Grundlage der Empfehlungen der Behandlungsrichtlinie, auch der Deutschen Fachgesellschaft DGHO.
Danach stelle der Einsatz des bei der Versicherten verwendeten Sirolimus keinen therapeutischen Fortschritt dar. Eine Empfehlung
sei seitens der DGHO nicht ausgesprochen worden. Zwar könne eine Modifikation der GvHD-Profilaxe im Einzelfall bei Vorliegen
einer Kontraindikation des Patienten oder der Entwicklung von schwerwiegenden Nebenwirkungen notwendig sein. Kontraindikationen
seien von der Klägerin aber weder vorgetragen noch seien solche erkennbar. Erst eine im Jahr 2016 veröffentlichte Auswertung
einer Studie der Phase III habe einen Standard für die GvHD-Prophylaxe mit der Gabe von Sirolimus in Kombination von Tacrolimus
und mit Kurzkurz Methotrexat ergeben. Das vorliegend mit Sirolimus kombinierte Bortezomib sei zwar arzneimittelrechtlich zur
Behandlung des multiplen Myeloms zugelassen; es sei jedoch nicht antineoplastisch (gegen die Tumorzellen gerichtet), sondern
zur GvHD-Prophylaxe eingesetzt worden und damit zulassungsüberschreitend. Aus klinischen Studien der Phase II ergebe sich,
dass die Zugabe von Bortezomib die GvHD-Prophylaxe verbessern könnte. Nach der Bewertung des Studienergebnisses durch die
Autoren könne dies nur zur Generierung von Hypothesen genutzt werden und unterstütze die Durchführung weiterer prospektiver
randomisierter Studien. Der Sachverständige Prof. Dr. med. G. habe in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 7. Juni 2018 letztlich
eingeräumt, dass die Gabe von Bortezomib zur GvHD-Prophylaxe als Behandlung außerhalb des medizinischen Standards zu betrachten
sei.
Die Klägerin hat erwidert, die stationäre Behandlung der Versicherten sei unabhängig von der Zugabe von Bortezomib medizinisch
notwendig und von der Beklagten zu vergüten gewesen. Allenfalls das Zusatzentgelt für die Gabe von Bortezomib i.H.v. 2.621,01
EUR könne diskutiert werden. Da es vorliegend um die Frage der sachgerechten Auswahl des Protokolls zur Konditionierung und
zur GvHD-Prophylaxe gehe, sei die Frage eines Zusatzentgelts nicht maßgeblich.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und der
Gerichtsakte verwiesen, der Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer
Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 153 Abs. 1 i.V.m.
§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz SGG).
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf erneute Zahlung des Behandlungsentgelts für die stationäre Behandlung
der Versicherten im Zeitraum vom 15. November 2010 bis zum 23. Dezember 2010 in Höhe von 73.955,25 EUR nicht zu. Die Beklagte
hat am 31. Oktober 2011 wirksam die Aufrechnung entsprechend §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mit einem öffentlich
rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 73.955,25 EUR erklärt, der aus anderen - unstreitigen - Zahlungsansprüchen der
Klägerin gegenüber der Beklagten aus anderen Behandlungsfällen resultiert. Dabei kommt es nicht darauf an, um welche Vergütungsansprüche
auf Grund welcher konkreten Krankenhausbehandlung es geht (Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 28. November 2013 - B 3 KR
33/12 R -, in juris), sodass insoweit keine nähere Prüfung durch den Senat erforderlich ist (BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014
- B 1 KR 34/13 R -, in juris).
Die Klägerin könnte den geltend gemachten Vergütungsanspruch allein als Folge eines Behandlungsanspruchs der Versicherten
unter den Voraussetzungen einer grundrechtsorientierten Leistungsauslegung nach. § 2 Abs. 1a SGB V stützen. Die Voraussetzungen
eines solchen Vergütungsanspruchs liegen jedoch nicht vor.
Rechtsgrundlage des von der Klägerin als Betreiberin ihres in den Landesplan des Landes Hessen aufgenommenen und damit zugelassenen
Krankenhauses geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz
(KHEntgG) in der ab 25. März 2009 geltenden Fassung des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes vom 17. März 2009 (BGBl. I
S. 534 ff.) i.V.m. der Fallpauschalenvereinbarung für das Jahr 2010 sowie dem "Vertrag über die allgemeinen Bedingungen der
Krankenhausbehandlung gem. § 112 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB V", geschlossen zwischen der Hessischen Krankenhausgesellschaft und
den Krankenkassenverbänden.
Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten
verpflichtet. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen
Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel
nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht
werden kann.
Das Krankenhaus hat bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen die GKV
nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Dies folgt aus dem Wortlaut und Regelungssystem sowie aus dem Zweck der
Vergütung. Der Vergütungsanspruch stellt die Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses dar,
Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrags zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses
ist nämlich zur Erfüllung des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12
R -, juris, Rn. 11 m.w.N).
Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme
der Leistung durch die Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs.
1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (str. Rspr., siehe dazu: BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R -, juris, Rn.
12 m.w.N). Gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung sind allgemeine Krankenhausleistungen
die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und
Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Diese "allgemeinen
Krankenhausleistungen" werden nach § 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern u.a. mit Fallpauschalen
nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9 KHEntgG) abgerechnet (zur Höhe siehe § 8 KHEntgG). Das Fallpauschalensystem
lässt keinen Raum dafür, nicht erforderliche Leistungen zu vergüten (zum Ganzen: BSGE 104, 15).
Auch die - wie vorliegend - nach Fallpauschalen (§ 17b KHG) abzurechnenden Leistungen eines Krankenhauses müssen grundsätzlich
dem Qualitätsgebot (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) genügen, um überhaupt zu Lasten der GKV abrechenbar zu sein. Die Qualitätsanforderungen
des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V setzen voraus, dass sich der Erfolg der Krankenbehandlung aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten
Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lässt. Die Therapie muss in einer für
die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (zum Ganzen: BSG, Urteile vom 21.
März 2013 - B 3 KR 2/12 R -, juris und 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R -, beide m.w.N.). Eine Abmilderung des Qualitätsgebots
kann sich insbesondere daraus ergeben, dass auch bei der Beurteilung der Behandlungsmethoden im Krankenhaus in einschlägigen
Fällen eine grundrechtsorientierte Auslegung der Grenzmaßstäbe nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 6.
Dezember 2005 - 1 BvR 347/98, juris) stattzufinden hat (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R -, m.w.N.). Maßstab
des Qualitätsgebots (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) ist der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse zurzeit der
Behandlung (stRspr., BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 12, Rn. 15). Grundsätzlich fordert das Qualitätsgebot des § 2 Abs.
1 Satz 3 SGB V, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet
und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht.
Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit neuer Methoden - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur
in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der
Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit
der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen
erfolgreich gewesen sein (stRspr., vgl. z.B. BSG SozR 4-2500 § 18 Nr. 5 Rn. 22 m.w.N.). Diese Anforderung darf aber nicht
als starrer Rahmen missverstanden werden, der unabhängig von den praktischen Möglichkeiten tatsächlich erzielbarer Evidenz
gilt (BSG, Urteil vom 17.12.2013 - B 1 KR 70/12 R -, juris Rn. 21).
Dieser Maßstab liegt auch der Regelungskonzeption des Verbotsvorbehalts gemäß § 137c SGB V zugrunde. Nach § 137c Abs. 1 SGB
V in der vorliegend anzuwendenden Fassung, die die Norm durch Art. 1 Nr. 106 des GMG mit Wirkung vom 1. Januar 2004 erhalten
hat, überprüft der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) nach § 91 SGB V auf Antrag eines Spitzenverbandes der Krankenkassen, der
Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
die zu Lasten der GKV im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie
für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten
Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht den Kriterien nach
Satz 1 entspricht, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie. Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie darf die
ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der GKV erbracht werden; die Durchführung
klinischer Studien bleibt unberührt (§ 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V).
Diese Regelung des § 137c SGB V darf nicht über ihren Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen
Methoden für das Krankenhaus bis zum Erlass eines Verbots nach § 137c SGB V ausgelegt werden. Sie normiert vielmehr einen
bloßen Verbotsvorbehalt und setzt die Geltung des Qualitätsgebots auch im stationären Bereich nicht außer Kraft (zum Ganzen
BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R -, juris, Rn. 17 m.w.N). § 137c SGB V bewirkt lediglich, dass - anders
als für den Bereich der vertragsärztlichen Leistungen - der GBA nicht in einem generalisierten, zentralisierten und formalisierten
Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit
überprüft. Die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus erfolgt vielmehr bis zu einer Entscheidung des
GBA nach § 137c SGB V individuell, grundsätzlich also zunächst präventiv im Rahmen einer Binnenkontrolle durch das Krankenhaus
selbst, sodann im Wege der nachgelagerten Außenkontrolle lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post durch
die GKV und anschließender Prüfung durch die Gerichte (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R -, juris, Rn. 18
m.w.N.).
Vorliegend entsprach die seitens des Krankenhauses der Klägerin durchgeführte allogene Stammzelltransplantation bei einem
rezidivierten Myelom nicht dem gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Denn es gab noch keinen wissenschaftlichen
Konsens über die Zweckmäßigkeit der Therapie. Die Qualität und Wirksamkeit der allogenen Stammzelltransplantation bei einem
rezidivierten Myelom war durch wissenschaftlich einwandfrei durchgeführte Studien über die Zahl der behandelten Fälle und
die Wirksamkeit der Methode noch nicht gesichert. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Ein Vergütungsanspruch der Klägerin kommt daher nur auf der Grundlage der vom BVerfG im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (1
BvR 347/98) entwickelten und zwischenzeitlich durch § 2 Abs. 1a SGB V gesetzlich normierten Voraussetzungen der grundrechtsorientierten
Auslegung der Regelungen des SGB V in Betracht. Danach besteht Anspruch auf Übernahme einer neuartigen Behandlungsmethode
zulasten der GKV, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: (1.) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig
tödlich verlaufende Erkrankung oder wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vor. (2.) Bezüglich dieser Krankheit steht
eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. (3.) Bezüglich der beim Versicherten
ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine auf Indizien gestützte, nicht ganz
fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (vgl. hierzu:
BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 1 BvR 347/98; BSG, Urteile vom 7. Mai 2013 - B 1 KR 26/12 R - und 17. Dezember 2013
- B 1 KR 70/12 R - jeweils juris).
Vorliegend sind zwar die unter (1.) und (2.) genannten Voraussetzungen erfüllt. Dem geltend gemachten Vergütungsanspruch der
Klägerin steht jedoch entgegen, dass die unter (3.) genannte Voraussetzung nicht erfüllt ist.
Eine lebensbedrohliche bzw. regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung lag bei der Versicherten zum Zeitpunkt ihrer streitigen
stationären Behandlung vor. Die insoweit übereinstimmende Auffassung der Klägerin und der Beklagten wird auch von Prof. Dr.
med. G. in seinem Gutachten vom 22. Juni 2017 bestätigt. Danach bestand bei der Versicherten am 15. November 2010 weiterhin
ein nachweisbares multiples Myelom in Form eines Rezidivs im Stadium III mit pathologischer Clavicula-Fraktur und mehreren
Osteolysen (BWKQ, BWK12, kleine Cstaolyse im HWK3, zwei Herde in der Schädelkalotte) und damit die dringende Notwendigkeit,
die Versicherte vor einer erneuten Krankheitsverschlimmerung zu bewahren und weitere Therapieschritte einzuleiten. Im Zeitpunkt
des Rezidiv war ein Rückfall im Median nach 8,5 Monaten zu erwarten.
Auch stand im Zeitpunkt der streitigen Behandlung keine allgemein anerkannte, dem ärztlichen Standard entsprechende Behandlung
zur Verfügung. Ausweislich des Gutachtens von Prof. Dr. med. G. vom 22. Juni 2017 wurde die Versicherte im Rahmen der stationären
Behandlung vom 15. November 2010 bis zum 23. Dezember 2010 mit einem kurativen Ziel behandelt. Andere kurative Behandlungsoptionen
bestanden nicht. Die im Zeitpunkt der stationären Aufnahme der Versicherten im Zentrum der Klägerin vorliegenden Studien zeigten
bei ihrer unheilbaren Krankheit nur eine sehr begrenzte Krankheitskontrolle für die Behandlung eines Rezidivs mittels ausschließlicher
autologer SZT. Eine autolog-allogene SZT ist nach dem Gutachten von Prof. Dr. G. und der übereinstimmenden Auffassung des
KC Onkologie des MDK als einzige kurative Therapieoption anzusehen, die unstreitig nur im Rahmen einer vollstationären KH-Behandlung
durchzuführen ist.
Nach Überzeugung des Senats bestand jedoch für die im Zentrum der Klägerin durchgeführte autolog-allogene SZT keine ausreichende,
auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung
auf den Krankheitsverlauf der Versicherten der Beklagten. Statt der konkret im Zentrum der Klägerin durchgeführten autolog-allogenen
Hybrid SZT stand ein anderer möglicher Behandlungsaufbau zur Verfügung, der auf eine besser gesicherten Datenlage beruhte
und damit eher als die von dem Zentrum der Klägerin angewandte Therapie eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung
oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf begründete.
Die Versicherte wurde im Zentrum der Klägerin im November 2010 zur Konditionierung mit Flurdarabin 30 mg/m2 (Tag -6 bis -2),
Treosulfan 12 g/m2 (Tag -6 bis -4) und ATG 10 mg/kg (Tag -4 bis -2) behandelt. Prof. Dr. med. G. führt in seinem Gutachten
aus, die Kombination aus Treosulfan und Flurdarabin zur Konditionierung habe der Studie "Schmidt-Hieber et al." aus dem Jahr
2007 entsprochen. Dies begründet jedoch nicht die Annahme, diese Behandlung habe nach der damaligen Datenlage auf gesicherten
Indizien entsprechend dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse beruht.
Die Publikation von Schmidt-Hieber ist eine Studie der Phase II. In Studien der Phase II werden neue Behandlungskonzepte auf
Wirksamkeit und Toxizität (Nebenwirkungen) geprüft, dagegen fehlt es an einem Vergleichsarm wie in Studien der Phase III (prospektive
randomisierte Studien). Zudem beruht die Studie von Schmidt-Hieber auf nur 34 Patienten. Untersucht wurde zudem nur die einfache
allogene SZT und nicht wie vorliegend durchgeführt die autolog-allogene Hybrid SZT. Daten zur Konditionierung mit Treosulfan
bei autolog-allogener Hybrid SZT waren im Zeitpunkt der Behandlung der Versicherten (November 2010) und sind auch bislang
nicht veröffentlicht; es existieren lediglich Ergebnisse aus Tierexperimenten und klinischen Studien der Phase I. Zudem besitzt
Treosulfan eine arzneimittelrechtliche Zulassung für die Behandlung von fortgeschrittenem Eierstockkrebs, nicht jedoch zur
Konditionierung im Rahmen einer SZT.
Gestützt auf die Stellungnahme des KC Onkologie vom 27. August 2015 kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass im vorliegend maßgeblichen
Zeitraum (November 2010) bereits Veröffentlichungen von fünf Studien-Auswertungen der Phase III (Garban F et al. 2006, Bruno
B et al. 2007, Rosinol L et al. 2008, Björkstrand B et al. erste Publikation 2009, Lokhorst H et al. erste Publikation 2008)
zum Vergleich einer autolog-allogen Hybrid SZT mit einem Behandlungskonzept mit ausschließlich autologer SZT vorlagen, die
eine andere Konditionierung als die vorliegend durchgeführte darstellen und auswerten. Die Auswertung der beiden letzten genannten
Studien wurde zwar als Beitrag in einer medizinisch-wissenschaftlichen Fachzeitschrift erst nach 2010 veröffentlicht ("Vollpublikation").
Die gleichen Daten wurden aber bereits 2008 bzw. 2009 auf dem wichtigsten Fachkongress in den USA (ASH·Kongress) vorgestellt
("Kongresspublikation") und in Fachkreisen diskutiert. Drei dieser Studien setzten bei den mit autolog-allogener Hybrid SZT
behandelten Patienten das Seattle-Protokoll mit Melphalan 200 mg/m² vor autologer SZT und Ganzkörperbestrahlung 2 Gy, teilweise
in Kombination mit Fludarabin vor allogener SZT, ein. Bei zwei dieser Studien (Bruno B et al., 2007; Björkstrand B et al.,
2011) zeigte sich im Vergleich zum Therapiestandard mit alleiniger autologer SZT ein signifikanter Überlebensvorteil gegenüber
den mit allogener SZT behandelten Patienten. Bei der dritten Studie nach dem Seattle-Konzept (Lokhorst A et al., 2012) ergaben
sich bei beiden Behandlungen vergleichbare Überlebenszeiten. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Nachbeobachtungszelt
noch vergleichsweise kurz war. Aufgrund einer langfristig niedrigeren Rückfallrate kann sich bei anfangs höherer Rate tödlicher
Komplikationen der Vorteil einer autolog-allogenen Hybrid SZT erst nach einer längeren Nachbeobachtungszeit zeigen. Lediglich
zwei Studien verzichteten vor allogener SZT auf eine Ganzkörperbestrahlung. Die Studie von Garban F (2006) ersetzte die Ganzkörperbestrahlung
mit 2 Gy durch eine Chemotherapie mit Busulfan 4 mg/kg. Das Behandlungsergebnis der Patienten im Arm mit autolog-allogener
Hybridtransplantation war sehr ungünstig mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von nur ca. 30 %, die erheblich niedriger lag sowohl
im Vergleich zum Standardarm der Studie mit ausschließlich autologer SZT (ca. 48 %), als auch im Vergleich zu den nach dem
Seattle-Protokoll autolog-allogen transplantierten Patienten in den anderen Studien. Schließlich bleibt noch die Studie von
Rosinol L et al. (2008), welche die Ganzkörperbestrahlung mit 2 Gy durch Melphalan 140 mg/m² ersetzte. Hier lag die 5-Jahres-Überlebensrate
in der Gruppe mit autolog-allogener Hybrid SZT behandelten Patienten bei 62 %, was in der gleichen Größenordnung liegt wie
die nach dem Seattle Protokoll behandelten Patienten in den anderen Studien. Allerdings ergab sich kein Vorteil im Vergleich
zu den ausschließlich autolog transplantierten Patienten, da diese ein ungewöhnlich günstiges Behandlungsergebnis erreichten.
In Anbetracht dieser von Prof. Dr. J. umfassend dargelegten Datenlage kann die im Zentrum der Klägerin bei der Versicherten
durchgeführte Konditionierung (Flurdarabin 30 mg/m2 am Tag -6 bis -2; Treosulfan 12 g/m2 am Tag -6 bis -4 und ATG 10 mg/kg
am Tag -4 bis -2) nicht als eine auf eine ausreichende Datenlage gestützte Behandlung i.S. der grundrechtsorientierten Leistungsauslegung
nach den Vorgaben des BVerfG angesehen werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass vorliegend Treosulfan zulassungsüberschreitend
zum Einsatz kam statt der Ganzkörperbestrahlung mit 2 Gy nach der im Uniklinikum Bonn durchgeführten Behandlung der Versicherten
mit Hochdosis Melphalan. Im Übrigen bestätigt der Sachverständige Prof. Dr. med. G., dass die zusätzlich zur Konditionierung
der Versicherten nach dem Seattle/USA Protokoll vorgesehene und von dem KC Onkologie vorgeschlagene Ganzkörperbestrahlung
2 Gy möglich gewesen und das am besten in klinische Studien geprüfte Konditionierungsverfahren bei autolog-allogener SZT ist.
Auch die konkret im Fall der Versicherten durchgeführte GvHD-Prophylaxe mit Sirolimus, (Tag +1, +4, +7, abgesetzt am Tag +
13, umgesetzt auf Everolimus) in Kombination mit Bortezomib jeweils 1,3 mg/m2 entspricht im Vergleich zum Seattle-Protokoll
nicht den Anforderungen an eine auf gesicherte Indizien gestützte Behandlungsmethode mit nicht ganz fernliegender Aussicht
auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Heilungserfolg. Nach der Stellungnahme des KC Onkologie
von 27. August 2015 wurde in den zitierten und im Zeitpunkt der Behandlung der Versicherten bekannten fünf Auswertungen von
Studien der Phase III zur GvHF-Prophylaxe die Verwendung von Cyclosporin A (CsA) in Kombination Methotrexat (MXT) oder in
Kombination mit Mycophenolat-Motetil (MMF) untersucht; in diese Studien waren mehrere hundert Patienten eingeschlossen. Die
dadurch gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage der Empfehlungen der Behandlungsrichtlinie, also auch der Deutschen Fachgesellschaft
DGHO. Nach der Stellungnahme des KC Onkologie hat der DGHO keine Empfehlung für die Verwendung von Sirolimus ausgesprochen.
Es ist in Übereinstimmung mit dem KC Onkologie einzuräumen, dass eine Modifikation der GvHD-Profilaxe im Einzelfall bei Vorliegen
einer Kontraindikation des Patienten oder der Entwicklung von schwerwiegenden Nebenwirkungen notwendig sein kann. Vorliegend
wurden seitens der Klägerin zur Begründung der Verwendung von Sirolimus aber weder bei der Versicherten bestehende Kontraindikationen
noch aufgetretene Nebenwirkungen vorgetragen. Zudem ist nach der ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. med. G. vom 7. Juni
2018 die Gabe von Bortezomib zur GvHD-Prophylaxe als Behandlung außerhalb des medizinischen Standards zu betrachten. Erst
eine im Jahr 2016 veröffentlichte Auswertung einer Studie der Phase III hat einen Standard für die GvHD-Prophylaxe mit der
Gabe von Sirolimus in Kombination von Tacrolimus und mit Kurzkurz Methotrexat ergeben. Dies kann jedoch für den vorliegend
in Streit stehenden Behandlungszeitraum (November und Dezember 2010) nicht berücksichtigt werden.
Die Klägerin kann dieser wissenschaftlichen Erkenntnislage nicht die Erfahrungen der behandelnden Ärzte entgegenhalten. Die
Erfahrungen dieser Ärzte beruhten gerade nicht auf einer gesicherten Studienlage. Zudem wurde die konkrete Behandlung der
Versicherten außerhalb einer Studie durchgeführt ohne Einschaltung des Ethikrats. Auch kann sich die Klägerin im vorliegenden
Fall nicht auf ein Ermessen der behandelnden Ärzte bei der Auswahl der Behandlungsmethoden berufen. Dem steht die Datenlage
der Auswertung des Seattle-Protokolls zum Zeitpunkt der streitigen Behandlung entgegen. Auch wenn dieses eine Auswertung von
Studien der Phase III für die Behandlung von Patienten mit multiblen Myelom mit autolog-allogenen Hybrid SZT im Rahmen einer
Erstlinien-Behandlung darstellt, war damit ein wissenschaftlich spürbar besser gesichertes Vorgehen beschrieben als das der
behandelnden Ärzte. In Fällen, in denen wegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf eine wissenschaftlich noch nicht anerkannte
Therapie ausgewichen werden muss - wie hier die autolog-allogene Hybrid SZT - sind die behandelnden Ärzte nach Überzeugung
des Senats gehalten, bei einer Behandlung zu Lasten der GKV die Behandlungsform auszuwählen, für die nach der vorhandenen
Datenlage die sicherste Grundlage für die Beurteilung von Nutzen und Nebenwirkungen zur Verfügung steht. Dies war vorliegend
- nach den vielfältigen und den Senat überzeugenden Stellungnahmen des KC Onkologie - das Behandlungskonzept nach dem Seattle-Protokoll,
auch wenn sich die dem zugrunde liegenden Studien unmittelbar nur auf die Erstlinientherapie bezogen. Demgegenüber war das
Behandlungskonzept der Ärzte des Behandlungszentrums der Klägerin - ungeachtet ihrer hohen fachlichen Kompetenz - experimentell
und beruhte im Wesentlichen auf eigenen Behandlungserfahrungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Entscheidung
über den Streitwert auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Die Revision war nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Der Senat misst der Frage, ob es bei der Anwendung neuartiger Behandlungsmethoden
einen Vorrang für solche Verfahren gibt, welche wissenschaftlich besser erforscht sind, grundsätzliche Bedeutung zu.