Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode
Vergütung für NUB
Drug Eluting Balloon
Krankenhausindividuell zu vereinbarende Entgelte
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch der Klägerin auf Vergütung der Behandlung einer Versicherten der Beklagten mit einer
neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode (NUB) streitig.
Insoweit ist streitig der Vergütungsanspruch der Klägerin für eine Behandlung der Versicherten der Beklagten, C., am 20. Januar
2010 im Rahmen eines stationären Aufenthalts in ihrem Krankenhaus mit einer koronaren Ballonangioplastie mit einem medikamenten-freisetzenden
Ballon-Katheter ("Drug Eluting Balloon").
Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus, das zum Zeitpunkt der Behandlung für diese gem. §
108 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) zugelassen war.
Die Vertragsparteien schlossen gem. § 11 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und gem. §
109 Sozialgesetzbuch, 5. Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (
SGB V) in Bezug auf die streitige Behandlungsmethode erstmals am 23. Oktober 2009 eine Vereinbarung über die Erbringung (§
108 Nr.
3 SGB V) und das Entgelt (§
6 Abs.
2 KHEntgG) pro Behandlungsfall in Höhe von 965 € (im Folgenden: NUB-Vereinbarung 2009). Das Regierungspräsidium Gießen genehmigte
diese Vereinbarung gem. § 14 KHEntgG mit Wirkung vom 1. November bis 31. Dezember 2009.
Auf Anfrage der Klägerin gem. § 6 Abs. 2 KHEntgG bei dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH (InEK) wurde ihr
mit Schreiben vom 29. Januar 2010 mitgeteilt, dass die vorliegend streitige Behandlungsmethode für das Jahr 2010 nach den
Kriterien der NUB-Vereinbarung den Status 1 erhalten habe. Damit sei es gem. § 1 Abs. 1 NUB-Vereinbarung für das Jahr 2010
zulässig, eine Vereinbarung eines krankenhausindividuellen Entgelts gem. § 6 Abs. 2 KHEntgG für diese Behandlungsmethode zu
schließen.
Für das Jahr 2010 konnten sich die Vertragsparteien (§ 11 KHEntgG) zunächst nicht über die Höhe des NUB-Entgelts einigen.
Am 3. August 2010 vereinbarten diese jedoch im Rahmen eines Schiedsstellen-Verfahrens eine Entgelthöhe für die vorliegend
streitige Behandlungsmethode (dort bezeichnet als "NUB 3") in Höhe von 1.100 € und eine Abrechenbarkeit bis zum 30. April
2011 (im Folgenden: NUB-Vereinbarung 2010). Das Regierungspräsidium Gießen erteilte mit Bescheid vom 30. August 2010 die Genehmigung
der NUB-Vereinbarung 2010 mit Wirkung ab dem 1. September 2010, ohne eine ausdrückliche Befristung der Genehmigung auszusprechen.
Vielmehr wird in dem Bescheid ausgeführt "Die Abrechnung ist bis zum 30.04.2011 vereinbart."
Die Klägerin stellte der Beklagten die Behandlung ihrer Versicherten mittels "Drug Eluting Balloon" am 20. Januar 2010 mit
Rechnung vom 31. März 2011 in Höhe von 965 € in Rechnung.
Die Beklagte lehnte die Zahlung mit der Begründung ab, die NUB-Vereinbarung 2009 stelle keine Abrechnungsgrundlage für Behandlungen
im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. August 2010 dar.
Die Klägerin hat am 31. November 2011 beim Sozialgericht Fulda Klage gegen die Beklagte auf Zahlung der in Rechnung gestellten
Vergütung nebst Zinsen erhoben.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das für das Jahr 2009 vereinbarte Entgelt (965 € pro Behandlungsfall) gelte so
lange weiter, bis ein neues Entgelt vereinbart oder von der Schiedsstelle festgelegt sei. § 15 Abs. 2 Satz 2 KHEntgG bestimme,
dass krankenhausindividuell zu vereinbarende Entgelte ab dem 1. Tag des Monats zu erheben seien, welcher auf die Genehmigung
folge. Für das NUB-Entgelt 2010 (1.100 EUR) bedeute dies, dass es erst ab 1. September 2010 erhoben werden könne. Dies gelte
auch für die NUB-Entgelte. Für den davor liegenden Zeitraum bestimme § 15 Abs. 2 Satz 3 KHEntgG, dass die zuvor vereinbarten
Entgelte der Höhe nach weiter zu erheben seien. Dies gelte nur dann nicht, wenn ein bisher krankenhausindividuell vereinbartes
Entgelt nicht mehr abgerechnet werden dürfe, weil die Leistung durch ein bundeseinheitlich bewertetes Entgelt aus den neuen
Entgeltkatalogen vergütet werde oder die Vertragsparteien auf Bundesebene in den Abrechnungsbestimmungen feststellten, dass
hilfsweise ein anderes Entgelt abzurechnen sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. An der Geltung des § 15 Abs. 2 KHEntgG
für NUB-Entgelte könne schon deshalb kein Zweifel bestehen, weil § 4 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG als krankenhausindividuell zu vereinbarende
Entgelte die "Entgelte nach § 6 Abs. 1 bis 2a" bezeichne. § 6 Abs. 2 KHEntgG regele auch das Entgelt für NUB-Methoden. Ihrem
Vergütungsbegehren könne nicht entgegen gehalten werden, sie versuche rückwirkend das NUB-Entgelt abzurechnen. Von einer Rückwirkung
könne schon deshalb keine Rede sein, da Grundlage ihres Begehrens das vereinbarte NUB-Entgelt für das Jahr 2009 sei und nicht
das (höhere) NUB-Entgelt für das Jahr 2010. Allerdings komme es gem. § 15 Abs. 3 KHEntgG im Falle von Mehr- oder Mindererlöse
wegen eines Differenzbetrages zwischen alten und neuen Entgelt zu einem Erlösausgleich im Sinne eines "Preisausgleichs". Der
Ausgleichsbetrag werde nach § 5 Abs. 4 KHEntgG mittels Zu- und Abschläge abgerechnet. Im Übrigen sei in § 15 Abs. 2 KHEntgG
der allgemeine Grundsatz enthalten, dass die bisher vereinbarten Entgelte in jedem Falle weiter gelten, bis neue Entgelte
in Kraft getreten seien. Dieser Grundsatz sei auch enthalten in § 15 Abs. 1 Satz 4 KHEntgG (Abrechnung des bisherigen Landesbasisfallwert),
§ 15 Abs. 1 Satz 5 KHEntgG (Abrechnung auf der Basis der bisherigen Entgeltkataloge) und § 15 Abs. 2 Satz 3 KHEntgG (Abrechnung
bisheriger krankenhausindividueller Entgelte). Auch aus dem allgemeinen Weitergeltungsgrundsatz des Krankenhausfinanzierungsrechts
sei zu entnehmen, dass in der Leistungserbringung keine Abrechnungslücke entstehen solle.
Die Beklagte hat dem erwidert, die im Jahr 2009 geschlossene NUB-Vereinbarung sei ausdrücklich bis zum 31. Dezember 2009 befristet
gewesen. Eine neue Anschlussvereinbarung für das Jahr 2010 sei erst mit Wirkung vom 1. September 2010 in Kraft getreten. §
15 Abs. 2 Satz 3 KHEntgG finde auf NUB-Methoden keine Anwendung. Die Verhandlungen über deren Vergütung erfolgten losgelöst
von den jährlich durchzuführenden regulären Budgetverhandlungen. Die Vereinbarung der NUB-Entgelte sei zeitlich befristet
und ihre Geltung beziehe sich nur im Rahmen dieser zeitlichen Befristung. Eine Weitergeltung sei gesetzlich nicht vorgesehen.
Regelmäßig käme es zu abrechnungsfreien Zeiträumen, wenn ein Vereinbarungszeitraum abgelaufen sei und ein neuer noch nicht
begonnen habe. Auch sei eine Befristung unabhängig vom Kalenderjahr möglich. In dem Genehmigungsbescheid für die NUB-Vereinbarung
2010 sei beispielsweise die Abrechnungsfähigkeit über das Budgetjahr 2010 hinaus bis zum 30. April 2011 festgelegt. Es fehle
somit ab 1. Mai 2011 an einer Abrechnungsfähigkeit. Die fallbezogene Vergütung für NUB-Methoden könne auch deshalb nicht vom
Anwendungsbereich des § 15 Abs. 2 KHEntgG erfasst sein, weil insofern ein Erlösausgleich gemäß dessen Absatz 3 ausgeschlossen
sei.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 28. Februar 2013 (im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung) die Beklagte
verurteilt, an die Klägerin 965 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2.
Mai 2011 zu zahlen. Dazu hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne den geltend gemachten Vergütungsanspruch
gem. § 6 Abs. 2 KHEntgG auf die NUB-Vergütungsvereinbarungen für das Jahr 2009 und das Jahr 2010 in Verbindung mit der Weitergeltungsregelung
des § 15 Abs. 2 KHEntgG stützen. Diese Norm erfasse auch das vorliegend geltend gemachte Entgelt. Der Zinsanspruch folge aus
§ 10 Abs. 5 des am 1. Juni 2002 in Kraft getretenen Vertrages über die Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach §
112 Abs.
2 Nr.
1 SGB V für das Land Hessen. Es sei davon auszugehen, dass die Rechnung der Klägerin vom 31. März 2010 aufgrund der elektronischen
Übermittlung am selben Tag bei der Beklagten eingegangen sei.
Gegen das ihr am 6. März 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 4. April 2013 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht
eingelegt.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihre bisher vertretene Auffassung. Ergänzend führt sie aus, § 15 Abs. 2 KHEntgG sei auf
NUB-Entgelte nicht anwendbar. Auch könne die Weitergeltungsregelung des § 15 Abs. 2 KHEntgG nicht losgelöst von § 15 Abs.
3 KHEntgG gesehen werden. § 15 Abs. 3 KHEntgG regele den grundsätzlichen Ausgleich der Mehr- und Mindererlöse infolge der
Weitergeltung. Da es im Bereich der NUB keine Erlösausgleiche gebe, könne auch von einer Weitergeltung nicht ausgegangen werden.
Die NUB-Entgelte seien gegenüber den übrigen krankenhausindividuellen Entgelten grundlegend verschieden, da NUB-Entgelte nicht
in den Fallpauschalenkatalog übergeführt werden würden. Da die Anfrage des Krankenhauses für die folgende NUB-Vereinbarung
nach § 9 KHEntgG termingebunden (31. Oktober d.J.) sei, wäre die Anwendung der Weitergeltungsregelung des § 15 Abs. 2 KHEntgG
nur mit Einschränkungen möglich. Dies sei gesetzlich nicht vorgesehen. Diesem Umstand habe der Gesetzgeber mit Regelungen
zur bevorzugten Vereinbarung der NUB-Entgelte Rechnung getragen (§ 6 Abs. 2 KHEntgG über frühzeitige Verhandlungen, unabhängig
von Budget-Verhandlungen nach § 4 KHEntgG; § 9 KHEntgG fehlende Antwort der InEK auf Anfrage kein Hindernis, wenn Anfrage
gestellt wurde). Diese Regelungen wären überflüssig, wenn § 15 Abs. 2 KHEntgG auf NUB-Entgelte anwendbar wäre.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 28. Februar 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, das Sozialgericht habe mit dem angefochtenen Urteil zutreffend entschieden. Sie verweist
insoweit auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit vom 20. März 2006 an den VdAK, in der es heißt: "Die
von Ihnen ebenfalls angesprochene Weitergeltung der NUB-Entgelte nach § 6 Abs. 2 KHEntgG setzt voraus, dass überhaupt ein
solches Entgelt für das Jahr 2006 vereinbart werden darf (vgl. oben). Nur in diesem Fall ist demnach eine hilfsweise Weiterberechnung
des Vorjahresentgelts nach § 15 Abs. 1 KHEntgG unter der Zielsetzung Liquiditätssicherung möglich." Weiter trägt sie vor,
die Regelung über eine möglichst frühzeitige Vereinbarung von NUB-Entgelten nach § 6 Abs. 1 Satz 6 KHEntgG habe keinen Einfluss
auf die Frage der Weitergeltung vereinbarter Entgelte bis zum Genehmigungszeitpunkt für die Folgevereinbarung. Dem Weitergeltungsgrundsatz
stehe nicht entgegen, dass NUB weder zum Budget-Bereich bzw. zu der Erlössumme (§ 6 Abs. 3 KHEntgG) gehörten und somit ein
Mengenausgleich nicht stattfinde. Auch sei die Ausgleichsfähigkeit des NUB-Entgelts keine Frage der Abrechnung einer konkreten
Behandlung, sondern der Budgetvereinbarung. Zudem werde nach § 15 Abs. 3 Satz 2 KHEntgG ein sich ergebender Ausgleichsbetrag
im Rahmen eines Zu- oder Abschlags nach § 5 Abs. 4 KHEntgG berücksichtigt. § 15 Abs. 3 Satz 2 KHEntgG verweise ausdrücklich
auf § 5 Abs. 4 KHEntgG. Dieser Preisausgleich zwischen Alt-NUB und Neu- NUB passe in den Ausgleichsmechanismus des Weitergeltungsgrundsatzes.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt. Wegen der Einzelheiten
des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakte verwiesen,
der Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§
153 Abs.
1 i.V.m. §
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG).
Die gem. §
151 Abs.
1 und
2 SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig, konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben.
Das Sozialgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung
von 965 € für die in ihrem zum streitigen Zeitpunkt gem. §
108 Nr. 3
SGB V zugelassenen Krankenhaus und dort am 20. Januar 2010 durchgeführte Behandlung der Versicherten der Beklagten mittels Drug
Eluting Balloon besitzt.
Der Vergütungsanspruch der Klägerin beruht letztlich auf der Weitergeltung der NUB-Vereinbarung 2009 gem. § 15 Abs. 2 KHEntgG
bis zum Beginn der Geltung der NUB- Vereinbarung 2010 zum 1. September 2010.
Das Krankenhaus der Klägerin war zum Zeitpunkt der Behandlung (20. Januar 2010) gem. §
108 Nr. 3
SGB V zur Behandlung der Versicherten der Beklagten zugelassen. Der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser (§
109 Abs.
4 Satz 2
SGB V) steht ein Vergütungsanspruch gegenüber (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 12/08 R -, SozR 4-2500 § 109 Nr. 20, BSGE 105, 150-157, Rn. 8 m.w.N), der vorliegend auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in § 6 KHEntgG als sonstiges Entgelt zwischen
den Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG vereinbart wurde.
Bei einem Vertragskrankenhaus gem. §
108 Nr. 3
SGB V - wie vorliegend - ist der Versorgungsauftrag dem geschlossenen Versorgungsvertrag zu entnehmen (§
4 Nr.
3 BPflV und §
8 Abs.
1 Satz 4 Nr.
3 KHEntgG). Diesem öffentlich-rechtlichen Versorgungsvertrag kommt nicht nur statusbegründende Wirkung zu (BSGE 78, 243 = SozR 3-2500 § 109 Nr. 2), vielmehr ist er auch für die Ausgestaltung der Beteiligung an der Versorgung der Versicherten
im Einzelnen maßgeblich (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. Dezember 2012, L 1 KR 276/10, Rn. 19 mit Hinweis auf: BSG, Urteil vom 24. Januar 2008, B 3 KR 17/07 R, zitiert nach Juris).
Der geltend gemachte Vergütungsanspruch der Klägerin findet seine Rechtsgrundlage in der Weitergeltungsregelung des § 15 Abs.
2 Satz 3 KHEntgG in Verbindung mit den NUB-Vereinbarungen 2009.
Gem. § 15 Abs. 2 Satz 3 KHEntgG sind die bisher geltenden Entgelte der Höhe nach weiter zu erheben; dies gilt nicht, wenn
1. ein bisher krankenhausindividuell vereinbartes Entgelt ab dem 1. Januar nicht mehr abgerechnet werden darf, weil die Leistung
durch ein bundeseinheitlich bewertetes Entgelt aus den neuen Entgeltkatalogen vergütet wird, oder
2. die Vertragsparteien auf Bundesebene in den Abrechnungsbestimmungen festlegen, dass hilfsweise ein anderes Entgelt abzurechnen
ist.
Die Weitergeltung der NUB-Vereinbarung 2009 ist darin begründet, dass die Klägerin als Krankenhausbetreiberin die Voraussetzungen
einer neuen NUB-Vereinbarung für das Jahr 2010 erfüllte und die übrigen Vertragsparteien verhandlungsbereit waren. Der Krankenhausbetreiber
hat gem. § 6 Abs. 2 Satz 3 KHEntgG vor der Vereinbarung bis spätestens zum 31. Oktober von den Vertragsparteien nach § 9 eine
Information einzuholen, ob die neue Methode mit den bereits vereinbarten Fallpauschalen und Zusatzentgelten sachgerecht abgerechnet
werden kann. Diese Informationen haben die Vertragsparteien (§ 11 KHEntgG) bei ihrer Vereinbarung zu berücksichtigen (§ 6
Abs. 2 Satz 4 KHEntgG). Das beauftragte InEK (§ 9 KHEntgG) gibt die Informationen zum Status der NUB am 31. Januar des laufenden
Jahres bekannt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Auf Anfrage der Klägerin bei dem InEK gem. § 6 Abs. 2 KHEntgG
wurde ihr mit Schreiben vom 29. Januar 2010 mitgeteilt, dass die vorliegend streitige Behandlungsmethode für das Jahr 2010
nach den Kriterien der NUB-Vereinbarung den Status 1 erhalten habe. Damit war gem. § 1 Abs. 1 NUB-Vereinbarung es für das
Jahr 2010 zulässig, eine Vereinbarung eines krankenhausindividuellen Entgelts gem. § 6 Abs. 2 KHEntgG für diese Behandlungsmethode
zu schließen. Damit sind die Voraussetzungen für den Abschluss eines neuen Vertrags erfüllt. Unerheblich ist insoweit, dass
- wie die Beklagte vorträgt - der Status 1 nicht Gegenstand dieser gesetzlichen Regelung ist.
Auf die Mitteilung des InEK kam es daraufhin zu Vertragsverhandlungen, die jedoch erst am 3. August 2010 zu einem Abschluss
kamen. Das Regierungspräsidium Gießen erteilte mit Bescheid vom 30. August 2010 die Genehmigung der NUB-Vereinbarung 2010
mit Wirkung ab dem 1. September 2010.
Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Vergütungsanspruch der Klägerin sich auf § 15 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1
KHEntgG stützen kann. Die streitgegenständliche Behandlung hat im Januar 2010 stattgefunden. Damit liegt der Behandlungszeitraum
nach dem Ende des Geltungszeitraums der NUB-Vereinbarung 2009 zum 31. Dezember 2009 und dem Abschluss und der Genehmigung
der NUB-Vereinbarung 2010 zum 1. September 2010.
Die Ausschlussgründe gem. § 15 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz KHEntgG liegen unstreitig nicht vor.
Die beiden weiteren Voraussetzungen der Weitergeltung der NUB 2009 nach § 15 Abs. 2 Satz 3 KHEntgG sind ebenfalls erfüllt.
Voraussetzung für die Anwendung dieser Norm auf NUB-Entgelte ist, das (1.) NUB-Entgelte als krankenhausindividuell zu vereinbarende
Entgelte i.S.d. § 15 Abs. 2 KHEntgG zu zählen sind und (2.) ein Rechtsgrund für die Erhebung vorliegt, da § 15 Abs. 2 KHEntgG
nur die Weitererhebung der Höhe, nicht dem Grunde nach angeordnet.
Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, sind NUB-Entgelte krankenhausindividuell zu vereinbarende Entgelte i. S.
d. § 15 Abs. 2 KHEntgG. Gegenstand der Regelung des § 15 Abs. 2 KHEntgG sind sämtliche krankenhausindividuell zu vereinbarenden
Entgelte. Dem Wortlaut des Gesetzes sind keine Differenzierungen zu entnehmen. § 6 Abs. 2 KHEntgG bezeichnet diese Entgelte
als "Entgelte oder Zusatzentgelte". Damit wird von dieser Regelung auch die Vergütung von neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
erfasst (Tuschen/Trefz, KHEntgG, 2. Aufl. 2010, S. 349). Dies entspricht auch der Gesetzessystematik. In § 4 Abs. 1 Satz 2
KHEntgG werden sämtliche "Entgelte nach § 6 Abs. 1 bis 2a" KHEntgG als "krankenhausindividuell zu vereinbarende Entgelte"
bezeichnet. Auch in der Begründung zum Krankenhausfinanzierungsreformgesetz (KHRG) vom 17. März 2009 (BGBI. I S. 534) findet
sich kein Hinweis darauf, das NUB-Entgelte nicht von der Weitergeltungsregelung des § 15 Abs. 2 Satz 3 KHEntgG erfasst werden
sollten (BT-Drs. 16/10807, S. 34).
Für die Weitergeltungsregelung von NUB-Entgeltvereinbarungen spricht nach Überzeugung des Senats auch der Sinn und Zweck dieser
Regelung. Die Regelung des § 15 Abs. 3 KHEntgG soll den Klinikbetreiber so stellen, als hätte es eine prospektive und frühzeitige
Vereinbarung gegeben. Dies besitzt für die NUB besondere Bedeutung, da aufgrund der gesetzlichen Vorgaben nicht gewährleistet
ist, dass diese prospektiv vereinbart werden können. Vielmehr ging der Gesetzgeber davon aus, dass die NUB u.U. erst nach
Beginn des Entgeltzeitraums vereinbart bzw. genehmigt werden können (siehe § 6 Abs. 2 Satz 5 KHEntgG). Der Krankenhausbetreiber
hat gem. § 6 Abs. 2 Satz 3 KHEntgG vor der Vereinbarung bis spätestens zum 31. Oktober von den Vertragsparteien nach § 9 eine
Information einzuholen, ob die neue Methode mit den bereits vereinbarten Fallpauschalen und Zusatzentgelten sachgerecht abgerechnet
werden kann. Diese Informationen haben die Vertragsparteien (§ 11 KHEntgG) bei ihrer Vereinbarung zu berücksichtigen (§ 6
Abs. 2 Satz 4 KHEntgG). Das beauftragte InEK (§ 9 KHEntgG) gibt jedoch die Informationen zum Status der NUB erst am 31. Januar
des laufenden Jahres heraus. Liegt bei fristgerecht erfolgter Anfrage nach Satz 3 bis zur Budgetvereinbarung für das Krankenhaus
eine Information nicht vor, kann die Vereinbarung gem. § 6 Abs. 2 Satz 5 KHEntgG zwar auch ohne diese Information geschlossen
werden; dies gilt jedoch nicht, wenn die Budgetvereinbarung vor dem 1. Januar geschlossen wird. Dem folgend ist eine Genehmigung
frühestens zum 1. Februar des laufenden Jahres möglich. Auch dies setzt allerdings eine entsprechende Verhandlungs- und Vereinbarungsbereitschaft
der Sozialleistungsträger voraus und die Vereinbarung muss gem. § 14 KHEntgG noch genehmigt werden (so auch Vollmöller, NZS
2012, 921, 926).
Ebenso zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Weitergeltungsregelung nicht § 6 Abs. 2 KHEntgG entgegensteht.
Danach sind NUB-Entgelte "befristet" zu vereinbaren. Der Befristung kommt nach Überzeugung des Senats keine eigenständige
Bedeutung zu (ebenso Gamperl, in: Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz u.a., § 6 KHEntgG Anm. 111.5. [Stand: 8/2012], der vermutet, der Gesetzgeber habe an eine Begrenzung der NUB-Entgelte infolge einer
Aufnahme in den Entgeltkatalog gedacht; i.E. zustimmend Bender, NZS 2012, S. 761, 765).
Das Sozialgericht ist weiter zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Anwendbarkeit von § 15 Abs. 2 KHEntgG auf NUB-Entgelte
der in §§ 15 Abs. 3, 5 Abs. 4 KHEntgG angeordnete Erlösausgleichsmechanismus nicht entgegensteht. Der Gesetzgeber hat mit
§ 6 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG in der Fassung durch das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz (KHRG) vom 17. März 2009 (BGBl. I
534) die Wörter "außerhalb des Erlösbudgets nach § 4 Abs. 2 und der Erlössumme nach Absatz 3" ausdrücklich eingeführt mit
dem Zweck der redaktionellen Klarzustellung (BT-Drs. 16/10807 S. 30), "dass die Vergütungen für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
außerhalb des Erlösbudgets nach § 4 und der Erlössumme nach § 6 Abs. 3 vereinbart und abgerechnet werden und somit auch keinen
Erlösausgleichsregelungen unterliegen". Demnach soll nach dem Willen des Gesetzgebers kein Ausgleich von Mehr- oder Mindereinahmen
im Bereich der NUB-Entgelte stattfinden (so auch Tuschen/Trefz, KHEntgG, 2. Aufl. 2010, S. 281). Aus dieser Herausnahme der
NUB-Entgelte aus dem Erlösausgleichsystem kann jedoch nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber damit zugleich die Abrechnungsfähigkeit
der NUB-Entgelte auf den konkreten Vereinbarungszeitraum begrenzen und die Wirkung von § 15 Abs. 2 S. 3 KHEntgG ausschließen
wollte. Denn dann hätte es nahegelegen, in § 15 Abs. 2 S. 3 KHEntgG im Rahmen der Neufassung dieser Vorschrift durch das KHRG
vom 17. März 2009 eine entsprechende Differenzierung nach der Art des Entgelts vorzunehmen. Tatsächlich ist dies jedoch nicht
erfolgt. Vielmehr stellt die Vorschrift weiterhin auf die "bisher geltenden Entgelte" ab, ohne hierbei nach der Art des Entgelts
zu differenzieren.
Der Zinsanspruch folgt aus § 10 Abs. 5 des am 1. Juni 2002 in Kraft getretenen Vertrages über die Bedingungen der Krankenhausbehandlung
nach §
112 Abs.
2 Nr.
1 SGB V für das Land Hessen. Der Senat geht mit dem Sozialgericht davon aus, dass die Rechnung vom 31. März 2010 aufgrund der elektronischen
Übermittlung am selben Tag bei der Beklagten eingegangen ist; die Beklagte hat dem auch nicht widersprochen.
Der Streitwert war gem. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) festzusetzen.
Die Revision war gem. §
160 Abs.
2 SGG nicht zuzulassen.