Rechtmäßigkeit von Ermächtigungen zur Teilnahme an einer vertragsärztlichen rheumatologischen Versorgung
Prüfung von Versorgungslücken
Tatbestand
Umstritten ist die Rechtmäßigkeit der den zu 1) bis 3) beigeladenen im Krankenhaus Klinikum Südstadt A-Stadt angestellten
Ärzten durch den beklagten Berufungsausschuss für Ärzte in MV durch Beschlüsse vom 1. Juni 2016 für die Zeit bis 30. Juni 2017 erteilten Ermächtigungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen
rheumatologischen Versorgung.
Die Klägerin nimmt seit 2014 aufgrund einer Sonderbedarfszulassung durch den Beklagten an der vertragsärztlichen Versorgung
als Fachärztin für Innere Medizin sowie Fachärztin für Rheumatologie mit Praxissitz in A-Stadt teil (Beschluss vom 18. Juni
2014).
Die zu 1) bis 3) Beigeladenen sind Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie, waren im Streitzeitraum
im Krankenhaus Klinikum Südstadt A-Stadt angestellt und dort in der Klinik für Innere Medizin II tätig.
Das Rheumazentrum der Klinik für Innere Medizin II war bis zum 30. September 2015 für die Diagnostik und Therapie rheumatologischer
Erkrankungen - auch für den Standort P-Stadt sowie zur Behandlung von Patienten mit der Immunschwächeerkrankung CVID - auf
Überweisung von Vertragsärzten nach § 31 Ärzte-ZV ermächtigt. Im Rahmen dieser Institutsermächtigung waren im Rheumazentrum zuletzt mehr als 1.800 Patienten im Quartal ambulant
behandelt worden, überwiegend wegen rheumatologischer Erkrankungen.
Das Rheumazentrum hatte am 07. April 2015 die Verlängerung dieser Ermächtigung beantragt. Durch Beschluss vom 27. Mai 2015
hat der Zulassungsausschuss auf diesen Antrag die Ermächtigung im bisherigen Umfang bis zum 30. September 2017 verlängert.
Auf den dagegen von der Klägerin erhobenen Widerspruch änderte der Beklagte durch Beschluss vom 23. September 2015 den Beschluss
des Zulassungsausschusses ab und verlängerte die Ermächtigung des Rheumazentrums bis 30. September 2017 nur noch hinsichtlich
der rheumatologischen Behandlung am Standort P-Stadt sowie der Behandlung von Patienten mit der Immunschwächeerkrankung CVID
an den Standorten A-Stadt und P-Stadt und lehnte den Antrag im Übrigen wegen des Vorranges persönlicher Ermächtigungen bestandskräftig
ab.
Am 5. Oktober 2015 beantragten daraufhin neben den zu 1) bis 3) Beigeladenen auch noch der im selben Krankenhaus angestellte
Arzt Dr. G. persönliche Ermächtigungen für die Erbringung rheumatologischer Leistungen. Der Zulassungsausschuss gab durch
Beschlüsse vom 7. Oktober 2015 (in der Fassung der Beschlüsse vom 25. November 2015) den Anträgen weitgehend statt und erteilte
Ermächtigungen für die Zeit vom 08. Oktober 2015 bis 31. Dezember 2018 wie folgt:
- dem Beigeladenen zu 1) für die Leistungen Diagnostik und Therapie rheumatologischer Erkrankungen und die Behandlung von
Patienten mit der Immunschwächeerkrankung CVID am Klinikum Südstadt auf Überweisung von Vertragsärzten, für die Durchführung
und Abrechnung spezieller Laborleistungen nach den EBM-Nrn. 32443, 32444, 32460, 32461, 32489, 32490- 32493, 32496, 32527,
32528, 32560, 32563 auch auf Überweisung der Beigeladenen zu 2) und 3) sowie zur Durchführung und Abrechnung der Röntgendiagnostik
des Thorax und des gesamten Skelettsystems (ohne Schädel) mit rheumatologischer Fragestellung auch auf Überweisung von der
Beigeladenen zu 2) und 3).
- dem Beigeladenen zu 2) für die Leistungen für Diagnostik und Therapie rheumatologischer entzündlicher Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen
mit krankheitsbedingten und/oder therapiebedingten Risiken auf Überweisung von Vertragsärzten.
- der Beigeladenen zu 3) für die Leistungen Diagnostik und Therapie regelhaft schwerer Verlaufsformen rheumatologischer Erkrankungen,
speziell Kollagenosen, Vaskulitiden einschließlich Polymyalgia rheumatica und anderer seltener Erkrankungen (z.B. periodische
Fiebersyndrome und IgG4-assoziierte Erkrankungen) sowie die Behandlung von Akutfällen auf Überweisung von Vertragsärzten.
Der Zulassungsausschuss ordnete die sofortige Vollziehung seiner Entscheidungen an.
Gegen diese Beschlüsse hat die Klägerin Widerspruch erhoben, den gegen die Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) erhobenen Widerspruch
hat sie auf dessen Ermächtigung für rheumatologische Leistungen beschränkt. Zur Begründung der Widersprüche hat sie im Wesentlichen
vorgetragen, sie könne alle von den Ermächtigungen erfassten Fälle in ihrer Praxis behandeln. Sie habe dafür ausreichende
Kapazitäten. Ihre Fallzahlen würden noch unter 700 Fällen im Quartal liegen.
Den Widersprüchen sind die ermächtigten Ärzte entgegengetreten. Es sei sowohl ein quantitativer als auch qualitativer Bedarf
vorhanden. Im Rahmen der erteilten Ermächtigungen seien im 1. Quartal 2016 1.384 Patienten behandelt worden, davon 600 aus
A-Stadt, im Übrigen aus ganz Mecklenburg-Vorpommern.
Im gleichzeitig beim Sozialgericht Schwerin (SG) anhängig gemachten Eilverfahren (S 3 KA 4/16 ER), die Vollziehungsanordnung des Zulassungsausschusses betreffend, gab der Beklagte ein Teilanerkenntnis ab: Die Anordnung
der sofortigen Vollziehung in Sachen des Beigeladenen zu 2) wurde aufgehoben. Die Anordnung bezüglich der zu 1) und 3) Beigeladenen
wurde abgeändert und mit Wirkung ab 18. April 2016 begrenzt auf 400 von den Beigeladenen gemeinsam abzurechnenden Fälle. Die
sofortige Vollziehung wurde eingeschränkt auf schwere Fälle. Die Ermächtigung von Dr. G. hatte sich zwischenzeitlich auf andere
Weise erledigt. Die Klägerin nahm das Anerkenntnis an und hielt an ihrem weitergehenden Eilantrag, die Ermächtigungen in Gänze
zu untersagen, nicht fest.
Vom Beklagten wurden alle rheumatologisch tätigen Ärzte in MV (Stichtag 30. März 2016) namentlich ermittelt (d.h. niedergelassene Rheumatologen, sowie sonstige Ärzte mit der Genehmigung
„Rheumatologische Schwerpunktpraxis“, „Rheumatologische Besonderheit“), die Fallzahlen dieser Ärzte für die Quartale IV/2014
bis III/2015, vorläufig auch für I/2016, und ferner in welchem Umfang von ihnen im 3. und 4. Quartal 2015 die EBM-Nrn. 13700
und 13701 bzw. von den Fachärzten für Orthopädie mit dem Schwerpunkt Rheumatologie die EBM-Nr. 18700 abgerechnet wurden. Darüber
hinaus untersuchte er, in welchem Umfang und mit welchen Diagnosen die rheumatologisch tätigen Ärzte in den Quartalen I/2015
bis I/2016 Überweisungen an das Rheumazentrum des Südstadt Klinikums bzw. an die beigeladenen Ärzte ausgestellt hatten. Des
Weiteren zog er eine Aufstellung der (überwiegend) sonstigen Überweiser an die zu ermächtigenden Ärzte bzw. an das Rheumazentrum
in IV/2015 und I/2016 heran, außerdem eine Aufstellung zur Herkunft der Patienten bezogen auf die einzelnen Ärzte nach PLZ-Bereichen.
Weiterhin holte der Beklagte Auskünfte der Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie und der Fachärzte
für Orthopädie mit dem Schwerpunkt Rheumatologie zur Versorgungslage ein.
Mit drei Beschlüssen vom 1. Juni 2016 änderte der Beklagte die Beschlüsse des Zulassungsausschusses ab. Den Beigeladenen zu
1) ermächtigte er bis zum 30. Juni 2017, längstens jedoch bis zum Ende seiner Tätigkeit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen
Versorgung, für Diagnostik und Behandlung von Patienten mit schweren Verlaufsformen rheumatologischer Erkrankungen (entzündliche
Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen und Sjörgen-Syndrom sowie Arthritiden und Spondylitiden mit klinisch bedeutsamen ex-traartikulären
Manifestationen oder schweren systemischen Verläufen oder die mit hoch wirksamen Immunsuppressiva bzw. zytotoxischen Arzneimitteln
oder mit Biologika behandelt werden, soweit eine drohende Organschädigung oder das Risiko einer vitalbedrohlichen Symptomatik
besteht, Vaskulitiden, Kollagenosen, Systemische Sklerose und mixed connective tissue disease) und rheumatischen Erkrankungen
während der Schwangerschaft auf Überweisung von Vertragsärzten. Die Ermächtigung umfasse auch die Behandlung von Patienten
mit der Immunschwächeerkrankung CVID auf Überweisung von Vertragsärzten, ferner die Durchführung und Abrechnung spezieller
Laborleistungen nach den EBM-Nrn. 32443, 32444, 32460, 32461, 32489, 32490 - 32493, 32496, 32527, 32528, 32560, 32563 auch
auf Überweisung der Beigeladenen zu 2) und 3) sowie zur Durchführung und Abrechnung der Röntgendiagnostik des Thorax und gesamten
Skelettsystems (ohne Schädel) mit rheumatologischer Fragestellung auch auf Überweisung der anderen beigeladenen Ärzte. Die
sofortige Vollziehung wurde angeordnet.
Zur Begründung führte der Beklagte aus, nach § 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV könne einem Krankenhausarzt eine Ermächtigung nur erteilt werden, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung
der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Ärzten
nicht sichergestellt werde. Der danach erforderliche Versorgungsbedarf könne auf quantitativen und qualitativen Gründen beruhen.
Aus den von ihm durchgeführten Ermittlungen ergebe sich, dass auch niedergelassene rheumatologisch tätige Ärzte an das Rheumazentrum
des Südstadtklinikums und an die nunmehr ermächtigten Ärzte überwiesen hätten. Die dafür maßgeblichen Diagnosen ließen sich
unter die Definition der schweren Verlaufsformen rheumatologischer Erkrankungen im Sinne der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses
(G-BA) zur ambulanten Behandlung im Krankenhaus nach §
116b SGB V vom 19. Juni 2008 subsumieren. Da das Rheumazentrum nach der geltenden Rechtslage nicht an der spezialfachärztlichen Versorgung
nach §
116b SGB V teilnehmen könne, sich aber aus dem Überweisungsverhalten der rheumatologisch tätigen Ärzte ein Versorgungsbedarf, der durch
niedergelassene Ärzte nicht gedeckt werden könne, ergebe, könne diese Versorgungslücke nur durch die Erteilung von persönlichen
Ermächtigungen geschlossen werden. Der Berufungsausschuss habe deshalb die vom Zulassungsausschuss erteilten Ermächtigungen
auf die schweren Verlaufsformen rheumatologischer Erkrankungen im Sinne der Richtlinie alter Fassung beschränkt.
Soweit die dem Beigeladenen zu 1) vom Zulassungsausschuss erteilte Ermächtigung auch die Behandlung von Patienten mit der
Immunschwächeerkrankung CVID am Klinikum Südstadt auf Überweisung von Vertragsärzten, die Durchführung und Abrechnung spezieller
Laborleistungen nach den EBM-Nrn. 32443, 32444, 32460, 32461, 32489, 32490-32493, 32496, 32527, 32528, 32560, 32563 auch auf
Überweisung der Beigeladenen zu 2) und 3) sowie zur Durchführung und Abrechnung der Röntgendiagnostik des Thorax und des gesamten
Skelettsystems (ohne Schädel) mit rheumatologischer Fragestellung auch auf Überweisung der Beigeladenen zu 2) und 3) umfasse,
habe der der Berufungsausschuss keine erneute Entscheidung getroffen, weil sich der Widerspruch auf die Ermächtigung für Diagnostik
und Therapie rheumatologischer Erkrankungen beschränkt habe.
Obwohl für die nunmehr erteilten Ermächtigungen in erster Linie qualitative Gründe maßgeblich seien, habe der Berufungsausschuss
die Ermächtigungen nicht auf die Überweisung rheumatologisch tätiger Ärzte beschränkt, sondern die Überweisungsbefugnis allen
Vertragsärzten eingeräumt. Maßgeblich dafür seien das Überweisungsverhalten der Vertragsärzte in Mecklenburg-Vorpommern und
der Umstand, dass die niedergelassenen Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie nach eigener Aussage
an ihre Belastungsgrenze gelangt seien. An das Rheumazentrum und an die später ermächtigten Ärzte des Rheumazentrums hätten
rheumatologisch tätige Ärzte Patienten nur in geringer Zahl überwiesen, ganz überwiegend seien die Überweisungen durch Fachärzte
für Innere Medizin und durch Hausärzte erfolgt. Dies könne zum Teil auch darauf zurückgeführt werden, dass die Wartezeiten
bei den Fachärzten für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie deutlich angestiegen seien. Wartezeiten von mehr als
zwei Monaten auf eine Erstuntersuchung seien den Versicherten nicht mehr zumutbar. Aus den überwiegend langen Wartezeiten
bei den Fachärzten für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie ergebe sich auch ein quantitativer Versorgungsbedarf,
der es rechtfertige, die Überweisungsbefugnis kurzfristig auf alle Vertragsärzte zu erstrecken. Was den quantitativen Bedarf
betreffe, sei berücksichtigt worden, dass die Klägerin noch freie Kapazitäten bei unerheblichen Wartezeiten habe, er – der
Berufungsausschuss - gehe jedoch davon aus, dass sie den bestehenden Bedarf nicht allein decken könne. Hinzu komme, dass er
durch seinen Beschluss vom selben Tage einem anderen Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie eine Zulassung
für R-D-Stadt mit einem halben Versorgungsauftrag im Rahmen einer Sonderbedarfsfeststellung erteilt habe, weshalb hinsichtlich
des quantitativen Bedarfs durch die Aufnahme seiner Tätigkeit eine Entlastung zu erwarten sei. Er habe deshalb die Ermächtigungen
nur bis zum 30. Juni 2017 befristet. Er gehe davon aus, dass bis dahin eine Entspannung der Versorgungslage eintreten könne
und bis dahin auch die Teilnahme des Rheumazentrums an der spezialfachärztlichen Versorgung nach §
116b SGB V möglich sein werde.
Mit im wesentlichen gleicher Begründung ermächtigte der Beklagte den Beigeladenen zu 2) („…beschränkt auf regelhaft schwere
Verlaufsformen rh. Erkrankungen im Sinne der Richtlinie des G-BA nach §
116b SGB V (vom 19. Juni 2008) für die Diagnostik und Therapie rheumatologischer entzündlicher Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen
mit krankheitsbedingten und/oder therapiebedingten Risiken…“) und die Beigeladene zu 3) („…beschränkt auf regelhaft schwere
Verlaufsformen rheumatologischer Erkrankungen im Sinne der Richtlinie des G-BA nach §
116b SGB V (vom 19. Juni 2008) für die Konkretisierung der Diagnostik und Versorgung vom Patienten mit schweren Verlaufsformen rheumatologischer
Erkrankungen, speziell Kollagenosen, Vaskulitiden einschließlich Polymyalgia rheumatica und anderer seltener Erkrankungen
(zum Beispiel periodische Fiebersyndrome und IgG4-assoziierte Erkrankungen) auf Überweisung von Vertragsärzten…“) und ordnete
jeweils den Sofortvollzug an.
Die hiergegen von der Klägerin beim SG Schwerin anhängig gemachten Eilverfahren (vom 20. Juni 2016 – S 3 KA 18/16 ER , S 3 KA 19/16 ER und 3 KA 20/16 ER), mit denen sie im Wesentlichen eine fehlende Versorgungslücke im ambulanten Bereich insbesondere im
Hinblick auf ihre unterdurchschnittlichen Fallzahlen geltend gemacht hatte, hatten teilweise Erfolg. Zunächst hat das SG im Wege sog. Hängebeschlüsse vom 1. Juli 2016 die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den Beklagten mit der Auflage
versehen, dass die ermächtigten Ärzte nicht mehr als 600 Behandlungsfälle pro Quartal abrechnen dürfen. Durch Beschlüsse vom
30. August 2016 hat das SG ab dem 3. Quartal 2016 die aufschiebende Wirkung der Klagen angeordnet, soweit die Ermächtigungen für zusammen mehr als 800
Behandlungsfälle im Quartal erteilt worden sind, wobei bei der Ermittlung der Fallzahl die Leistungen des Beigeladenen zu
1) aufgrund seiner Ermächtigung für die Behandlung von Patienten mit der Immunschwächeerkrankung CVID sowie für die Durchführung
und Abrechnung spezieller Laborleistungen bzw. die Durchführung und Abrechnung der Röntgendiagnostik des Thorax und gesamten
Skelettsystems nicht zu berücksichtigen seien. Die hiergegen beim Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern erhobenen Beschwerden
der Klägerin hatten keinen Erfolg (Beschlüsse vom 12. Juni 2017 – L 1 KA 3/16 B ER, L 1 KA 4/16 B ER, L 1 KA 5/16 B ER).
Mit einer im Juni 2017 beim Landgericht Schwerin gegen die – zu 4) beigeladene – KV MV erhobenen Klage (4 O 107/17) begehrt die Klägerin u. a. die Feststellung, dass diese verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die
rechtswidrig schuldhafte Erteilung jeweiliger Ermächtigungen an das Rheumazentrum des Klinikum Südstadt A-Stadt durch Zulassungsausschuss
und Berufungsausschuss sowie durch Einzelermächtigungen an im Klinikum Südstadt A-Stadt angestellte Ärztinnen und Ärzte entstanden
ist.
Nach Auslaufen der streitgegenständlichen Ermächtigungen erteilte der Zulassungsausschuss dem Beigeladenen zu 1) sowie der
Beigeladenen zu 3) weitere Ermächtigungen im bisherigen Umfang mit einer Fallzahlbegrenzung auf insgesamt 800 Fälle/Quartal
bis zum 30. Juni 2019. Die Widersprüche der Klägerin hiergegen wies der Beklagte zurück. In einem hiergegen von der Klägerin
anhängig gemachten Eilverfahren (S 3 KA 39/17 ER) einigten sich die Beteiligten endgültig darauf, dass eine Fallzahlbegrenzung auf 300 Fälle erfolge, so dass sich damit
auch das Klageverfahren (S 3 KA 44/17) erledigt hat.
Gegen die Beschlüsse des Beklagten vom 1. Juni 2016 hat die Klägerin am 20. Juni 2016 Anfechtungsklagen erhoben (S 3 KA 22/16, S 3 KA 23/16 und S 3 KA 24/16), die das SG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden hat. Nach Ablauf des Ermächtigungszeitraumes hat die Klägerin
diese als Fortsetzungsfeststellungsklagen fortgeführt.
Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, der Beklagte habe über die Befristung zum 30. Juni 2017 hinaus keine weitere Beschränkung
der Ermächtigungen vorgenommen, insbesondere nicht im Hinblick darauf, dass "regelhaft schwere Verlaufsformen rheumatischer
Erkrankungen" Gegenstand der Ermächtigung seien. Dieser Begriff sei schon nicht hinreichend bestimmt, auch wenn der Begriff
auf eine Richtlinie des G-BA Bezug nehme. Die Ermächtigungen enthielten zudem weder einen sog. Facharztfilter noch eine zahlenmäßige
Begrenzung der Überweisungsfälle, was die Entscheidungen rechtswidrig mache. Aus dem Gesamtzusammenhang und dem weiteren Verlauf
der Behandlungsfälle ergebe sich, dass tatsächlich eine Beschränkung nicht stattfinde. Anderenfalls hätten die Behandlungsfallzahlen
bei ihr, der Klägerin, ansteigen müssen, was nicht der Fall sei. Die erteilten Ermächtigungen hätten unmittelbar Einfluss
auf die Auslastung ihrer Praxis.
Der Beklagte habe zudem keine belastbaren Zahlen festgestellt, sondern nur einen allgemeinen Bedarf abgefragt, der jedoch
auf höchst subjektiven Einschätzungen beruhe. Insoweit hat die Klägerin im Einzelnen dargelegt, welche weiteren Ärzte nach
ihrer Auffassung hätten befragt werden müssen und welche Angaben einzelner Ärzte nicht nachvollziehbar bzw. kritisch zu hinterfragen
seien. Zudem hätte der Beklagte freie Kapazitäten auch bei anderen Ärzten (Dr. M., Dr. W., Prof. Dr. N.) berücksichtigen müssen.
Die niedergelassenen Ärzte könnten den gesamten Behandlungsbedarf abdecken. Die vom Beklagten eingeholten Stellungnahmen zu
Wartezeiten aus anderen Versorgungsregionen seien für den hier von den Ermächtigungen abgedeckten Bereich im Übrigen irrelevant.
Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in MV habe auch keine Unterversorgung im Bereich der rheumatologischen Behandlungen festgestellt.
Der Prozessbevollmächtigte der beigeladenen Ärzte habe noch im Herbst 2015 behauptet, im Klinikum Südstadt seien 626 schwere
Verläufe bei 1800 Patienten behandelt worden. Diese angeblich schweren Verläufe könnten auch von ihr leicht behandelt werden.
Sie verfüge über die erforderliche Fachkompetenz und ausreichend Kapazitäten.
Ein qualitativer Bedarf für Ermächtigungen habe ebenfalls nicht vorgelegen. Es gebe nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür,
dass für die ambulante Behandlung der Rheumapatienten die Krankenhausärzte besser geeignet seien. Dass diese über bessere
Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen verfügen sollten, sei nicht im Ansatz erkennbar. Ein besonderes
Leistungsangebot sei durch diese auch nicht dargelegt worden.
Die früher aufgestellte Behauptung, die Beigeladene zu 3) sei auf Kollagenosen spezialisiert, sei ebenso falsch wie die Behauptung,
der Beigeladene zu 2) sei Spezialist für Bechterew. Unhaltbar sei auch die Behauptung, in ihrer Praxis könnten keine hochtoxischen
Zytostatika infundiert werden. Jeder Rheumatologe könne und dürfe schwere Verläufe behandeln. Im Übrigen könne festgestellt
werden, dass es solche Überweisungen in die Klinikambulanz so gut wie nicht gebe.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass die Beschlüsse vom 1. Juni 2016 rechtswidrig gewesen sind.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach seiner Auffassung habe er umfangreiche Ermittlungen durchgeführt. Insbesondere sei eine Befragung des Rheumatologen W.
nicht in Betracht gekommen, da er erst am selben Tag, an dem die Ermächtigungen erteilt worden seien, für R-D-Stadt zugelassen
worden sei. Seine Zulassung sei u. a. Anlass gewesen für die ungewöhnlich kurze Befristung der Ermächtigungen.
Er – der Berufungsausschuss - habe sämtliche Überweisungsdiagnosen der niedergelassenen Fachärzte für Innere Medizin mit dem
Schwerpunkt Rheumatologie ermittelt. Dabei handele es sich ausschließlich um schwere Verlaufsformen rheumatologischer Erkrankungen.
Er habe die Ermächtigungen auf solche Verlaufsformen beschränkt, weshalb offenbleiben könne, ob andere Ärzte auch bei weniger
schweren Verlaufsformen an die ermächtigten Ärzte überwiesen hätten. Die schweren Verlaufsformen rheumatologischer Erkrankungen
seien in der Anlage 3 Nr. 3 der Richtlinie des G-BA vom 16. Juni 2008 zu §
116b SGB V konkretisiert, was entsprechend in den Tenor der angefochtenen Beschlüsse übernommen worden sei. Einen Facharztfilter habe
er auch erwogen, aber schließlich verworfen, weil ein quantitativer Versorgungsbedarf festgestellt worden sei. Die niedergelassenen
Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie befänden sich nach eigener Einlassung überwiegend an ihrer
Belastungsgrenze und hätten nicht mehr zumutbare Wartezeiten, weshalb es keinen Sinn mache, die Versicherten zunächst an einen
niedergelassenen Rheumatologen zu überweisen. Auch eine Fallzahlbegrenzung habe er in Erwägung gezogen, aber nicht angeordnet,
weil dadurch eine Versorgungslücke für die Fälle entstehen könnte, bei denen es sich zwar um schwere Verlaufsformen handele,
die von den niedergelassenen Ärzten nicht mehr behandelt werden könnten, die aber die Fallzahlbegrenzung überschritten. Dies
könne für die Versicherten dazu führen, dass sie völlig in der Luft hingen. Er habe versucht, das Problem durch eine dem Gesetz
entnommene Konkretisierung der schweren Fälle zu lösen, um dadurch die Zahl der in die Ermächtigungen fallenden Fälle zu beschränken.
Dies dürfte von seinem Beurteilungsspielraum gedeckt sein. Die ermächtigten Ärzte seien im Übrigen im Gegensatz zur Klägerin
Krankenhausärzte und verfügten deshalb über die besonderen Möglichkeiten des Krankenhauses, die insbesondere bei Behandlungen
mit hochwirksamen Immunsuppressiva und zytotoxisch wirkenden Arzneimitteln oder mit Biologika, bei denen wegen hoher Toxizität
oder therapiebedingten Komplikationen eine besondere Überwachung erforderlich sei, von Bedeutung sein könnten.
Die Beigeladenen zu 1) bis 3) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie sind dem Vortrag des Beklagten vollinhaltlich beigetreten. Die Klägerin vermeide es, konkrete Daten in Bezug auf erhebliche
Kapazitäten mitzuteilen. Sie verkenne zudem den Beurteilungsspielraum des Berufungsausschusses. Der Beklagte habe alle möglichen
Erkenntnisquellen genutzt, um den Versorgungsbedarf zu ermitteln. Der Beklagte sei nicht nur verpflichtet gewesen, die Versorgung
im Planungsbereich einzubeziehen, sondern angesichts der vorliegenden Daten zum Einzugsbereich die Grenzen des Planungsbereichs
überschreitend die Versorgung zu betrachten.
Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Das SG hat mit Urteil vom 06. März 2019 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe seinen
Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Notwendigkeit von Ermächtigungen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen rheumatologischen
Versorgung rechtsfehlerfrei ausgeübt.
Der Beklagte habe den Versorgungsbedarf und das Versorgungsangebot in Bezug auf ambulante rheumatologische Leistungen hinreichend
gründlich ermittelt. Das Ergebnis der Ermittlungen habe es ihm erlaubt, beurteilungsfehlerfrei von Versorgungslücken in qualitativer
Hinsicht auszugehen, die durch persönliche Ermächtigungen geschlossen werden können. Es sei von Rechts wegen nicht ausgeschlossen,
dass im Einzelfall die von §
116 SGB V bezweckte Sicherstellung des Versorgungsanspruches des Versicherten in Ermangelung anderer Versorgungsmöglichkeiten eine
Ermächtigung für die Versorgung von Patienten außerhalb des nach Maßgabe der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung
und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BedarfsplRL-Ä) maßgeblichen Versorgungsbereiches erfordere, so dass unter Berücksichtigung des tatsächlichen „Einzugsbereiches“
der Klinik in der Vergangenheit die Befragung von Ärzten außerhalb des betroffenen Versorgungsbereiches sachdienlich gewesen
sei, um den tatsächlichen Versorgungsbedarf bzw. die Bedarfsdeckung umfassend zu klären.
Nach den Ermittlungen des Beklagten hätten sich für die einzelnen Abrechnungsquartale folgende Abrechnungsfälle des Rheumazentrums
bzw. der ermächtigten Ärzte (Summe über alle Datensätze) ergeben:
II/2015
|
|
|
Rheumazentrum:
|
1.885
|
III/2015
|
|
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Rheumazentrum:
|
1.792
|
IV/2015
|
Dr. G.:
Beigeladener zu 1):
Beigeladener zu 2):
Beigeladene zu 3):
|
127
952
603
608
|
Rheumazentrum:
|
498
|
I/2016
|
Beigeladener zu 1):
Beigeladener zu 2):
Beigeladene zu 3):
|
893
771
442
|
Rheumazentrum:
|
182
|
Sowohl aus der Befragung als auch den vom Beklagten ermittelten Überweisungsdiagnosen der niedergelassenen Fachärzte für Innere
Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie habe sich zweifelsfrei ein Bedarf - zumindest - im Umfang der Behandlung schwerer
Verlaufsformen rheumatologischer Erkrankungen ergeben. Ganz überwiegend sei ein Bedarf für eine Beteiligung der Krankenhausärzte
an der ambulanten rheumatologischen Versorgung von niedergelassenen, auch rheumatologisch arbeitenden Ärzten wie auch von
Fachärzten Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie gesehen worden.
Auch in Ansehung freier Kapazitäten der Klägerin habe der Beklagte schlicht von einer zahlenmäßigen Versorgungslücke in Bezug
auf ausreichende rheumatologische Leistungsangebote ausgehen dürfen. Sie allein habe unter Berücksichtigung der (zurückliegenden)
Behandlungsfallzahlen der ermächtigten Ärzte bzw. der Zahl der Überweisungen von Rheumatologen wie anderen hausärztlich tätigen
Ärzten auf der einen Seite und ihrer (bislang erreichten) Fallzahl auf der anderen Seite diesen Bedarf nicht sicherstellen
können. Andere niedergelassene Rheumatologen hätten nach Auswertung der Behandlungszahlen und angegebenen Wartezeiten nicht
über nennenswerte freie Ressourcen verfügt.
Die Fallzahl der im Zusammenhang mit der für A-Stadt beendeten Institutsambulanz ermächtigten Ärzte habe in I/2016 zusammengerechnet
rund 2.100 betragen. Setze man die Fallzahl der Klägerin I/2016 von 601 bzw. nach eigenen Angaben 597 entgegen, könnte sie
den zusätzlichen Anfall der Patienten im Falle der Versagung persönlicher Ermächtigungen bereits von der Zahl her nicht allein
decken.
Einer zukünftigen Veränderung der Versorgungslage aufgrund der Zulassung von Dr. W. habe der Beklagte durch die Befristung
der Ermächtigung bis zum 30. Juni 2017 Rechnung getragen. Für den Beklagten sei im Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht sicher
abschätzbar gewesen, wie schnell und in welchem Umfang er zur Verstärkung der rheumatologischen Versorgung zukünftig beitragen
werde. Es sei allgemein bekannt, dass Vertragsärzte in einer Anlaufphase zunächst weniger Fälle als der Durchschnitt der Fachkollegen
versorgen.
Die Ermächtigungen seien hinsichtlich ihres Umfanges hinreichend bestimmt gewesen, indem sich der Beklagte an den Richtlinien
des GBA zu §
116b SGB V und der Konkretisierung schwerer Verlaufsformen orientiert habe.
Rechtswidrig seien die Ermächtigungen auch nicht wegen eines fehlenden Facharztfilters. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung
zum sog. Facharztfilter bestünden gute Gründe, die Ermächtigung nicht an die Überweisung durch niedergelassene Rheumatologen
oder rheumatologisch tätige Ärzte zu knüpfen. Denn die für die Überweisung in Frage kommenden Rheumatologen stünden nach den
Feststellungen des Beklagten nicht in ausreichender Zahl bzw. in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Insoweit lägen die Dinge
gerade nicht so, dass die Versorgung - wie vom BSG formuliert - weder unter quantitativen noch unter qualitativen Gesichtspunkten Defizite aufweise. Arbeiteten die übrigen
niedergelassenen Rheumatologen bereits an ihrer Kapazitätsgrenze und bestünden für die Patienten unzumutbare Wartezeiten bzw.
wären bei einem Facharztfilter in noch größeren Umfang zu erwarten, entstünden durch ihre Zwischenschaltung für die Versicherten
unzumutbare Verzögerungen.
Dem Vorrang der niedergelassenen Ärzte gegenüber einer von einem Bedarf bzw. einer Versorgungslücke abhängigen Ermächtigung
habe der Beklagte ausreichend durch die vorgenommene inhaltliche Einschränkung auf schwere Verlaufsformen Rechnung getragen.
Im Falle einer Versorgungslücke unterliege die Art und Weise der Lückenschließung seinem Beurteilungsspielraum. Anstelle einer
Festlegung auf schwer kalkulierbare, ebenso angreifbare Fallzahlen – wie die unterschiedlichen Fallzahlregelungen zeigen,
um die Beteiligten in diversen Eilverfahren gerungen und auf die sie sich geeinigt haben -, habe der Beklagte sich folgerichtig
dafür entschieden, den Ermächtigungsumfang nach Maßgabe des ermittelten Bedarfs festzulegen und zu begrenzen, nämlich einerseits
nach dem Inhalt bzw. Anlass der von anderen niedergelassenen Rheumatologen an das Rheumazentrum bzw. die ermächtigten Ärzte
ausgestellten Überweisungen in schwierigen Fällen, andererseits nach der hohen Zahl „unmittelbarer“ Überweisungen aus dem
niedergelassenen Bereich unter Umgehung der Rheumatologen, weil deren Kapazitäten weitgehend ausgeschöpft seien. Der Beklagte
habe durchaus erwarten können, dass auch ohne Fallzahlbegrenzung bereits mit der gegenüber den Beschlüssen des Zulassungsausschusses
erstmalig vorgenommenen Eingrenzung der Ermächtigungen auf schwere Verlaufsformen eine weitere „Umverteilung“ in den niedergelassenen
Bereich insoweit stattfindet, dass im Übrigen die Versicherten von den niedergelassenen Rheumatologen behandelt werden. Aus
der Befragung der Ärzte und deren Überweisungsverhalten hätten sich für den Beklagten jedenfalls zunächst eindeutige Hinweise
ergeben, dass die Institutsermächtigung in der Vergangenheit eine wichtige Rolle in der ambulanten rheumatologischen Versorgung
gespielt habe.
Gegen das am 23. Mai 2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. Juni 2019 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie
aus, der Beklagte habe seine Entscheidung mit einer Versorgungslücke in qualitativer Hinsicht betreffend die fachärztliche
rheumatologische Versorgung begründet, sich hierbei allerdings allein auf das Überweisungsverhalten der rheumatologisch tätigen
Ärzte gestützt, was ermessensfehlerhaft sei.
Der räumliche Bereich, für den das Vorliegen eines die vertragsärztliche Versorgung sicherstellenden Versorgungsangebot zu
klären sei, sei grundsätzlich der Planungsbereich, Die Einbeziehung der in anderen Planungsbereichen bestehenden Versorgungsangebote
oder -defizite komme nur in Ausnahmefällen in Betracht, zB im Falle von Subspezialisierungen. Diese seien jedoch nicht erkennbar.
Die Beigeladenen zu 1) bis 3) hätten nach eigenen Angaben im Quartal 1/2016 insgesamt 907 Patienten aus dem Bereich A-Stadt
behandelt (Hansestadt A-Stadt und Landkreis A-Stadt), sodass entscheidend sei, ob diese 907 Patienten nicht von den niedergelassenen
Ärzten hätten behandelt werden können. Dies habe der Beklagte nicht hinreichend ermittelt. Der Beklagte habe stattdessen auf
das Überweisungsverhalten abgestellt, dieses aber nicht quantifiziert. Tatsächlich hätten einzelne der niedergelassenen Rheumatologen
in A-Stadt in 2 Quartalen nur 24 Fälle an das Rheumazentrum bzw. die Beigeladenen zu 1) - 3) überwiesen. Diese geringe Zahl
trage es nicht, nur wegen des Überweisungsverhaltens einzelner Ärzte in wenigen Fällen von einer Versorgungslücke auszugehen.
Und warum es für die Behandlung von ca. 50 Patienten im Jahr der Ermächtigung von gleich drei Ärzten bedürfe, erkläre der
Beklagte ebenfalls an keiner Stelle.
Soweit der Beklagte von einer Versorgungslücke bei der Behandlung schwerer Verlaufsformen spreche, fehle es an entsprechenden
Ermittlungen zu eben diesen von dem Rheumazentrum bzw. den Beigeladenen zu 1) - 3) erbrachten Fallzahlen. Ein wesentlicher
Teil der im Rheumazentrum behandelten Patienten sei zunächst zur Diagnoseerstellung und -sicherung behandelt und nach der
Wahl der entsprechenden Therapie vielfach, insbesondere soweit es sich nicht um komplizierte und schwerwiegende Erkrankungen
handelte, in den hausärztlichen und fachärztlichen Bereich entlassen worden.
Auch sei die Nichtaktivierung eines Facharztfilters ermessensfehlerhaft. Es liege allenfalls der Fall vor, in dem zwar eine
quantitativ und qualitativ ausreichende Versorgung durch niedergelassene Ärzte gegeben sei, es aber dennoch sinnvoll sein
könne, die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen des Krankenhausarztes oder die überlegene technische Ausstattung des Krankenhauses
für die ambulante Behandlung nutzbar zu machen. Dabei habe das BSG bereits angedeutet und in späteren Entscheidungen näher ausgeführt, dass eine solche Ermächtigung - insbesondere zur Ermöglichung
einer konsiliarischen Inanspruchnahme - nur unter der Voraussetzung zu tolerieren sei, dass durch die Festlegung des zulässigen
Leistungsumfangs und durch eine sachgerechte Eingrenzung des Kreises der zuweisungsberechtigten Ärzte der Vorrang der frei
praktizierenden Gebietsärzte gewahrt werde. Im Übrigen würde der Facharztfilter entgegen der Auffassung des Beklagten nicht
"einer Verweigerung ärztlicher Behandlung gleichstehen", sondern nur sicherstellen, dass nur solche (schweren) Fälle an die
ermächtigten Ärzte überwiesen werden müssen, die von Fachärzten nicht mehr geleistet werden können.
Die Klägerin beantragt:
Das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 06. März 2019 wird aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass die Beschlüsse des Beklagten vom 01. Juni 2016 rechtswidrig gewesen sind.
Der Beklagte beantragt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin gehe fälschlicherweise davon aus, dass kein Fall einer Subspezialisierung vorliege und deshalb bei der Bedarfsprüfung
von außen einströmende Patienten nicht zu berücksichtigen seien. Die Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie
oder die Fachärzte für Innere Medizin und Rheumatologie seien eine Subspezialisierung der Fachärzte für Innere Medizin. Im
Übrigen seien bei der Bedarfsprüfung immer auch die einpendelnden Patienten zu berücksichtigen, was das BSG aus dem Recht der freien Arztwahl folgere, das nicht auf Subspezialisierungen beschränkt sei (vgl. BSG, Urteil vom 08. Dezember 2010 - B 6 KA 36/09 R).
Weshalb der Berufungsausschuss hätte prüfen müssen, wieviel schwere Fälle das Rheumazentrum im Rahmen der vorherigen Institutsermächtigung
abgerechnet habe, werde nicht deutlich. Es seien aber Feststellungen dazu getroffen worden, in welcher Zahl Patienten an das
Rheumazentrum überwiesen worden waren und welche Ärzte Patienten an das Rheumazentrum überwiesen haben. Es sei auch ermittelt
worden, welche freien Kapazitäten bei den niedergelassenen Fachärzten für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie
bzw. bei den Fachärzten für Innere Medizin und Rheumatologie bestanden haben, und aus dem Missverhältnis zwischen den Fallzahlen
des Rheumazentrums und den zur Verfügung stehenden freien Kapazitäten im niedergelassenen Bereich auf die Notwendigkeit der
beantragten persönlichen Ermächtigungen geschlossen worden.
Mit der Beschränkung der Ermächtigungen auf schwere Verlaufsformen habe der Berufungsausschuss lediglich die im Rahmen der
Ermächtigungen abgerechneten Fallzahlen im Interesse der im niedergelassenen Bereich noch bestehenden geringen freien Kapazitäten
reduzieren wollen. Er sei keinesfalls davon ausgegangen, dass die niedergelassenen Rheumatologen nicht in der Lage seien,
auch schwere Fälle zu behandeln. Er sei aber davon ausgegangen, dass die Ermächtigungen zumindest für schwere Fälle erforderlich
seien, weil die niedergelassenen Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie bzw. die niedergelassenen
Fachärzte für Innere Medizin und Rheumatologie ganz überwiegend keine freien Kapazitäten mehr gehabt und an ihrer Belastungsgrenze
gearbeitet hätten. Letzteres habe sich aus ihren Wartezeiten, ihren Fallzahlen und ihren eigenen Auskünften ergeben.
Was schließlich den Facharztfilter betreffe, mache es einfach keinen Sinn, einen Facharztfilter anzuordnen, wenn die betroffenen
Fachärzte zu lange Wartezeiten haben und selber überlastet seien. Ein Facharztfilter würde bei solcher Versorgungslage einer
Verweigerung ärztlicher Behandlung gleichstehen.
Die Beigeladenen zu 1) bis 3) beantragen:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug
genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
Die von der Klägerin zunächst als Anfechtungsklage (§
54 Abs.
1 Alt. 1
SGG) erhobene und zuletzt im Wege der sachdienlichen Klageänderung (§
99 Abs.
1 Alt 2
SGG) zur gerichtlichen Entscheidung gestellte Fortsetzungsfeststellungsklage (§
131 Abs.
1 Satz 3
SGG) ist zulässig.
Gemäß §
131 Abs.
1 Satz 3
SGG ist die Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft, wenn sich ein mit der Anfechtungsklage angegriffener Verwaltungsakt während
eines laufenden Klageverfahrens durch Zurücknahme oder anders erledigt und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser
Feststellung hat. Die mit den angefochtenen Beschlüssen des Beklagten erteilten Ermächtigungen der Beigeladenen zu 1) bis
3) haben sich mit Ablauf der ausgesprochenen Befristung zum 30. Juni 2017 durch Zeitablauf erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X). Das nach §
131 Abs.
1 Satz 3
SGG erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist unter dem Gesichtspunkt der Vorgreiflichkeit für die von der Klägerin
bereits erhobene Schadensersatzklage gegen die beigeladene KV, über deren Erfolgsaussichten der Senat nicht zu befinden hat,
gegeben. Auch die Anfechtungsbefugnis der Klägerin steht nicht ernsthaft infrage, eine reale Konkurrenzsituation bestand zweifellos
(vgl. BSG, Urteil vom 17. Oktober 2007 – B 6 KA 42/06 R –, juris).
In der Sache erweist sich das Begehren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beschlüsse des beklagten Ausschusses vom
1. Juni 2016 als begründet. Die aus dem Tenor ersichtliche Einschränkung folgt aus dem Umstand, dass die Klägerin bereits
ihren Widerspruch gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses betreffend die Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) beschränkt
und der Beklagte im angefochtenen Beschluss entsprechend festgestellt hatte, dass er insoweit keine (eigene) Entscheidung
treffe, die Beschlüsse des Beklagten aber gleichwohl an die Stelle der Beschlüsse des Zulassungsausschusses getreten sind.
Rechtsgrundlage der Entscheidung des Beklagten bildet §
116 SGB V in Verbindung mit § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV. Nach diesen Vorschriften können Krankenhausärzte mit abgeschlossener Weiterbildung mit Zustimmung des Krankenhausträgers
vom Zulassungsausschuss zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt werden. Die Ermächtigung
ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs-
und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird. Dabei besteht
zwischen den Teilnahmeformen Zulassung und Ermächtigung ein rangförmiges Verhältnis: Priorität hat die Zulassung nach §
95 Abs.
1 und
3 SGB V, welche zur umfassenden vertragsärztlichen Leistungserbringung innerhalb eines Fachgebiets berechtigt.
Ermächtigungen kommen mithin dann in Betracht, wenn die ambulante Versorgung von den niedergelassenen Ärzten und den Medizinischen
Versorgungszentren nicht gewährleistet ist (BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 mwN). Eine Versorgungslücke kann sich nach der Rechtsprechung entweder daraus ergeben, dass in einem bestimmten Bereich
zu wenige niedergelassene Ärzte vorhanden sind, um den Bedarf zu decken – Ermächtigung aus quantitativ-allgemeinen Gründen
(BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 4; SozR 4-2500 § 116 Nr 3). Beurteilungsgrundlage sind dabei die Sollzahlen des für den Planungsbereich maßgebenden Bedarfsplans, da sich der
quantitative Bedarf ansonsten nicht zuverlässig ermitteln lässt. Maßgeblich ist die Gruppe der jeweiligen Gebietsärzte, nicht
aber der Bedarf in den Teilgebieten (BSG, Urteil vom 14. Juli 1993 – 6 RKa 71/91 -, juris).
Eine Versorgungslücke kann sich aber auch daraus ergeben, dass ein Krankenhausarzt besondere, für eine ausreichende Versorgung
notwendige Untersuchungs- und Behandlungsmethoden anbietet, die von den niedergelassenen Ärzten nicht bzw. nicht in erforderlichem
Umfang erbracht werden – Ermächtigung aus qualitativ-speziellen Gründen (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 4; SozR 4-2500 § 116 Nr 3). Ein qualitativer Bedarf ist dabei nicht bereits dann anzunehmen, wenn der Krankenhausarzt betont, dass er im Vergleich
zu den niedergelassenen Vertragsärzten höher qualifiziert sei. Besondere Kenntnisse und Erfahrungen führen nur dann zu einer
Ermächtigung, wenn sie sich in einem besonderen Leistungsangebot niederschlagen, welches bei den Vertragsärzten nicht oder
nicht ausreichend angeboten wird (BSG, Urteil vom 27. Juni 2001 – B 6 KA 39/00 R –, juris). Daneben kann eine Ermächtigung auch erteilt werden um Vertragsärzten ausnahmsweise Überweisungen zu ermöglichen,
wenn sie im Einzelfall trotz eines an sich zahlenmäßig und qualitativ ausreichenden vertragsärztlichen Leistungsangebots wegen
der Schwierigkeit der Diagnose oder Behandlung die Zuziehung eines erfahreneren und besonders qualifizierten Krankenhausarztes
für geboten erachten (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 6 und Nr 12). Will der Arzt ein besonderes Leistungsangebot geltend machen, muss er es detailliert darlegen (so unter
Berücksichtigung der Rspr. des BSG: Köhler-Hohmann in jurisPK-
SGB V, 4. Aufl. <Stand: 3. August 2020>, §
116 Rn. 32 ff.).
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG steht bei der Klärung des Versorgungsbedarfes den Zulassungsgremien ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum
zu. Die ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen können nämlich nur ungefähr entscheiden, ob und inwieweit die bereits niedergelassenen
Ärzte eine ausreichende Versorgung gewährleisten, da zur Beantwortung dieser Frage eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung
einzubeziehen sind. Dies rechtfertigt es, den Zulassungsgremien einen Beurteilungsspielraum zuzugestehen und deren Entscheidung
hinzunehmen, solange sie sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung hält. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich daher
darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die durch Auslegung
des Begriffs "Versorgungsbedarf" zu ermittelnden Grenzen eingehalten und ob die Subsumtionserwägungen so hinreichend in der
Begründung der Entscheidung verdeutlicht wurden, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe
erkennbar und nachvollziehbar ist. Die Zulassungsgremien haben einen Beurteilungsspielraum vor allem bei der schlussfolgernden
Bewertung, ob und inwieweit der Versorgungsbedarf bereits durch das Leistungsangebot der zugelassenen Ärzte gedeckt ist oder
ob noch ein Versorgungsbedarf besteht (vgl. nur: BSG, Urteil vom 28. Oktober 2015 – B 6 KA 43/14 R -, juris mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
Bei Anwendung dieser Maßstäbe waren die Entscheidungen des Beklagten rechtswidrig. Der Beklagte hat den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum
überschritten, indem er mit Beschlüssen vom 1. Juni 2016 zahlenmäßig unbeschränkte Ermächtigungen erteilt hat. Die Ermittlungen
des Beklagten sind keine hinreichende Grundlage für seine Entscheidung, aufgrund des von ihm angenommenen Versorgungsdefizits
drei Ermächtigungen ohne Fallzahlbegrenzung und ohne Facharztfilter zu erteilen.
Vorliegend kam allein eine Ermächtigung wegen eines qualitativ-speziellen Bedarfs in Betracht. Ein quantitativ-allgemeiner
weiterer Bedarf bestand vorliegend nicht, weil im maßgeblichen Planungsbereich Mittleres Mecklenburg/A-Stadt die Sollzahlen
in Bezug auf die Zulassung von Internisten erfüllt waren.
Der Beklagte hat bereits bei der Feststellung des Bestehens bzw. Umfangs einer Versorgungslücke die für die Bedarfsprüfung
maßgeblichen Rechtsmaßstäbe verkannt, indem er bei der Prüfung der Versorgungssituation in Bezug auf rheumatologische Leistungsangebote
der Fachärzte für Innere Medizin und Rheumatologie bzw. mit dem Schwerpunkt Rheumatologie auf das gesamte Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern
abgestellt hat.
Der räumliche Bereich, für den zu klären ist, ob ein die vertragsärztliche Versorgung sicherstellendes Versorgungsangebot
vorliegt, ist grundsätzlich der Planungsbereich, in dem der Krankenhausarzt praktiziert (BSG, Urteil vom 19. Juli 2006 – B 6 KA 14/05 R –, juris). Die Einbeziehung der in anderen Planungsbereichen bestehenden Versorgungsangebote oder -defizite kommt nur in
Ausnahmefällen in Betracht. Das BSG bezeichnet als mögliche Ausnahmen, dass der Versorgungsbedarf in einem Planungsbereich von nur geringer räumlicher Ausdehnung
durch leicht und schnell erreichbare Versorgungsangebote der angrenzenden Bereiche gedeckt wird oder im Fall eines atypisch
zugeschnittenen Planungsbereichs (BSG a. a. O. Rz. 19). Eine solche Konstellation ist aber vorliegend aufgrund der Größe der Planungsbereiche in Mecklenburg-Vorpommern
und der damit verbundenen räumlichen Entfernungen ersichtlich nicht gegeben.
Für die hier in Rede stehende spezialisierte fachärztliche Versorgung sind die maßgeblichen Planungsbereiche die Raumordnungsregionen
(§ 13 Abs. 3 BedarfsplRL-Ä). Deren Definition ist von der KVMV für M-V in (geringfügiger, einige Gebietszuordnungen betreffender)
Abweichung von den Maßgaben des Bundesinstitutes für Bau, Stadt- und Raumforschung anhand der Abgrenzung in „Planungsregionen“
durch das Ministerium für Energie und Raumordnung M-V vorgenommen worden (B. II. 3. b) des Bedarfsplans für den Bereich der
KVMV, Stand: 15. Mai 2013). Für den KV-Bezirk (Q. einschließlich Amt Neuhaus) bestehen lediglich vier Raumordnungsregionen/Planungsregionen:
Westmecklenburg, Mittleres Mecklenburg/A-Stadt, Vorpommern und Mecklenburgische Seenplatte. Mit Ausnahme der Region Mittleres
Mecklenburg/A-Stadt, die mit ca. 3.612 km eine Fläche nahe dem Durchschnittswert aller Raumordnungsregionen im Bundesgebiet
von 3.724 km aufweist, sind die drei weiteren Raumordnungsregionen in Mecklenburg-Vorpommern mit 5.495 km (Mecklenburgische
Seenplatte) bzw. über 7.000 km (Westmecklenburg und Vorpommern) weitaus größer als der Bundesdurchschnitt. Alle Flächenangaben
sind den Daten des Statistischen Bundesamtes (https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Regionales/Gemeindeverzeichnis/Administrativ-Nicht/31-raumordnungsregionen.html)
entnommen.
Zu beachten ist weiter, dass die Hansestadt A-Stadt im zentralen nördlichen Bereich des maßgeblichen Planungsbereichs liegt
und eine gewisse räumliche und infrastrukturelle Nähe allenfalls zu den nordwestlichen Teilen des Planungsbereichs/der Raumordnungsregion
Vorpommern und zu den nordöstlichen Teilen des Planungsbereichs/der Raumordnungsregion Westmecklenburg aufweist. Die räumliche
Entfernung zum Planungsbereich/zur Raumordnungsregion Mecklenburgische Seenplatte ist hingegen so groß, dass auch bei Verfügbarkeit
eines privaten Pkw Fahrzeiten von wenigstens einer Stunde erforderlich sind, um auch nur die Grenzen dieser Raumordnungsregion
zu erreichen, während bis zum dortigen Oberzentrum Neubrandenburg Fahrzeiten von annähernd zwei Stunden erforderlich sind.
Soweit öffentliche Verkehrsmittel benutzt werden, erhöhen sich diese Zeiten nochmals deutlich.
Es ist damit weder von Planungsbereichen von nur geringer räumlicher Ausdehnung noch von leicht und schnell erreichbaren Versorgungsangeboten
in angrenzenden Planungsbereichen auszugehen, sondern im Gegenteil von jeweils überdurchschnittlich hohen Werten.
Auch soweit der Beklagte auf das Vorliegen einer Subspezialisierung verweist und hieraus ableitet, die vorhandenen Versorgungsangebote
bzw. -defizite in den benachbarten bzw. angrenzenden Bereichen seien zu berücksichtigen, geht dies fehl. Eine Subspezialisierung
einhergehend mit speziellen Leistungen mit geringer Nachfrage, bei denen eine Verweisung auf Versorgungsangebote anderer Bereiche
möglich oder gar geboten sein könnte (vgl. BSG, Urteil vom 19. Juli 2006 – B 6 KA 14/05 R –, juris Rz. 19), liegt in Bezug auf rheumatologische Leistungen nicht vor. Diese werden üblicherweise wohnortnah erbracht,
sodass Versicherte nicht auf weit entfernte gelegene Standorte benachbarter Planungsbereiche verwiesen werden können. Nach
der Systematik der BedarfsplRL-Ä ist eine räumlich weitergehende Planung (KV-Bezirk) erst für die gesonderte fachärztliche
Versorgung vorgesehen (§ 14 Abs. 3 Satz 2). Subspezialisierungen innerhalb der fachärztlich tätigen Internisten fanden hingegen
seinerzeit nicht und finden auch derzeit (seit 2019) lediglich im Rahmen von § 13 Abs. 6 dahingehend Berücksichtigung, dass
Mindest- und Höchstversorgungsanteile im Sinne von 101 Abs. 1 Satz 8
SGB V festgelegt werden. Eine Änderung der maßgeblichen Planungsbereichsebene ist hiermit nicht verbunden.
Es kann dahinstehen, ob der Auffassung des SG folgend eine Ermächtigung auch wegen eines Versorgungsdefizits in anderen Planungsbereichen in Betracht kommt, soweit keine
anderen, näher gelegenen Leistungserbringer in ausreichender Zahl für die betroffenen Versicherten zur Verfügung stehen und
deshalb im Einzelfall die von §
116 SGB V bezweckte Sicherstellung der Versorgung in Ermangelung anderer Versorgungsmöglichkeiten eine Ermächtigung für die Versorgung
von Patienten außerhalb des nach Maßgabe der BedarfsplRL-Ä maßgeblichen Versorgungsbereiches erfordert. Denn es ist nichts
dafür ersichtlich, dass der Beklagte überhaupt geprüft hat, ob und inwieweit ein Versorgungsdefizit in den angrenzenden Planungsbereichen
anderweitig, nämlich durch dort zu erteilende Sonderbedarfszulassungen bzw. Ermächtigungen kurzfristig behoben werden könnte.
Die Fallzahlen im ersten Quartal 2016 der ermächtigten Ärzte einerseits und der Klägerin anderseits ließen jedenfalls nicht
den Schluss zu, dass es zur Sicherstellung der Versorgung im Planungsbereich Mittleres Mecklenburg/A-Stadt der Erteilung von
drei Ermächtigungen am Standort A-Stadt bedurfte. Es bestand eine Deckungslücke von allenfalls wenigen 100 Fällen. Die Fallzahl
der im Zusammenhang mit der für A-Stadt beendeten Institutsambulanz ermächtigten Ärzte betrug in I/2016 nach Angaben der Beigeladenen
zu 1) bis 3) zusammen 1384, was sich im Wesentlichen mit den vom Beklagten ermittelten Zahlen deckt. Anders als vom SG angenommen, ist nicht von insgesamt 2.100 Fällen auszugehen, denn dies berücksichtigt nicht, dass der Beigeladene zu 1) in
720 Fällen auf Überweisung der Beigeladenen zu 2) und 3) tätig geworden ist. Die Fallzahl der Klägerin lag in I/2016 bei 601
bzw. nach eigenen Angaben bei 597. Unter Zugrundelegung eines Fachgruppendurchschnitts der niedergelassenen internistisch
tätigen Rheumatologen in Mecklenburg-Vorpommern von 1.246 (vgl. Beschlüsse des Zulassungsausschusses vom 7. Oktober 2015 in
der Fassung der Beschlüsse vom 25. November 2015) war von einer freien Kapazität der Klägerin von weiteren rund 650 Fällen
auszugehen. Zeitgleich ist mit den hier streitigen Ermächtigungen zudem eine Sonderbedarfszulassung für Dr. W. im Umfang eines
halben Versorgungsauftrages in R-D-Stadt und damit in unmittelbarer Nähe zu A-Stadt erteilt worden, der ebenfalls einen nicht
unerheblichen Teil der zuvor von den ermächtigten Ärzten behandelten Patienten aufnehmen konnte. Unter Berücksichtigung des
Umstandes, dass von den durch die ermächtigten Ärzte im Quartal I/2016 behandelten Patienten auf die Stadt und den Landkreis
A-Stadt insgesamt 907 und das benachbarte R-D-Stadt weitere 102 entfielen, kann – unabhängig vom Vorhandensein etwaiger freier
Kapazitäten von Prof. N. (Bad Doberan und Stralsund) - rein zahlenmäßig nicht von einer Versorgungslücke ausgegangen werden,
die die Ermächtigung von gleich 3 Krankenhausärzten rechtfertigen könnte. Vielmehr bedurfte es einer Bestimmung zum Umfang
der erteilten Ermächtigungen, die der erforderlichen mengenmäßigen Begrenzung der Fälle im Hinblick auf die vorrangige Bedarfsdeckung
durch niedergelassene Vertragsärzte hinreichend Rechnung trägt. Eine solche Bestimmung fehlt indes. Eine Fallzahlbegrenzung
ist nicht festgelegt worden. Soweit der Beklagte eine zahlenmäßige Begrenzung durch Beschränkung der Ermächtigungen auf die
Diagnostik und Behandlung schwerer Verlaufsformen vornehmen wollte, fehlt es an Ermittlungen dazu, in welchem Umfang Patienten
mit „schweren Verlaufsformen“ in der Vergangenheit an das Rheumazentrum bzw. zuletzt an die ermächtigten Ärzte überwiesen
bzw. dort behandelt worden sind. Ohne diesbezügliche Feststellungen war jedoch schlicht nicht abschätzbar, mit welchen Fallzahlen
bei einer derartigen Beschränkung gerechnet werden konnte.
Auch soweit der Beklagte auf einen besonderen Bedarf im Hinblick auf die Behandlung schwerer Krankheitsverläufe abgestellt
und die Ermächtigungen erteilt hat, um zu ermöglichen, dass wegen der Schwierigkeit der Diagnose oder Behandlung ausnahmsweise
auf die Erkenntnisse und Erfahrungen der Krankenhausärzte zurückgegriffen werden kann, tragen die diesbezüglichen Ermittlungen
und die Begründung der angefochtenen Beschlüsse die Entscheidung des Beklagten nicht.
Die vom Beklagten durchgeführte Befragung der niedergelassenen rheumatologisch tätigen Fachärzte und die ermittelten Überweisungsdiagnosen
ließen zwar einen Bedarf im Bereich der Behandlung schwerer Verlaufsformen rheumatologischer Erkrankungen erkennen. Aus den
schriftlichen Stellungnahmen der vom Beklagten zu Wartezeiten und Überweisungsverhalten befragten Ärzte ergab sich, dass überwiegend
ein Bedarf für eine Beteiligung der Krankenhausärzte auch von rheumatologisch tätigen Fachärzten gesehen wurde und diese Überweisungen
in komplexen, schwierigen Fällen, bei schweren Verlaufsformen und seltenen Krankheitsbildern an das Rheumazentrum des Südstadt
Klinikums bzw. die Beigeladenen zu 1) bis 3) getätigt haben. Allerdings erfolgten nach den Ermittlungen des Beklagten Überweisungen
von diesen Ärzten an das Rheumazentrum des Südstadt Klinikums im Zeitraum I/2015 bis III/2015 nur vereinzelt (10/10/5), ebenso
an die beigeladenen Ärzte im 4. Quartal 2015 (17) und 1. Quartal 2016 (19). Mehrheitlich wurden die Versicherten von anderen
niedergelassenen Ärzten überwiesen, von denen auch nur wenige die Genehmigung zur Abrechnung der Zusatzpauschale internistische
Rheumatologie bzw. Funktionsdiagnostik (GOP 13700 und 13701) besitzen. Die tatsächlichen Überweisungszahlen belegen damit, dass die Fachärzte zweifelsohne in der Lage
gewesen sind, schwere Verlaufsformen ganz überwiegend selbst zu behandeln.
Zwar spricht die geringe Anzahl an Überweisungen nicht gegen die Annahme eines besonderen qualitativen Versorgungsbedarfes
für die Behandlung „schwerer Verlaufsformen“. Zur Sicherstellung der Versorgung kann auch eine nur zahlenmäßig geringe Nachfrage
von Leistungen der Krankenhausärzte erforderlich sein. Allerdings reichen nach der Rechtsprechung des BSG die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen eines Krankenhausarztes für sich allein noch nicht aus, um eine Ermächtigung zur
vertragsärztlichen Versorgung zu rechtfertigen. Für die vertragsärztliche Versorgung können diese speziellen Kenntnisse und
Erfahrungen erst von Bedeutung sein, wenn sie sich in einem besonderen Leistungsangebot niederschlagen (BSG, Urteil vom 27. Juni 2001 – B 6 KA 39/00 R –, juris). Ein besonderes Leistungsangebot wurde durch die Beigeladenen zu 1) bis 3) jedoch nicht geltend gemacht, ein solches
lässt sich auch den Beschlüssen des Beklagten nicht entnehmen. Jedenfalls aber hätte der Beklagte wegen des angenommenen speziellen
qualitativen Versorgungsbedarfs im Hinblick auf die Behandlung schwerer Verlaufsformen rheumatologischer Erkrankungen die
Ermächtigungen vorliegend dahingehend eingrenzen müssen, dass die Beigeladenen nur auf Überweisung von Fachärzten tätig werden
können. Nach der Rechtsprechung des BSG ist es zulässig und geboten, die Überweisungsbefugnis den spezialisierten Gebietsärzten vorzubehalten („Facharztfilter“),
wenn das Leistungsangebot der zugelassenen Vertragsärzte weder unter quantitativen noch unter qualitativen Gesichtspunkten
Defizite aufweist und die Ermächtigung lediglich eine Einschaltung des Krankenhausarztes in besonderen Problemfällen ermöglichen
soll (BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 6 KA 6/15 R –, juris Rn. 49 mwN). In Abgrenzung dazu darf nach der Rechtsprechung des BSG die Ermächtigung eines Krankenhausarztes in Fällen eines quantitativ oder qualitativ unzureichenden Leistungsangebots der
niedergelassenen Vertragsärzte grundsätzlich nicht auf die Überweisung durch Fachkollegen beschränkt werden. Dem liegt der
Gedanke zu Grunde, dass durch die Zwischenschaltung eines Gebietsarztes, der die Überweisung vornimmt, nur Verzögerungen und
Kosten entstehen würden, wenn von vornherein feststeht, dass dieser die erforderlichen Leistungen nicht selbst erbringen kann.
Der Facharztfilter dient dazu, die Befugnis zur Überweisung denjenigen Fachärzten vorzubehalten, die aufgrund ihrer Ausbildung
und der Ausrichtung ihrer Tätigkeit für die Behandlung der infrage kommenden Erkrankungen in erster Linie zuständig sind und
ist Ausdruck der Nachrangigkeit der Ermächtigungen.
Vorliegend kann zwar davon ausgegangen werden, dass nach dem Auslaufen der Institutsermächtigung eine – wenn auch zahlenmäßig
geringe – Versorgungslücke in Bezug auf rheumatologische Leistungen entstanden ist. Allerdings haben selbst die vom Zulassungsausschuss
befragten niedergelassenen Rheumatologen ganz überwiegend lediglich ein Bedürfnis dafür gesehen, bestimmte komplizierte Fälle
rheumatologischer Erkrankungen an die Beigeladenen zu 1) bis 3) überweisen zu können. Zur Deckung dieses speziellen qualitativen
Versorgungsbedarfs bedurfte es keiner generellen Ermächtigungen auf Überweisung durch alle Vertragsärzte. Vielmehr war es
erforderlich, durch eine sachgerechte Eingrenzung des Kreises der zuweisungsberechtigten Ärzte dem Vorrang der frei praktizierenden
Gebietsärzte Rechnung zu tragen. Durch die erteilten Ermächtigungen auf Überweisung durch alle Vertragsärzte würde es ermöglicht,
dass der überweisende Arzt nach eigenem Ermessen über die Notwendigkeit der Einschaltung des Krankenhausarztes befinden und
den spezialisierten Facharzt übergehen könnte. Eine Einschaltung von Krankenhausärzten in die ambulante vertragsärztliche
Versorgung ist aber grundsätzlich erst dann gerechtfertigt, wenn die Möglichkeiten der zugelassenen Vertragsärzte ausgeschöpft
sind.
Wenn der Beklagte gegen diesen Facharztfilter geltend macht, angesichts der sich an ihrer Belastungsgrenze befindlichen niedergelassenen
Fachärzte für Innere Medizin und Rheumatologie bzw. mit dem Schwerpunkt Rheumatologie mache es keinen Sinn, die Versicherten
zunächst an einen niedergelassenen Rheumatologen zu überweisen, ist dem entgegenzuhalten, dass regelmäßig nur die Gebietsärzte
selbst beurteilen können dürften, ob sie in besonderen, schwierigen Fällen die erforderlichen Leistungen erbringen können
oder nicht. Insoweit steht gerade nicht von vornherein fest, dass der zwischengeschaltete Gebietsarzt die erforderlichen Leistungen
nicht selbst erbringen kann. Angesichts der geringen Fallzahl der von den Fachärzten für erforderlich gehaltenen Überweisungen
an das Rheumazentraum des Südstadt Klinikums bzw. an die Beigeladenen zu 1) bis 3) kann zudem nicht davon ausgegangen werden,
dass die Erstdiagnostik und Beurteilung, ob eine Überweisung an die ermächtigten Ärzte erforderlich ist, in den hier in Rede
stehenden Fällen von den Fachärzten nicht mehr leistbar gewesen wäre.
Hiernach beruht die Entscheidung des Beklagten auf einer unzutreffenden Anwendung der einschlägigen Beurteilungsmaßstäbe,
da nach dem Ergebnis der eigenen Ermittlungen von einem allenfalls geringfügigen ungedeckten Versorgungsbedarf im Planungsbereich
ausgegangen werden konnte, der in keinerlei Verhältnis zu den drei unbeschränkt erteilten Ermächtigungen stand. Es kann daher
dahinstehen, ob sich der Beklagte bewusst oder unbewusst, indem er die Stellungnahmen zahlreicher, insbesondere selbst nicht
im Schwerpunkt rheumatologisch tätiger Ärzte zu eigen gemacht hat, letztlich auch auf sachfremde Erwägungen gestützt und sich
anstelle vom aktuell maßgeblichen Planungsrecht von den überkommenen Verhältnissen hat leiten lassen. In diesen Stellungnahmen
kommt mehr oder weniger deutlich der Wille zum Ausdruck, an „bekannten und bewährten“ Verhältnissen festzuhalten, in welchen
Erkrankungen des rheumatologischen Formenkreises aus dem gesamten KV-Bezirk im Zweifel dem Rheuma-Zentrum in A-Stadt zugewiesen
wurden. Dieser Beweggrund ist jedoch auch dann kein bei der Bedarfsplanung berücksichtigungsfähiger Aspekt, wenn er im tatsächlichen
Einzugsbereich der Klinik in der Vergangenheit zum Ausdruck kommt.
Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor, §
160 Abs.
2 SGG.