Endgültige Festsetzung von Leistungsansprüchen nach dem SGB II
Anrechnung von Einkommen eines Leistungsempfängers
Bildung eines Durchschnittseinkommens
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen die endgültige Festsetzung ihrer Leistungsansprüche nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum von Februar bis Juni 2018 und hieraus resultierende Erstattungsforderungen des Beklagten.
Die 1992 geborenen Kläger zu 1.) und 2.) sind miteinander verheiratet. Sie standen mit ihrer 2013 geborenen Tochter, der Klägerin
zu 3.), im aufstockenden Leistungsbezug nach dem SGB II. Am 25. Juni 2018 wurde ein weiteres Kind geboren, welches nicht am vorliegenden Rechtsstreit beteiligt ist. Für ihre 69,5
qm große Mietwohnung entstanden den Klägern monatliche Aufwendungen in Höhe von 494,60 € (330,60 € Grundmiete und 164 € Vorauszahlungen
für Betriebs- und Heizkosten). Die Klägerin zu 1.) bezog im streitbefangenen Bewilligungszeitraum Kindergeld in Höhe von 192
€ monatlich. Weiteres Einkommen hatte sie nicht (Elterngeld wurde erstmals im August 2018 gezahlt). Der Kläger zu 2.) befand
sich zunächst in Berufsausbildung und wurde ab dem 15. Juni 2018 von seinem Lehrbetrieb in Vollzeit weiterbeschäftigt. Das
erzielte laufende Arbeitsentgelt belief sich von Januar bis Mai 2018 auf 770 € monatlich (netto 614,65 €) und im Juni 2018
auf 1.580,34 € (netto 1.164,73 €). Im Mai 2018 wurden zudem Überstunden abgerechnet (brutto 1.805,58 €/netto 1.441,29 €).
Die laufenden Löhne wurden jeweils im Folgemonat, die Überstundenvergütung im Mai 2018 auf das Konto des Klägers überwiesen,
wobei sich die Überweisungsbeträge nach Abzug von Kosten für Arbeitskleidung in Höhe von 10 € bzw. 15,66 € (Lohnabrechnung
für Juni 2018) auf 604,65 € monatlich (Februar bis April 2018), 2.045,94 € (Mai 2018), 604,67 € (Juni 2018) und 1.149,07 €
(Juli 2018) beliefen. Weiteres Einkommen erzielte der Kläger zu 2.) nicht.
Der Beklagte bewilligte für den Bewilligungszeitraum von Februar bis Juli 2018 im Hinblick auf das schwankende Arbeitseinkommen
des Klägers zu 2.) zunächst vorläufige Leistungen, welche sich gemäß Änderungsbescheiden vom 19. Februar 2018 und 2. August
2018 für die Klägerin zu 1.) auf 477,43 € monatlich (Februar bis Mai 2018) und 465,06 € (Juni 2018), für den Kläger zu 2.)
auf 427,05 € monatlich (Februar bis Mai 2018) und 423,02 € (Juni 2018) sowie für die Klägerin zu 3.) auf 167,11 € monatlich
(Februar bis Mai 2018) und 161,42 € (Juni 2018) beliefen. Der Monat Juli 2018 ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Nach Vorlage der Lohnabrechnungen entschied der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. August 2018 abschließend über
die Leistungsansprüche der Kläger für den Bewilligungszeitraum von Februar bis Juli 2018 und setzte diese für die Klägerin
zu 1.) auf 408,92 € monatlich (Februar bis April 2018), 309,02 € (Mai 2018) und 305,37 € (Juni 2018), für den Kläger zu 2.)
auf 365,76 monatlich (Februar bis April 2018), 276,41 € (Mai 2018) und 278,06 € (Juni 2018) sowie für die Klägerin zu 3.)
auf 143,13 € monatlich (Februar bis April 2018), 108,16 € (Mai 2018) und 105,94 € (Juni 2018) fest. Bei der Leistungsberechnung
legte der Beklagte ein aus dem erzielten laufenden Arbeitsentgelt gebildetes monatliches Durchschnittseinkommen des Klägers
zu 2.) zugrunde. Die im Mai 2018 ausgezahlte Überstundenvergütung rechnete er in den Monaten Mai bis Juli 2018 mit monatlichen
Teilbeträgen an. Mit zwei weiteren Bescheiden vom 14. August 2018 verlangte der Beklagte von dem Kläger zu 2.) sowie den Klägerinnen
zu 1.) und 3.) (und dem nicht am Rechtsstreit beteiligten neugeborenen Kind) die Erstattung der Differenzbeträge zwischen
den vorläufig und den endgültig bewilligten Leistungen.
Nach erfolglosen Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheide vom 21. September 2018) haben die Kläger am 5. Oktober 2018
Klagen erhoben, die das Sozialgericht (SG) Oldenburg zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat. Sie haben die Auffassung vertreten, dass es sich bei
der Überstundenvergütung um laufende Einnahmen handele, die nur im Zuflussmonat zu berücksichtigen seien. Sollte es sich um
einmalige Einnahmen handeln, seien diese erst ab dem Folgemonat mit monatlichen Teilbeträgen zu berücksichtigen.
Mit Urteil vom 27. August 2019 hat das SG den Beklagten unter Änderung des angefochtenen Leistungsbescheids verurteilt, den Klägern für die Monate Februar bis Juni
2018 höhere Leistungen zu gewähren, und die Erstattungsbescheide entsprechend korrigiert. Wegen der Einzelbeträge wird auf
das Urteil Bezug genommen. Über den Monat Juli 2018 hat das SG nicht entschieden, nachdem der im Verhandlungstermin gestellte Klageantrag nur die Monate Februar bis Juni 2018 umfasst hatte.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, dass entgegen der von dem Beklagten vorgenommenen Berechnung kein Durchschnittseinkommen zu bilden
sei – auch nicht hinsichtlich des laufenden Arbeitsentgelts –, da die Ausnahmevorschrift des § 41a Abs. 4 S. 2 Nr. 2 SGB II (Wegfall des Leistungsanspruchs in mindestens einem Monat des Bewilligungszeitraums) einschlägig sei. Der monatliche Gesamtbedarf
von 1.546,19 € sei durch das im Mai 2018 erzielte Einkommen (1.591,96 € einschließlich der Überstundenvergütung) gedeckt gewesen,
so dass der Leistungsanspruch in diesem Monat weggefallen sei. Es sei daher in den einzelnen Leistungsmonaten das tatsächlich
zugeflossene Einkommen zu berücksichtigen. Bei der Überstundenvergütung handele es sich um eine einmalige Einnahme i. S. des
§ 11 Abs. 3 S. 2 SGB II, die gemäß § 11 Abs. 3 S. 4 SGB II auf einen Zeitraum von sechs Monaten aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen sei,
und zwar in Anwendung von § 11 Abs. 3 S. 3 SGB II (Berücksichtigung einer einmaligen Einnahme im Folgemonat, wenn im Zuflussmonat bereits Leistungen ohne ihre Berücksichtigung
erbracht worden sind) ab Juni 2018. Die in der Rechtsprechung vertretene Auslegung der zuletzt genannten Vorschrift dahingehend,
dass sie bei vorläufiger Leistungsgewährung – wie hier – nicht anwendbar sei und die einmalige Einnahme daher im Zuflussmonat
zu berücksichtigen sei, überzeuge die Kammer nicht. Unter Berücksichtigung dieser Berechnungsmodalitäten seien den Klägern
höhere Leistungsansprüche zuzusprechen und die Erstattungsbescheide des Beklagten entsprechend zu korrigieren.
Gegen das ihm am 4. September 2019 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 6. September 2019 die vom SG zugelassene Berufung eingelegt. Er hält seine Berechnungsweise weiterhin für zutreffend. Es sei hinsichtlich des laufenden
Einkommens ein Durchschnittseinkommen zu bilden. § 41a Abs. 4 S. 2 Nr. 2 SGB II sei in der vorliegenden Konstellation, in der erst die Erzielung einmaliger Einnahmen zum Wegfall des Leistungsanspruchs
in einem Monat führe, nicht anwendbar. Letzteres gelte auch für § 11 Abs. 3 S. 3 SGB II, da der mit dieser Vorschrift verfolgte Zweck der Verwaltungsvereinfachung bei vorläufigen Leistungen, hinsichtlich derer
ohnehin eine endgültige Festsetzung erforderlich sei, nicht erreicht werden könne. Insoweit beruft sich der Beklagte auf ein
Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 24. August 2017 (L 19 AS 2006/16).
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Oldenburg vom 27. August 2019 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen die angegriffene Entscheidung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Prozessakten Bezug genommen, die Gegenstand
der Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der
Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§
153 Abs.
1 i. V. m. §
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz –
SGG), ist teilweise begründet.
Das Urteil des SG Oldenburg vom 27. August 2019 ist aufzuheben, soweit den Klägern für Februar bis April 2018 weitere Leistungen
zugesprochen und die Erstattungsforderungen des Beklagten entsprechend reduziert worden sind. Für Mai 2018 ist das Urteil
hinsichtlich der Höhe der zugesprochenen Leistungen und der entsprechenden Teilaufhebung der Erstattungsbescheide zu Lasten
der Kläger zu ändern und für Juni 2018, für den sich bei zutreffender Berechnung über die ausgeurteilten Leistungen hinausgehende
Ansprüche ergeben, bleibt die Berufung des Beklagten ohne Erfolg.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind neben dem Urteil des SG vom 27. August 2019 der Leistungsbescheid des Beklagten vom 14. August 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
21. September 2018, mit dem über die Leistungsansprüche der drei Kläger für den Bewilligungszeitraum von Februar bis Juli
2018 abschließend entschieden worden ist, sowie die beiden Erstattungsbescheide vom 14. August 2018 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide
vom 21. September 2018, mit denen der Beklagte die Erstattung überzahlter Leistungen geltend macht. In zeitlicher Hinsicht
ist nur über die Leistungsmonate Februar bis Juni 2018 zu entscheiden, nachdem die Kläger ihre Klagen erstinstanzlich entsprechend
beschränkt haben. Nicht Kläger des vorliegenden Rechtsstreits ist der ab seiner Geburt (25. Juni 2018) zur Bedarfsgemeinschaft
gehörende Sohn der Kläger zu 1.) und 2.), so dass die Bescheide des Beklagten, soweit sie ihn betreffen, bestandskräftig geworden
sind. Da nur der Beklagte Berufung eingelegt hat, können den Klägern über das SG-Urteil hinausgehende Leistungen nicht zugesprochen werden.
Zutreffende Klageart ist hinsichtlich des Leistungsbescheids für das auf endgültige Zuerkennung der vorläufig gewährten Leistungen
abzielende Klagebegehren die (kombinierte) Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§
54 Abs.
1 Satz 1 Alt. 1 und 2, §
56 SGG; vgl. dazu Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 8. Februar 2017 - B 14 AS 22/16 R – juris Rn. 10 f.), hinsichtlich der Erstattungsbescheide die Anfechtungsklage.
Rechtsgrundlage für den Anspruch der Kläger zu 1.) und 2.) auf höheres Arbeitslosengeld II und der Klägerin zu 3.) auf höheres
Sozialgeld ist §§ 19 ff. i. V. m. §§ 7 ff. SGB II. Die Kläger zu 1.) und 2.) erfüllten im streitbefangenen Zeitraum die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II. Der Kläger zu 2.) war nicht als Auszubildender von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, da er nicht zu dem in § 7 Abs. 5 S. 2 SGB II aufgeführten Personenkreis gehörte. Die Klägerin zu 3.) war gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 SGB II als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ihrer erwerbsfähigen Eltern leistungsberechtigt.
Als Bedarfe hat der Beklagte bei der Leistungsberechnung für die Monate Februar bis Mai 2018 zutreffend die Regelbedarfe (jeweils
374 € für die Kläger zu 1. und 2. sowie 240 € für die Klägerin zu 3.), den Mehrbedarf für werdende Mütter in Höhe von 63,58
€ (Klägerin zu 1.) und – nach der Kopfteilmethode – die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 494,60 € berücksichtigt.
Bei der Ermittlung des individuellen Bedarfs der Klägerin zu 3.) ist das Kindergeld in Höhe von 194 € in Abzug zu bringen,
so dass sich der Bedarf auf 210,87 € beläuft, woraus unter Einbeziehung der individuellen Bedarfe der Kläger zu 1.) und 2.)
(602,45 € und 538,87 €) ein verbleibender Gesamtbedarf von 1.352,19 € resultiert. Auf die Berechnungsbögen für die Monate
Februar bis Mai 2018 (Anlagen zum Leistungsbescheid des Beklagten vom 14. August 2018) wird insoweit Bezug genommen. Für den
Monat Juni 2018 errechnet sich unter Zugrundelegung der individuellen Bedarfe von 583,60 € (Klägerin zu 1.), 530,62 € (Kläger
zu 2.), 202,62 € (Klägerin zu 3.) und 72,73 € (am 25. Juni 2018 geborenes Kind) ein verbleibender Gesamtbedarf von 1.389,57
€. Auch insoweit wird wegen der Einzelbeträge auf den Berechnungsbogen des Beklagten (S. 8 des Leistungsbescheids) Bezug genommen.
Den so ermittelten Bedarfen ist das erzielte Einkommen gegenüberzustellen. Bei der hier nach vorläufiger Leistungsbewilligung
getroffenen abschließenden Entscheidung war – wovon der Beklagte im Ansatz zutreffend ausgegangen ist – nach § 41a Abs. 4 S. 1 SGB II ein monatliches Durchschnittseinkommen zu bilden. Entgegen der Auffassung des SG ist für die vorliegende Fallkonstellation nicht § 41a Abs. 4 S. 2 Nr. 2 SGB II einschlägig, wonach ein Durchschnittseinkommen nicht zugrunde zu legen ist, soweit der Leistungsanspruch in mindestens einem
Monat des Bewilligungszeitraums durch das zum Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung nachgewiesene zu berücksichtigende
Einkommen entfällt. Die Vorschrift spricht ausdrücklich von dem zu berücksichtigenden Einkommen, so dass die einschlägige
Vorschrift des § 11 SGB II („zu berücksichtigendes Einkommen“) anzuwenden ist, insbesondere auf einmalige Einnahmen die Regelungen des Absatzes 3 dieser
Vorschrift (so zutreffend die Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 41a SGB II unter Ziffer 5.2). Bei der im Mai 2018 auf das Konto des Klägers zu 2.) überwiesenen Überstundenvergütung handelt es sich
um eine Nachzahlung und damit um eine einmalige Einnahme i. S. des § 11 Abs. 3 S. 2 SGB II. Diese ist – anders als das SG meint – nicht im Monat des Zuflusses zu berücksichtigen und führt dementsprechend auch nicht zum Wegfall des Leistungsanspruchs
für diesen Monat, sondern sie ist entsprechend der Rechtsauffassung des Beklagten in Anwendung des § 11 Abs. 3 S. 4 SGB II auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen,
da durch die Berücksichtigung in einem Monat der Leistungsanspruch entfiele. Dabei beginnt der sechsmonatige Verteilzeitraum
allerdings – abweichend von der Berechnung des Beklagten – im Juni 2018. Dies folgt aus § 11 Abs. 3 S. 3 SGB II, wonach eine einmalige Einnahme im Folgemonat berücksichtigt wird, wenn für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne
deren Berücksichtigung erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da der Beklagte für Mai 2018 bereits (vorläufige)
Leistungen ohne Berücksichtigung der Überstundenvergütung erbracht hatte. Der in den Fachlichen Weisungen der Bundesagentur
zu § 41a SGB II (Ziffer 5.1) vertretenen Auffassung, dass bei der Bildung des Durchschnittseinkommens nach § 41a Abs. 4 SGB II einmalige Einnahmen stets im bzw. ab dem Monat des Zuflusses zu berücksichtigen sind, weil vorläufige Leistungen ohnehin
unter dem Vorbehalt der Rückforderung erbracht würden und damit kein Fall des § 11 Abs. 3 S. 3 SGB II vorliege (so im Ergebnis auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. August 2017 - L 19 AS 2006/16 - und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. März 2020 - L 3 AS 2746/18 [jeweils zu der Vorgängervorschrift des § 11 Abs. 3 S. 2 SGB II a. F.]), folgt der Senat nicht. Die in Rede stehende Vorschrift stellt nach ihrem klaren Wortlaut allein auf erbrachte Leistungen
ab und differenziert nicht danach, ob die Bewilligung der damit gemeinten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§
19 ff. SGB II) mit einem Vorläufigkeitsvorbehalt nach § 41a Abs. 1 SGB II versehen war oder nicht. § 11 Abs. 3 S. 3 SGB II stellt eine normative Abweichung vom Zuflussprinzip dar und ist von den Jobcentern zwingend anzuwenden (vgl. Schmidt in:
Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 11 Rn. 41; so auch Söhngen in: jurisPK-SGB II, 5. Aufl. 2020, § 11 Rn. 82 unter Hinweis auf das BSG-Urteil vom 24. August 2017 - B 4 AS 9/16 R - juris Rn. 17 f.). Dass § 11 Abs. 3 S. 3 SGB II der Verwaltungsvereinfachung dienen soll, rechtfertigt keine Korrektur der gesetzlichen Vorschrift dahin, sie abweichend
vom Wortlaut auf Fallkonstellationen nicht anzuwenden, in denen die Berücksichtigung der einmaligen Einnahme im Folgemonat
keine Verwaltungsvereinfachung mit sich bringt (vgl. zu § 41a Abs. 4 SGB II: BSG, Urteil vom 11. Juli 2019 - B 14 AS 44/18 R - juris Rn. 36).
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Bildung des monatlichen Durchschnittseinkommens nach § 41a Abs. 4 S. 1 SGB II – wie das BSG zwischenzeitlich entschieden hat (a. a. O.) – unabhängig vom Grund der Vorläufigkeit (hier: schwankendes Arbeitseinkommen)
alle Einkommensarten und alle Monate des Bewilligungszeitraums erfasst. In die Bildung des Durchschnittseinkommens ist danach
– abweichend von der Berechnung des Beklagten – auch das im Mai 2018 erzielte einmalige Einkommen einzubeziehen. Dabei ist
erst ein monatliches Durchschnittseinkommen durch Addition der Einnahmen je Einkommensart zu bilden und anschließend dessen
monatliche Bereinigung um die Absetzbeträge nach § 11b SGB II vorzunehmen (BSG a. a. O. Rn. 41). Aus der danach erforderlichen Differenzierung zwischen den Einkommensarten folgt, dass die laufenden Einnahmen
in Form des Arbeitsentgelts von der erzielten einmaligen Einnahme in Form der Überstundenvergütung abzugrenzen sind (vgl.
Habel, NZS 2019, 957, 958). Die zu § 41a Abs. 4 SGB II ergangene Entscheidung des 14. Senats des BSG vom 11. Juli 2019 (B 14 AS 44/18 R), die sich indes nicht mit dem Verhältnis einer Einkommensberücksichtigung im Verteilzeitraum zur Durchschnittsbildung
des § 41a Abs. 4 SGB II befasst (vgl. den entsprechenden Hinweis im Urteil des 4. Senats des BSG vom 24. Juni 2020 – B 4 AS 9/20 R – juris Rn. 36), ist nach Auffassung des Senats nicht so zu verstehen, dass ein Durchschnittseinkommen aus den laufenden
und den einmaligen Einnahmen zu bilden ist, ohne dass letztere in Anwendung des § 11 Abs. 3 S. 4 SGB II auf einen Zeitraum von sechs Monaten zu verteilen sind. Zwar hat das BSG in der genannten Entscheidung (Rn. 29 f.) ausgeführt, dass § 41a Abs. 4 SGB II eine spezialgesetzliche Ausnahme von dem u. a. in § 11 Abs. 2 und 3 SGB II zum Ausdruck kommenden Monatsprinzip regele. Die Vorschrift weiche vom Monatsprinzip ab, weil bei der abschließenden Entscheidung
nicht die in einem Monat tatsächlich zufließenden Einnahmen der Berücksichtigung als Einkommen zugrunde zu legen seien, sondern
ein monatliches Durchschnittseinkommen zu bilden sei. Das so beschriebene Sonderregime des § 41a Abs. 4 S. 1 und 3 SGB II regelt aber lediglich, wie mit dem zu berücksichtigenden Einkommen zu verfahren ist (nämlich im Sinne einer Durchschnittsbildung
anstelle einer Berücksichtigung im Zuflussmonat), nicht aber, welches Einkommen in welcher Höhe überhaupt im Bewilligungszeitraum
zu berücksichtigen ist. Dies folgt auch aus § 41a Abs. 4 S. 2 Nr. 2 SGB II, welcher von dem zu berücksichtigenden Einkommen spricht, ohne dieses selbst zu definieren. Damit bleibt nur der Rückgriff
auf die allgemeinen Regelungen der §§ 11 ff. SGB II, nach denen zu prüfen ist, welches Einkommen in dem Bewilligungszeitraum, für den der Leistungsanspruch abschließend festzustellen
ist, anzurechnen ist.
Hinsichtlich des laufenden Arbeitsentgelts ergibt sich auf dieser Grundlage entsprechend der zutreffenden Berechnung des Beklagten
ein monatliches Durchschnittseinkommen von 434,38 € netto. Dabei ist der Beklagte zu Recht von den Überweisungsbeträgen und
nicht von den in den Lohnabrechnungen ausgewiesenen Nettolöhnen ausgegangen, da letztere nach Abzug von Kosten für Arbeitskleidung
ausgezahlt wurden und nur in der ausgezahlten Höhe als bereite Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung standen.
Die Überweisungsbeträge summieren sich im Bewilligungszeitraum auf 4.172,32 €, woraus der in den Berechnungsbögen ausgewiesene
Monatsbetrag von 695,39 € resultiert. Nach Abzug des Grundfreibetrags nach § 11b Abs. 2 S. 1 SGB II und des Erwerbstätigenfreibetrags nach § 11b Abs. 3 S. 2 Nr. 1 SGB II (insgesamt 261,01 €) vom Bruttoeinkommen (Durchschnittsbetrag: 905,06 €) verbleibt der von dem Beklagten in Ansatz gebrachte
Betrag von 434,38 €.
Hinsichtlich der einmaligen Einnahme (1.805,58 € brutto) ist zunächst zu berücksichtigen, dass vor deren Verteilung eine Einkommensbereinigung
nach Maßgabe des § 11b Abs. 1 S. 2 SGB II zu erfolgen hat. Von der Nettozahlung (1.441,29 €) ist danach der noch nicht durch das laufende Arbeitsentgelt im Zuflussmonat
(770 € brutto) genutzte Erwerbstätigenfreibetrag abzusetzen. Der Freibetrag nach § 11b Abs. 3 S. 2 Nr. 1 (20% für den Teil
des Einkommens, das 100 € übersteigt und nicht mehr als 1000 € beträgt) ist in Höhe von 46 € (1000 – 770 = 230 x 0,2) nicht
genutzt. Hinzuzurechnen ist der Freibetrag nach § 11b Abs. 3 S. 2 Nr. 2, S. 3 SGB II in Höhe von 50 € (500 x 0,1), so dass nach Einkommensbereinigung 1.345,29 € (1.441,29 – 96) verbleiben. Es errechnet sich
bei einer Verteilung auf sechs Monate der in den Berechnungsbögen des Beklagten als sonstiges Einkommen ausgewiesene Teilbetrag
von 224,22 €, welcher nach den vorstehenden Ausführungen beginnend ab Juni 2018 anzurechnen ist. Auch insoweit ist – abweichend
von der Berechnung des Beklagten – ein monatliches Durchschnittseinkommen zu bilden, welches sich auf 74,74 € (224,22 € x
2 Monate = 448,44 € ./. 6 Monate) beläuft. Das verteilbare Einkommen beträgt danach in allen Monaten 509,12 € (434,38 + 74,74).
Nach der in den Berechnungsbögen des Beklagten dargestellten Bedarfsanteilsmethode (§ 9 Abs. 2 S. 3 SGB II) errechnen sich für die Monate Februar bis Mai 2018 monatliche Leistungsansprüche für die Klägerin zu 1.) in Höhe von 375,62
€ (602,45 € individueller Bedarf abzüglich 226,83 € Einkommensanteil), für den Kläger zu 2.) in Höhe von 335,98 € (538,87
€ individueller Bedarf abzüglich 202,89 € Einkommensanteil) und für die Klägerin zu 3.) in Höhe von 131,47 € (210,87 € individueller
Bedarf abzüglich 79,40 € Einkommensanteil). Für Juni 2018 errechnen sich Leistungsansprüche für die Klägerin zu 1.) in Höhe
von 369,78 € (583,60 € individueller Bedarf abzüglich 213,82 € nach dem Monatsprinzip [vgl. hierzu BSG, Urteil vom 9. April 2014 - B 14 AS 23/13 R – juris Rn. 27] errechneter Einkommensanteil), für den Kläger zu 2.) in Höhe von 336,21 € (530,62 € individueller Bedarf
abzüglich 194,41 € Einkommensanteil) und für die Klägerin zu 3.) in Höhe von 128,38 € (202,62 € individueller Bedarf abzüglich
74,24 € Einkommensanteil).
Im Vergleich zu den im Leistungsbescheid vom 14. August 2018 festgesetzten Leistungsansprüchen ergeben sich für Februar bis
April 2018 keine weiteren Ansprüche der Kläger, da der Beklagte bereits höhere Leistungen bewilligt hat, als den Klägern tatsächlich
zustanden. Für Mai 2018 errechnen sich weitere Ansprüche der Klägerin zu 1.) in Höhe von 66,60 € (375,62 – 309,02), des Klägers
zu 2.) in Höhe von 59,57 € (335,98 – 276,41) und der Klägerin zu 3.) in Höhe von 23,31 (131,47 – 108,16). Für Juni 2018 stehen
der Klägerin zu 1.) weitere Leistungen in Höhe von 64,41 (369,78 – 305,37) zu, dem Kläger zu 2.) in Höhe von 58,15 (336,21
– 278,06) und der Klägerin zu 3.) in Höhe von 22,44 € (128,38 – 105,94).
Für Mai 2018 hat die Klägerin zu 1.) danach lediglich 101,81 € (477,43 – 375,62) zu erstatten (§ 41a Abs. 6 S. 3 SGB II), der Kläger zu 2.) 91,07 € (427,05 – 335,98) und die Klägerin zu 3.) 35,64 € (167,11 – 131,47). Die im Juni 2018 eingetretenen
Überzahlungen belaufen sich für die Klägerin zu 1.) auf 95,28 € (465,06 – 369,78), für den Kläger zu 2.) auf 86,81 € (423,02
– 336,21) und für die Klägerin zu 3.) auf 33,04 € (161,42 – 128,38). Für die Monate Februar bis April 2018 verbleibt es bei
den bestandskräftig festgestellten Leistungsansprüchen und den hieraus resultierenden Überzahlungen.
Das anderslautende Urteil des SG Oldenburg ist entsprechend zu korrigieren, wobei für den Monat Juni 2018 eine Korrektur zugunsten
der Kläger aus prozessualen Gründen ausscheidet.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und berücksichtigt den Teilerfolg der Kläger.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG) zuzulassen.