Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung der über den Festbetrag der Beigeladenen hinausgehenden Kosten seiner beidseitigen Hörgeräteversorgung.
Der am 17. August 1965 geborene Kläger ist Maurermeister und bei der Beklagten renten- und bei der Beigeladenen gesetzlich
krankenversichert. Er ist seit 1990 bei der Firma I. J. beschäftigt und dort als Betriebsleiter für die Transportbetonwerke
und als Prüfstellenleiter der Betonprüfstelle sowie außerdem seit 2002 als verantwortliche Fachkraft für Arbeitssicherheit
tätig. Nach Mitteilung seines Arbeitgebers (Bl. 9, 23 ff. GA) zählt zu seinen Haupttätigkeiten die Disposition, Koordination
und Organisation der internen und externen Betriebsabläufe sowie die Sicherstellung der Produktqualität. Dazu gehört die Materialbeschaffung,
Auftragsannahme und - Bearbeitung, Fuhrparkdisposition, allgemeine Verwaltungstätigkeit, Schadensbeurteilungen, Kundenbetreuung
und Arbeitssicherheit. Die Arbeit erfolgt in einer unruhigen Umgebung, mehrere Prozesse laufen parallel ab. Informationen
müssen schnell und deutlich aufgenommen und anschließend richtig verarbeitet werden. Zur Erledigung dieser Aufgaben ist der
Kläger auf Kommunikationsgeräte wie Telefon/Handy angewiesen. Falsch aufgenommene Informationen können dabei zu Fehlentscheidungen
etwa bei den verschiedenen Betonarten führen. Ferner leitet der Kläger diverse externe und interne Schulungen (Bl. 18 VA).
Bei dem Kläger besteht eine Ende 2007 festgestellte beidseitige Schallempfindungsschwerhörigkeit. Mit Bescheid vom 7. März
2008 (Bl. 19 VA) bewilligte die Beklagte dem Kläger auf den Antrag vom 29. Februar 2008 seinerzeit Hilfsmittel am Arbeitsplatz
als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben durch Kostenübernahme für die Hörgeräteversorgung in Höhe von 1.774,00 EUR.
Den am 11. April 2014 bei der Beklagten gestellten Antrag auf Hörgeräte leitete die Beklagte mit Schreiben vom 22. April 2014
an die Beigeladene weiter, da die Prüfung ergeben habe, dass nach der geschilderten Bedarfslage Hörhilfen zur Grundversorgung
im Alltag bzw. in jeglicher beruflichen Tätigkeit durch die gesetzliche Krankenversicherung in Betracht kommen könne.
Der den Kläger behandelnde Facharzt für HNO-Heilkunde Dr. K. verordnete ihm am 4. Juli 2014 (Bl. 20 VA Beigeladene) aufgrund
der sensorineuralen Schwerhörigkeit beidseits und einer nicht mehr ausreichenden Versorgung mit den alten Hörgeräten eine
neue Hörhilfe. Das Hörstudio J. übersandte dem Kläger mit Schreiben vom 17. Juli 2014 ein Angebot zur beidseitigen Hörgeräteversorgung
mit Hörgeräten vom Typ Widex Dream (Einzelpreis je 1.280 EUR zuzüglich gesetzlicher Zuzahlung von je 10,00 EUR) zuzüglich
externer Hörer (je 120 EUR) sowie einer Reparaturpauschale (je 150 EUR) abzüglich eines Rabatts für das zweite Hörgerät zu
Gesamtkosten von 4.339 EUR, wovon 1.547 EUR als Kostenübernahme und eine verbleibende Gesamtsumme von 2.812 EUR ausgewiesen
waren (Bl. 21 VA Beigeladene).
Am 29. Juli 2014 ging erneut ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vom Kläger über die beigeladene Krankenkasse
bei der Beklagten ein, der vom Kläger am 20. Mai 2014 unterschrieben und von der Beigeladenen am 25. Juli 2014 entsprechend
den Vorgaben im Vordruck ("wird von der Krankenkasse ausgefüllt, sofern die Antragstellung über die Krankenkasse erfolgt")
bestätigt worden war (vgl. Bl. 13, 16 VA der beigeladenen Krankenkasse). Mit Schreiben vom 1. August 2014 leitete die Beklagte
auch diesen Antrag an die Beigeladene (Eingang dort am 8. August 2014) weiter. Die Beklagte wies darauf hin, dass ihre Zuständigkeit
nicht gegeben sei. Bei den möglicherweise in Betracht kommenden Leistungen handele es sich nicht um Leistungen zur Teilhabe
am Arbeitsleben. Die Höranforderungen im Beruf als Betriebsleiter/Prüfstellenleiter und Fachkraft für Arbeitssicherheit beinhalteten
keine spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit für höherwertige Hörgeräte. Persönliche oder telefonische Kommunikation im Zweier-oder
Gruppengespräch stellten auch bei ungünstigen akustischen Bedingungen bzw. störenden Umgebungsgeräusche am Arbeitsplatz eine
Anforderung an das Hörvermögen dar, die bei nahezu jeder Berufsausübung bestehe und daher keine spezifisch berufsbedingte
Bedarfslage begründen könne. Die beantragten Hörhilfen sollten dem unmittelbaren Behinderungsausgleich mit dem Ziel der Angleichung
an das Hörvermögen hörgesunder Menschen dienen. Die Prüfung habe insofern ergeben, dass Leistungen zur Grundversorgung im
Alltag bzw. in jeglicher beruflichen Tätigkeit durch die gesetzliche Krankenversicherung in Betracht kommen könnten. Mit weiterem
Schreiben vom 1. August 2014 informierte die Beklagte den Kläger darüber, dass sie für die weitere Bearbeitung des Antrags
nicht zuständig sei und dass sie den Antrag an die Beigeladene weitergeleitet habe.
Mit Bescheid vom 18. August 2014 genehmigte die Beigeladene die beidseitige Hörgeräteversorgung des Klägers mit einem Abgabepreis
von 1.614,00 EUR und erklärte, diesen Betrag abzüglich der vom Kläger zu tragenden gesetzlichen Zuzahlung von 20,00 EUR an
die Lieferfirma zu zahlen. Der Kostenvoranschlag sei entsprechend auf den aktuellen Festbetrag gekürzt worden. Mit Schreiben
vom 18. August 2014 informierte die Beigeladene auch den Hörgeräteakustiker (Hörakustik L., J.) über die Kostenübernahme in
Höhe von 1.594,00 EUR (1.614,00 EUR abzüglich 20,00 EUR gesetzlicher Zuzahlung).
Mit am 26. September 2014 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben bat der Kläger unter Hinweis auf seinen Antrag vom 29.
Juli 2014 auf einen Zuschuss zu dem Festbetrag der Krankenkasse um umgehende Bearbeitung und Genehmigung oder um Übersendung
einer Ablehnung der Leistung, da er im Fall einer Ablehnung der Übernahme des Zuschusses zum Festbetrag der AOK Rechtsmittel
einlegen werde. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Oktober 2014 den Antrag des Klägers ab, weil die Höranforderungen
in seinem Beruf als Betriebsleiter/Prüfstellenleiter keine spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit für höherwertige Hörgeräte
beinhalteten. Die Prüfung habe ergeben, dass der Kläger bereits Leistungen durch die gesetzliche Krankenversicherung (Zuschuss
zu Hörhilfen) erhalten habe, sodass auch nach Prüfung des weiteren Rehabedarfs im Sinne des §
14 SGB IX die begehrte Leistung abgelehnt werde, weil sie nach Prüfung durch die Krankenkasse nicht erforderlich sei. Mit seinem hiergegen
am 13. November 2014 eingelegten Widerspruch wies der Kläger darauf hin, dass er bereits durch die Beklagte am 29. Februar
2008 einen Zuschuss für höherwertige Hörhilfen erhalten habe. Seine Arbeitsbedingungen seien geblieben, während sich das Hörvermögen
verschlechtert habe. Es verwundere ihn, dass bei gleicher Arbeitsleistung und weiter verminderter Hörfähigkeit der Antrag
auf weitergehende Bezuschussung abgelehnt werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2015 wies die Beklagte den Widerspruch
des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, dass eine Hilfsmittelgewährung nur in Betracht kommen könne,
wenn eine auf besonders gute Hörfähigkeit angewiesene berufliche Tätigkeit ausgeübt werde oder wegen der besonderen berufsspezifischen
Verhältnisse am Arbeitsplatz notwendig sei. Die Weiterleitung des Antrags auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben an die
für den Kläger zuständigen Leistungsträger - die Beigeladene - mit Schreiben vom 1. August 2014 sei zu Recht erfolgt. Zudem
verpflichte eine im Jahr 2008 gewährte Leistung den Rentenversicherungsträger nicht automatisch zur Wiederholungsleistung.
Hiergegen erhob der Kläger am 13. Februar 2015 Klage vor dem Sozialgericht Hannover. Das Sozialgericht hat eine Arbeitgeberauskunft
der Firma M. J. vom 18. März 2015 und Befundberichte des behandelnden Facharztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. K. vom
19. März 2015 und des Betriebsarztes Dr. N. vom 6. April 2015 eingeholt sowie mit Beschluss vom 29. August 2016 die Krankenkasse
beigeladenen. Auf Antrag des Klägers nach §
109 SGG hat das Gericht ferner Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens der Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Phoniatrie
und Pädaudiologie Dr. K., dass diese am 5. April 2016 erstattet hat.
Im März 2015 schloss der Kläger die Hörgeräteanpassung ab. Ausweislich der Dokumentation zur Hörgeräteanpassung des Hörstudio
J. im Anpass-und Abschlussbericht vom 25. März 2015 (Bl. 32-34 VA Beigeladene) hatte der Kläger die - jeweils zuzahlungspflichtigen
- Hörsysteme Clear 330 C3-FS-M und Dream D3-FS-330-M, bei dem sein Sprachverstehen rechts und links bei 100 % ohne Störschall
und 55 % mit Störschall lag und das System Vista 800 R 312 mit 100 % ohne Störschall und 50 % mit Störschall, sowie die zwei
zuzahlungsfreien Systeme 3 Series 20 BTE 13 und Xino i90 RIC 312 getestet, mit dem ein Sprachverstehen von rechts und links
von 100 % ohne Störschall und 50 % mit Störschall erreicht worden war. Er entschied sich für die Hörsysteme Typ Clear 330
C3-FS-M" und erwarb am 15. April 2015 - nicht die dem Kostenvoranschlag vom 17. Juli 2014 zugrundeliegenden Geräte "Widex,
Typ Dream" -, sondern die Geräte "Widex, Typ Clear 330 C3-FS-M" rechts und links. Laut Rechnung vom 15. April 2015 betrugen
die Gesamtkosten 4.417,00 EUR (je.2030,00 EUR für das Hörgerät Clear 330 zuzüglich je 125,00 EUR Reparaturpauschalen AOK,
je 10,00 EUR für eine individuelle Anpassung (Externer-Hörer) sowie je 120,00 EUR eines Externen-Hörers mit Zuleitung). Der
Kassenanteil wurde mit insgesamt 1.487,00 EUR (1.237,00 EUR zzgl. 250,00 EUR Reparaturpauschale) und einem Eigenanteil in
Höhe von 2.950,00 EUR einschließlich der gesetzlichen Zuzahlung des Versicherten in Höhe von 20,00 EUR (vgl. Bl. 122 GA) ausgewiesen.
Den Eigenanteil von 2.950,00 EUR zahlte der Kläger durch Überweisung am 21. Mai 2015 (vgl. Bl. 123 GA). In den Bemerkungen
zur Hörgeräteanpassung nach den geltenden Hilfsmittel-Richtlinien hatte der Hörgeräteakustiker festgehalten, dass der Kläger
mit dem Hörsystem ein optimales Sprachverstehen auch in geräuschvollen Situationen am Arbeitsplatz erreicht habe und die Möglichkeit
habe, beide Hörsysteme gemeinsam für individuelle Hörsituationen zu steuern. Mit Eigenanteilen Hörsystem seien unter den Messbedingungen
ähnliche Ergebnisse erzielt worden, nur im Alltag und in beruflich unterschiedlichen Hörsituationen sei das ausgewählte Hörsystem
subjektiv wesentlich angenehmer. Dies liege unter anderem an einer koordinierten Sprachverarbeitung zwischen beiden Hörsystemen
und am adaptiven 10-kanaliegen Mehrfach-Mikrofonsystem.
Mit Schreiben vom 4. April 2015 beantragte der Kläger bei der Beigeladenen die Versorgung mit einem bedarfsgerechten Hörgerät
und die volle Kostenübernahme über die von ihm benötigten Hörgeräte Widex Clear 330. Er habe die Hörgeräte getestet und mit
anderen verglichen. Die von ihm ausgewählten Geräte würden seinen Hörschaden am besten ausgleichen und ihm ein Hören ohne
Rückkopplungseffekt und eine Verständigung nicht lediglich im Einzelgespräch vor einer geräuscharmen Kulisse ermöglichen.
Das BSG habe am 17. Dezember 2009 entschieden, dass die Krankenkasse für die medizinisch notwendige Versorgung mit einem Hörgerät
auch die über den Festbetrag hinausgehenden restlichen Kosten zu tragen habe, wenn dies zum unmittelbaren Behinderungsausgleich
notwendig sei. Mit Schreiben vom 24. April 2015 (Bl. 37 VA Beigeladene) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Kostenübernahme
über den mit Bescheid vom 18. August 2018 bewilligten Festbetrag nicht erfolgen könne, da laut Anpassbericht des Akustikers
mit aufzahlungsfreien Hörgeräten objektiv ein gleicher Hörerfolg erzielt werde wie mit den begehrten aufzahlungspflichtigen
Hörgeräten. Ein subjektiv besser empfundenes Klangbild führe nicht zu einem höheren Leistungsanspruch. Gegen den Bescheid
vom 18. August 2014 habe der Kläger keinen Widerspruch erhoben, sodass dieser Bescheid inzwischen rechtskräftig geworden sei.
Mit Urteil vom 21. März 2017 hob das Gericht die Bescheide der Beklagten vom 14. Oktober 2014 und 26. Januar 2015 auf und
verurteilte die Beklagte (antragsgemäß) zur Übernahme der Kosten für die Hörgeräteversorgung des Klägers der Marke "Widex-Dream
gemäß Kostenvoranschlag der Firma Hörstudio J. vom 17. Juli 2014". Bei dem Kläger bestehe ein besonderer berufsspezifischer
Bedarf. Seine Arbeitsbedingungen erforderten eine Hörgeräteversorgung. Die Arbeitsumgebung in einem Betonwerk sei in besonderem
Maße durch erhebliche Störgeräusche gekennzeichnet. Maschinenlärm und Fahrzeuggeräusche seien an der Tagesordnung. Art und
Ausmaß der Störgeräusche gingen deutlich über die normalerweise an jedem durchschnittlichen Arbeitsplatz bestehende Geräuschkulisse
hinaus. Zudem sei der Kläger in der telefonischen Kommunikation auf höchste Präzision angewiesen, denn dort könnten anderenfalls
schwerwiegende Missverständnisse hinsichtlich der jeweils zu verhandelnden Betonspezifikationen entstehen, die ihrerseits
durch eine komplizierte Abfolge von Buchstaben und Zahlen bezeichnet würden. Dies gelte umso mehr, als die Beklagte bereits
im Jahr 2008 eine entsprechende Hörgeräteversorgung des Klägers übernommen habe.
Gegen das der Beklagten am 3. April 2017 zugestellte Urteil hat diese am 26. April 2017 Berufung eingelegt. Die Bescheide
vom 14. Oktober 2014 und 26. Januar 2015 seien vom Sozialgericht zutreffend aufgehoben worden, da sie zum Erlass der Bescheide
nicht zuständig gewesen sei. Bereits am 11. April 2014 habe der Kläger gegenüber der Beklagten einen Antrag auf Leistungen
zur Teilhabe am Arbeitsleben gestellt, den die Beklagte fristgerecht am 22. April 2014 an die Beigeladene weitergeleitet und
den Kläger hierüber informiert habe. Auch der wiederholende Antrag, der am 25. Juli 2014 bei der Beigeladenen aufgenommen
worden und am 29. Juli bei der Beklagten eingegangen ist, sei am 1. August 2014 an die Beigeladene weitergeleitet und der
Kläger hierüber informiert worden. Der Bescheid vom 14. Oktober 2014 hätte daher mangels Zuständigkeit der Beklagten nicht
ergehen dürfen.
Im Übrigen habe der Kläger entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Hannover keinen Anspruch auf Teilhabe am Arbeitsleben,
weil im vorliegenden Fall kein spezifisch berufsbedingter Bedarf gegeben sei. Lärmemissionen wie auf Baustellen könnten auch
in Industriebetrieben, Speditionen und ggf. auch in Kindertagesstätten auftreten. Das Berufsbild eines Betriebsleiters sei
daher nicht durch weit über die üblichen beruflichen wie alltäglichen Anforderungen hinausgehende Höranforderungen geprägt.
Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. K. vom 5. April 2016 könne der beruflich bedingte Störlärm auf der Arbeitsstelle
des Klägers bei bis zu 90 dB liegen. Bei solchen Werten werde auch ein hörgesunder Mensch nicht allen auftretenden Höranforderungen
gerecht, sodass sich daraus kein Argument für eine spezifisch berufliche Bedarfslage ergebe. Darüber hinaus sei hier davon
auszugehen, dass der entsprechende Bedarf des Klägers als notwendiger unmittelbarer Behinderungsausgleich zu betrachten sei.
Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. K. erscheine das aktuell vom Kläger getragene - über dem Festbetrag liegende
- Hörgerät in der Leistung lediglich "knapp ausreichend". Auch mit diesem Hörgerät verstehe der Kläger nur 70 % rechts und
90 % links bzw. bei zusätzlichem Stör-und Nutzschall nur noch 80 % links. Mit nicht hochwertigen Geräten würden im Hochtonbereich
bestimmte Laute nicht ausreichend verstärkt. Dem genügten die streitgegenständlichen, höherwertigen Hörgeräte nur knapp, um
das Hörvermögen des Klägers an das Hörvermögen hörgesunder Menschen anzugleichen. Es sei Aufgabe der Krankenversicherung im
Rahmen des unmittelbaren Behinderungsausgleiches, die Angleichung des Hörvermögens an dasjenige hörgesunder Menschen herzustellen.
Solange dieser Ausgleich nicht vollständig erreicht sei, könne die Versorgung mit einem fortschrittlichen Hörgerät nicht mit
der Begründung abgelehnt werden, dass die gesetzliche Krankenversicherung nur für die Aufrechterhaltung eines Basishörvermögens
aufzukommen habe. Wenn der Kläger mit den durch den Akustiker zum Festbetrag bereitgestellten Hörgeräten kein bestmögliches
Hörvermögen auch im Baustellenlärm beim Telefonieren erziele, sei die durch die Krankenkasse geschuldete Versorgung noch nicht
vollständig erfüllt.
Die Beklagte beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 21. März 2017 aufzuheben, soweit die Beklagte zur Übernahme von Kosten verurteilt
worden ist und 2. 3. die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover dahingehend zu ändern, dass die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zur Erstattung
der von ihm aufgewandten (über den gesetzlichen Eigenanteil von 20,00 EUR hinausgehenden) Kosten an der 2014/2015 durchgeführten
Versorgung mit Hörgeräten des Typs Widex, Clear 330 C3 - FS - M im Umfang der 2.803,00 EUR ausmachenden Differenz zu der von
Seiten der Beigeladenen bereits mit Bescheid vom 18. August 2014 in Höhe von 1.594,00 EUR (zuzüglich 20,00 EUR gesetzlicher
Eigenanteil) zugesagten Teilkostenübernahme zu verpflichten und 2. 3. im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
4. Der Kläger stellt klar, dass er mit Hörgeräten des Typs Widex Clear 330 und nicht wie erstinstanzlich beantragt - und vom
Sozialgericht entsprechend entschieden - des Typs Widex Dream versorgt worden ist. Er weist ergänzend insbesondere im Hinblick
auf die Zeugenvernehmung des Hörgeräteakustikers O. darauf hin, dass mit dem zuzahlungsfreien Gerät nur in ruhiger Umgebung
ein Sprachverstehen von 100 % erreicht worden sei. Im beruflichen Alltag sei dies nicht der Fall gewesen. Hinzu komme, dass
er auch mit der Tonlage nicht klargekommen sei. Der Zeuge O. habe ihm mitgeteilt, dass eine Versorgung mit dem zuzahlungsfreien
Gerät "keinen Zweck" habe und die Vierkanaltechnik "nichts bringe". Für den Kläger sei eine Zehnkanaltechnik zwingend erforderlich.
Es sei für ihn deshalb auch nicht nachvollziehbar, weshalb der Zeuge im Rahmen seiner schriftlichen Zeugenvernehmung nur auf
eine subjektive Entscheidung des Klägers hinsichtlich der Entscheidung für die Hörgeräte abstelle.
Die Beigeladene beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene sieht sich nicht als Rehabilitationsträger im Sinne von §
14 SGB IX zuständig. Dies gelte ebenfalls, soweit Ansprüche auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben geltend gemacht
werden. Nach der Rechtsprechung des BSG sei eine Kostenteilung dergestalt vorzunehmen, als die Beigeladene den Festbetrag leiste und die Beklagte die Mehrkosten
trage, soweit sie für die Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich seien. Vorliegend habe die Beigeladene mit Bescheid vom 18.
August 2014 die Hörgeräteversorgung mit einem Abgabepreis in Höhe des Festbetrags genehmigt und darüber hinausgehende Leistungen
aber abgelehnt. Hiergegen habe der Kläger Widerspruch nicht eingelegt und dieser Bescheid sei daher bestandskräftig geworden.
Sie ist zudem der Ansicht, dass es sich um zwei unterschiedliche Verwaltungsvorgänge handele. Der Verwaltungsvorgang, in dessen
Rahmen die Beklagte die Weiterleitung an die Beigeladene vorgenommen habe, sei mit dem seinerzeit bestandskräftig gewordenen
Bescheid der Beigeladenen vom 18. August 2014 abgeschlossen. Daneben sei später noch einmal ein neuer Antrag des Klägers bei
der Beklagten gestellt worden, über den diese dann aber selber entschieden habe. Dieser Ausgangsbescheid vom 14. Oktober 2014
und der später ergangene Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2015 seien Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens. Im Übrigen
sei die Entscheidung des Sozialgerichts Hannover zu Recht ergangen. Die Beklagte habe bereits im Jahr 2008 eine entsprechende
Hörgeräteversorgung des Klägers übernommen, weil das Berufsbild und die an den Kläger gestellten Anforderungen im Arbeitsleben
dies erforderten. Es sei kein Gesichtspunkt ersichtlich, warum sich die Verhältnisse zwischenzeitlich geändert haben sollten.
Im Übrigen sei die Lärmbelastung am Arbeitsplatz nicht mit einer lärmbelasteten Umgebung etwa bei einer Geburtstagsfeier zu
vergleichen. Versäumnisse auf Seiten der Beigeladenen oder ein Systemversagen lägen nicht vor. Der Kläger hätte gleichermaßen
mit dem aufzahlungsfreien Hilfsmittel Series 20 BTE 13 versorgt werden können.
Der Senat hat den Hörgeräteakustiker P. des Hörstudio J. schriftlich am 16. April 2018 als Zeugen vernommen (vgl. Bl. 157-165
GA).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und auf den Inhalt der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers sind im Sinne einer Verurteilung der Beigeladenen
begründet. Der Kläger hat gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Erstattung der durch den Festbetrag nicht gedeckten Kosten
der Hörgeräteversorgung in Höhe des Differenzbetrages von 2.803,00 EUR.
Dies folgt aus der durch §
75 Abs.
5 SGG eröffneten Befugnis, anstelle des verklagten Versicherungs- oder Leistungsträgers nach Beiladung den tatsächlich leistungsverpflichteten,
aber nicht verklagten Träger zu verurteilen. Diese prozessual vorgesehene Möglichkeit der Verurteilung auf Beiladung dient
vor allem der Prozessökonomie, einer Klageänderung (§
99 SGG) bedarf es dabei nicht (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2013, B 3 KR 5/12 R, juris, Rdnr. 11 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 19, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. August 2013, L 13 R 2607/10, juris, Rdnr. 33).
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach §
54 Abs.
4 SGG zulässig und insbesondere gegenüber der Beklagten fristgerecht nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren (§
87 SGG) erhoben worden. Die Verurteilung der Beigeladen kann nach §
75 Abs.
5 SGG erfolgen. Hierzu bedarf es insbesondere keines abgeschlossenen Vorverfahrens im Sinne des §
83 SGG (BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, BSGE 113, 40-60, SozR 4-3250 § 14 Nr. 19, Rn. 13 m.w.N.).
Auch soweit der Kläger nach dem Wortlaut seines in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung gestellten Antrages etwas
beantragt hat, was er gar nicht wollte, nämlich eine Übernahme der Kosten für eine Versorgung mit Hörgeräten des Typs Widex-"Dream",
liegt eine Klageänderung nicht vor.
Der Kläger hatte nämlich bereits vorher mit Schriftsatz vom 15. September 2015 (Bl. 54 GA) sein Begehren im Ergebnis dahingehend
klargestellt, dass er eine Versorgung mit den "im Jahr 2014 eingesetzten neuen Hörhilfen" anstrebte; die 2014 "eingesetzten"
Hörhilfen sind nach Aktenlage die Hörgeräte Clear 330, die zunächst im Jahr 2014 im Zuge der damals zunächst vorgenommenen
Erprobung eingesetzt worden sind und die dann der Kläger auf der Grundlage der inzwischen bekannt gewordenen Rechnung des
Hörgeräteakustikers vom 15. April 2015 (Bl. 122 GA) endgültig erworben hat.
Da unter einer Änderung des Klagegrundes nur eine Änderung des dem Klageantrag zugrundeliegenden Lebenssachverhalts zu verstehen
ist (vgl. Schmidt in Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 12. Auflage 2017,
SGG §
99 Rn. 2b) und da eine Korrektur der tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen bei fortbestehendem Klagegrund nach §
99 Abs.
3 Nr.
1 SGG keine Klageänderung darstellt, ist mit der Richtigstellung der Bezeichnung der betroffenen Hörgeräte im Berufungsverfahren
nur eine Richtigstellung des bereits erstinstanzlich verfolgten Rechtsschutzziels verbunden (und nicht eine Rücknahme des
erstinstanzlichen Kostenübernahmeantrages in Verbindung mit einem neuen Erstattungsantrag). Mit seiner Antragstellung im Berufungsverfahren
ist anknüpfend an die fehlerhaft formulierte erstinstanzliche Antragstellung der Sache nach die Einlegung einer Anschlussberufung
auf Seiten des Klägers verbunden.
Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 1. September 2017 die mit dem angefochtenen Urteil ausgesprochene Aufhebung ihrer
Bescheide vom 14. Oktober 2014 und 26. Januar 2015 "anerkannt" hat, liegt der Sache nach eine Teilrücknahme ihrer Berufung
vor. Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 21. März 2017 ist damit im Hinblick auf die Aufhebung der Bescheide der Beklagten
rechtskräftig geworden.
Die im Übrigen noch angefochtene Entscheidung erweist sich insoweit als rechtswidrig als dass die Beigeladene - und nicht
die Beklagte - als erstangegangener Rehabilitationsträger gemäß §
14 SGB IX verpflichtet ist, dem Kläger (auch) die Kosten der nicht durch den Festbetrag gedeckten selbstbeschafften Hörgeräteversorgung
des Typs Widex Clear 330 (und nicht Widex Dream) in Höhe des Differenzbetrages von 2.803,00 EUR gemäß §
15 Abs.
1 Sätze 3 und 4
SGB IX zu erstatten. Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 21. März 2017 war daher insoweit zu ändern.
1.
Der Verurteilung der Beigeladenen steht nicht ihr Bescheid vom 18. August 2014 entgegen.
Verfahrensgegenstand ist auch die Entscheidung der Beigeladenen vom 18. August 2014, mit der sie die Hörgeräteversorgung auf
den Festbetrag beschränkt und die Übernahme weiterer Kosten als 1.594,00 EUR - also eine technisch aufwändigere und teurere
Versorgung - abgelehnt hat. Die Verurteilung der Beigeladenen nach §
75 Abs.
5 SGG setzt voraus, dass einer Ablehnungsentscheidung im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen keine Bindungswirkung
zukommt. Im Falle einer solchen Bindungswirkung wäre eine Verurteilung der Beigeladenen nach §
75 Abs.
5 SGG ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 24. Januar 2013, B 3 KR 5/12 R, juris, Rn. 12 m.w.N.).
Grundlage der jeweiligen Verwaltungsentscheidung war der - auch bei Erteilung des Bescheides vom 18. August 2014 unverändert
fortbestehende - Versorgungsbedarf des Klägers mit neuen Hörgeräten, wie er durch die Verordnung von Dr. K. vom 4. Juli 2014
attestiert wurde. Diese Versorgung wurde offenbar erst im März 2015 abgeschlossen, vgl. den Anpass- und Abschlussbericht des
Hörgeräte-Akustikers vom 25. März 2015 (Bl. 34-32 VA Beigeladene).
Der Bescheid der Beigeladenen vom 18. August 2014 war bereits nichtig im Sinne des § 40 SGB X. Ihm fehlte bereits die erforderliche Bestimmtheit. Soweit die Beigeladene in diesem Bescheid dargelegt hat, dass sie den
- die Versorgung mit den dort konkret aufgeführten Geräten des Typs "Widex-Dream" ausweisenden - Kostenvoranschlag auf den
"aktuellen Festbetrag gekürzt" habe, blieb bereits inhaltlich unklar, mit welchen Geräten der Kläger nach dem Verständnis
der Beigeladenen versorgt werden sollte. Unklar blieb insbesondere aus der Sicht eines verständigen Empfängers, ob es bei
den angebotenen Geräten des Typs "Widex-Dream" verbleiben (und infolge der "Kürzung des Kostenvoranschlages" lediglich das
von Seiten des Hörgeräteakustikers geltend gemachte Entgelt reduziert werden sollte) bzw. ob und ggfs. mit welchen anderweitigen
Hörgeräten der Kläger versorgt werden sollte.
Darüber hinaus wies der Bescheid vom 18. August 2014 auch im Hinblick darauf offensichtlich einen besonders schwerwiegenden
Fehler im Sinne von § 40 Abs. 1 SGB X auf, als er überhaupt keine nachvollziehbare inhaltliche Prüfung des Einzelfalls beinhaltete. Die Formulierung "Sie erhalten
eine ausreichende Versorgung" hatte schon keinen nachvollziehbaren konkreten Inhalt, solange nicht geklärt war, auf welche
konkreten Hörgeräte sich die "genehmigte" Versorgung "mit einem Abgabepreis von 1.614 EUR" beziehen sollte. Noch weniger war
in inhaltlicher Hinsicht auch nur ansatzweise erkennbar, ob und mit welchen konkreten Ergebnissen die Beigeladene die von
Rechts wegen gebotene Prüfung vorgenommen hatte, inwieweit im vorliegenden Einzelfall eine "kostenaufwändige Versorgung" (d.h.
eine Versorgung mit Geräten, die zu dem sog. Festbetrag nicht erhältlich waren) einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber
einer kostengünstigeren Alternative bot, so dass auch die kostenaufwändigere Versorgung von Seiten der Krankenkasse im Rahmen
ihres gesetzlichen Versorgungsauftrages zu finanzieren war (BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, BSGE 113, 40, Rn. 34). Seinem objektiven Bedeutungsgehalt nach war der Bescheid der Beigeladenen vom 18. August 2014 vielmehr maßgeblich
darauf gerichtet, bei dem Versicherten einen Irrtum des Inhalts hervorzurufen, dass auch dann keine über den sog. Festbetrag
hinausgehenden Leistungsansprüche gegenüber der Krankenkasse in Betracht kommen würden, wenn mit höherpreisigen Geräten weitere
wesentliche Gebrauchsvorteile zu erzielen wären. Überdies hat sich der Kläger (ausweislich seines Schreibens an die Beklagte
von September 2014) nachfolgend telefonisch an die Beigeladene gewandt und sein Begehren weiterverfolgt. Seine einleuchtenden
Ausführungen machen deutlich, dass die Mitarbeiter/Innen der Beigeladenen ihm nicht sachgerechterweise zur förmlichen Einlegung
eines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 18. August 2014, sondern zur (sachwidrigen) Einleitung eines weiteren Verfahrens
bei der Beklagten geraten haben (dem schon die vorausgegangene Weiterleitung von Seiten der Beklagten an die Beigeladene entgegenstand).
Bedenken gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben des Klägers werden insbesondere auch nicht mit dem Hinweis der Beigeladenen
aufgezeigt, wonach es keinen Telefonvermerk ihres Hauses zu den geltend gemachten Telefongesprächen gebe. Es ist schon in
tatsächlicher Hinsicht nichts dafür nachvollziehbar aufgezeigt worden, dass in der Verwaltungspraxis der Beigeladenen alle
mündlichen und telefonischen Kontakte mit den Versicherten verlässlich erfasst und registriert werden. Bezeichnenderweise
nimmt der Kläger auch in seinem als Bl. 29 zu den Verwaltungsvorgängen genommenen Faxschreiben auf ein Telefongespräch vom
gleichen Tag Bezug, über das von Seiten der Mitarbeiter/Innen der Beklagten gerade kein Telefonvermerk verfasst worden ist.
Das Schreiben des Klägers an die Beklagte von September 2014 stellte bei verständiger Auslegung zugleich einen Widerspruch
gegen den Bescheid der Beigeladenen vom 18. August 2014 dar (vgl. auch §
84 Abs.
2 SGG), dessen Bescheidung weiterhin aussteht. Für den Kläger als behinderten Menschen war angesichts des sachwidrigen Verhaltens
der Beklagten gerade nicht mehr erkennbar, welche Maßnahmen er treffen musste, um seine Rechte weiterverfolgen zu können (vgl.
zu diesem Kriterium: BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, BSGE 113, 40, Rn. 58).
2. Im vorliegenden Fall ist die Beigeladene im Außenverhältnis zum Kläger für die Erbringung der erforderlichen Rehabilitationsleistungen
verantwortlich, nachdem die Beklagte den Antrag fristgerecht an sie weitergeleitet hat. Dies gilt bereits für die erste Weiterleitung
am 22. April 2014 (aber auch für die insoweit bereits wiederholte Weiterleitung am 1. August 2014). Nach §
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IX stellt der Rehabilitationsträger, bei dem Leistungen zur Teilhabe beantragt werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang
des Antrags bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Stellt er bei der
Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen
Rehabilitationsträger zu (§
14 Abs.
1 Satz 2
SGB IX). Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest (§
14 Abs.
2 Satz 1
SGB IX). Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft
die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl. BT-Drucks. 14/5074 S. 95 zu
Nr. 5 und S. 102 f. zu § 14). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach
Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden gesetzlichen Regelwerk für
die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach §
40 Abs.
4 SGB V (§
14 Abs.
1 S 1
SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach
seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt
werden - vor allem in den Systemen der Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung - und ist diese Klärung in der Frist
nach §
14 Abs.
1 S 1
SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und
die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt (§
14 Abs.
1 S. 2 und 3
SGB IX). Anderenfalls bestimmt §
14 Abs.
2 S. 1
SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese
Zuständigkeit nach §
14 Abs.
2 Satz 1
SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen,
die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind (BSG, Urteil vom 24. Januar 2013, - B 3 KR 5/12 R; BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004, B 7 AL 16/04 R, juris; Urteil vom 26. Juni 2007, B 1 KR 34/06 R, juris). Aufgrund der Weiterleitung des Antrages gemäß §
14 Abs.
1 Satz 2
SGB IX a.F. durch die Beklagte ist die Beigeladene für die Entscheidung zuständig geworden. Sie hat als zweitangegangener Träger
(nunmehr: "leistender Rehabilitationsträger gemäß §
14 Abs.
2 Satz 1
SGB IX n.F.) daher die erforderlichen Teilhabeleistungen auch zu erbringen. Diese Leistungspflicht erstreckt sich nicht nur auf
krankenversicherungsrechtliche Ansprüche, sondern auf Ansprüche nach allen in Betracht kommenden Leistungsgesetzten. Ein einmal
gestellter Antrag ist umfassend, d.h. auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen und Anspruchsgrundlagen
hin zu prüfen. Er darf insbesondere nicht "künstlich" in separate Teil-Leistungsanträge für die verschiedenen in Betracht
kommenden Teilhabeleistungen aufgespalten werden. Deshalb hatte die Beklagte den Leistungsantrag von vornherein sowohl unter
dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation (§
5 Nr. 1, §
31 SGB IX, §
33 SGB V) als auch unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§
5 Nr.
2, §
33 Abs.
8 S 1 Nr.
4 SGB IX, §§
9,
15 SGB VI) zu prüfen und danach die Zuständigkeit zu bestimmen (BSG, aaO, mwN). Ausgehend davon ist die Beigeladene nach fristgerechter Weiterleitung des Leistungsantrags durch die Beklagte
als zweitangegangener Rehabilitationsträger für die begehrte Hörgeräteversorgung anzusehen, die im Außenverhältnis zum Kläger
nach §
14 Abs.
2 Satz 1
SGB IX für das Versorgungsbegehren ausschließlich zuständig geworden ist. Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden
auf Antrag grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§
2 Abs.
2 Satz 1
SGB V) erbracht, wobei die Krankenkasse ihre Leistungspflicht gemäß §
12 Abs.
2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist (BSG, Urteil vom 6. September 2007, B 3 KR 20/06 R, juris, Rdnr. 13 = SozR 4-2500 § 33 Nr. 17). Der Kläger hat sich mit seinem Begehren, eine verbesserte Hörgeräteversorgung
zu erhalten, zunächst bereits im April 2014 an die Beklagte gewandt, die den Antrag vom 11. April 2014 am 22. April 2014 und
auch den wiederholten Antrag vom 29. Juli 2014 am 1. August 2014 (und damit jeweils fristgerecht) an die Beigeladene weitergeleitet
hat, so dass die Beigeladene ausschließlich zuständig geworden ist. Ein Antrag auf Versorgung mit einem Hörgerät, wie ihn
der Kläger bei der Beklagten gestellt hat, ist jedenfalls auch auf Leistungen zur Teilhabe im Sinne von §§
1,
4 und
5 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (
SGB IX) gerichtet und daher als Antrag auf Teilhabeleistungen im Sinne von §
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IX zu werten (BSG, Urteil vom 24. Januar 2013, B 3 KR 5/12 R). Diese Zuständigkeit der Beigeladenen ist ausschließlicher Natur; denn sie schließt im Außenverhältnis zum Versicherten
die Zuständigkeiten aller anderen Träger aus. Im Verhältnis zwischen der beigeladenen und dem Kläger ist also der Anspruch
anhand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen
sind. Darüber hinaus verlieren alle anderen Träger innerhalb des durch den Leistungsantrag ausgelösten Verwaltungsverfahrens
ihre Zuständigkeit für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen, was wiederum zur Folge hat, dass eventuell ergangene Bescheide
wegen sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben sind (BSG, U.v. 24. Januar 2013, aaO; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009, B 5 R 5/07 R, juris, Rn. 16 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 8 mwN). Ausgehend hiervon hat das Sozialgericht Hannover mit Urteil vom 21. März
2017 im Ergebnis zutreffend die Bescheide der Beklagten vom 24. Oktober 2014 und 26. Januar 2015 aufgehoben. Der Bescheid
der Beklagten vom 14. Oktober 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2015 war aufzuheben, denn die
Beklagte war für die Entscheidung über diesen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe im ausschließlich maßgebenden Außenverhältnis
zum Kläger nach der Weiterleitung an die Beigeladene sachlich nicht mehr zuständig. 3. Die Beigeladene ist nicht nach den
Vorschriften für die gesetzliche Rentenversicherung, sondern nach den Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung zur
Kostenerstattung verpflichtet, da sich ein besonderer beruflicher Bedarf des Klägers nicht ergibt. Rechtsgrundlage des hier
geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs ist demnach §
13 Abs.
3 Satz 1 Fall 2
SGB V. Danach gilt: Hat die Krankenkasse "eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte
Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig
war". Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst
beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu
erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs
rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang
zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung
eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a.a.O.). So liegt es hier, weil die Beigeladene ihre Leistungspflicht zu Unrecht auf den Festbetrag
begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hat, der Kläger sich die geschuldete
Leistung selbst beschafft und hierbei die Grenzen des Notwendigen gewahrt hat und es auch an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang
zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung nicht fehlt. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich
und demzufolge ist ein begehrtes Hörgerät grundsätzlich erforderlich im Sinne von §
33 Abs.
1 Satz 1
SGB V, wenn es nach dem Stand der Medizintechnik (§
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V) die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlaubt und damit im allgemeinen Alltagsleben einen erheblichen
Gebrauchsvorteil gegenüber anderen Hörhilfen bietet (BSG, U.v. 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - BSGE 105, 170-188, SozR 4-2500 § 36 Nr 2, SozR 4-2500 § 33 Nr 28, Rn. 19, Breithaupt 2010, 914). Teil des von den Krankenkassen nach §
33 Abs.
1 S 1
SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist insbesondere, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen
auch das Hören und Verstehen in großen Räumen und bei störenden Nebengeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand
der Hörgerätetechnik (§
3 Abs
1 S 3
SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 R 8/14 R -, BSGE 117, 192-212, SozR 4-1500 § 163 Nr 7, Rn. 47). Dementsprechend ist auch ein höherwertiges (und damit regelmäßig auch höherpreisiges)
Hörgerät grundsätzlich erforderlich im Sinne von §
33 Abs.
1 Satz 1
SGB V, wenn und soweit es nach dem Stand der Medizintechnik (§
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V) die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlaubt und damit im allgemeinen Alltagsleben einen erheblichen
Gebrauchsvorteil gegenüber anderen Hörhilfen bietet (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, BSGE 105, 170-188, SozR 4-2500 § 36 Nr 2, SozR 4-2500 § 33 Nr 28, Rn. 19). Allerdings stellen Hörgeräte (mit Ausnahme von Cochlearimplantaten)
keine Körperersatzstücke im Sinne von §
33 Abs.
1 Satz 1
SGB V dar; andernfalls wäre deren Anführung in der Vorschrift entbehrlich. Sie stehen ihnen aber insoweit funktionell gleich, als
sie ungeachtet ihrer Funktionsweise unmittelbar auf die mindestens teilweise Wiederherstellung des körpereigenen Hörvermögens
und nicht lediglich auf den Ausgleich mittelbarer Behinderungsfolgen ausgerichtet sind. Ziel der Versorgung ist die Angleichung
an das Hörvermögen hörgesunder Menschen; solange dieser Ausgleich im Sinne eines Gleichziehens mit deren Hörvermögen nicht
vollständig erreicht ist, kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen Hörgerät nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung
nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die GKV nur für die Aufrechterhaltung eines - wie auch immer zu bestimmenden
- Basishörvermögens aufzukommen habe. Das Maß der notwendigen Versorgung wird deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren
Versicherten Hörgeräte ungeachtet technischer Möglichkeit einer weitergehenden Verbesserung nur zur Verständigung "beim Einzelgespräch
unter direkter Ansprache" zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach §
33 Abs.
1 Satz 1
SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen
auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach
dem Stand der Hörgerätetechnik (§
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen (BSG, aaO; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 R 8/14 R -, BSGE 117, 192-212, SozR 4-1500 § 163 Nr 7, Rn. 47). Begrenzt ist der so umrissene Anspruch allerdings durch das Wirtschaftlichkeitsgebot
des §
12 Abs.
1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht
überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen
die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch §
33 Abs.
1 Satz 1
SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen
sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich
funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§
33 Abs.
1 Satz 5
SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine
Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das
gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten nach
ärztlicher Einschätzung in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen
für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort
bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung
zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen
kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des
Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG, U.v. 17. Dezember 2009 - aaO mwN). Soweit die Krankenkasse aus Gründen der Wirtschaftlichkeit die Sachleistung "Versorgung
mit Hörhilfen" (§
33 Abs.
1 Satz 1
SGB V) auf der Grundlage einer Festbetragsregelung (§
36 SGB V) zu erbringen hat, also unter Zuzahlungspflicht des Versicherten hinsichtlich des den Festbetrag übersteigenden Teils des
Kaufpreises, erfüllt sie zwar im Regelfall ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag (§
12 Abs.
2 SGB V). Dies ist grundsätzlich verfassungsgemäß, gilt jedoch in dieser Form nur, wenn eine sachgerechte Versorgung des Versicherten
zu den festgesetzten Festbeträgen möglich ist. Der für ein Hilfsmittel festgesetzte Festbetrag begrenzt die Leistungspflicht
der Krankenkasse nämlich dann nicht, wenn er für den Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung objektiv nicht ausreicht
(BSG, Urteil vom 21. August 2008 - B 13 R 33/07 R -, BSGE 101, 207 mwN insbesondere zur Rechtsprechung des BVerfG und des BSG). Der Kläger weist schwerwiegende Hörbeeinträchtigungen insbesondere in der Kommunikation in größeren Räumen, beim Telefonieren
und bei störenden Umgebungsgeräuschen auf. Dies ist der klassische Leistungsbereich der Krankenversicherung. Es handelt sich
dabei um solche Anforderungen, die nach §
33 SGB V auszugleichen sind. Mit diesen Defiziten ist der Kläger sowohl im Privatleben als auch im Beruf eingeschränkt. Ein besonderer
berufsbedingter Bedarf ergibt sich nicht. Die wahrgenommene Tätigkeit als Betriebsleiter/Prüfstellenleiter und Fachkraft für
Arbeitssicherheit stellt keine höheren Anforderungen an das Hörvermögen des Klägers als dies auch im Privatleben der Fall
ist. Die von dem Kläger getesteten und beschafften Geräte vom Typ Widex Clear 330 haben den Vorteil erbracht, dass sie Nebengeräusche
unterdrücken und damit insbesondere eine Verständigung auch unter Störgeräuschen ermöglichen. Außerdem kam der Kläger mit
der Tonlage des zuzahlungsfreien Geräts nicht zurecht. In dem an die Beigeladene gerichteten Schreiben vom 4. April 2015 teilte
der Kläger ergänzend mit, dass er die von ihm gewählten Geräte getestet und verglichen habe und diese seinen Hörschaden am
besten ausgleichen, da sie ihm ein Hören ohne Rückkopplungseffekt und eine Verständigung nicht lediglich im Einzelgespräch
vor einer geräuscharmen Kulisse ermöglichen. Auch der Hörgeräteakustiker bestätigte im Anpass-und Abschlussbericht vom 25.
März 2015, dass im Alltag und in beruflich unterschiedlichen Hörsituationen das ausgewählte Hörsystem für den Kläger subjektiv
wesentlich angenehmer war. Diesbezüglich stellt die Rechtsprechung des BSG auf den effektiven Hörerfolg und nicht auf das Ergebnis von Messungen in einem isolierten Testverfahren ab. Das BSG ist sich durchaus bewusst, dass die die Gebrauchsvorteile teurer Geräte im Alltag mit den dort anzutreffenden komplexen Hörsituationen
mit standardisierten Messverfahren häufig nicht ausreichend messbar sind (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, BSGE 105, 170-188, SozR 4-2500 § 36 Nr 2, SozR 4-2500 § 33 Nr 28, Rn. 41). Im Alltag zeichnen sich schwierige Hörsituationen vielfach durch
das Zusammenwirken mehrerer Störschallquellen aus, wobei sich die Intensität des Störschalls schon im Ausgangspunkt nicht
auf einen Bereich von bis zu 60 dBA begrenzt. Es gibt bislang keine verlässlichen (und bei der Beratung der Versicherten auch
tatsächlich eingesetzten) Testverfahren, um diese im realen Alltag anzutreffenden Bedingungen zuverlässig abzubilden, um dann
auf dieser Basis Aussagen zur konkreten Eignung einzelner Hörgeräte auf der Basis der individuellen Ausprägung der Hörbeeinträchtigungen
vornehmen zu können; namentlich ist auch von Seiten der beteiligten Sozialleistungsträger nichts für die Verfügbarkeit entsprechender
Testverfahren aufgezeigt worden. Noch weniger standen entsprechende Testverfahren dem Kläger zur Verfügung, als er sich zur
Anschaffung der streitbetroffenen Hörgeräte entschloss. Darüber hinaus ist der Einsatz von Hörgeräten seiner Eigenart nach
auf einen längerfristigen, tendenziell ganztägigen Gebrauch ausgelegt. Dies setzt natürlich einen möglichst anstrengungs-
und ermüdungsfreien Gebrauch dieser Geräte voraus, was zugleich bedingt, dass diese die Höreindrücke in einer gut verständlichen
Form verstärken. In den Messungen erreichten alle getesteten Systeme ohne Störschall ein 100-prozentiges Sprachverstehen.
Soweit die Protokolle des Hörgeräteakustikers Messungen unter "Störschall" ausweisen, hat es sich nicht um Messungen im Rahmen
einer Abbildung realer Alltagssituationen mit schwierigen Hörverhältnissen, sondern um Messungen im Rahmen einer zu Testzwecken
künstlich geschaffenen Anordnung gehandelt, bei der zu Testzwecken die Worte eines Sprechers bzw. einer Sprecherin vor dem
Hintergrund eines eine konstante Tonlage aufweisenden isolierten Störgeräusches wahrzunehmen waren. Im Rahmen dieser spezifischen
Testbedingungen wiesen die zuzahlungspflichtigen Systeme Clear und Dream unter Störschall ein 55-prozentiges Verstehen im
Vergleich zu einem 50-prozentigen Verstehen bei zuzahlungsfreien Geräten, sodass auch die Messungen eine Abweichung von immerhin
5 % ergaben. Daraus lassen sich aber keine verlässlichen Rückschlüsse auf das Ausmaß der tatsächlichen Hörvorteile ziehen,
die der Kläger im Alltag insbesondere in schwierigen Hörsituationen mit den von ihm erworbenen höherpreisigen Geräten im Vergleich
zu den von ihm ebenfalls im Alltag getesteten Geräten, die von Seiten des konsultierten Hörgeräteakustikers zum Festbetrag
abgegeben worden wären, erzielt hat. Der Kläger hat jedoch seinerseits glaubhaft und einleuchtend dargelegt, dass die von
ihm erworbenen höherpreisigen Geräte im Vergleich zu den getesteten kostengünstigeren Geräten ganz erhebliche Verbesserungen
im Hörvermögen im Alltag gezeigt haben. Mit den höherpreisigen Geräten konnte insbesondere in schwierigen Hörsituationen ein
deutlich besseres Verstehen und damit eine sichere Teilnahme an Gesprächen erreicht werden. Auch bei dem gebotenen längerfristigen
Einsatz der Geräte war ein ermüdungsfreier Gebrauch ohne besondere Anstrengungen möglich, wie solche hingegen beim Einsatz
des Festbetragsgerätes aufgrund seiner nach dem Hörvermögen des Klägers ungünstigen Tonlage abgefordert wurden. Der Kläger
hat überzeugend ins Gewicht fallende erhebliche Gebrauchsvorteile der höherpreisigen Geräte dargelegt, die gerade vor dem
Hintergrund der angestrebten langjährigen Versorgung den Mehrpreis in jeder Hinsicht aufwiegen. In diesem Zusammenhang kann
sich die Beklagte nicht auf die bloße Möglichkeit berufen, dass eventuell ein anderer Hörgeräteakustiker in der Lage gewesen
wäre, dem Kläger auch mit geringeren Kosten oder eventuell auch zum Festbetrag mit Hörgeräten zu versorgen, die ähnlich gute
Hörergebnisse wie die vom Kläger erworbenen höherpreisigen Hörgeräte erzielt hätten. Dem Kläger standen diesbezüglich keine
effektiv nutzbaren Versorgungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die dafür im Ausgangspunkt zuständige Beigeladene hat ihm keine
spezifische fachkundige Beratung angeboten, sondern im Ergebnis den Kläger auf die - von ihm auch in Anspruch genommene -
Beratung durch den konsultierten Hörgeräteakustiker verwiesen. Dieser hat im Ergebnis dem Kläger nur die Wahl zwischen einem
in Bezug auf den konkreten Bedarf des Klägers ineffizienten und, wie dargelegt, keinen ausreichenden Ausgleich der Hörbehinderunge
ermöglichenden Gerät, welches zum Festbetrag abgegeben worden wäre, und dem im Ergebnis vom Kläger erworbenen deutlich höherpreisigen
Gerät gelassen. Es ist insbesondere auch von Seiten des konsultierten Hörgeräteakustikers keine Möglichkeit aufgezeigt worden,
vergleichbar gute Hörerfolge auch mit kostengünstigeren Geräten zu erreichen. In dieser im Ergebnis der Beigeladenen zuzurechnenden
- ein Systemversagen im Sinne der BSG-Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 21. August 2008 - B 13 R 33/07 R -, BSGE 101, 207, Rn. 26) zum Ausdruck bringenden - Notlage war es sachgerecht, wenn sich der Kläger zum Erwerb des streitbetroffenen höherpreisigen
Gerätes entschlossen hat, nachdem die Testung des ihm angebotenen zuzahlungsfreien Gerätes im Alltag letztlich nur dessen
Insuffizienz ergeben hat. Insbesondere hat auch die Beigeladene versäumt, dem Kläger vor der Selbstbeschaffung der streitbetroffenen
Hörgeräte im April 2015 die erforderliche Versorgung mit den von ihm aufgrund seiner spezifischen Beeinträchtigung benötigten
hochwertigen Hörgeräten zu gewähren. Sie hat auch von einer zielgerichteten Beratung des Klägers abgesehen. Nicht zuletzt
ihr Bescheid vom 18. August 2014 ließ überhaupt keine Beratungsbereitschaft auf Seiten der Beigeladenen erkennen; der Bescheid
war vielmehr geradezu darauf ausgerichtet, schon die Zuständigkeit der Beigeladenen für einen vollständigen Behinderungsausgleich
im vorstehend erläuterten Sinne im Unklaren zu lassen. Schon im Ausgangspunkt kann sie daher dem Kläger nicht vorhalten, dass
dieser auf den fachlichen Rat des konsultierten Hörgeräteakustikerunternehmens vertraut hat, zumal dieser in die Versorgung
der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen eingebunden ist. Verantwortlich für eine effektive Versorgung der Versicherten
mit solchen dem Stand der Technik entsprechenden eine "bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder" auch in Störschallsituationen
gewährleistenden Hörgeräten ist die Krankenkasse, im vorliegenden Fall also die Beigeladene. Von der Aufgabe einer ausreichenden
Festbetragsbemessung selbst abgesehen, enthebt die Festbetragsregelung die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen
der Sachleistungsverantwortung (§
2 Abs.
1 Satz 1
SGB V) für die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Hieraus können gesteigerte Obhuts- und Informationspflichten
erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage und geeignete
Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig zu erlangen ist. Das Festbetragsregime setzt nicht die
Verantwortung der Krankenkassen für die Leistungsverschaffung im Rahmen des Sachleistungsprinzips außer Kraft, sondern modifiziert
nur das Entscheidungsverfahren zur Bestimmung der angemessenen Leistungsvergütung (vgl BSGE 90, 220, 224 = SozR 4-2500 § 33 Nr 1 RdNr. 13). Insoweit kann die Verpflichtung, Versicherten bei einem unübersichtlichen Leistungsangebot
einen konkreten Weg zu den gesetzlich möglichen Leistungen aufzuzeigen (vgl BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, jeweils RdNr. 14 f), gerade auch hier gelten. Zweifelhaft kann deshalb sein, ob schon die abstrakte
Möglichkeit einer ausreichenden Versorgung zum Festbetrag zur Erfüllung der Leistungspflicht ausreicht, wenn der Versicherte
trotz zumutbarer eigener Anstrengungen den Weg zu der erforderlichen Versorgung nicht findet (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, BSGE 105, 170-188, SozR 4-2500 § 36 Nr 2, SozR 4-2500 § 33 Nr 28, Rn. 36). Zwar lassen sich aus den Grundrechten im Allgemeinen keine konkreten
Leistungsrechte auf Bereitstellung bestimmter und insbesondere spezieller Gesundheitsleistungen entnehmen. Jedoch folgt aus
Art.
1 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip ein Anspruch auf die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein. Insbesondere
die Fürsorge für Menschen, die zu den gewöhnlichen Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, zu denen auch die verbale
Kommunikation gehört, aufgrund von Krankheit und Behinderung nicht in der Lage sind, gehört im Geltungsbereich des
Grundgesetzes zu den sozialen Aufgaben der staatlichen Gemeinschaft; dem Staat ist die Würde des Menschen in einer solchen Situation der
Hilfebedürftigkeit besonders anvertraut. Aus Art.
1 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip folgt die Pflicht auch der Rechtsprechung, diese Grundsätze bei der Anwendung des
einfachen Rechts zu berücksichtigen (BVerfG, B.v. 25. Februar 2009 - 1 BvR 120/09 -, NZS 2009, 674 mwN). Die Gerichte müssen sich - ebenso wie natürlich auch die beteiligten Sozialleistungsträger - schützend und fördernd
vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine
Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint, haben die Gerichte zu verhindern
(BVerfG, aaO). Die zu wahrende Würde des Menschen beinhaltet insbesondere, dass behinderungsbedingte Einschränkungen bei der
für das menschliche Zusammenleben elementaren zwischenmenschlichen Kommunikation im Rahmen der vorstehend erläuterten gesetzlichen
Vorgaben bestmöglich auszugleichen sind. Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben sind auch in dem Sinne zu berücksichtigen,
dass keine überhöhten Anforderungen an den Nachweis deutlicher Gebrauchsvorteile durch ein höherwertiges Hilfsmittel gestellt
werden dürfen. Die erläuterten einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Anforderungen im Sinne eines möglichst umfassenden
und vollständigen Behinderungsausgleichs dürfen in der Rechtsanwendungspraxis nicht dadurch unterlaufen werden, dass im gerichtlichen
Verfahren realitätsfremde Anforderungen an den im Ergebnis nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast zu führenden Nachweis
entsprechender Vorteile gestellt werden. Dies kann im vorliegenden Zusammenhang umso weniger als gerechtfertigt angesehen
werden, als entsprechende Beweisschwierigkeiten ihrerseits maßgeblich auch durch pflichtwidrige Versäumnisse auf Seiten der
Krankenkassen bedingt sind. Diese sind vom BSG bereits 2009 verpflichtet worden, Verfahren zur besseren Beurteilung der Erforderlichkeit der Versorgung zu entwickeln (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, SozR 4-2500 § 36 Nr 2 = BSGE 105, 170). Damit waren nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe insbesondere Verfahren gemeint, mit denen die Auswirkungen der unterschiedlichen
Hörgerätetechniken auf das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen in Abhängigkeit von
den unterschiedlichen Ausprägungen der behinderungsbedingten Hörbeeinträchtigungen mit größerer Verlässlichkeit erfasst werden
können. Ernsthafte Bemühungen zur Umsetzung dieses Auftrages auf Seiten der Krankenkasse sind im vorliegenden Verfahren nicht
ersichtlich geworden und zwar auch selbst dann nicht, als sich der Kläger bereits Anfang Februar 2015 (und damit noch vor
Abschluss der endgültigen Versorgung Ende März 2015) erneut an die Beklagte - Servicestelle Diepholz - gewandt hatte (vgl.
Bl. 29 VA Beigeladene). Hier anknüpfend ist die Beurteilung der Erforderlichkeit der selbst beschafften Hörgeräte auch unter
Einbeziehung des damit zu konstatierenden Systemversagens vorzunehmen. Nach §
31 Abs.
3 SGB IX gilt zwar im Ausgangspunkt: "Wählen Leistungsempfänger ein geeignetes Hilfsmittel in einer aufwendigeren Ausführung als notwendig,
tragen sie die Mehrkosten selbst". Dies bedeutet grundsätzlich, dass dann, wenn auch ein billigeres als das von dem Versicherten
gewählte Hörgerät einen hinreichenden Behinderungsausgleich bewirkt hätte, dieser (bei ordnungsgemäßem Ablauf) die Differenz
zwischen den Kosten beider Geräte selbst hätte tragen müssen. Dies kann jedoch dann nicht gelten, wenn gerade durch eine im
Sinne des §
15 Abs.
1 Satz 4
SGB IX zu Unrecht erfolgte Ablehnung des Antrages dem Versicherten die erforderliche sachgerechte Beratung (§
14 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB I)) durch die beteiligten Sozialleistungsträger vorenthalten worden ist, wie er die eigene Belastung bei gleichzeitiger Gewährleistung
bestmöglicher Hörerfolge im angesprochenen Sinn möglichst gering halten kann (BSG, Urteil vom 21. August 2008 - B 13 R 33/07 R -, SozR 4-3250 § 14 Nr 7 = BSGE 101, 207). Die Kostenentscheidung ergibt sich aus der Anwendung des §
193 SGG. Ein Grund, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), ist nicht gegeben. -