Sozialversicherungspflicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers; Anforderungen an Vereinbarungen der Gesellschafter über
ein Vetorecht für Abstimmungen in der Gesellschafterversammlung bei einer Minderheitsbeteiligung; Anforderungen an die Prognose
für die Beurteilung der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit
Tatbestand:
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung dagegen, dass das Sozialgericht Osnabrück ihren eine beitragspflichtige Beschäftigung
in Bezug auf die Tätigkeit des Beigeladenen als Geschäftsführer der Klägerin feststellenden Bescheid unter gleichzeitiger
Feststellung des Vorliegens einer selbständigen Tätigkeit aufgehoben hat.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Nach § 7 Abs. 5 ihrer Satzung werden Gesellschafterbeschlüsse
mit einfacher Mehrheit gefasst.
Am 27. Juni 2011 schloss die Klägerin mit dem Beigeladenen einen Geschäftsführervertrag, wonach der Beigeladene mit Wirkung
zum 1. Juli 2011 die Tätigkeit eines Geschäftsführers übernehmen sollte. Nach § 4 Abs. 1 des Vertrages hatte der Beigeladene
seine Arbeitskraft in die Dienste der Gesellschaft zu stellen, ohne allerdings an bestimmte Arbeitszeiten (§ 4 Abs. 2) gebunden
zu sein. Es war ein festes Monatsgehalt von 4.260 EUR bei Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von sechs Wochen
vereinbart (§ 7 Abs. 1 und 3), wobei dem Beigeladenen jährlich 30 bezahlte Urlaubstage zugebilligt worden waren (§ 9).
Entsprechend wurde der Beigeladene mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom gleichen Tage zum weiteren alleinvertretungsberechtigten
Geschäftsführer der Klägerin bestellt, wobei er von den Beschränkungen des §
181 BGB freigestellt worden ist. Hintergrund der Einstellung des Beigeladenen war nach dem Vortrag der Klägerin (vgl. Schriftsatz
vom 12. November 2015) der Umstand, dass der Gesellschafter J. in Folge maßgeblicher Ereignisse im persönlichen Bereich ("Schicksalsschläge")
den Umfang seiner Tätigkeit deutlich reduzieren musste (vgl. auch das Attest vom 27. Juli 2015, Bl. 209 GA, zur Notwendigkeit
einer Inanspruchnahme psychologischer Hilfe durch diesen Gesellschafter seit April 2012 vor dem Hintergrund einer persönlichen
Krise und einer Suizidgefährdung).
Alleingesellschafter der Klägerin und gleichzeitig weiterer Geschäftsführer war bei Abschluss des genannten Vertrages K. J
... Dieser trat mit notariellem Vertrag vom 17. Oktober 2011 7.500 der insgesamt 25.000 Geschäftsanteile an den Beigeladenen
zu einem Kaufpreis von 120.000 EUR ab. Zur Finanzierung nahm der Beigeladene ein Darlehen auf, wobei der Gesellschafter L.
Sicherheiten zugunsten der kreditgebenden Bank stellte (vgl. Schriftsatz vom 12. November 2015).
Im Vorgriff auf diesen notariell beurkundeten Vertrag hatten der Beigeladene und K. J. bereits am 1. Juli 2011 einen "privatrechtlichen
Vertrag" geschlossen, demzufolge der Beigeladene das Recht haben sollte, in den folgenden zehn Jahren jeweils weitere zwei
Prozent der Gesellschaftsanteile der Klägerin zum Preis von jeweils 8.000 EUR zu erwerben, um auf diesem Wege letztlich bis
2022 die Hälfte der Gesellschaftsanteile erwerben zu können.
Im Zuge der Übernahme dieses Gesellschaftsanteils übernahm der Beigeladene am 29. November 2011 zugunsten der Klägerin Bürgschaften
für von dieser aufgenommene Bankkredite über 32.100 EURund 42.900 EUR.
Die Klägerin erzielte ausweislich ihrer handelsrechtlichen Jahresabschlüsse folgende Verluste: im Jahr 2010 in Höhe von 32.649,59
EUR, im Jahr 2011 in Höhe von 44.547,41 EUR, im Jahr 2012 in Höhe von 67.339,51 EUR, im Jahr 2013 in Höhe von 39.554,26 EUR
und im Jahr 2014 in Höhe von 5.704,28 EUR. Die Klägerin selbst weist auf ihre fortlaufend schlechte wirtschaftliche Situation
hin und teilt mit, dass ihre Liquidation demnächst vorgesehen sei.
Im November 2011 beantragte die Klägerin die Einleitung eines Statusfeststellungsverfahrens für den Beigeladenen.
Am 24. Januar 2012 fasste die Gesellschafterversammlung der Klägerin folgenden Beschluss (Bl. 25 GA): "Aufgrund der Vorprüfung
der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung durch die Deutsche Rentenversicherung, vereinbaren wir hiermit, dass der Geschäftsführervertrag
von Herrn M. N.", d.h. des Beigeladenen, "rückwirkend zum 01.07.2011 aufgehoben wird. Wir beschließen gleichzeitig, dass M.
N. als Miteigentümer und Unternehmer der O. GmbH, als Inhaber und Geschäftsführer frei agieren kann. Des Weiteren betonen
wir, dass M. N. vom §
181 BGB befreit ist und er das Unternehmen im Innen- und im Außenverhältnis wie ein alleiniger Inhaber führt, die Pflicht eines Kaufmanns
berücksichtigt und das regelmäßige Einkommen selber bestimmt."
Ungeachtet dieses Beschlusses beließ die Klägerin dem Beigeladenen die diesem zuvor gewährten Gehaltszahlungen. Auch für die
Monate Januar bis Oktober 2012 sowie für den Monat April 2013 erhielt er jeweils ein Festgehalt in Höhe von monatlich ca.
3.390 EUR; für die weiteren Monate sind nach Angaben der Klägerin keine Gehaltszahlungen mehr erfolgt.
Am 25. Januar 2012 fasste die Gesellschafterversammlung der Klägerin folgenden Beschluss (Bl. 24 GA; Rechtschreibfehler im
Original): "Aufgrund der Einflussnahme in die wichtigen und grundsätzlichen Entscheidungskreterin der O. GmbH wird rückwirkend
zum 01.07.2011 einstimmig beschlossen, dass eine 75 % Mehrheit Grundlage der Entscheidung bedingt. Somit hat jeder Geschäftsführer
eine Sperrminorität, denn die regelmäßigen Entscheidungen im Unternehmen werden zu jedem Zeitpunkt einzeln getroffen, sonst
in das Unternehmen nicht lebensfähig. In dem regelmäßig Geschäft wird das Unternehmen nach außen von jedem Geschäftsführer
alleine vertreten. Des Weiteren wird beschlossen, dass Herr N." (d.h. der Beigeladene), "aufgrund der Intensität, das Unternehmen
der O. GmbH entscheidend führen soll."
Mit Bescheid vom 30. Januar 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2012 stellte die Beklagte fest,
dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer seit dem 17. Oktober 2011 im Rahmen eines abhängigen
Beschäftigungsverhältnisses ausübe und aufgrund dieser Beschäftigung der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und
Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen. Ein weiterer Bescheid der Beklagten vom 30. Januar
2012 in der Fassung eines weiteren Widerspruchsbescheides vom 23. August 2012, mit dem die Beklagte entsprechende Feststellungen
für die Tätigkeit des Beigeladenen als Geschäftsführer der Klägerin im Zeitraum 1. Juli bis 16. Oktober 2011 getroffen hatte,
ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, nachdem die Klägerin von einer Anfechtung des diesbezüglich ihre Klage
abweisenden Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Osnabrück abgesehen hat.
Mit der am 24. September 2012 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass der Geschäftsführervertrag insbesondere
aus steuerrechtlichen Gründen abgeschlossen worden sei. Durch den Kauf des 30-prozentigen Gesellschaftsanteils und die Übernahme
der Bürgschaften habe der Beigeladene in ganz erheblichem Umfang wirtschaftliche Risiken übernommen. Der Mitgeschäftsführer
J. habe eine geringere Vergütung für seine Geschäftsführertätigkeit als der Beigeladene erhalten (vgl. aber auch den Vortrag
im Schriftsatz vom 12. November 2015, der auf in etwa gleich hohe Vergütungen jedenfalls in 2012 und 2013 auch vor dem Hintergrund
der in den Jahresabschlüssen ausgewiesenen Zahlungen an die Geschäftsführer hinausläuft). Der Beigeladene habe zum Jahresanfang
2014 neben der zunächst fortgesetzten Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin eine selbständige einzelkaufmännische Tätigkeit
im Bereich der Unternehmensberatung aufgenommen.
Mit dem Gesellschafterbeschluss vom 25. Januar 2012 habe eine Stimmrechtsvereinbarung in dem Sinne getroffen werden sollen,
dass Einstimmigkeit bei allen Beschlüssen der Gesellschafter erforderlich sei. Damit sei der Gesellschaftsvertrag nicht abgeändert
worden. Entsprechende Stimmrechtsvereinbarungen seien formlos gültig (Bl. 97 GA).
Zum 1. März 2014 hat der Beigeladene für eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit außerhalb des Geschäftsbetriebs der Klägerin
ein Büro in P. gegründet (vgl. Schriftsatz vom 18. August 2015, Bl. 159 GA).
Mit Gesellschafterbeschluss vom 13. Oktober 2014 wurde der Beigeladene mit seiner Zustimmung als Geschäftsführer abberufen;
seitdem nimmt dieser nicht mehr die Aufgaben eines Geschäftsführers wahr (Bl. 100 GA).
Mit Gerichtsbescheid vom 13. Mai 2015, der Beklagten zugestellt am 27. Mai 2015, hat das Sozialgericht (unter Abweisung der
Klage im Übrigen, d.h. betreffend die statusrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen im Zeitraum 1. Juli bis
16. Oktober 2011) den die Tätigkeit des Beigeladenen im Zeitraum ab dem 17. Oktober 2011 betreffenden Bescheid der Beklagten
aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitraum vom 17. Oktober
2011 bis zum 13. Oktober 2014 im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt habe. Eine Stimmrechtsvereinbarung, wonach
in Abweichung von den Vorgaben der Satzung der GmbH Beschlüsse nur einstimmig gefasst werden könnten, könne formlos und rechtswirksam
vereinbart werden und sei im Ergebnis einer Sperrminorität des Minderheitsgesellschafters gleichzustellen.
Mit ihrer am 15. Juni 2015 eingelegten Berufung stellt die Beklagte die Relevanz der Stimmrechtsvereinbarung in Abrede. Nach
der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei ausschlaggebend die im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rechtsmacht. Fehle die erforderliche
Rechtsmacht, dann begründe auch eine weitreichende faktische Weisungsfreiheit im Alltagsgeschäft keine Selbständigkeit der
Tätigkeit im Rechtssinne.
Der Beigeladene hat den Gesellschaftsvertrag zum Jahresende 2015 gekündigt; nach eigenen Angaben der Klägerin ist demnächst
ihre Liquidation vorgesehen.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Osnabrück vom 13. Mai 2015 aufzuheben, soweit der die Versicherungspflicht des Beigeladenen
im Zeitraum seit dem 17. Oktober 2011 betreffende Bescheid der Beklagten vom 30. Januar 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 23. August 2012 aufgehoben worden ist und soweit die Feststellung getroffen worden ist, dass der Beigeladene die Tätigkeit
als Gesellschafter-Geschäftsführer in der Zeit vom 17. Oktober 2011 bis 13. Oktober 2014 im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit
ausgeübt hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ihrer Auffassung nach hat der Beigeladene mit dem Erwerb der Gesellschaftsanteile und der Übernahme der Bürgschaften ein hohes
unternehmerisches Risiko übernommen. Überdies habe dem Gesellschaftsvertrag ein Mustergesellschaftsvertrag zugrunde gelegen.
Als staatlich geprüfter Betriebswirt habe der Beigeladene über die erforderliche fachliche Qualifikation verfügt. Innerhalb
des jeweiligen Tätigkeitsbereiches habe jeder Gesellschafter die eigenen Kunden eigenverantwortlich und weisungsfrei beraten,
wobei sich der Gesellschafter-Geschäftsführer J. auf Geschäfte im Bereich der betrieblichen Altersversorgung konzentriert
habe. Der Beigeladene sei den Mitarbeitern der Klägerin auch als weiterer Chef und nicht etwa als Arbeitskollege vorgestellt
worden.
Die Stimmrechtsvereinbarung sei als eine rein schuldrechtliche Vereinbarung rechtswirksam. Die gelebten Verhältnisse bestätigten
deren Rechtswirksamkeit.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung der Beklagten, dass
der Beigeladene seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin in dem im Berufungsverfahren zu überprüfenden Zeitraum vom
17. Oktober 2011 bis zur Abberufung aus der Position eines Geschäftsführers am 13. Oktober 2014 im Rahmen einer abhängigen
Beschäftigung ausgeübt hat. Allerdings hat die Beklagte bezogen auf den Teilzeitraum vom 1. Januar 2014 bis 13. Oktober 2014
zu Unrecht das Bestehen einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflege-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung angenommen,
da der Beigeladene seinerzeit diese weiterhin als abhängig Beschäftigter wahrgenommene Tätigkeit in einem nur geringfügigen
Umfang ausgeübt hat.
Mit dem rückwirkend zum 1. Januar 1999 durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember
1999 (BGBl I 2000, 2) nach Maßgabe von Art. 3 Abs. 2 dieses Gesetzes eingefügten Anfrageverfahren nach Maßgabe des §
7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) soll nach der Vorstellung der Entwurfsverfasser eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der "Statusfrage"
erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855 S 6; vgl. insbesondere
BSG, U.v. 11. März 2009 - 12 R 11/07 R - SozR 4-2400 §
7a Nr.
2). Nach §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV können die Beteiligten hierzu grundsätzlich schriftlich eine Entscheidung der nach §
7a Abs.
1 Satz 3
SGB IV zuständigen DRV Bund beantragen. §
7a Abs.
6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des
SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2).
Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der Kranken-,
Renten- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl. §
24 Abs.
1, §
25 Abs.
1 SGB III, §
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V, §
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI, §
20 Satz 1,
2 Nr. 1
SGB XI). Dies gilt allerdings bezogen auf die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der
Arbeitsförderung nur, sofern die Personen nicht nur geringfügig beschäftigt waren (§§
7 SGB V, 5 Abs.
2 SGB VI, 27 Abs.
2 SGB III, 20 Satz 1
SGB XI); für geringfügig Beschäftigte im Sinne des §
8 Abs.
1 Nr.
1 SGB IV kommt seit 2013 nur auf Antrag eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach §
6 Abs.
1b SGB VI (in der Fassung des Gesetzes zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung vom 5. Dezember 2012, BGBl. I, 2474)
in Betracht.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung "die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" (§
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in
einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann
das Weisungsrecht des Arbeitgebers auch eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein, wenn
der Versicherte nur in den Betrieb eingegliedert ist (BSG, U.v. 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr. 20). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das
Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen
frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt
davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21 mwN). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 2008, aaO., Rn. 15).
Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis
der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst
das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer
gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche
Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen
Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines
Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in
diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne
gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgebend ist die Rechtsbeziehung
so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, aaO. mwN).
Auch dann, wenn der im Unternehmen Tätige Gesellschaftsanteile an einer Kapitalgesellschaft hält, nimmt die Rechtsprechung
den Status als Selbstständiger nur dann an, wenn damit zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von
Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist; etwa durch ein seinem Gesellschaftsanteil entsprechendes Stimmgewicht oder in Form
einer Sperrminorität, und der Betroffene damit rechtlich über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich
seiner Tätigkeit abzuwehren (BSG, Urteil vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21 mwN).
Im vorliegenden Fall verfügte der Beigeladene weder über Stimmenmehrheit noch über eine Sperrminorität. Er verfügte lediglich
über einen Anteil am Gesellschaftsvermögen von 30 % und konnte daher kraft seiner gesellschaftsrechtlichen Position nicht
verhindern, dass die Gesellschafterversammlung Beschlüsse, etwa über seine Abberufung als Geschäftsführer, auch gegen seinen
Willen fasste. Soweit in dem - ohnehin formunwirksamen - "privatrechtlichen Vertrag" vom 1. Juli 2011 dem Beigeladenen die
Option zum Erwerb von jährlich jeweils weiteren 2 % Gesellschaftsanteilen in den nachfolgenden zehn Jahren eingeräumt worden
ist, hat dieser davon nie Gebrauch gemacht, so dass es bei einer Minderheitsbeteiligung im Umfang von 30 % verblieben ist.
Eine Sperrminorität ergab sich auch nicht aus dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 24. Januar 2012. Soweit in diesem
Beschluss festgehalten worden ist, dass der Beigeladene das Unternehmen im Innen- wie im Außenverhältnis "wie ein alleiniger
Inhaber" führe, war dies im Ergebnis augenscheinlich nicht ernst gemeint, weil bereits am Folgetag in einer weiteren Gesellschafterversammlung
vom 25. Januar 2012 ausdrücklich beschlossen worden ist, dass jeder Gesellschafter die regelmäßigen Entscheidungen "einzeln"
zu treffen habe und dass jeder Gesellschafter und damit insbesondere auch der Mehrheitsgesellschafter J. über eine "Sperrminorität"
verfügen sollte. Damit wurde gerade noch einmal betont, dass die Klägerin über zwei Gesellschafter verfügte und der Beigeladene
gerade nicht "wie ein alleiniger Inhaber" zu betrachten sei.
Auch dieser weitere Beschluss vom 25. Januar 2012 war nicht geeignet, für den Beigeladenen eine Rechtsmacht entsprechend einer
Sperrminorität zu begründen. Vereinbarungen der Gesellschafter über ein Vetorecht für Abstimmungen in der Gesellschafterversammlung
(welches bei wechselräumiger Einräumung durch die beiden einzigen Gesellschafter einer Gesellschaft auf die Notwendigkeit
einer einstimmigen Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung hinausläuft) können zwar grundsätzlich auch außerhalb
des notarieller Beurkundung unterliegenden Gesellschaftsvertrags schriftlich vereinbart werden (BSG, Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 10/14 R - zitiert nach Terminbericht Nr. 47/15); im vorliegenden Fall lässt sich jedoch - auch unabhängig von möglichen rechtlichen
Grenzen für eine entsprechende im Ergebnis satzungsmodifizierende Vereinbarung (vgl. auch BGH, Urteil vom 27.10.1986 - II ZR 74/85 - NJW, 1987, 1889 zum fehlenden Stimmrecht eines Gesellschafters bei Entscheidungen über seine eigene Abberufung) - bereits in tatsächlicher
Hinsicht nicht mit der erforderlichen Klarheit ein übereinstimmender vertraglicher Wille zur Einräumung eines entsprechenden
Vetorechts zugunsten des Beigeladenen feststellen.
Gerade da einer nur auf Zeiten eines harmonischen Zusammenwirkens unter den Gesellschaftern beschränkten "Schönwetter-Selbstständigkeit"
sozialversicherungsrechtlich keine entscheidende Bedeutung zukommen soll (BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, BSGE 111, 257; U.v. 11. November 2015 - B 12 R 2/14 R - zitiert Terminbericht DES BSG Nr. 47/15), kann es in diesem Zusammenhang nicht ausreichen, vage formulierte Beschlüsse zu fassen, die möglicherweise Andeutungen
im Sinne eines in Betracht kommenden Vetorechts erkennen lassen, gleichwohl aber den Beteiligten gerade angesichts ihrer Unbestimmtheit
weitreichende Möglichkeiten eröffnen, je nach dem nachfolgenden Verlauf der Entwicklung und einer daran anknüpfenden künftig
noch vorzunehmenden Abwägung der Vor- und Nachteile einer sozialversicherungsrechtlichen Absicherung im Nachhinein jeweils
die Unwirksamkeit oder aber auch Rechtsgültigkeit einer entsprechenden Beschlussfassung vorzutragen. Vielmehr ist gerade in
solchen Fallgestaltungen dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände (vgl.
dazu BSG, Urteil vom 29. August 2012,aaO.; Urteil vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R - zitiert nach Terminbericht des BSG Nr. 31/15) Rechnung zu tragen.
Darüber hinaus sind selbstverständlich auch schon aus gesellschaftsrechtlicher Sicht angesichts der sich daraus womöglich
ergebenden - mitunter für den wirtschaftlichen Fortbestand der Gesellschaft ausschlaggebenden - Folgen hohe Anforderungen
an die Klarheit und Bestimmtheit einer entsprechenden Stimmrechtsvereinbarung im Sinne der Einräumung eines Vetorechts für
einen (Minderheits-)Gesellschafter zu stellen.
Diesen Anforderungen an eine hinreichend bestimmte Fassung der vertraglichen Vereinbarung vermag der herangezogene Beschluss
vom 25. Januar 2012 nicht zu genügen, zumal insoweit die Unklarheiten im Ergebnis als ein bewusstes Abstandnehmen von einer
klaren Einräumung von Rechten und nicht etwa als Ausdruck eines nur unzureichenden Vermögens zum Ausdruck des Gewollten in
der deutschen Sprache zu werten sind. Die Gesellschafter nahmen im erheblichen Umfang am deutschen Wirtschaftsleben teil;
es sind ohnehin keine Anhaltspunkte für migrationsbedingte oder auf ähnlichen Umständen beruhende Schwierigkeiten beim Gebrauch
der deutschen Sprache erkennbar. Beispielsweise der von denselben Personen abgeschlossene Geschäftsführervertrag vom 27. Juni
2011 machte deutlich, dass, soweit gewünscht, durchaus auch das Vermögen zum Abschluss klarer Vereinbarungen bestand.
Schon die maßgebliche Formulierung in dem Beschluss vom 25. Januar 2012 "dass eine 75 % Mehrheit Grundlage der Entscheidung
bedingt" birgt Unklarheiten in sich, und zwar insbesondere hinsichtlich der Frage, was genau mit der Formulierung "Grundlage
... bedingt" zum Ausdruck gebracht werden soll. Deren Gewicht verstärkt sich dadurch, dass als Erklärung im ersten Teil des
betroffenen Satzes angeführt wird: "Aufgrund der Einflussnahme in die wichtigen und grundsätzlichen Entscheidungskreterin"
der Klägerin. Es erschließt sich schon nicht, was in diesem Zusammenhang unter "Entscheidungskreterin" einer GmbH (verbal
gemeint offenbar, ohne dass dies aber einen klaren Sinn ergeben würde: Entscheidungskriterien) verstanden werden sollte. In
der Sache sollte wohl letztlich weniger auf die Einflussnahme auf Entscheidungskriterien, sondern auf die Einflussnahme auf
die Entscheidungen als solche der Klägerin (von Seiten des Beigeladenen) abgehoben werden. Da es sich bei einem Geschäftsführer
einer GmbH aber schon kraft Amtes letztlich von selbst versteht, dass er auch auf die wichtigen und grundsätzlichen Entscheidungen
Einfluss nimmt, bleibt unklar, welchen Sach- bzw. Kausalzusammenhang (vgl. die Formulierung "aufgrund") die Gesellschafter
bei der - augenscheinlich mit der Zielrichtung einer Förderung der Interessen der Klägerin im vorliegenden Statusrechtsstreit,
vgl. Widerspruchsbegründung vom 2. Februar 2012, vorgenommenen - Beschlussfassung am 25. Januar 2012 zwischen einer solchen
Einflussnahme und einer "75 % Mehrheit Grundlage der Entscheidung" gesehen haben wollen.
Die Ungereimtheiten werden noch dadurch verstärkt, dass die "75 % Mehrheit Grundlage der Entscheidung" rückwirkend zum 1.
Juli 2011 eingeführt werden sollte. Ein Vetorecht für einen Gesellschafter kann schon nach den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben
sinnvollerweise lediglich mit Wirkung für die Zukunft begründet werden. Auch dies spricht insbesondere in Verbindung mit der
im Beschluss zum Ausdruck gebrachten Verknüpfung mit der vorausgegangenen tatsächlichen Einflussnahme des Beigeladenen auf
die Entscheidungen der Klägerin im Ergebnis dafür, dass im Ausgangspunkt lediglich der Ist-Zustand beschrieben, nicht hingegen
rechtlich verbindlich und dauerhaft für den Beigeladenen eine erweiterte Rechtsposition begründet werden sollten.
Bezeichnenderweise haben die Gesellschafter in dem Beschluss auch gerade davon abgesehen, nachvollziehbare Kriterien zur Abgrenzung
der (von jedem Gesellschafter einzeln zu treffenden) "regelmäßigen Entscheidungen" und dem Bereich zu treffen, in dem die
"75 % Mehrheit Grundlage der Entscheidung" relevant werden sollte, wie dies im Wirtschaftsleben bei einer ernstlich gewollten
Einräumung eines Vetorechts regelmäßig zu erwarten wäre.
Nicht minder unklar ist der folgende Satz in dem Beschluss vom 25. Januar 2012: Somit hat jeder Geschäftsführer eine Sperrminorität,
denn die regelmäßigen Entscheidungen im Unternehmen werden zu jedem Zeitpunkt einzeln getroffen, sonst in das Unternehmen
nicht lebensfähig. Es macht in sich schon keinen Sinn, die Einräumung einer Sperrminorität damit begründen zu wollen, dass
das Unternehmen nur lebensfähig sei, wenn (jedenfalls regelmäßige) Entscheidungen einzeln getroffen werden könnten. Die Einräumung
eines Vetorechts zugunsten des Beigeladenen, wenn sie denn ernsthaft gewollt gewesen wäre, hätte dem Mehrheitsgesellschafter
gerade die Rechtsmacht zu Einzelentscheidungen (im Sinne mit der in seiner Person vorhandenen Stimmenmehrheit zu fassenden
Entscheidungen) genommen, und zwar insbesondere auch für den Fall, dass dieser die fragliche Entscheidung als notwendig für
die Überlebensfähigkeit des Unternehmens erachten würde.
Die aufgezeigten Unstimmigkeiten verlieren auch nicht vor dem Hintergrund des "privatrechtlichen Vertrages" vom 1. Juli 2011
(dessen Formnichtigkeit auch von Seiten der Klägerin eingeräumt wird) ihre Relevanz. Soweit die Klägerin vorträgt, dass der
Hauptgesellschafter J. mit dieser Vereinbarung dem Beigeladenen eine "gleichrangige Stellung in der Gesellschaft habe einräumen
wollen, ist dies jedenfalls für die Jahre bis 2021 und damit auch für den zu beurteilenden Zeitraum aktenwidrig. Selbst wenn
der Beigeladene von den ihm (formnichtig) eingeräumten Optionen zum Erwerb weiterer Gesellschaftsanteile Gebrauch gemacht
hätte (wovon er ohnehin Abstand genommen hat), waren die Bedingungen jedenfalls zielgerichtet so ausgestaltet, dass bis 2021
die Stimmenmehrheit des Mehrheitsgesellschafters J. gewährleistet blieb und der Beigeladene bis dahin gerade keine "gleichrangige"
Stellung erwerben konnte. Vor diesem Hintergrund ist von vornherein auch kein Raum, eine Stimmrechtsbindungsvereinbarung entsprechend
dem Vortrag der Klägerin als "logische Konsequenz" dieser Vereinbarung zu werten.
Da der Beigeladene mithin lediglich über eine Minderheitsbeteiligung und weder über eine gesellschaftsvertraglich eingeräumte
Sperrminorität noch über ein sonstiges Vetorecht verfügte, hatte er keine Rechtsposition inne, aufgrund derer er ihm unliebsame
Entscheidungen der Klägerin dauerhaft verhindern konnte.
Da ausschlaggebend das Bestehen einer solchen Rechtsmacht ist, kommt es für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen
Status nach §
7 Abs.
1 SGB IV nicht darauf an, mit welcher Häufigkeit von dieser im Betriebsalltag Gebrauch gemacht wurde. Die Nichtausübung eines Rechts
ist nicht maßgeblich, solange diese Rechtsposition nicht rechtswirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen
in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R -, ZIP 2006, 678). Ausschlaggebend ist vielmehr, dass der Mehrheitsgesellschafter insbesondere in einem eventuellen wirtschaftlichen Krisenfall
die Befugnis hatte, den Beigeladenen als Geschäftsführer abzuberufen und beispielsweise eine andere Person seines Vertrauens
mit dieser Aufgabe zu betrauen.
Vor diesem Hintergrund begründen auch weitreichende Befugnisse und eine faktische Weisungsfreiheit in der betrieblichen Praxis
keine Selbstständigkeit. Entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal
vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung ist - mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und
beitragsrechtlicher Tatbestände - die Möglichkeit, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw. Dienstberechtigten abzuwenden.
Denn es liegt im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, die Frage der Versicherungspflicht
und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge,
sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender
Bedeutung sein kann (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, BSGE 111, 257-268, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17).
Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Beigeladenen im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde,
ist vor diesem Hintergrund vorliegend primär der zwischen ihm und der Klägerin geschlossene Geschäftsführervertrag vom 27.
Juni 2011. Soweit dieser mit Gesellschafterbeschluss vom 24. Januar 2012 (rückwirkend) "aufgehoben" worden ist, ist auch dies
im Ergebnis nicht ernsthaft gewollt worden. Dies zeigt sich schon daran, dass die Gesellschafter seinerzeit keineswegs die
auch nur künftige Tätigkeit des Beigeladenen als Geschäftsführer der Klägerin beenden wollten, vielmehr ist zugleich in diesem
Beschluss sogar die Rede, dass dieser auch künftig - dem Wortlaut nach sogar "wie ein alleiniger Inhaber" - das Unternehmen
führen werde. Auch wenn, wie bereits angesprochen, nicht ernsthaft eine Unternehmensführung "wie ein alleiniger Inhaber" auf
Seiten des Beigeladenen gewollt war, so sollte er jedoch auf jeden Fall nach übereinstimmender Auffassung beider Gesellschafter
weiterhin als Geschäftsführer tätig werden. Tatsächlich hat er diese Position in der Folgezeit auch bis Herbst 2014 innegehabt.
Im Ergebnis war damit von beiden Gesellschaftern keine Aufhebung (und erst recht keine rückwirkende Aufhebung, zumal die bei
einer rückwirkenden Aufhebung zu erwartende Rückabwicklung nie ernsthaft gewollt war), sondern lediglich die Modifizierung
des Geschäftsführervertrages in dem Sinne (ohnehin nur mit Wirkung für die Zukunft) gewollt, dass anstelle der betragsmäßigen
Vorgaben im Geschäftsführervertrag über die genaue Höhe des Gehaltsanspruchs der Beigeladene selbst dessen Höhe nunmehr nach
billigem Ermessen im Sinne des §
315 Abs.
1 BGB zu bestimmen hatte. Dabei war in dem Beschluss vom 24. Januar 2012 bereits vorgegeben worden, dass der Beigeladene auch weiterhin
ein "regelmäßiges Einkommen", also regelmäßig ein monatliches Gehalt, beziehen sollte.
Im Übrigen haben die Beteiligten keine vom Geschäftsführervertrag vom 27. Juni 2011 abweichenden Regelungen getroffen; dieser
ist auch im Alltag weiterhin bis zum Ausscheiden des Beigeladenen zum 13. Oktober 2014 umgesetzt worden, wobei angesichts
der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung der Klägerin Gehaltszahlungen an den Beigeladenen allerdings nur in dem im Tatbestand
aufgeführt Umfang erfolgten. Auch ist im Arbeitsalltag die zunächst - entsprechend den Vorgaben im Geschäftsführervertrag
- hauptberufliche Tätigkeit des Beigeladenen ab 2014 angesichts der weiterhin keine Besserung versprechenden wirtschaftlichen
Bedrängnis der Klägerin zu einer tendenziell nur nebenberuflichen Tätigkeit zurückgeführt worden, womit die Aufnahme einer
eigenen selbständigen Tätigkeit des Beigeladenen, in deren Rahmen er zum 1. März 2014 ein Büro in P. eröffnet hat, einherging.
Nach den getroffenen Vereinbarungen war die Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin mit typischen Arbeitnehmerrechten
verbunden, und zwar insbesondere in Form eines Anspruchs auf Lohnfortzahlung im Urlaubs- und Krankheitsfall. Er hat auch (weitgehend)
regelmäßige monatliche Gehaltszahlung in den Zeiträumen Juli 2011 bis Oktober 2012 sowie für den Monat April 2013 erhalten,
obwohl die Klägerin fortlaufend Verluste erzielt hat.
Das Alleinvertretungsrecht und die Befreiung von den Beschränkungen des §
181 BGB sind bei einer kleineren GmbH nicht untypisch und deuten deshalb nicht zwingend auf eine selbst-ständige Tätigkeit (BSG, Urteil vom 6. März 2003 - B 11 AL 25/02 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr. 1, SozR 4-4100 § 168 Nr. 1, Rn. 18).
Auch geschuldete Dienste höherer Art werden im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt
bleiben, weil sie wie auch im vorliegenden Fall in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen. Allein
weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der - wie im vorliegend zu beurteilenden Fall - in funktionsgerecht
dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen
(BSG, Urteil vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21).
Auch ist es durchaus üblich, dass Geschäftsführer spezielle Fachkenntnisse aufweisen. Diese sind vielfach gerade Voraussetzung
für die Übertragung dieser Aufgabe, lassen als solche aber keine Rückschlüsse auf eine selbständige Tätigkeit zu (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 35/98 R -, SozR 3-2200 § 723 Nr. 4).
Ein unternehmerisches Risiko im eigentlichen Sinne hat der Kläger nicht zu tragen. Selbst bei einem Verlust der GmbH stand
ihm nach den Vereinbarungen ein regelmäßiges Gehalt zu. Ohnehin beinhaltet ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweise
auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs
beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13). Dass beide Gesellschafter-Geschäftsführer ab November 2012 einvernehmlich auf die Auszahlung des Geschäftsführergehalts
(mit Ausnahme des Gehalts für April 2013) verzichtet haben, war wegen der zunächst grundsätzlich fortbestehenden Vergütungsvereinbarungen
unschädlich (vgl BSG SozR 3-2200 § 1227 Nr 8 S 10 f).
Dabei ist klarzustellen, dass Gegenstand der Beurteilung die Ausübung der Tätigkeit als Geschäftsführer ist. Selbstverständlich
war die daneben festzustellende wirtschaftliche Betätigung des Klägers als Mitgesellschafter der Klägerin auch mit einem unternehmerischen
Risiko in dem Sinne verbunden, dass bei einem schlechten wirtschaftlichen Verlauf der Unternehmensanteil an Wert verlieren
bzw. wertlos werden konnte. Die Übernahme dieses wirtschaftlichen Risikos war aber nicht Gegenstand der zu beurteilenden im
Ausgangspunkt mit einem regelmäßigen Gehalt entlohnten geschäftsführenden Tätigkeit, sondern bestand neben dieser.
Auch die Gründe für die Bestellung der vom Beigeladenen übernommenen Bürgschaften sind außerhalb der Beschäftigungsverhältnisses
zu suchen (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, BSGE 111, 257); auch deren Übernahme war nicht Gegenstand der geschäftsführenden Tätigkeit des Beigeladenen, sondern resultierte aus seiner
Stellung als Mitgesellschafter der Klägerin.
Durch die Übernahme einer Bürgschaft erhielt der Beigeladene als Bürge insbesondere keine Befugnisse, die Geschicke des Betriebes
zu beeinflussen (vgl. LSG Hessen, U.v. 27. Oktober 2011, aaO.). Ein greifbarer Zugewinn an tatsächlichem Einfluss auf die
Entscheidungen des weiteren Gesellschafters war damit umso weniger verbunden, als dieser - wie im vorliegenden Fall und wie
im Bankalltag bei Darlehen an juristische Personen regelmäßig üblich - auch seinerseits Sicherheiten bestellt hat.
Dies gilt umso mehr, als die Bürgschaftsverträge rechtswirksam zugunsten der Banken geschlossen worden sind und den Beigeladenen
auch in einem Streitfall mit der Klägerin rechtlich binden. (vgl. dazu auch LSG Baden-Württemberg, U.v. 21. Oktober 2011 L
4 R 5166/08 ; vgl. für die mangelnde Relevanz einer Bürgschaftsübernahme auch BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, BSGE 111, 257; BSG U.v. 29. Juli 2015, aaO.; LSG Nordrhein-Westfalen, U.v. 25. November 2010 - L 16 KR 313/10).
Bezeichnenderweise geht die Rechtsprechung des BSG davon aus, dass selbst der Gesellschaft von Seiten eines Geschäftsführers gewährte Darlehen als solche keinen unmittelbaren
Rückschluss auf die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit zulassen (BSG, Urteil vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 -, SozR 3-2400 § 7 Nr 4, Rn. 32). Für Bürgschaften muss schon deshalb Entsprechendes gelten, weil auch diese im wirtschaftlichen
Ergebnis, wenngleich nur bedingt für den eventuellen Fall einer entsprechenden Inanspruchnahme des Bürgen durch den Gläubiger,
die Überlassung finanzieller Mittel zugunsten des Schuldners beinhalten, womit dann entsprechende Erstattungs- bzw. Befreiungsansprüche
des Bürgen gegenüber dem Schuldner nach §§
775,
670 BGB korrespondieren.
Allerdings hat der Beigeladene die die abhängige Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin im Zeitraum von Januar 2014 bis
zu seinem Ausscheiden zum 13. Oktober 2014 in einem nur geringfügigen Ausmaß im Sinne des §
8 Abs.
1 Nr.
1 SGB IV ausgeübt, so dass seit diesem Zeitpunkt nach §§
7 SGB V, 5 Abs.
2 SGB VI, 27 Abs.
2 SGB III, 20 Satz 1
SGB XI keine Versicherungspflicht mehr in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung
mehr bestand, wohingegen eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht mangels des dafür nach §
6 Abs.
1b SGB VI (in der Fassung des Gesetzes zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung vom 5. Dezember 2012, BGBl. I, 2474)
erforderlichen Antrages auch für den Zeitraum Januar bis 13. Oktober 2014 nicht in Betracht kam.
Die Beurteilung der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit erfordert eine Prognose bzw. vorausschauende Schätzung (BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 - B 12 R 15/09 R -, SozR 4-2600 § 5 Nr 6). Die hiernach erforderliche Prognose erfordert keine alle Eventualitäten berücksichtigende genaue
Vorhersage, sondern lediglich eine ungefähre Einschätzung, welches Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nach der bisherigen
Übung mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist (vgl BSG SozR 3-2400 § 8 Nr 3 S 12 mwN). Im Prognosezeitpunkt muss davon auszugehen sein, dass sich Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bei normalem
Ablauf der Dinge nicht relevant verändern. Grundlage der Prognose können dabei lediglich Umstände sein, von denen in diesem
Zeitpunkt anzunehmen ist, dass sie das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bestimmen werden (vgl BSG SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2).
Angesichts des aufgezeigten Erfordernisses einer im Sinne einer ungefähren Einschätzung erforderlichen hinreichend verlässlichen
Prognose kann nicht allein auf die erst nachträglich festzustellende fortlaufende Nichterbringung von Gehaltszahlungen im
Zeitraum ab Mai 2014 abgestellt werden, zumal die Klägerin und der Beigeladene seinerzeit keine klaren Vereinbarungen über
den Wegfall eines Entgeltanspruchs des Beigeladenen für die weiterhin wahrgenommene Geschäftsführertätigkeit getroffen haben.
Das für die Sozialversicherung zentrale Entstehungsprinzip hat zum Inhalt, dass Versicherungspflicht und Beitragshöhe bei
dem Beschäftigten nach dem arbeitsrechtlich geschuldeten (etwa dem Betroffenen tariflich zustehenden) Arbeitsentgelt zu beurteilen
sind - was sich etwa bei untertariflicher Bezahlung auswirkt - und nicht lediglich nach dem einkommensteuerrechtlich entscheidenden,
dem Beschäftigten tatsächlich zugeflossenen Entgelt (grundlegend BSGE 54, 136 = SozR 2200 § 393 Nr 9; BSGE 75, 61 = SozR 3-2200 § 385 Nr 5).
Allerdings ist im Arbeitsalltag die zunächst - entsprechend den Vorgaben im Geschäftsführervertrag - hauptberufliche Tätigkeit
des Beigeladenen ab 2014 angesichts der weiterhin keine Besserung versprechenden wirtschaftlichen Bedrängnis der Klägerin
in Absprache mit dem Hauptgesellschafter zu einer tendenziell nur nebenberuflichen Tätigkeit zurückgeführt worden, womit die
Aufnahme einer eigenen selbständigen Tätigkeit des Beigeladenen, in deren Rahmen er zum 1. März 2014 ein Büro in P. eröffnet
hat, einherging. Damit haben die Klägerin und der Beigeladene in der gebotenen Gesamtbewertung im Ergebnis den einvernehmlichen
Willen zum Ausdruck gebracht, dass der Beigeladene für die Klägerin nur noch in begrenztem Rahmen geschäftsführend tätig werden
sollte und auch nur noch eine Vergütung der in diesem Sinne reduzierten Tätigkeit beanspruchen konnte. Angesichts der weiterhin
schlechten Ertragslage der Klägerin und des vorausgegangenen mehrmonatigen Ausbleibens von Gehaltszahlungen zugunsten des
Beigeladenen war bei dieser Ausgangslage im Rahmen der erforderlichen Prognose ab Januar 2014 hinreichend verlässlich zu überblicken,
dass regelmäßig lediglich Gehaltszahlungen von jedenfalls nicht mehr als 450 EUR zu erwarten waren.
Für die zu beurteilenden Zeiträume bis Dezember 2013 fehlte hingegen eine für eine solche Annahme hinreichend verlässliche
Prognosegrundlage, zumal die Klägerin dem Beigeladenen zuletzt noch für den Monat April 2013 ein Gehalt von 3.390 EUR gezahlt
hat.
Der Senat konnte über die Berufung der Beklagten auch unter Berücksichtigung der Verlegungsanträge der Klägerin entscheiden.
Abgesehen davon, dass die geltend gemachte Verhinderung ihres Prozessbevollmächtigten trotz Aufforderung des Senates nicht
belegt worden ist, müsste sich die Klägerin auch unter Annahme einer entsprechenden Verhinderung zumutbarerweise darauf verweisen
lassen, dass sie anderweitig für eine Vertretung in der mündlichen Verhandlung hätte Sorge tragen können (BSG, U.v. 18. Juni 2003 - B 13 RJ 223/02 B -; B.v. 18. Februar 2014 - B 5 R 406/13 B). Bedenken hinsichtlich der Unzumutbarkeit eines solchen Vorgehens sind umso weniger ersichtlich, als die Klägerin ohnehin
im Schriftsatz vom 14. Dezember 2015 zum Ausdruck gebracht hat, dass sie "grundsätzlich" auch mit einer Entscheidung ohne
mündliche Verhandlung einverstanden sei, mithin bereits im Rahmen der schriftsätzlichen Vorbereitung ausreichend Gelegenheit
zur Darlegung und Begründung ihrer Auffassung gehabt habe.
Soweit die Klägerin meint, dass ihr Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme zu der Rechtsfrage einer nur geringfügigen Ausübung
der streitbetroffenen Tätigkeit insbesondere seit Mitte 2013 zu geben sei, ist ihr nicht zu folgen, da gerade der Klägerin
der seinerzeitige Wegfall von Vergütungszahlungen bekannt war und da seitdem für ihren fachkundigen Bevollmächtigten die Möglichkeit
einer rechtlichen Relevanz dieses Umstandes auch unabhängig von einem Hinweis des Senates unschwer erkennbar war.
Soweit in der Verfügung vom 7. Dezember 2015 zudem die Frage nach der Ausübung einer hauptberuflichen selbständigen Erwerbstätigkeit
durch den Beigeladenen im Zeitraum ab März 2014 im Sinne des §
5 Abs.
5 SGB V angesprochen worden ist, hat diese im Ergebnis ohnehin keine Relevanz für die Entscheidung erlangt, da der Senat für diesen
Zeitraum im Ergebnis von einer nur geringfügigen und damit nicht der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung unterliegenden
Beschäftigung des Beigeladenen ausgeht.
Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), sind nicht gegeben.