Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Begriff des Zusammenlebens im Sinne von § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II; Darlegungspflicht
des Leistungsträgers
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Das Sozialgericht (SG) Hannover hat den Beschwerdeführer als zuständigen Grundsicherungsträger in Anwendung von §
86 b Abs.
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zu Recht verpflichtet, bis einschließlich September 2008 vorbehaltlich des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens Grundsicherungsleistungen
für den schwerbehinderten Beschwerdegegner ohne Anrechnung des Einkommens der Frau D. und Ihrer Tochter zu gewähren.
Zur Begründung bezieht sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen in Anwendung von §
142 Abs.
2 Satz 3
SGG auf die zutreffenden Ausführungen des SG zu der von ihm vorgenommenen Abwägungsentscheidung. Auch der Senat vermag nach den ihm derzeit zur Verfügung stehenden Informationen
nicht zu beurteilen, ob zwischen dem Beschwerdegegner und Frau D. im streitgegenständlichen Zeitraum eine Partnerschaft im
Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 c Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) bestanden hat.
Im Hinblick auf die Vermutung des § 7 Abs. 3 a Nr. 1 SGB II, wonach ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu
tragen und füreinander einzustehen, bei einem Zusammenleben von mehr als einem Jahr vermutet wird, vermochte sich der Senat
anknüpfend an seine ständige Rechtsprechung, an der er nach Überprüfung festhält, nicht die Überzeugung zu bilden, dass die
tatbestandlichen Voraussetzungen für die Vermutungsregelung im streitgegenständlichen Zeitraum vorgelegen haben (vgl. Senatsbeschluss
vom 3.August 2006, L 9 AS 349/06 ER = info also 2006,266 ff; zustimmend Berlit juris PR SozR 18/2006 Anm. 1;Beschluss vom 10. September 2007, L 9 AS 439/07 ER; zustimmend auch Loose in Hohm, GK SGB II, § 7 Rn 67; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, § 7 Rn 56 a).
In dieser Entscheidung hat der Senat ausgeführt: "... könnte fraglich sein, ob die Vermutungsregelung des § 7 Abs.3 a Nr.1
SGB II eingreift. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Leistungsträger für den Nachweis der Voraussetzungen
der Vermutungsregel als anspruchsvernichtende Tatsachen beweispflichtig beziehungsweise im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung zur Glaubhaftmachung verpflichtet sind. Hiernach mögen durchaus Indizien für die Vermutung bestehen, dass es sich
um einen Zeitraum handelt, der sich über mehr als ein Jahr erstreckt hat und der im Übrigen auch die Voraussetzungen eines
qualifizierten "Zusammenlebens" im Sinne von § 7 Abs.3 a Nr.1 SGB II erfüllt haben mag. Dieses Tatbestandsmerkmal muss unter
Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen dahin verstanden werden, dass das "Zusammenleben" geeignet sein muss, den Schluss
auf das Bestehen einer Einstandsgemeinschaft zu begründen, was wenigstens das Vorliegen einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft
voraussetzt. Sonst würde bei jeder Wohngemeinschaft ohne weiteres die Vermutungsregelung greifen und den Bewohnern der Wohngemeinschaft
die Pflicht auferlegt, die Nichtexistenz einer Einstandsgemeinschaft nachzuweisen. Dies wird auch schon aus der Wortwahl des
Gesetzgebers deutlich. Dieser hat ausdrücklich vom "zusammenleben" und nicht vom "zusammenwohnen" gesprochen. Damit hat er
deutlich gemacht, dass zum schlichten gemeinsamen wohnen in einer Wohnung weitere Gesichtspunkte hinzu treten müssen, um die
Tatbestandsmerkmale der Vermutungsregelung auszulösen. Für die Glaubhaftmachung dieser Umstände ist ebenfalls der Leistungsträger
pflichtig.
Auch der Senat kann sich dies berücksichtigend - wie das SG - eben nicht die Überzeugung bilden, dass ein gemeinsames "Zusammenleben" zwischen dem Beschwerdegegner und Frau D. vorliegt.
Im Beschwerdeverfahren haben sich diesbezüglich auch keine weiteren Gesichtspunkte ergeben, die eine andere Bewertung gebieten
würden. Insbesondere ist der Beschwerdegegner den insoweit von dem Beschwerdeführer vorgetragenen Gesichtspunkten für das
einstweilige Anordnungsverfahren in nachvollziehbarer Weise entgegen getreten.
So hat er insbesondere Belege dafür vorgelegt, dass sein Konto jedenfalls zwischenzeitlich gepfändet war. Woraus der Beschwerdeführer
vor diesem Hintergrund ableiten will, die behauptete Barzahlung der Miete sei lebensfremd, erschließt sich für den Senat nicht.
Auch die Nutzung des Pkws der Frau D. hat der Beschwerdegegner zunächst nachvollziehbar erklärt, indem er dargelegt hat, diese
habe den Versuch der Erlangung des Führerscheins abgebrochen, wolle das Auto aber behalten, bis ihre derzeit 17 Jahre alte
Tochter selbst den Führerschein erlangt.
Hinzu kommt, dass im Beschwerdeverfahren nunmehr dargelegt wird, der Beschwerdegegner habe aufgrund seiner Mietschulden ausziehen
müssen. Hieraus kann - die Wahrheit dieses Vortrags unterstellt - jedenfalls nicht auf das Vorliegen einer Einstandsgemeinschaft
geschlossen werden, wie sie vom SGB II vorausgesetzt wird. Der Senat hat auch nach Durchsicht der Vorgänge keinen Anlass,
davon auszugehen, dass hier mehrere Personen zum Zwecke der betrügerischen Leistungserlangung unter Abgabe strafbewehrter
eidesstattlicher Versicherungen zusammenwirken.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von §
193 SGG.
Der Beschluss ist in Anwendung von §
177 SGG nicht anfechtbar.