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LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20.07.2012 - 9 AS 563/12
Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Europarechtskonformität des Leistungsausschlusses für Ausländer bei Aufenthalt zur Arbeitsuche
1. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II greift bei EU-Bürgern dann ein, wenn diese noch keine Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt haben.
2. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II verstößt weder gegen europäisches Primärrecht (Art. 18, 21, 45 AEUV) noch gegen europäisches Sekundärrecht (Art. 4 EGV Verordnung (EG) Nr. 883/2004). Diese Rechtsauffassung hat hinsichtlich des europäischen Sekundärrechts auch vor dem Hintergrund der zum 1.5.2010 in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 883/2004 weiterhin Gültigkeit.
3. Ein Staatsangehöriger des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland kann sich im Rahmen der Geltendmachung von SGB II-Leistungen nicht auf das Gleichbehandlungsgebot des Art. 1 Europäisches Fürsorgeabkommen berufen, weil die Bundesregierung mit Vorbehaltserklärung vom 15.12.2011, in Kraft ab 19.12.2011 (Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 31.1.2012, BGBl II 2012, 144), einen wirksamen Anwendungsausschluss ausgesprochen hat.
4. Die Vorbehaltserklärung der Bundesregierung umfasst jedoch nicht Leistungen nach dem Europäischen Fürsorgeabkommen in Verbindung mit den Regelungen des Dritten Kapitels des SGB XII.
5. Der Gesetzgeber hat mit § 23 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 SGB XII keine Abweichung von den Regelungen des Europäischen Fürsorgeabkommens vorgenommen.
6. § 21 S. 1 SGB XII steht einem Anspruch nach dem Europäischen Fürsorgeabkommen in Verbindung mit den Regelungen des Dritten Kapitels des SGB XII nicht entgegen, wenn der Hilfebedürftige wegen der Regelung in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II keine Leistungen nach dem SGB II beanspruchen kann. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Fundstellen: NZS 2013, 80
Normenkette:
AEUV Art. 18 Abs. 1
,
AEUV Art. 21 Abs. 1
,
AEUV Art. 45 Abs. 2
,
Richtlinie 2004/38/EG Art. 24 Abs. 2
,
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 Art. 4
,
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 Art. 61
,
Europäisches Fürsorgeabkommen Art. 1
,
Europäisches Fürsorgeabkommen Art. 16b S. 2
,
GG Art. 59 Abs. 2 S. 1
,
SGB XII § 21 S. 1
,
SGB XII § 23 Abs. 3 S. 1 Alt. 2
,
SGB XII § 73 S. 1
,
SGB II § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
,
WVRK Art. 19
,
WVRK Art. 2
Vorinstanzen: SG Hannover 09.05.2012 S 46 AS 1049/12 ER
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 9. Mai 2012 - S 46 AS 1049/12 ER - aufgehoben.
Die Beigeladene wird im Wege einstweiligen Rechtsschutzes dem Grunde nach verpflichtet, dem Antragsteller zum einen für die Zeit vom 16. März 2012 bis zu einer bindenden Entscheidung über dessen Antrag vom 10. November 2011 vorläufig Hilfe zum Lebensunterhalt sowie zum anderen auf dessen Antrag vom 25. Oktober 2011 vorläufig ein Darlehen zur Anschaffung eines Passes als Darlehen jeweils unter Berücksichtigung der bislang vorläufig von dem Antragsgegner erbrachten Leistungen zu gewähren.
Die Beigeladene trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers beider Rechtszüge.
Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt F. aus G. als Prozessbevollmächtigten bewilligt.

Entscheidungstext anzeigen: