Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Berufsschadensausgleich anhand einer höheren Bemessungsgrundlage durch die Beklagte.
Der 1945 geborene Kläger hatte 1967 in Ausübung der Wehrpflicht einen Verkehrsunfall erlitten und war infolgedessen auf beiden
Augen erblindet. Ihm war eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 % zuerkannt worden. Dies stützte sich neben der
Erblindung beider Augen auf die - zum Teil nachträglich - anerkannten Schädigungsfolgen: leichte neurologische und psychische
Störungen nach offener Schädelhirnverletzung mit Knochenbrüchen im Gesichtsschädelbereich, Verlust des Geruchssinnes sowie
Nasenscheidewandverbiegung mit Verwachsungen und stark behinderter Nasenatmung, Stirnhöhlenimpressionsfraktur, Siebbein- und
Kieferhöhlenfrakturen beiderseits.
Nach der Entlassung aus dem Wehrdienstverhältnis zum 1. April 1968 nahm der Kläger eine selbständige Tätigkeit als Masseur
auf. Er bezog zudem Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG), die auch einen Berufsschadensausgleich beinhaltete. Mit Bescheid vom 7. Juni 2010 wurde die Versorgung letztmalig anhand
von § 30 Bundesversorgungsgesetz (BVG) in der Fassung bis 30. Juni 2011 festgesetzt. Gem. § 30 Abs. 5 Satz 1 und 2 BVG in der Fassung bis 30. Juni 2011 wurde der Berufsschadensausgleich nach einem Vergleichseinkommen festgesetzt, das unter
anderem aus dem monatlichen Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe ermittelt wurde, der die Beschädigten
ohne die Schädigung nach ihren Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen
wahrscheinlich angehört hätten. Die Durchschnittseinkommen wurden je nach Tätigkeit entweder aus den Werten der amtlichen
Erhebungen des Statistischen Bundesamts oder den beamtenrechtlichen Besoldungsgruppen des Bundes (Bundesbesoldungsgesetz (BBesG)) bestimmt. Für den Kläger als früher selbständig Erwerbstätigen wurde das Durchschnittseinkommen nach § 5 der Verordnung
zur Durchführung des § 30 Abs. 3 bis 12 und des § 40a Abs. 1 bis 5 des Bundesversorgungsgesetzes (Berufsschadensausgleichsverordnung, BSchAV) idF bis 30. Juni 2011 auf der Grundlage des Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppen
nach dem BBesG ermittelt. In dem Bescheid berücksichtigte das ursprünglich beklagte Land Niedersachsen ein Vergleichseinkommen in Höhe des
Endgrundgehaltes A9 zuzüglich Familienzuschlag Stufe 1 des BBesG und errechnete einen Betrag in Höhe von 521,00 EUR. Die Bemessungsgrundlage wurde auch in allen nachfolgenden Bescheiden
des ursprünglich beklagten Landes über die Versorgung als Vergleichseinkommen benannt.
Mit Bescheid vom 4. Juli 2011 setzte das ursprünglich beklagte Land den Berufsschadensausgleich für den Kläger ab 1. Juli
2011 auf der Grundlage von § 87 BVG fest. Abs. 1 dieser Vorschrift hat seit dem 1. Juli 2011 unverändert folgende Fassung:
Wurde der Berufsschadensausgleich vor dem 1. Juli 2011 beantragt, wird zum 30. Juni 2011 der Betrag des jeweiligen Vergleichseinkommens
festgestellt und dann jährlich mit dem in § 56 Absatz 1 Satz 1 BVG bestimmten Vomhundertsatz angepasst. Dabei ist § 15 Satz 3 BVG entsprechend anzuwenden. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Anträge auf Anpassung des Berufsschadensausgleichs nach § 30 Absatz 16 BVG in der bis zum 30. Juni 2011 geltenden Fassung.
§ 56 Abs. 1 Satz 1 BVG bestimmt, dass die in der Norm genannten Leistungen jeweils entsprechend dem Vomhundertsatz angepasst werden, um den sich
die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändern.
Der Berufsschadensausgleich für den Kläger wurde in dem Bescheid vom 4. Juli 2011 in unveränderter Höhe auf 521,00 EUR festgesetzt.
Der Kläger war dem in § 87 BVG genannten Personenkreis zugeordnet worden, der den Berufsschadensausgleich bereits vor dem 1. Juli 2011 beantragt hatte (nachfolgend
auch: Altfall). Eine Änderung gegenüber der vorhergehenden Festsetzung des Berufsschadensausgleiches nahm das ursprünglich
beklagte Land nicht vor, weil die jährliche Anpassung der gesetzlichen Renten im Jahr 2011 nicht zu einer Erhöhung geführt
hatte.
Neben § 87 BVG regelte der Gesetzgeber zum 1. Juli 2011 auch die Bemessung des Berufsschadensausgleiches im Übrigen, dh für die Personen
neu, die den Antrag auf diese Leistung ab dem 1. Juli 2011 stellen (nachfolgend auch: Neuanträge). Für diesen Personenkreis
wird weiterhin die jährliche Festsetzung des Berufsschadensausgleiches anhand eines jeweils aktuell bestimmten Vergleichseinkommens
vorgenommen.
Jedoch wird in § 30 Abs. 5 BVG zur Ermittlung des anzusetzenden Durchschnittseinkommens nicht mehr auf die Erhebungen des Statistischen Bundesamtes zu einzelnen
Berufsgruppen abgestellt, sondern ausschließlich auf die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A.
Bis zur mündlichen Verhandlung sind folgende Bescheide an den Kläger ergangen, die Festsetzungen (auch) hinsichtlich des Berufsschadensausgleiches
enthielten:
Bescheid vom
|
mit Wirkung ab
|
Höhe des Berufsschadens-ausgleiches (EUR)
|
4. Juli 2011
|
1. Juli 2011
|
521,00
|
16. Juli 2012
|
1. Juli 2012
|
532,00
|
14. Juni 2013
|
1. Juli 2013
|
534,00
|
18. November 2013
|
1. November 2013
|
534,00
|
16. Juni 2014
|
1. Juli 2014
|
543,00
|
16. August 2016
|
1. Juli 2015
|
553,00
|
16. August 2016
|
1. Juli 2016
|
578,00
|
9. Juni 2017
|
1. Juli 2017
|
567,00
|
11. Juni 2018
|
1. Juli 2018
|
584,00
|
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 26. Juli 2013 die Erhöhung des Berufsschadensausgleiches für die Zeit ab 1. Juli 2011
gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Er verlangte, den Berufsschadensausgleich nicht nur mit der jährlichen Steigerung der gesetzlichen Renten festzusetzen,
sondern die Regelung für die Neuanträge nach § 30 Abs. 5 BVG anzuwenden. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Bemessung des Berufsschadensausgleiches für Altfälle und Neuanträge
zu ganz erheblichen finanziellen Unterschieden führe. Diese Ungleichbehandlung sei nicht mit dem Argument zu rechtfertigen,
dass es sich bei den Empfängern von Berufsschadensausgleich um Personen hohen Lebensalters handele. Auch Personen aus der
Gruppe der Neuanträge erreichten früher oder später das Rentenalter. Bei ihnen werde aber auch danach noch die Bemessung des
Berufsschadensausgleiches anhand von § 30 Abs. 5 BVG vorgenommen.
Das ursprünglich beklagte Land lehnte den Antrag mit Bescheid vom 20. November 2013 ab. Durch das BVG-Änderungsgesetz 2011 sei hinsichtlich der Berechnung von Berufsschadensausgleich eine völlig neue Rechtslage geschaffen worden.
Die Fälle, bei denen die Antragstellung vor dem 1. Juli 2011 liegt, seien unter der neuen Rechtslage rechtlich anders zu behandeln
als jene, in denen nach diesem Stichtag Antrag auf Berufsschadensausgleich gestellt wurde. Für den Kläger gelte die Regelung
in § 87 Abs. 1 und 2 BVG, wonach das Vergleichseinkommen betragsmäßig festgestellt und zukünftig jährlich anhand der Entwicklung der Renten der gesetzlichen
Rentenversicherung angepasst werde. Der Kläger erhob Widerspruch mit Schreiben vom 24. November 2013. Er verwies im Wesentlichen
auf seine Ausführungen im Rahmen der Antragstellung. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2014 zurückgewiesen.
Erneut machte das ursprünglich beklagte Land geltend, dass die Maßgaben von § 87 BVG für die Berechnung des Berufsschadensausgleiches des Klägers anzuwenden seien. Hingegen komme die Berechnung des Berufsschadensausgleiches
nach § 3 BSchAV in der ab 1. Juli 2011 gültigen Fassung nicht infrage.
Der Kläger hat hiergegen am 19. Mai 2014 Klage zu dem Sozialgericht Hannover erhoben. Erneut verwies er auf die Ungleichbehandlung
von Altfällen und Neuanträgen, die nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Das vom Gesetzgeber bei der Schaffung
von § 87 BVG angeführte hohe Alter vieler Kriegsopfer könne nicht als sachgerechter Grund herangezogen werden, weil die günstigere Berechnung
des Berufsschadensausgleiches für Anträge ab 1. Juli 2011 diesem regelmäßig jüngeren Personenkreis auch dann zu Gute komme,
wenn er selbst in das Rentenalter eintrete. Damit würden bei gleicher Sachlage Altfälle und Neuanträge auch im Rentenalter
unterschiedlich behandelt. Zudem greife das Argument der Verwaltungsvereinfachung im Falle des Klägers nicht durch, weil das
Vergleichseinkommen für ihn bereits in der Vergangenheit nach dem BBesG gebildet worden sei und damit keine Schwierigkeiten bei seiner Bestimmung entstünden.
Im März 2015 hat das Sozialgericht das Rubrum dahingehend berichtigt, dass statt des ursprünglich beklagten Landes nunmehr
die Bundesrepublik Deutschland als neue Beklagte aufgenommen worden ist. Mit Urteil vom 28. Oktober 2015 hat das Sozialgericht
der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 4. Juli 2011, 16. Juli 2012 und
14. Juni 2013 verpflichtet, den Berufsschadensausgleich im Zeitraum 1. Juli 2011 bis 30. Juni 2014 anhand von § 30 Abs. 5 BVG vorzunehmen. § 87 Abs. 1 BVG sei auf den Kläger nicht anzuwenden, weil die Norm eine verdeckte Regelungslücke enthalte, die durch teleologische Reduktion
zu schließen sei. Die Norm sei nicht auf Konstellationen wie die des Klägers anwendbar, bei denen schon vor dem 1. Juli 2011
als Vergleichseinkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe A des BBesG zu Grunde gelegt worden war. Die Gesetzesänderung sei allein damit begründet worden, dass die für die Berechnung des Berufsschadens-ausgleiches
nach dem BVG erforderlichen Vergleichseinkommen sich aus statistischen und rechtlichen Gründen heute kaum noch nachvollziehbar feststellen
ließen. Aus Gründen der Einfachheit und Transparenz sollten, so der Gesetzgeber, ab dem 1. Juli 2011 deshalb die Einkommen
der Beamten des Bundes herangezogen werden. Dieser Gesetzeszweck lasse sich offensichtlich nicht in den Fällen realisieren,
in denen schon vor dem 1. Juli 2011 auf das Einkommen der Beamten des Bundes zurückgegriffen worden sei. Hier hätten sich
schon vor dem Stichtag nicht die Probleme mit der Ermittlung des Vergleichseinkommens auf Grundlage von Erhebungen des Statistischen
Bundesamts gestellt. Es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber diese Fälle nur versehentlich mit einbezogen habe. Als
Vergleichseinkommen seien zudem höhere Werte anzusetzen als in der BSchAV der Fassungen ab 1. Juli 2011. Diese Werte seien
beklagtenseits fehlerhaft zu niedrig festgesetzt worden.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat die Vergleichseinkommen nach den Entgeltgruppen des BBesG ab 2011 mit der Bekanntmachung vom 22. November 2016 (BAnz AT 05.12.2016 B2) berichtigt und rückwirkend neue Werte für die
Jahre ab 2009 festgesetzt. Diese Werte sind den Bescheiden der Beklagten über den Berufsschadensausgleich ab 2017 zu Grunde
gelegt worden.
Gegen das den Beteiligten am 9. Dezember 2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 8. Januar 2016 Berufung zu dem Landessozialgericht
Niedersachsen-Bremen eingelegt. Sie hält weiterhin die Bemessung des Berufsschadensausgleiches in den Bescheiden für zutreffend.
Eine verdeckte Regelungslücke, die die Anwendung von § 87 BVG auf den Kläger ausschließe, liege nicht vor. Dem Gesetzgeber sei bei der Neuregelung zum 1. Juli 2011 offensichtlich bewusst
gewesen, dass der Berufsschadensausgleich in einigen Fällen bereits anhand der Beamtenbesoldung bemessen worden sei. Nichtsdestotrotz
sei ein Stichtag festgelegt worden, der die Berechnungsgrundlagen festgezurrt habe. Die Auffassung des Sozialgerichts hätte
eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Altfälle zur Folge. Der Teil dieses Personenkreises,
dessen Berufsschadensausgleich schon in der Vergangenheit nach dem BBesG bemessen worden ist, werde ohne sachlichen Grund besser gestellt als die übrigen Altfälle.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 28. Oktober 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
2. die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
1. die Berufung zurückzuweisen.
2. das Urteil des Sozialgerichts Hannover insoweit zu ändern, dass nicht die vom Sozialgericht errechneten Vergleichseinkommen,
sondern die für die Besoldungsgruppe A 9/8 BBesG für die Zeit ab 1. Juli 2011 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales neu bekannt gemachten Vergleichseinkommen der
Berechnung des Berufsschadensausgleiches zu Grunde gelegt werden.
Er hält § 87 BVG für verfassungswidrig und verweist zusätzlich darauf, dass dem Versorgungsrecht die Netto-Berechnungsmethode zur Feststellung
des Berufsschadensausgleiches zu Grunde liege. Sie sei Ausdruck des im Jahr 1990 vom Gesetzgeber bekundeten Willens, den ermittelten
beruflichen Schaden zu "100 % netto" zu ersetzen. Diesem Gedanken trage die Neufassung des § 87 BVG zum 1. Juli 2011 für Altfälle nicht hinreichend Rechnung. Sie verstoße gegen Art.
3 GG. Die Ungleichbehandlung von Altfällen und Neuanträgen sei nicht sachgerecht. Dies belege insbesondere der Umstand, dass die
den Neuanträgen zuzuordnenden Personen auch dann noch von der günstigeren Berechnungsweise nach § 30 Abs. 5 BVG profitierten, wenn sie selbst das Rentenalter erreichten. Außerdem enthalte die Gruppe der Altfälle auch Bezieher von Berufsschadensausgleich,
die ihrem Lebensalter nach noch nicht den Rentenempfängern zugehörten. Dennoch erfolge die Anpassung des Berufsschadensausgleiches
für sie lediglich anhand der Steigerungen der gesetzlichen Renten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte verwiesen,
die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts war aufzuheben und die Klage gegen die Bescheide des ursprünglich
beklagten Landes sowie der nunmehr Beklagten abzuweisen.
Zu Recht hat dabei das Sozialgericht eine Änderung des Rubrums nach dem Übergang der Zuständigkeit für die Beschädigten- und
Hinterbliebenenversorgung von den Ländern auf den Bund zum 1. Januar 2015 vorgenommen.
Eine Klageänderung im Sinne von §
99 SGG liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18. November 2015, B 9 V 1/15 R, juris, Rn. 14) handelt es sich vorliegend um eine umfassende Funktionsnachfolge durch die Übertragung der Zuständigkeiten
der Länder im Bereich der Beschädigten- und Hinterbliebenenversorgung ab dem 1. Januar 2015 auf den Bund auch für in der Vergangenheit
geltend gemachte Ansprüche, da die gewollte "Versorgung aus einer Hand" die Leistungsverpflichtung der Beklagten nicht auf
die Zeit ab Geltung des Zuständigkeitsüberganges begrenzt. Der Überprüfung unterliegen die vom früheren Beklagten erlassenen
Bescheide; eine Zäsur ist durch den Übergang der Zuständigkeit auf den Bund nach den vorstehenden Ausführungen nicht eingetreten.
Der streitige Zeitraum beginnt am 1. Juli 2011 und erstreckt sich bis zum Tage der mündlichen Verhandlung. Denn bei den jährlichen
Neufestsetzungen der Versorgungsbezüge und des Berufsschadensausgleiches handelt es sich um Entscheidungen gemäß § 48 SGB X, die den vorhergehenden Bescheid abändern und damit gemäß §
96 SGG auch Gegenstand des laufenden gerichtlichen Verfahrens werden.
Die Bescheide der Beklagtenseite erweisen sich als rechtmäßig, so dass das Urteil des Sozialgerichts abzuändern war. Zutreffend
ist der Berufsschadensausgleich für den Kläger ab 1. Juli 2011 anhand von § 87 BVG bemessen worden. Der Kläger unterliegt dieser Norm, weil ein Berufsschadensausgleich für ihn bereits im Jahr 1968, und damit
vor dem 1. Juli 2011, festgesetzt worden ist. Berechnungsfehler nach den Maßgaben von § 56 BVG sind weder vorgetragen, noch für den Senat aus anderen Gründen ersichtlich. Die Reduzierung des Berufsschadensausgleiches
im Jahr 2017 gegenüber dem Jahr 2016 beruht darauf, dass das zu Grunde gelegte Vergleichseinkommen nach dem BBesG durch die Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 22. November 2016, aaO., auch für das Jahr 2011
angepasst worden ist.
§ 87 BVG ist weder, wie das Sozialgericht entschieden hat, teleologisch zu reduzieren (1.), noch ist die Regelung, wie der Kläger
meint, verfassungswidrig (2.).
1. Eine teleologische Reduktion von § 87 BVG ist nicht vorzunehmen. Für diesen Auslegungsgrundsatz ist nur Raum, wenn die maßgebende Vorschrift auf einen Teil der vom
Wortlaut erfassten Fälle nicht angewendet werden soll, weil der Sinn und Zweck der Norm, ihre Entstehungsgeschichte und der
Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (ständige, senatsübergreifende
Rechtsprechung des BSG, z.B. Urteil vom 6. September 2017, B 13 R 33/16 R, juris, Rn. 38; Urteil vom 10. Oktober 2017, B 12 KR 1/16 R, juris, Rn. 16). In der Methodenlehre wird von einer auf Sinn und Zweck der Vorschrift gestützten einengenden Auslegung des
Tatbestands der Norm gesprochen (Reimer, Juristische Methodenlehre, 2016, Rn. 614). Bei der Anwendung solcher Auslegungsmethoden
auf den Wortlaut einer vom parlamentarischen Gesetzgeber, der insoweit allein legitimiert ist, erlassenen Norm, sind Gerichte
in ihrer Funktion als Recht sprechende Gewalt engen Grenzen unterworfen. Der Befugnis zu "schöpferischer" Rechtsfindung und
Rechtsfortbildung sind insoweit mit Rücksicht auf den aus Gründen der Rechtstaatlichkeit unverzichtbaren Grundsatz der Gesetzesbindung
der Rechtsprechung Grenzen gesetzt (vergleiche hierzu BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2016, 1 BvR 871/13, 1 BvR 871/13 zitiert nach juris Rn. 19).
Sinn und Zweck der Neuregelung des Berufsschadensausgleiches zum 1. Juli 2011 war, wie der Gesetzgeber in dem Entwurf des
Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 30. März 2011 (BT-Drucks 17/5311, S. 1 und 13) festgehalten hat, die Begründung einer einfachen
und transparenten Lösung bei der zunehmend problematischen Bemessung des Berufsschadensausgleiches. § 87 BVG ist ein Bestandteil der Gesamtneuregelung, die dieses Ziel der Verwaltungsvereinfachung des Berufsschadensausgleiches erreichen
soll. Weder hat der Gesetzgeber die Änderungen in der Bemessung des Berufsschadensausgleiches für die Altfälle "allein" mit
der Erwägung begründet, dass sich die Vergleichseinkommen aus statistischen und rechtlichen Gründen heute kaum noch nachvollziehbar
feststellen ließen. Noch kann in der Behebung dieses Feststellungsproblems der einzige Gesetzeszweck der Neuregelungen des
Berufsschadensausgleiches zum 1. Juli 2011 insgesamt und speziell des § 87 BVG gesehen werden. Diese Auffassung, der das Sozialgericht zuneigt, verengt die Sicht auf den Sinn und Zweck dieser Regelungen
in unzulässiger Weise. Ein so verstandener Gesetzeszweck wird bereits dadurch erreicht, dass § 30 Abs. 5 BVG ab 1. Juli 2011 die Ermittlung des Vergleichseinkommens nicht mehr an das Durchschnittseinkommen für einzelne Berufsgruppen
knüpft, sondern nunmehr ausschließlich auf das Durchschnittseinkommen der Entgeltgruppen des BBesG abstellt. Bei dieser Änderung ist der Gesetzgeber indes nicht stehen geblieben. Er hat zusätzlich die vom Kläger angefochtene
Stichtagsregelung in § 87 BVG aufgenommen, durch die die Anpassung des Berufsschadensausgleiches für bereits laufende Fälle an die Entwicklung der Renten
geknüpft ist. Der wesentliche gesetzgeberische Zweck von § 87 BVG liegt demnach darin, die jährliche Anpassung zum Stichtag laufender Berufsschadensausgleiche der Entwicklung der gesetzlichen
Renten anzupassen. Gründe dafür, dass dieser Sinn und Zweck bei dem Kläger nicht erreicht werden kann, sind nicht ersichtlich.
Die Entstehungsgeschichte der Neuregelungen zum Berufsschadensausgleich spricht ebenfalls gegen eine teleologische Reduktion
von § 87 BVG. Die Materialien belegen, dass der Gesetzgeber die Gruppe der Personen, die einen zum Stichtag 1. Juli 2011 nach dem BBesG berechneten Berufsschadensausgleich bezogen haben, bei der Neuregelung der jährlichen Anpassungen nicht übersehen hat. Die
Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/5311, S. 13) führt mit Blick auf § 30 Abs. 5 BVG aus, dass die Ermittlung des Vergleichseinkommens ab dem 1. Juli 2011 auf eine neue Grundlage gestellt werden solle. Als
neue Grundlage für die Bemessung des Berufsschadensausgleiches für nach dem 1. Juli 2011 gestellte Anträge böten sich die
Einkommen der Beamten des Bundes an, da diese überregionale Geltung entfalteten und geschlechtsneutral ausgestaltet seien.
Angemessen erscheine eine Heranziehung der Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A, da diese bereits
bislang für die Berechnung der Vergleichseinkommen von selbständig tätigen Beschädigten verwendet worden sei. Somit werde
an eine bereits seit vielen Jahrzehnten bewährte Systematik in diesem Bereich angeknüpft, die den das Gesetz ausführenden
Behörden bekannt sei. Der Gesetzgeber hat demnach die Untergruppe der Altfälle, deren Vergleichseinkommen nach dem BBesG festgesetzt worden war, nicht nur nicht übersehen, sondern vielmehr gerade sie als Vorbild für die Behandlung von Neuanträgen
in § 30 Abs. 5 BVG genommen. Angesichts dieser Ausführungen in dem allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung hält es der Senat für ausgeschlossen,
dass der Gesetzgeber den Personenkreis im Rahmen der durch dasselbe Gesetz erfolgten Schaffung des § 87 BVG für Altfälle unbewusst nicht im Blick gehabt haben könnte.
Schließlich steht auch der Gesamtzusammenhang der Regelungen einer teleologischen Reduktion entgegen. Das prägende Element
des § 87 BVG ist die Unterscheidung anhand eines Stichtages. Bei einer teleologischen Reduktion würden - hierauf weist die Beklagte zu
Recht hin - innerhalb der Gruppe der zum Stichtag laufenden Berufsschadensausgleiche zwei unterschiedliche Bemessungsmaßstäbe
zur Anwendung kommen. Die Bestimmung der Höhe des Berufsschadensausgleiches hinge davon ab, ob während der Zeit der Berufstätigkeit
eine selbständige Tätigkeit ausgeübt worden ist oder ob eine abhängige Beschäftigung zur Bemessung des Vergleichseinkommens
anhand anderer Maßgaben geführt hat. Ein derartiges Differenzierungskriterium ist dem Gesamtzusammenhang der Neuregelungen
des Berufsschadensausgleiches zum 1. Juli 2011 nicht immanent, im Gegenteil würde die Stichtagsregelung teilweise unterlaufen.
Vor diesem Hintergrund ist auch die von Sozialgericht gezogene Schlussfolgerung nicht zwingend, dass der Gesetzgeber den vermeintlich
übersehenen Personenkreis, dessen Berufsschadensausgleich schon vor dem 1. Juli 2011 laufend nach dem BBesG bemessen worden ist, in Kenntnis der Problematik bei der Bemessung der jährlichen Anpassungen demselben Regelungsregime unterworfen
hätte wie Neuanträge.
2. § 87 BVG ist auch nicht verfassungswidrig. Einer Vorlage des Rechtsstreits zu dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gem. Art.
100 Abs.
1 GG bedurfte es daher nicht. Die Regelung verletzt keinen durch Art.
14 GG begründeten Vertrauensschutz (a.). Auch liegt kein Verstoß der Stichtagsregelung gegen Art.
3 GG vor (b.).
a. Der Kläger kann keinen verfassungsrechtlich begründeten Vertrauensschutz für sich in Anspruch nehmen. Im Rahmen der verfassungsrechtlichen
Eigentumsgarantie ist der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen, der in Art.
14 GG eine eigene Ausprägung erfahren hat (BVerfGE 36, 281, 293), und der Beschränkungen für den Gesetzgeber bei einer rückwirkenden Gesetzgebung begründet.
§ 87 BVG beinhaltet aber keine rückwirkenden Regelungen. Es liegt keine echte Rückwirkung vor, da die Regelung nicht in bereits vor
dem Stichtag bewilligte Leistungen von Berufsschadensausgleichen eingreift. Eine unechte Rückwirkung ist ebenfalls nicht gegeben.
Eine solche erfordert nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 20. September 2016, 1 BvR 1299/15, juris, Rn. 20) dass die gesetzliche Änderung auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen
für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet. Dies ist nicht der Fall.
Der Umstand, dass im Falle des Klägers für die Bemessung des Berufsschadensausgleiches vor dem 1. Juli 2011 jährlich das Vergleichseinkommen
aus dem aktualisierten Durchschnitt einer Entgeltgruppe des BBesG gebildet wurde, wird nicht dadurch entwertet, dass nunmehr eine an der Rentenanpassung orientierte Bestimmung der jährlichen
Festsetzungen erfolgt. Die Vorgaben von § 87 BVG zur Steigerung des Berufsschadensausgleiches wirken ab 1. Juli 2011 allein zukunftsgerichtet. Die allgemeine "Erwartung",
das geltende Recht werde in Zukunft unverändert bleiben, genießt nicht den verfassungsrechtlichen Schutz von Art.
14 GG (BVerfGE 132, 302, 319).
Ein verfassungsrechtlich geschützter Vertrauensschutz wird auch nicht durch den Umstand begründet, dass der Gesetzgeber mit
der Neuregelung möglicherweise von dem Grundsatz früherer Gesetzgebung abweicht, den beruflichen Schaden zu "100 % netto"
zu ersetzen. Das BVerfG vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass Gesetze, die auf ein schutzwürdiges Vertrauen
des Einzelnen gründen, nicht ohne besondere und überwiegende Gründe des Allgemeinwohls geändert werden dürfen. Der Einzelne
kann sich jedoch dann nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn das Vertrauen auf den Fortbestand einer ihm günstigen Regelung
eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise nicht beanspruchen kann (BVerfGE 63, 152, 175).
Eine solche Konstellation liegt hier vor. Zwar war, wie der Kläger vorträgt, die gesetzgeberische Intention bei der Reform
des § 30 BVG im Jahr 1990 (vgl. BT-Drucks. 11/5831 S. 9 und S. 13) der Ersatz des beruflichen Schadens zu "100 % netto". Die Gesetzesbegründung
zu dieser einfachgesetzlichen Festlegung erlangte aber weder Verfassungsrang, noch entfaltete sie Bindungswirkung für die
Zukunft. Der Gesetzgeber war nicht von Verfassungs wegen daran gehindert, sich bei der Reform im Jahr 2011 an anderen Maßstäben
zu orientieren.
Die Formel des Schadensersatzes zu "100 % netto" beinhaltet überdies keine Rechtsposition, die einem Vertrauensschutz zugänglich
ist. Sie suggeriert zwar, dass der berufliche Schaden einer präzisen, den Gesetzgeber bindenden Bezifferung zugänglich ist.
Dies ist indes nicht der Fall. Naturgemäß wohnten der Zuordnung zu einer Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der Geschädigte ohne
die Schädigung nach ihren Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen
wahrscheinlich angehört hätten (§ 30 Abs. 5 BVG idF bis 30. Juli 2011), wie auch der Kläger erkennt, schon immer pauschalisierende und prognostizierende Elemente inne. Diese
wurden im Laufe der Zeit verstärkt durch Umstände, die nicht aus Veränderungen des Einkommens der jeweiligen Berufs- oder
Wirtschaftsgruppe, sondern der Datenerhebung herrühren. So hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/5311,
S. 13) darauf hingewiesen, dass unter dem bis 30. Juni 2011 geltenden Recht durch europäische Vorgaben Zusammenfassungen von
Berufsgruppen erforderlich waren, die zu einer Steigerung des Vergleichseinkommens für den Berufsschadensausgleich um mehrere
hundert Euro allein aufgrund dieses statistischen Effektes geführt haben. Die berufliche Tätigkeit des Klägers hat sogar dazu
geführt, dass sich in seinem Falle die Berechnung des Berufsschadensausgleiches niemals an einem Ersatz eines beruflichen
Schadens zu "100 % netto" orientiert hat.
Für ihn als Selbständigen galten schon immer pauschalisierend die beamtenrechtlichen Entgeltgruppen des BbesG, die zur Bemessung
herangezogen worden sind.
b. § 87 BVG verstößt auch nicht gegen Art.
3 Abs.
1 GG. Die Vorschrift gebietet nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 27. Juli 2016, 1 BvR 371/11, juris, Rn. 69), alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dabei verwehrt Art.
3 Abs.
1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe,
die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils
betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen
an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand
und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten
Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können.
Diese aus der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung folgenden Vorgaben sind vorliegend gewahrt. Eine Ungleichbehandlung liegt
darin, dass sich die Höhe des Berufsschadensausgleiches danach richtet, ob der Antrag vor oder nach dem Stichtag am 1. Juli
2011 gestellt worden ist. Ob es sich dabei um im wesentlichen vergleichbare Gruppen handelt, kann dahinstehen, weil die Ungleichbehandlung
jedenfalls gerechtfertigt ist.
Allein der Umstand, dass § 87 BVG zu einer unterschiedlichen Leistungshöhe des Berufsschadensausgleiches für die Personenkreise Altfälle und Neuanträge führt,
begründet für sich betrachtet noch nicht die Verfassungswidrigkeit. Dem Gesetzgeber ist es durch Art.
3 Abs.
1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse
Härten mit sich bringt.
Das BVerfG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus (zB Beschluss vom 20. Februar 2017, 2 BvR 2524/16, juris, Rn. 60), dass dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Stichtags- und Übergangsregelungen ein weiter Gestaltungsspielraum
zur Verfügung steht. Die verfassungsrechtliche Prüfung von Stichtagsregelungen müsse sich darauf beschränken, ob der Gesetzgeber
den ihm zustehenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt habe, insbesondere die Einführung des Stichtags überhaupt und
die Wahl des Zeitpunkts an der gebotenen Sorgfalt orientiert und damit sachlich vertretbar war.
Die am Stichtag 1. Juli 2011 orientierte Angleichung der Entwicklung des Berufsschadensausgleiches an die Entwicklung der
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur für Altfälle ist nach diesen Maßgaben dem Grunde nach sachgerecht. Der
Senat berücksichtigt bei dieser Bewertung, dass der Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen - wie hier dem Berufsschadensausgleich
nach dem BVG - unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Maßstäbe (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013, 2 BvR 909/06, juris, Rn. 86ff) berechtigt ist, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden
Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf der Gesetzgeber grundsätzlich
generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen
Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen.
Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Besonderheiten,
die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich
am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Begünstigungen
oder Belastungen können in einer gewissen Bandbreite zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung nach oben und unten pauschalierend
bestimmt werden. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings von einer möglichst breiten, alle betroffenen Gruppen
und Regelungsgegenstände einschließenden Beobachtung ausgehen. Eine typisierende Gruppenbildung liegt zudem nur vor, wenn
die tatsächlichen Anknüpfungspunkte im Normzweck angelegt sind.
Nach den Materialien (BT-Drucks 17/5311 Zu Nummer 32, Zu Absatz 1, S. 23) besteht der Großteil der Bezieher von Berufsschadenausgleichen
aus Kriegsopfern, die ein hohes Lebensalter aufweisen und sich damit im Rentenalter befinden (ebenso Bundesministerium für
Arbeit und Soziales, Soziale Sicherung im Überblick 2012, unter "Soziale Entschädigung und Kriegsopferversorgung"). § 87 BVG bewirkt eine Gleichbehandlung mit den Empfängern gesetzlicher Renten. Für sie gilt im Regelfall ebenfalls, dass sich mit
dem Bezug einer gesetzlichen Rente die Entwicklung ihrer Einkünfte von dem zuvor bezogenen individuellen Einkommen abkoppelt
und an der Rentenpassungsformel (vgl. §
68 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI)) orientiert. Die Anwendung dieses Mechanismus auch auf den Berufsschadensausgleich liegt zweifellos innerhalb des gesetzgeberischen
Spielraums, zumal § 56 Abs. 1 Satz 1 BVG bereits seit langem für bestimmte einkommensunabhängige Leistungen nach dem BVG an die Entwicklung der Renten anknüpft. Dass daneben für die Neuanträge die Bemessung des Berufsschadensausgleiches nach
§ 30 Abs. 5 BVG auf der Basis der Entgeltgruppen des BBesG erfolgt, ist ebenfalls sachgerecht. Diese Personengruppe umfasst typischerweise Leistungsberechtigte, die noch nicht das
Rentenalter erreicht haben. Der berufliche Schaden kann daher anhand der Entwicklung von Einkommen bemessen werden, das im
Berufsleben stehende Personen erzielen.
Die zutreffende Feststellung des Klägers, dass Leistungsberechtigte aus der Gruppe der Neuanträge auch im Rentenalter weiterhin
von den im Vergleich zu § 87 BVG regelmäßig höheren Steigerungen des Berufsschadensausgleiches profitieren werden, führt nicht zu einer anderen verfassungsrechtlichen
Bewertung.
Vielmehr hält sich diese Ungleichbehandlung im Rahmen dessen, was der Gesetzgeber bei der Typisierung durch die Stichtagsregelung
in Kauf nehmen durfte. Er durfte generalisierend davon ausgehen, dass die Personen, die Neuanträge - meist zeitnah nach dem
Eintritt des schädigenden Ereignisses - stellen, in der Regel deutlich jünger sind als die Bezieher laufender Leistungen und
sich noch nicht im Rentenalter befinden. Der vom Kläger geltend gemachte gesetzgeberische Handlungsbedarf dahingehend, dass
auch die Personengruppe der Neuanträge mit Eintritt in das Rentenalter § 87 BVG unterworfen werden, besteht daher nicht. Es muss vorliegend auch nicht weitergehend beantwortet werden, ob sich dies zukünftig
- mit zunehmendem Eintritt des Personenkreises der Neuanträge in das Rentenalter - ändern könnte. Zu berücksichtigen könnte
sein, dass sich bis dahin der Personenkreis, der § 87 BVG unterliegt, so sehr verringert hat, dass der Regelung im Vergleich zur Bemessung des Berufsschadensausgleiches nach § 30 Abs. 5 BVG keine verfassungsrechtlich relevante Bedeutung mehr zukommt.
Der gesetzgeberische Spielraum wird auch durch die Zuordnung aller Empfänger laufender Berufsschadensausgleiche zum Kreis
der Bezieher gesetzlicher Renten nicht überschritten. Es begegnet im Hinblick auf die Verwaltungspraktikabilität keinen Bedenken,
dass auch der nach der bereits zitierten Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/5311 Zu Nummer 32, Zu Absatz 1, S. 23) zahlenmäßig
deutlich kleinere Teil der Empfänger von Berufsschadensausgleichen typisierend ebenfalls von der Vorschrift erfasst werden
soll, der zwar den Antrag auf diese Leistung vor dem 1. Juli 2011 gestellt hat, aber kein Kriegsopfer bzw. im Rentenalter
ist.
Überdies ist zweifelhaft, ob der Kläger sich erfolgreich auf eine Verfassungswidrigkeit berufen könnte, selbst wenn man die
anhand des Tages der Antragstellung typisierende Zuordnung jüngerer Berufsschadensempfänger durch § 87 BVG zu der Gruppe der Personen im Rentenalter als Verstoß gegen Art.
3 GG bewertete. Denn er selbst gehört dem größeren Personenkreis an, den der Gesetzgeber bei der Stichtagsregelung maßgeblich
im Blick hatte. Der Kläger hat seine Schädigungen zwar nicht kriegsbedingt erlitten, ist dem Lebensalter nach aber der Gruppe
der Rentenempfänger zuzuordnen. Er hatte bei Inkrafttreten der gesetzlichen Änderungen bereits das 66. Lebensjahr vollendet
und damit das gesetzliche Rentenalter gem. §
235 SGB VI erreicht. Die derzeitige Zuordnung der jüngeren Empfänger vom am Stichtag 1. Juli 2011 bereits laufenden Berufsschadensausgleichen
zu den Altfällen könnte hingegen durch eine Änderung behoben werden, die die Rechtsposition des Klägers nicht verbessert.
Nachdem die Berufung erfolgreich war, kann der Kläger mit seiner Anschlussberufung im Antrag zu 2. nicht mehr durchdringen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Anlass zur Zulassung der Revision gemäß §
160 SGG hat der Senat nicht gesehen. Zwar liegt eine höchstrichterliche Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit von § 87 BVG oder das Erfordernis einer teleologischen Reduktion der Vorschrift nicht vor. Allerdings sind die verfassungsrechtlichen
Voraussetzungen für Stichtagsregelungen wie § 87 BVG in der Rechtsprechung von BVerfG und BSG einschließlich der Möglichkeiten und Grenzen einer typisierenden Gruppenbildung hinreichend geklärt. Da diese Rechtsprechung
auch der vorliegenden Entscheidung zu Grunde liegt, ist weder eine Abweichung im Sinne von §
160 Abs.
2 Nr.
2 SGG von höchstrichterlicher Rechtsprechung noch eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG vorhanden.