Tatbestand:
Die Klägerin macht Förderleistungen gegen die Beklagte nach dem
Altersteilzeitgesetz (AltTZG) für die ehemalige Arbeitnehmerin Frau K. L. geltend.
Frau L. war bei der Klägerin seit dem 1. Januar 1991 als kaufmännische Sachbearbeiterin beschäftigt; zugrunde lag der Anstellungsvertrag
vom 6. November 1990. In dem Anstellungsvertrag hieß es unter Ziff. 7: "Sonstiges: Für alle übrigen Ansprüche, die in diesem
Vertrag nicht geregelt sind (z.B. Urlaub, vermögenswirksame Leistungen etc.) gelten die Bestimmungen des Tarifvertrages der
Niedersächsischen Metallindustrie in seiner jeweils gültigen Fassung und ergänzend die gesetzlichen Bestimmungen."
Die Klägerin selbst ist nicht tarifgebunden, legt jedoch nach eigenem Bekunden tarifvertragliche Regelungen für die metallverarbeitende
Industrie zugrunde.
Am 10. Oktober 2006 schloss die Klägerin mit Frau L. einen sog. Altersteilzeitvertrag. Geregelt war ausweislich § 1 ein so
bezeichnetes Arbeitsteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell; die Arbeitsphase war dabei für den Zeitraum 1. Oktober 2009
bis 30. September 2011 und die Freistellungsphase für den Zeitraum 1. Oktober 2011 bis 30. September 2013 vereinbart. In §
1 des Vertrages heißt es weiter: "Die Bestimmungen des Arbeitsvertrages vom 6. November 1990 und die dazugehörigen Nachträge
bleiben bestehen, soweit sie im Folgenden nicht neu geregelt werden oder im Widerspruch zum
Altersteilzeitgesetz stehen." Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf Bl. 7 und 8 der Verwaltungsakte - VA - Bezug genommen.
Am 5. Oktober 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen
nach § 4 AltTZG für die Arbeitnehmerin Frau L ... Sie machte die Wiederbesetzung mit einer arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmerin,
und zwar Frau M. N., geltend (vgl. Anstellungsvertrag der Frau N. vom 9. Februar 2011 - Bl. 9 ff. VA). Die Klägerin kreuzte
dabei unter Ziffer 3 des Antragsformulars an, dass die Leistungen der Altersteilzeitarbeit aufgrund einer Betriebsvereinbarung
gezahlt werden. Handschriftlich war daneben vermerkt (wohl von einem Mitarbeiter der Beklagten), dass es eine Betriebsvereinbarung
laut Herrn O., Mitarbeiter der Klägerin, nicht gebe, dass jedoch auf den Tarifvertrag der Niedersächsischen Metallindustrie
Bezug genommen werde (vgl. auch die markierte Ziff. 7 des Anstellungsvertrages der Frau L., Bl. 35 VA).
Mit Bescheid vom 7. November 2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Voraussetzungen des § 2 AltTZG lägen nicht vor. Die
Altersteilzeit sei hier einzelvertraglich vereinbart worden, weshalb im Blockmodell nur eine Laufzeit von bis zu drei Jahren
möglich sei.
Mit Widerspruch vom 5. Dezember 2011 machte die Klägerin geltend, dass die tarifvertraglichen Regelungen Gültigkeit haben;
sie verwies auf Ziff. 7 des Anstellungsvertrages.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Altersteilzeit,
die hier über einen Zeitraum von vier Jahren vereinbart worden sei, beruhe nicht auf einer tariflichen Grundlage. Es verbleibe
bei der gesetzlichen Regelung, wonach nur eine Laufzeit im Blockmodell von bis zu drei Jahren möglich sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 11. Januar 2012 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Sie hat auf die Regelung im Anstellungsvertrag mit der Arbeitnehmerin Frau L. verwiesen, wonach die Bestimmungen
des Tarifvertrages der Niedersächsischen Metallindustrie in seiner jeweils gültigen Fassung gelten sollen, soweit Ansprüche
nicht im Arbeitsvertrag geregelt sind. Der Tarifvertrag für die Altersteilzeit der niedersächsischen Metallindustrie finde
daher hier Anwendung, so dass auch ein vierjähriges Blockmodell vereinbart werden konnte.
Mit Urteil vom 4. September 2014 hat das SG Hannover die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen gemäß § 2 Abs 1 und Abs 2 AltTZG
lägen nicht vor. Die Kammer schließe sich der Begründung des Widerspruchsbescheides gemäß §
136 Abs
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) an. Ergänzend sei auszuführen, dass der Altersteilzeitvertrag nicht auf einem Tarifvertrag der Metallindustrie beruhe. Denn
weder sei in dem Altersteilzeitvertrag der Tarifvertrag der Metallindustrie als Grundlage vereinbart worden noch ergäben sich
Anhaltspunkte dafür, dass dieser in Bezug genommen werden sollte. Die Inbezugnahme tarifvertraglicher Regelungen der Metallindustrie
zur Altersteilzeit ergebe sich auch nicht aus dem Anstellungsvertrag. Ziff. 7 beziehe sich nach dem Wortlaut - alle übrigen
Ansprüche, die in diesem Vertrag nicht geregelt sind - nur auf solche Punkte, die üblicherweise in einem Anstellungsvertrag
geregelt werden. Wie eine Altersteilzeitregelung aussehen wird, sei im Anstellungsvertrag gerade nicht geregelt worden. Hierzu
werde regelmäßig ein eigenständiger Altersteilzeitvertrag geschlossen; schon deshalb, weil Anstellungs- und Altersteilzeitvertrag
zeitlich auseinander fallen würden. Der Tarifvertrag, der eine Laufzeit von bis zu sechs Jahren vorsehe, komme nicht zur Anwendung;
die zwischen der Klägerin und der Arbeitnehmerin Frau L. getroffene Altersteilzeitregelung sei daher nicht förderungsfähig.
Gegen das am 10. September 2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. Oktober 2014 Berufung eingelegt, mit der sie ihr
Vorbringen wiederholt und ergänzend vorgetragen hat, dass die Klägerin selbst nicht tarifgebunden sei. Sie hat den Manteltarifvertrag
für die Beschäftigten des Metallverarbeitenden Handwerks Niedersachsen vom 24. Juli 2006 sowie den Tarifvertrag zur Altersteilzeit
für die Arbeitnehmer in der Metall- und Elektroindustrie des Landes Rheinland-Pfalz vom 23. November 2004 zur Gerichtsakte
gereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 49ff. der Gerichtsakte (GA) Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Hannover vom 4. September 2014 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 7. November 2011
in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Leistungen
nach §
4 des
Altersteilzeitgesetzes in Sachen der Arbeitnehmerin K. L. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Abweisung durch das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben in der nichtöffentlichen Sitzung am 25. Oktober 2016 ihr Einverständnis mit einem Urteil ohne mündliche
Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten
Bezug genommen, die vorgelegen haben und Grundlage der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gem. §
124 Abs
2 SGG entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis erklärt haben.
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Voraussetzungen nach § 4 AltTZG nicht vorliegen und die Klägerin keinen Anspruch auf Förderleistungen hat.
Der Bescheid vom 7. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2011 erweist sich als rechtmäßig
und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; vgl. §
54 Abs
2 S 1
SGG.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Förderleistungen nach § 4 AltTZG für die Arbeitnehmerin Frau L ... Frau L. gehört nicht
zum begünstigten Personenkreis nach § 2 AltTZG.
Da die Arbeitnehmerin ihre wöchentliche Arbeitszeit nach dem Altersteilzeitvertrag vom 10. Oktober 2006 nicht auf die Hälfte
vermindert hat (vgl. zu dieser Voraussetzung: § 2 Abs 1 Nr 2 AltTZG), kann sie nach § 2 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AltTZG nur zum begünstigten
Personenkreis gehören, wenn die wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt eines Zeitraumes von bis zu drei Jahren oder bei
Regelung in einem Tarifvertrag, auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebsvereinbarung (oder in einer Regelung der Kirchen
und der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften) im Durchschnitt eines Zeitraumes bis zu sechs Jahren die Hälfte der
bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit nicht überschreitet und sie versicherungspflichtig beschäftigt i.S.d.
Dritten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB III) ist.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, denn mit der Arbeitnehmerin ist anstelle der gesetzlich vorgesehenen Dauer von
bis zu drei Jahren ein Blockmodell mit einer Dauer von insgesamt vier Jahren vereinbart worden. Es liegen auch keine alternativen
Voraussetzungen nach § 2 Abs 2 S 1 AltTZG für einen längeren Zeitraum - Regelung in einem Tarifvertrag oder auf Grund eines
Tarifvertrages in einer Betriebsvereinbarung - vor. Es gibt unstreitig keine unmittelbar zur Anwendung kommende tarifvertragliche
Regelung (der metallverarbeitenden Industrie), denn die Klägerin ist nicht Mitglied der Tarifparteien.
Es liegen auch nicht - alternativ - die Voraussetzungen nach § 2 Abs 2 S 2 AltTZG vor, wonach die tarifvertragliche Regelung
im Betrieb eines nicht tarifgebundenen Arbeitgebers durch Betriebsvereinbarung oder schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber
und Arbeitnehmer übernommen werden können; und zwar auch - von der gesetzlichen Regelung - abweichende Regelungen (§ 2 Abs
2 S 3 AltTZG).
Unstreitig ist - wegen eines zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht existenten Betriebsrates - der Altersteilzeitvertrag
zwischen der Klägerin und der Arbeitnehmerin entgegen der Angabe im Antragsformular nicht aufgrund einer Betriebsvereinbarung
geschlossen worden.
Zur Überzeugung des Senats sind die tarifvertraglichen Regelungen der Metallindustrie - und zwar unterstellt, dass der Tarifvertrag
zur Altersteilzeit für Niedersachsen auch eine Dauer der Altersteilzeit von bis zu 6 Jahren vorsieht; vgl. hierzu den Vertrag
zur Altersteilzeit des Landes Rheinland-Pfalz vom 23. November 2004, § 4 Abs 1, Bl. 61 GA - nicht Bestandteil des hier in
Rede stehenden Altersteilzeitvertrages zwischen der Klägerin und der Arbeitnehmerin Frau L. geworden. Sie sind nicht - Gegenteiliges
trägt die Klägerin auch nicht vor - im Altersteilzeitvertrag selbst als Grundlage vereinbart bzw. "übernommen" - vgl. zum
Wortlaut § 2 Abs 2 S 2 AltTZG - worden. Es ist allerdings wegen des insoweit eindeutigen Wortlauts der gesetzlichen Regelung
als erforderlich anzusehen, dass der Wille der Vertragsparteien die tarifvertragliche Regelung zu übernehmen, dem Altersteilzeitvertrag
selbst zu entnehmen ist (vgl. dazu mit überzeugender Begründung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Oktober 2009 - L 8 AL 3394/07 -, Rn 22 f.). Fehlt - wie hier - in der einzelvertraglichen Regelung zur Altersteilzeit die Übernahme der entsprechenden
tarifvertraglichen Regelung, verbleibt es schon deshalb bei der gesetzlichen Regelung.
Unabhängig davon sind die tarifvertraglichen Regelungen zur Altersteilzeit entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht
über den Anstellungsvertrag vom 6. November 1990 Grundlage des Altersteilzeitvertrages geworden. Die von der Klägerin in Bezug
genommene Klausel Ziff. 7 bezieht sich (lediglich) auf Ansprüche, die nicht im Anstellungsvertrag geregelt sind. Nach dem
Zweck der Regelung - vgl. die exemplarisch genannten Bereiche wie Urlaub und vermögenswirksame Leistungen - sind das solche,
die sich aus dem laufenden Arbeitsverhältnis ergeben und nicht etwa solche, die dessen Abwicklung - mit dem Erfordernis einer
eigenständigen schriftlichen Vereinbarung - regeln. Zudem konnte eine Inbezugnahme tarifvertraglicher Regelungen zur Altersteilzeit
schon deswegen nicht beabsichtigt sein, weil das
Altersteilzeitgesetz selbst erst nach Abschluss des hier in Rede stehenden Anstellungsvertrages am 1. August 1996 in Kraft getreten ist und es
vorher auch keine entsprechenden tarifvertraglichen Regelungen gab. Daran ändert auch nichts die Öffnungsklausel, wonach "die
Bestimmungen des Tarifvertrages der niedersächsischen Metallindustrie in seiner jeweils gültigen Fassung" gelten sollen. Nach
dem Sinn und Zweck einer solchen Regelung sind damit Änderungen des Manteltarifvertrages erfasst, nicht jedoch weitere tarifvertragliche
Regelungen, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses weder absehbar waren noch eine entsprechende vertragliche Grundlage -
die Vereinbarung zur Altersteilzeit zwischen der Klägerin und der Arbeitnehmerin Frau L. - hatten, die als Anknüpfungspunkt
dienen konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Leistungsempfänger im Sinne des §
183 Satz 1
SGG ist auch der Arbeitgeber, der Leistungen nach dem
Altersteilzeitgesetz verlangt, da die streitgegenständlichen Leistungen nach §
4 AltTZG Sozialleistungen im Sinne des §
19b Sozialgesetzbuch Erstes Buch (
SGB I) sind. (BSG, Urteil vom 21. März 2007 - B 11a AL 9/06 R -).
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.