Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren bei Unterhaltspflicht des Vaters
Ein Kläger hat bei hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung Anspruch auf Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung, wenn
er prozesskostenarm ist und der ihm gegenüber Unterhaltspflichtige (hier: der Vater) angesichts seiner persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse bei eigener Prozessführung selbst Anspruch auf Prozesskostenhilfe hätte. Dies gilt auch, wenn dem Unterhaltspflichtigen
bei eigener Prozessführung PKH nur gegen Ratenzahlung zu gewähren wäre. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Der Klägerin wird für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin F., G., gewährt. Raten
sind nicht zu zahlen.
Gründe:
Die 1993 geborene Klägerin kann die Kosten der Prozessführung weder vollständig noch zum Teil oder in Raten aufbringen. Ihr
Einkommen besteht lediglich aus Kindergeld sowie aus einer geringen Geldleistung des Landkreises H. (47 Euro pro Monat). Sie
kann die Kosten der Prozessführung auch nicht mittels Geltendmachung ihres Anspruchs auf Prozesskostenvorschuss nach §§
1610 Abs
2,
1360a Abs
4 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) bestreiten (vgl. zur analogen Anwendung von §
1360a Abs
4 BGB auf den Unterhaltsanspruch von Kindern: Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 4. 8. 2004 - XII ZA 6/04, NJW-RR 2004, 1662). Denn der Vater der Klägerin (als Alleinverdiener der Familie) würde bei einer eigenen Prozessführung angesichts seiner
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zumindest die Voraussetzungen für eine Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH)
gegen Ratenzahlung erfüllen. In dieser Sachverhaltskonstellation besteht im Ergebnis kein Anspruch des Unterhaltsberechtigten
auf Prozesskostenvorschuss, so dass PKH ohne Ratenzahlung zu gewähren ist (BSG, Urteil vom 7. Februar 1994 - 9/9a RVg 4/92, SozR 3-1750 § 115 Nr 1; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. März 2011 - L 13 R 887/10). Der abweichenden Auffassung des BGH, wonach in diesen Fällen PKH lediglich gegen Ratenzahlung zu gewähren ist (Beschluss
vom 4. August 2004, aaO.), folgt der Senat nicht, zumal der BGH sich in der genannten Entscheidung nicht mit der anderslautenden
Rechtsprechung des BSG auseinander gesetzt hat.
Die Gewährung von PKH kann auch nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung abgelehnt werden (vgl. zu dieser
Voraussetzung: §
73a Sozialgerichtsgesetz in Verbindung mit §
114 Zivilprozessordnung), nachdem der Senat im Berufungsverfahren bereits Ermittlungen getätigt hat. Zudem erscheint es als problematisch, die Entscheidung
darüber, ob ein Nachweis von Blindheit an der vom Sozialgericht und vom Beklagten angenommenen Simulation/Aggravation scheitert,
ins PKH-Verfahren vorzuverlagern.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).