Gründe:
I.
Im Streit ist die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
AsylbLG für die Zeit ab Juni 2019, insbesondere die Zuständigkeit des Leistungsträgers.
Der 1986 geborene Antragsteller ist iranischer Staatangehöriger persischer Volkszugehörigkeit und nach eigenen Angaben nach
Konversion bahaischer Religionszugehörigkeit. Er reiste Mitte Oktober 2015 nach Deutschland ein, wurde im Asylverfahren der
Aufnahmebehörde des im Beschwerdeverfahren beigeladenen Landkreises zugewiesen (Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe
vom 28.1.2016) und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt einer Wohnsitzauflage entsprechend in der Stadt C ... Sein Antrag
auf Gewährung internationalen Schutzes wurde durch Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 28.3.2017
abgelehnt. Die hiergegen beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage (- A 11 K4779/17 -) ist noch anhängig.
Seit Mitte Mai 2018 lebt der Antragsteller in der Stadt D., die im Regionsgebiet der Antragsgegnerin liegt und von dieser
zur Erfüllung der Aufgaben nach dem
AsylbLG herangezogen wurde, in einer Dreizimmerwohnung zur Untermiete (350,00 EUR bruttowarm je Monat). Mit Zustimmung der Bundesagentur
für Arbeit ging er bis Mitte November 2018 in E. einer Erwerbstätigkeit im Bereich Logistik nach (Vollzeit). Zur Aufnahme
der Beschäftigung wurde die für die Stadt C. geltende Wohnsitzauflage mit Zustimmung der Antragsgegnerin Anfang Mai 2018 gestrichen.
Nach arbeitgeberseitiger Kündigung des Arbeitsverhältnisses beantragte der Antragsteller am Ende bei der Stadt Garbsen Sozialhilfe;
der Formantrag ging bei der Stadt Mitte Februar 2019 ein. Am 28.11.2019 stellte ihm die Ausländerstelle der Antragsgegnerin
eine bis zum 3.4.2019 befristete Bescheinigung über eine Aufenthaltsgestattung mit einer Wohnsitzauflage für die Stadt D.
aus. Im Dezember 2018 und Januar 2019 wurde der Antragsteller von der Ausländerstelle unter Hinweis auf die bestehende Zuweisung
und die mit Einsetzen von Bedürftigkeit kraft Gesetzes (§ 60 Abs. 1 Satz 1 AsylG) wieder auflebende Wohnsitzauflage aufgefordert, sich bei der Stadt C. anzumelden und an die dortige Ausländerstelle zu wenden.
Der Leistungsantrag wurde aus diesem Grund mangels Zuständigkeit (§
10a AsylbLG) abgelehnt (Bescheid der Stadt Garbsen vom 28.2.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Antragsgegnerin vom 14.5.2019).
Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller beim Sozialgericht (SG) Hannover Klage erhoben (- S 53 AY 49/19 -) und zugleich eine "sofortige Überprüfung" begehrt. Das SG hat dieses als Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ausgelegte Begehren nach Beiladung der Stadt C. durch Beschluss
vom 10.9.2019 mit der Begründung abgelehnt, der Antragsteller habe die besondere Eilbedürftigkeit der Sache (Anordnungsgrund)
nicht glaubhaft gemacht, weil davon auszugehen sei, dass er - wie bisher - seinen Lebensunterhalt (Lebensmittel, Wohnraum)
durch die Unterstützung von Freunden und Familie sicherstellen könne.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 10.10.2019. Der Senat hat durch Beschluss vom 17.10.2019 den
beigeladenen Landkreis in das Verfahren einbezogen und die zunächst beigeladene Stadt C. aus dem Verfahren entlassen.
Der Antragsteller macht u.a. geltend, dass die Antragsgegnerin - Ausländerstelle - mittlerweile ihre Zuständigkeit anerkannt
habe und sich deren leistungsrechtliche Zuständigkeit entsprechend dem Standpunkt des Beigeladenen (dazu auch gleich) aus
§
10a Abs.
1 Satz 1
AsylbLG ergebe. Bei einer erst mit Einsetzen der Bedürftigkeit nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AsylG in Kraft tretenden Wohnsitzauflage sei auf den letzten Wohnsitz des Ausländers abzustellen, hier mithin auf die Stadt D ...
Einstweiliger Rechtsschutz sei dringend geboten. Er habe mangels finanzieller Mittel seit November 2018 seine Miete und Krankenkassenbeiträge
nicht begleichen können; außerdem sei Ende Juni 2019 sein Girokontovertrag wegen Rückständen bankseitig gekündigt worden.
Sein in F. lebender Bruder könne ihn auch zukünftig nicht ausreichend unterstützen.
Die Antragsgegnerin hält die Entscheidung des SG und die angefochtene Ablehnungsentscheidung nach dem
AsylbLG für zutreffend und beruft sich insoweit auf die Hinweise des Nds. Ministeriums für Inneres und Sport (MI) zur Verteilung
und Zuweisung von Asylbegehrenden bei der Aufnahme eines Ausbildungsverhältnisses oder einer den Lebensunterhalt sichernden
Erwerbstätigkeit vom 21.6.2017 (- 15.11-12235-3.1/3.3 -). Zusätzlich macht sie erstmals im Beschwerdeverfahren geltend, der
Antragsteller habe noch keine Nachweise für die Verwertung seines Kfz, eines BMW 318i, Erstzulassung 2004, mit einer Laufleistung
im Februar 2019 von 112.000 km, erbracht.
Der Beigeladene macht unter Berufung auf die Anwendungshinweise des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration
Baden-Württemberg zum Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung von asylsuchenden und geduldeten Ausländern vom 15.9.2015
(- 4-1340/46 -) geltend, dass die Wohnsitzauflage bei einem nachträglichen Entfallen der Sicherung des Lebensunterhalts von
der für den aktuellen Wohnsitz des Ausländers zuständigen Ausländerstelle anzuordnen sei und sich dementsprechend die Zuständigkeit
des Leistungsträgers nach dem
AsylbLG am Wohnort des Ausländers ergebe. Dieser verfüge auch über die für eine Leistungsgewährung notwendige Überprüfungs- und Kontrollmöglichkeit,
die dem wohnortfernen Leistungsträger - wie hier - fehle. Schließlich ergebe sich die Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach
§
10a AsylbLG aus der von ihr in der Bescheinigung vom 28.10.2019 selbst verfügten Wohnsitzauflage.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte, der Gerichtsakte des Hauptsacheverfahrens
(- S 53 AY 49/19 -) und der beigezogenen Leistungs- und Ausländerakten verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht (§
173 SGG) eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere statthafte (§
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG i.V.m. §§
143,
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG) Beschwerde ist begründet. Das SG hat den Eilantrag zu Unrecht abgelehnt.
Einstweilige Anordnungen sind nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung
zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass
ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass
der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Sowohl die hinreichende Wahrscheinlichkeit
eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs als auch die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 ZPO).
Nach diesen Maßgaben hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch als auch die besondere Eilbedürftigkeit der Sache
(Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht.
Der Antragsteller ist während des Klageverfahrens gegen den Ablehnungsbescheid des BAMF vom 28.3.2017, das beim VG Stuttgart
derzeit noch anhängig ist (- A 11 K4779/17 -), als Inhaber einer Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylG leistungsberechtigt nach §
1 Abs.
1 Nr.
1 AsylbLG. Da die Aufenthaltsgestattung kraft Gesetzes wirkt, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob dem Antragsteller nach Ablauf
der Bescheinigung der Stadt D. vom 28.11.2018 zum 3.4.2019 eine erneute Bescheinigung nach § 63 AsylG ausgestellt worden ist (vgl. Frerichs in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, §
1 AsylbLG Rn. 72 f. m.w.N.).
Nach bisherigem Sach- und Streitstand spricht ganz Überwiegendes dafür, dass der Beigeladene die für die Leistungen nach dem
AsylbLG zuständige Behörde i.S. des §
10a Abs.
1 Satz 1
AsylbLG ist. Danach ist die nach §
10 AsylbLG durch die Landesregierung bestimmte Behörde örtlich zuständig, in deren Bereich der Leistungsberechtigte nach dem AsylG oder AufenthG verteilt oder zugewiesen worden ist oder für deren Bereich für den Leistungsberechtigten eine Wohnsitzauflage besteht. Die
asylrechtliche Zuweisungsentscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe (Bescheid vom 28.1.2016) hat sich durch die Streichung
der Wohnsitzauflage betreffend die Stadt C. im Mai 2018 nicht auf sonstige Weise erledigt (§ 43 Abs. 2 VwVfG) und ist weiterhin wirksam (vgl. Bergmann in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 60 AsylG Rn. 14). Allenfalls für die das Eilverfahren nicht betreffende Zeit bis zum 3.4.2019 könnte daneben auch die leistungsrechtliche
Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach §
10a Abs.
1 Satz 1 Alt. 3
AsylbLG gegeben sein, weil die Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung vom 28.11.2018 eine Wohnsitzauflage für das Stadtgebiet
D. vorsieht, womöglich rechtswidrig, aber - soweit ersichtlich - bestandskräftig. Allerdings ist es nicht naheliegend, dass
der Gesetzgeber mit der Ergänzung des §
10a AsylbLG um die Zuständigkeit aufgrund einer Wohnsitzauflage durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015 (BGBl. I
2015, 1722) eine Zuständigkeit von zwei Leistungsträgern ermöglichen wollte. Dies ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang mit § 60 Abs. 1 Satz 1 AsylG, nach dem der Ausländer, der nicht oder nicht mehr in einer Aufnahmeeinrichtung wohnen muss und dessen Lebensunterhalt nicht
gesichert ist, im Asylverfahren verpflichtet wird, an dem in der Verteilentscheidung nach § 50 Abs. 4 AsylG genannten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage kraft Gesetzes). Für Asylbewerber, die - wie hier
- (später) nicht umverteilt worden sind, enthält §
10a Abs.
1 Satz 1
AsylbLG insoweit eine einheitliche Zuständigkeitsregelung, die sich im Ergebnis an der Entscheidung im landesrechtlichen Verteilungsverfahren
(§ 50 AsylG) orientiert. Dies gilt entsprechend dem Standpunkt der Antragsgegnerin auch für die mit (erneutem) Einsetzen von Bedürftigkeit
gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 AsylG wieder in Kraft tretende Wohnsitzauflage, hier betreffend die Stadt C., weil nur so der auch weiterhin verfolgte Zweck einer
gleichmäßigen Verteilung der Lasten unter den Leistungsträgern erreicht werden kann (so auch Bergmann in Renner/Bergmann/Dienelt,
Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 60 AsylG Rn. 14; a.A. Schröder in Hoffmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, §
60 AsylVfG Rn. 21 a.E.).
Die Frage der Zuständigkeit der Antragsgegnerin oder des Beigeladenen muss aber im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
nicht abschließend beantwortet werden. Eine Zuständigkeit des Beigeladenen nach §
10a Abs.
1 Satz 1
AsylbLG unterstellt, hat der Antragsteller gleichwohl glaubhaft gemacht, dass er gegenwärtig gegen die Antragsgegnerin gemäß §
11 Abs.
2 AsylbLG einen (Anordnungs-) Anspruch auf unabweisbar gebotene Leistungen in Gestalt laufender Leistungen nach §
2 Abs.
1 AsylbLG i.V.m. SGB XII hat. Nach §
11 Abs.
2 Satz 1
AsylbLG darf Leistungsberechtigten in den Teilen der Bundesrepublik Deutschland, in denen sie sich einer asyl- oder ausländerrechtlichen
räumlichen Beschränkung zuwider aufhalten, von der für den tatsächlichen Aufenthaltsort zuständigen Behörde regelmäßig nur
eine Reisebeihilfe zur Deckung des unabweisbaren Bedarfs für die Reise zu ihrem rechtmäßigen Aufenthaltsort gewährt werden.
Mit dem zum 21.8.2019 in Kraft getretenen neuen Satz 2 des §
11 Abs.
2 AsylbLG (BGBl. I 2019, 1294) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass eine entsprechende Rechtsfolge auch bei einem Verstoß gegen eine Wohnsitzauflage
eintritt (so bereits nach altem Recht Senatsbeschlüsse vom 5.4.2019 - L 8 AY 6/19 B ER -, 1.11.2018 - L 8 AY 37/18 B ER -
und vom 1.3.2016 - L 8 AY 53/15 B ER - sowie vom 25.1.2016 - L 8 AY 59/15 B ER -; vgl. auch Schleswig-Holsteinisches LSG,
Beschluss vom 30.1.2019 - L 9 AY 3/19 B ER - juris Rn. 7; a.A. Dollinger in Siefert,
AsylbLG, 1. Aufl. 2018, §
11 Rn. 25 und Cantzler,
AsylbLG, 1. Aufl. 2019, §
11 Rn. 26). Eine Wohnsitzauflage betreffend die Stadt C. zu Grunde gelegt, liegt ein Verstoß gegen eine asylrechtliche räumliche
Beschränkung bzw. eine wohnsitzbeschränkende Auflage i.S. des §
11 Abs.
2 AsylbLG vor.
Nach der Rechtsprechung des Senats enthält §
11 Abs.
2 AsylbLG in den Fällen des Zuwiderhandelns gegen eine ausländerrechtliche räumliche Beschränkung - ungeachtet der Frage der örtlichen
Zuständigkeit nach §
10a AsylbLG - jedenfalls gegenüber dem Ausländer (im Außenverhältnis) eine Leistungspflicht der Behörde seines tatsächlichen Aufenthaltsorts
(umstritten, vgl. ausführlich Senatsbeschluss vom 20.2.2014 - L 8 AY 98/13 B ER - juris Rn. 26 ff.; einen Überblick über die
insoweit vertretenen Auffassungen bietet Cantzler,
AsylbLG, 1. Aufl. 2019, §
11 Rn. 33 bis 35 m.w.N.), so dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, diesem - im Außenverhältnis - die nach den Umständen
unabweisbar gebotenen Leistungen zu gewähren.
Der Umfang der Leistungen nach §
11 Abs.
2 AsylbLG beschränkt sich in der Regel auf die notwendigen Reisekosten sowie dringend erforderliche Verpflegungskosten, damit der Ausländer
den durch die asyl- bzw. ausländerrechtliche Beschränkung bestimmten Aufenthaltsort erreichen kann. Nur wenn Gründe vorliegen,
die einen Verbleib am Ort des tatsächlichen Aufenthalts zwingend erfordern oder eine Rückkehr in das Gebiet der räumlichen
Beschränkung unzumutbar erscheinen lassen, kann die unabweisbar gebotene Hilfe auch weitergehende Leistungen umfassen, die
bis zu den regulären Leistungen reichen können (Senatsbeschlüsse vom 27.5.2011 - L 8 AY 31/11 B ER - juris Rn. 10 m.w.N. und
20.2.2014 - L 8 AY 98/13 B ER - juris Rn. 37). Durch die Gesetzesänderung zum 24.10.2015, nach der die Leistungen für den
Regelfall nun auch ausdrücklich auf Reisebeihilfen beschränkt worden sind, hat sich an dem Leistungsinhalt des §
11 Abs.
2 AsylbLG im Wesentlichen nichts geändert. Die begriffliche Einschränkung ("regelmäßig") zeigt, dass in atypischen Fällen - der Gesetzgeber
verweist insoweit in erster Linie auf akute gesundheitliche Gründe (BR-Drs. 446/15, S. 62) - auch künftig Leistungen bis zum
Niveau der regulären Leistungen zu erbringen sind (Senatsbeschluss vom 1.11.2018 - L 8 AY 37/18 B ER - m.w.N.).
Nach den besonderen Umständen des Einzelfalles erachtet der Senat die Rückkehr des Antragstellers (i.S. einer Verlagerung
seines gewöhnlichen Aufenthalts) in die Stadt C. jedenfalls bis zum 31.12.2019 für unzumutbar. Hierfür spricht grundlegend
der Streit der Antragsgegnerin und des Beigeladenen über die mit Einsetzen der Bedürftigkeit des Antragstellers nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AsylG in Kraft getretene Wohnsitzauflage und die sich daraus ergebende Zuständigkeit des Leistungsträgers nach §
10a Abs.
1 Satz 1
AsylbLG. Ein solcher Streit kann nach Auffassung des Senats nicht "auf dem Rücken" des Leistungsberechtigten ausgetragen werden,
weil ansonsten eine wenn auch nur zeitweilig andauernde Verletzung der grundrechtlichen Gewährleistung eines menschenwürdigen
Existenzminimums aus Art.
1 Abs.
1 GG i.V.m. Art.
20 Abs.
1 GG droht (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 12.5.2005 - 1 BvR 569/05 - juris Rn. 26); der Antragsteller konnte nach dem bisherigen Stand des Verfahrens keine Gewissheit darüber haben, ob er
seinen Wohnsitz weiterhin in der Stadt D. haben darf oder (wieder) in der Stadt C. zu begründen hat. Immerhin hatte die Ausländerstelle
der Antragsgegnerin auch die bis zum 3.4.2019 befristete Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung mit einer Wohnsitzauflage
für das Stadtgebiet D. versehen. §
11 Abs.
2 AsylbLG kann damit in bestimmten Fällen in ähnlicher Weise wie §
43 Abs.
1 Satz 1
SGB I, der im Asylbewerberleistungsrecht mangels Verweises in §
9 Abs.
3 bis
5 AsylbLG nicht anwendbar ist, zu einer Leistungspflicht bei einem Zuständigkeitsstreit unter Leistungsträgern führen (in diese Richtung
bereits Senatsbeschluss vom 20.2.2014 - L 8 AY 98/13 B ER - juris Rn. 35).
Die Höhe der nach §
11 Abs.
2 AsylbLG zu gewährenden laufenden Leistungen orientiert sich an dem (regulären) Leistungsniveau nach §
2 Abs.
1 AsylbLG i.V.m. SGB XII (einschließlich der Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge nach § 32 SGB XII), weil sie - ohne Einschränkung - den Lebensunterhalt des Antragstellers im Gebiet der Antragsgegnerin sicherstellen sollen.
Der Antragsteller hält sich bereits länger als 15 bzw. 18 Monate in Deutschland auf (vgl. die Verlängerung der Frist in §
2 Abs.
1 AsylbLG in der ab 21.8.2019 geltenden Fassung, BGBl. I 2019, 1290). Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten i.S. des §
2 Abs.
1 AsylbLG liegen nicht vor. Schließlich kann dem Antragsteller gegenwärtig nicht vorgehalten werden, dass er zur Sicherung seines Lebensunterhaltes
den auf ihn im Februar 2019 zugelassenen Pkw, einen BMW 318i mit Erstzulassung im Jahr 2004 und einer Laufleistung von 112.000
km, zu verwerten habe. Da der Frage des vorrangigen Vermögenseinsatzes im Verwaltungsverfahren nicht weiter nachgegangen worden
ist, bedarf es noch der Klärung der Eigentumsverhältnisse und des Marktwertes des Pkw, der nach einer überschlägigen Internetrecherche
des Senats - je nach Zustand des Wagens - etwa zwischen 3.000,00 EUR und über 10.000,00 EUR liegen kann. Es ist insoweit nicht
ausgeschlossen, dass die Leistungen nach dem
AsylbLG gemäß §
2 Abs.
1 AsylbLG i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. der sog. Barbetragsverordnung nicht von dem Einsatz des Pkw abhängig gemacht werden können. Die noch notwendigen Ermittlungen
sind wegen der Eilbedürftigkeit der Sache nicht in das gerichtliche Eilverfahren zu verlagern.
Der Antragsteller hat insoweit glaubhaft gemacht, dass er dringend auf eine gerichtliche Regelungsanordnung angewiesen ist.
Hierfür sprechen insbesondere die in der Vergangenheit nicht beglichenen Krankenkassenbeiträge und die Kündigung des Girokontovertrags
durch die Sparkasse im Juni 2019. Unter den gegebenen Umständen ist entgegen der Auffassung des SG die Annahme, der Antragsteller könne seinen Lebensunterhalt in ausreichender Weise durch Unterstützung von Freunden und Familienangehörigen
bestreiten, nicht gerechtfertigt.
Die gerichtliche Anordnung ist zeitlich befristet vom Eingang des Eilantrags beim SG Anfang Juni 2019 bis zum Jahresende, um dem Antragsteller organisatorisch einen Umzug in die Stadt C. zu ermöglichen. Hierbei
hat der Senat auch berücksichtigt, dass der Antragsteller bei Aufnahme einer lebensunterhaltssichernden Beschäftigung in E.
nicht verpflichtet wäre, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in die Stadt C. zu verlagern. Der Aufnahme einer Beschäftigung soll
nach seinem Vortrag bislang der Umstand entgegengestanden haben, dass sich die Ausländerstelle der Antragsgegnerin nicht für
zuständig erklärt hatte.
Der Senat hat davon abgesehen, den voraussichtlich für die Leistungsgewährung gemäß §
10a AsylbLG zuständigen Beigeladenen zu verpflichten, den Lebensunterhalt des Antragstellers durch Gewährung laufender Leistungen nach
§
2 Abs.
1 AsylbLG sicherzustellen. Der Senat hat insoweit bereits darauf hingewiesen (Senatsbeschluss vom 20.2.2014 - L 8 AY 98/13 B ER - juris
Rn. 37), dass die nach §
11 Abs.
2 AsylbLG an sich unzuständige Behörde - hier die Antragsgegnerin - die einhergehenden Kosten gegenüber der nach §
10a Abs.
1 Satz 1
AsylbLG zuständigen - hier wohl dem Beigeladenen - im Rahmen eines Erstattungsverfahrens geltend machen können dürfte. Da die speziellen
Erstattungsansprüche nach §
10b AsylbLG nur auf die örtliche Zuständigkeit nach §
10a Abs.
2 AsylbLG Bezug nehmen, kommt als mögliche Rechtsgrundlage einerseits §
9 Abs.
3 AsylbLG i.V.m. § 105 SGB X in Betracht, nach dem der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig sein kann, wenn ein unzuständiger
Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat (vgl. zu dieser möglichen Rechtsgrundlage im
AsylbLG etwa VG Gießen, Urteil vom 28.3.2000 - 6 E 1592/98 - juris Rn. 15 f.; SG Berlin, Urteil vom 21.1.2009 - S 88 AY 32/08 - juris Rn. 15 ff.). Andererseits erscheint auch ein Erstattungsanspruch
des nachrangig verpflichteten Leistungsträgers nach §
9 Abs.
3 AsylbLG i.V.m. § 104 SGB X (ggf. in analoger Anwendung) nicht ausgeschlossen. Im vorliegenden Verfahren kommt hinzu, dass lediglich eine vorläufige
Regelung für das anhängige Hauptsacheverfahren zu treffen ist und über die Leistungspflicht der Antragsgegnerin oder des Beigeladenen
- eine Beiladung nach §
75 Abs.
2 Alt. 2
SGG hat dort noch zu erfolgen - abschließend im Klageverfahren entschieden werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und berücksichtigt, dass die Leistungspflicht der ortsnahen Behörde nach §
11 Abs.
2 AsylbLG nach der Rechtsprechung des Senats neben diejenige der nach §
10a Abs.
1 AsylbLG zuständigen Behörde tritt und insoweit auch eine Verpflichtung des Beigeladenen in Betracht gekommen wäre (s.o.).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §
177 SGG.