Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II
Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Regelbedarfs im Hinblick auf die gleiche Höhe für Männer und Frauen
Keine Übernahme der Kosten für den Betrieb eines Elektroradiators bei Ausstattung der Wohnung mit einer Gasetagenheizung und
fehlendem schlüssigen Nachweis des tatsächlichen Stromverbrauchs
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der SGB II-Leistungen für den Zeitraum 01.01.2018 bis 31.12.2018.
Mit Bescheid vom 05.12.2017 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die o.g. Zeit Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) in Höhe von insgesamt 689,24 € (416 € Regelbedarf und 273,24 € Bedarfe für Unterkunft und Heizung, die sich in 171,89 €
Grundmiete, 28,35 € Heizkosten und 73 € Nebenkosten aufschlüsseln). Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und erklärte,
dass das Handeln des Beklagten nicht in Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte stehe. Er sei als Mann nicht gleichberechtigt, sich gleichermaßen (gesund) zu ernähren wie eine Frau.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2018 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Höhe des Regelbedarfes sei
höchstrichterlich geklärt worden. Das BVerfG habe in seiner Entscheidung vom 23.07.2014 festgestellt, dass die Vorschriften
über die Festsetzung der Höhe des Regelbedarfs sowie deren Fortschreibung nach § 20 Abs. 5 SGB II mit dem
Grundgesetz vereinbar seien (BVerfG Beschluss vom 23.07.2014, 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13, BVerfGE 137, 34). Die Entscheidung über die Ermittlung und die Höhe der Leistungen für den Regelbedarf betreffe nach den Ausführungen des
BVerfG über die ausdrücklich angegriffenen Normen hinaus auch deren weitere Fassungen und Nachfolgeregelungen.
Der Kläger hat am 22.02.2018 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben mit dem Begehren, den Bescheid vom 05.12.2017
in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2018 aufzuheben.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11.07.2018 abgewiesen. Die Klage sei unbegründet. Das Gericht verweise
wegen der weiteren Begründung auf die in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 18.07.2018 zugestellt worden und er hat am 17.08.2018 Berufung eingelegt. Die Entscheidung
dokumentiere fehlenden effektiven und verfassungswidrigen Rechtsschutz und Rechtsbeugung. Seine dargelegten und begründeten
Ausführungen und Anträge seien in der oben genannten Entscheidung nicht wiedergegeben.
Am 12.12.2018 hat eine mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden. Der Kläger hat in dieser darauf hingewiesen, dass
er zu einigen Verfahren, wie auch zu diesem, ein Schreiben vom 26.03.2018 mit zahlreichen Anträgen - z.B. beinhaltet Antrag
18 ein Begehren, die tatsächlichen Heizkosten für die Inbetriebnahme seines Elektro-Radiators "Baufa 1500 Watt Type ERST 15,
Nr. 316088" zu erstatten - zu den Gerichtsakten gereicht habe. Das habe das Sozialgericht nicht berücksichtigt. Dies erwies
sich als zutreffend.
Diesem Schriftsatz als Anlage beigefügt war eine Aufstellung mit der Überschrift "Baufa- Elektro Radiator 1500 Watt Type ERST
15, Nr. 316088". Dargestellt werden die Monate Januar und Februar 2018. Danach sei der Radiator im Regelfall nachts, zuweilen
aber auch von ca. 20 Uhr bis 0 Uhr, auf höchster Stufe in Betrieb gewesen für die Dauer von 1,25 bis maximal 6 Stunden. Für
mittwochs und donnerstags, zuweilen auch dienstags, erfolgten jeweils keine Aufzeichnungen. Darüber hinaus war dem Schreiben
eine Erklärung des Bruders des Klägers, Helmut Schneidereit, vom 08.11.2014 beigefügt, nach der dieser u.a. bestätigt, dass
der Kläger bei seinen Besuchen in dessen Wohnung zusätzlich mit einem Elektroradiator geheizt habe. Er könne bestätigen, dass
sich im Eingangsbereich und in der Küche keine Heizkörper befänden und der Kläger die Inbetriebnahme aufgezeichnet habe. Der
Senat hat den Schriftsatz zur Akte genommen und die mündliche Verhandlung vertagt.
Der Beklagte hat entgegnet, dass sich auch unter Berücksichtigung dieses Schriftsatzes keine neuen Erkenntnisse ergäben. Er
sei an das Gesetz gebunden.
Mit Schreiben vom 29.03.2020 hat der Senat den Kläger aufgefordert, für den streitigen Zeitraum den tatsächlichen Stromverbrauch
des Radiators nachzuweisen. Er hat darauf hingewiesen, dass die bisherigen Aufstellungen für die Monate Januar und Februar
2018 sowie die schriftliche Aussage des Bruders des Klägers vom 08.11.2014, welche zu den Akten gereicht worden sind, keinen
tauglichen Beweis i.S.d. §
202 S. 1 Sozialgerichtssetz (
SGG) i.V.m. §
371 Abs.
1 Zivilprozessordnung (
ZPO) darstellen; die Aufstellungen belegten lediglich den Akt der Aufzeichnung, nicht aber die tatsächlichen Laufzeiten des Radiators.
Sie reichten zum Nachweis bislang nicht aus. Vor diesem Hintergrund ist dem Kläger aufgegeben worden, dem Gericht einen vollständigen
Nachweis für den tatsächlichen Stromverbrauch für das komplette Jahr 2018 bis zum 27.04.2020 (Eingang bei Gericht) zu übersenden.
Zugleich ist der Kläger für den Fall des fruchtlosen Verstreichens der Frist auf die Rechtsfolgen aus §
106a SGG hingewiesen worden. Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 17.04.2020 weitere Aufzeichnungen für die Zeit vom 21.12.2018
bis zum 31.12.2018 übersandt und auf seine bisher vorgelegten Nachweise sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 23.09.2014 zu
den Verfahren L 2 AS 273/14 u.a. und auf seinen bisherigen Vortrag in diesem und anderen Verfahren verwiesen. Er ist der Auffassung, er habe hiermit
den Stromverbrauch nachgewiesen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.07.2018 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides
vom 05.12.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2018 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.01.2018 bis zum
31.12.2018 höhere Leistungen zu gewähren. Im Übrigen wird hinsichtlich der weiteren Anträge auf diejenigen aus dem Schriftsatz
vom 26.03.2018 Bezug genommen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten des Beklagten
Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Der Senat ist zugunsten des Klägers davon ausgegangen, dass das Begehren des Klägers für den streitigen Zeitraum nicht nur
höhere Regelbedarfe, sondern auch höhere Bedarfe für Kosten der Unterkunft und Heizung sind.
Die so verstandene Berufung ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.
In der Sache hat der Kläger keinen Anspruch auf höhere Leistungen unter keinem Gesichtspunkt. Ein höherer als der durch den
angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 05.12.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2018 zuerkannte Regelbedarf
oder Bedarfe für Kosten der Unterkunft und Heizung steht ihm nicht zu. Der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger
nicht in seinen Rechten (vgl. §
54 Abs.
2 S. 1
SGG).
Rechtsgrundlage für die von dem Kläger begehrten Leistungen ist § 19 i.V.m. §§ 7, 9 und 20 f SGB II. Der Kläger erfüllte die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II, denn er ist 1966 geboren, erwerbsfähig und hilfebedürftig und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland;
ein Ausschlusstatbestand nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II liegt nicht vor.
Der Regelbedarf für das Jahr 2018 beträgt nach § 20 Abs. 1a SGB II entsprechend § 28 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII) und den §§ 28a und 40 SGB XII in Verbindung mit der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2018 - RBSFV 2018 gemäß der Regelbedarfsstufe 1 für den
Kläger 416 €. Diesen Betrag hat der Beklagte zutreffend zugrunde gelegt. Einen Anspruch auf höheren Regelbedarf in dem hier
streitigen Zeitraum vom 01.01.2018 bis 31.12.2018 hat der Kläger nicht. Soweit der Kläger geltend macht, die Höhe des Regelbedarfs
des § 20 SGB II bzw. die Berechnung seien verfassungswidrig bzw. ihm stünden höhere laufende Leistungen zu, so weist der Senat (wie auch
schon andere Senate des LSG NRW zuvor, vgl. L 2 AS 564/14 und L 2 AS 797/14, Urteile vom 25.11.2014) darauf hin, dass die Höhe des Regelbedarfes sowie dessen Berechnungsweise höchstrichterlich geklärt
ist. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 23.07.2014 festgestellt, dass die Vorschriften über die Festsetzung der Höhe
sowie deren Fortschreibung nach § 20 Abs. 5 SGB II mit dem
Grundgesetz vereinbar sind (BVerfG Beschluss vom 23.07.2014, 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13). Die Entscheidung über die Ermittlung und die Höhe der Leistungen für den Regelbedarf betrifft nach den Ausführungen des
BVerfG über die ausdrücklich angegriffenen Normen hinaus auch deren weitere Fassungen und Nachfolgeregelungen (zur Höhe des
Regelbedarfs vgl. auch den Beschluss des erkennenden Senates vom 08.03.2017, L 12 AS 1825/16 NZB). Zudem hat bereits das BSG mit Urteil vom 27.02.2008 entschieden (B 14/7b AS 32/06 R), dass der Gesetzgeber im Rahmen des ihm durch die Verfassung zustehenden Gestaltungsermessen gehandelt hat, als er für
Männer und Frauen den Regelbedarf in gleicher Höhe festgesetzt hat.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf höhere Bedarfe für Kosten der Unterkunft und Heizung. Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.
Die Höhe der von dem Beklagten übernommenen Kosten für Unterkunft und Heizung im streitigen Zeitraum sind nicht zu beanstanden.
Die Wohnung des Klägers ist mit einer Gasetagenheizung ausgestattet. Die Abschläge für die Gasversorgung werden in voller
Höhe übernommen. Die Übernahme der Kosten für den Betrieb des Elektroradiators kommt daneben nicht in Betracht. Zum einen
ist, wie ausgeführt, die Wohnung mit einer Gasetagenheizung ausgestattet. Zum anderen hätte der Kläger für den streitgegenständlichen
Zeitraum den tatsächlichen Stromverbrauch des Radiators überhaupt erst einmal schlüssig darlegen bzw. nachweisen müssen.
Die dem Senat zur Verfügung gestellten Aufstellungen für die Monate Januar, Februar und Dezember 2018 sowie die schriftliche
Aussage des Bruders des Klägers vom 08.11.2014, welche zu den Akten gereicht worden sind, stellen keinen tauglichen Beweis
i.Sd. §
202 S. 1
SGG i.V.m. §
371 Abs.
1 ZPO dar. Hierauf hat der Senat unter Fristsetzung nach §
106a SGG auch hingewiesen. Die Aufstellungen belegen lediglich den Akt der Aufzeichnung, nicht aber die tatsächlichen Laufzeiten des
Radiators. Es ist lediglich eine nicht nachgewiesene Behauptung des Klägers, der Elektroradiator sei während der gesamten
aufgezeichneten Zeit auf höchster Stufe gelaufen. Die schlichte Aufzeichnung der Uhrzeiten reicht daher zum Nachweis nicht
aus. Auch erschließt sich für den Senat nicht, warum der Kläger den Elektroradiator hauptsächlich nachts, zuweilen am späteren
Abend, im Januar und Februar 2018 nie mittwochs und donnerstags und auch überhaupt nur im Januar und Februar 2018 und im Dezember
2018 (hier auch nur vom 21.12.2018 bis zum 31.12.2018) eingeschaltet hat. Die Notwendigkeit des Heizens in der Nacht ist dem
Senat nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht erschließbar. Der Umstand, dass die Wohnung im Eingangsbereich und in der Küche
keinen Heizkörper hat, müsste sich sowohl tagsüber als auch nachts auswirken. Wenn aber die Heizung offenbar in der Lage ist,
tagsüber für eine ausreichende Wärme in der Wohnung zu sorgen, erschließt sich nicht, warum das abends und nachts nicht möglich
sein soll. Ferner ist nicht schlüssig, warum im Januar und Februar 2018 regelmäßig an den gleichen Wochentagen kein zusätzliches
Heizen erforderlich gewesen sein soll sowie auch nicht in den Monaten Oktober, November 2018 und Dezember 2018 (bis zum 20.12.2018).
Unabhängig von der Nichtnachvollziehbarkeit des nächtlichen Heizens ist der tatsächlichen Stromverbrauch des Radiators für
den streitgegenständlichen Zeitraum jedenfalls ebenfalls nicht nachgewiesen (siehe obige Ausführungen).
Soweit der Kläger darüber hinaus auf seine Anträge aus dem Schreiben vom 26.03.2018 verweist, wiederholt der Schriftsatz lediglich
die aus den vielen anderen Verfahren des Klägers bereits bekannten stereotypen und unsubstantiierten Anträge bzw. Vorträge,
für die der Senat keinen Anlass für eine weitere Auseinandersetzung sieht. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, als
sich das LSG NRW bereits in mehreren rechtskräftigen Entscheidungen (vgl. beispielhaft Urteil vom 25.11.2014, L 2 AS 564/14) hiermit auseinandergesetzt hat. Der Senat lässt dahinstehen, ob insoweit nicht auch bereits eine entgegenstehende Rechtskraft
mit der Folge von unzulässigen Klage- bzw. Berufungsbegehren besteht. Denn jedenfalls vermag der Senat kein Rechtsschutzbedürfnis
für eine sich stetig wiederholende Auseinandersetzung zu erkennen. Darüber hinaus wird lediglich ergänzend darauf hingewiesen,
dass die Anträge im Schriftsatz vom 26.03.2018 im Wesentlichen Verfahrensanträge bzw. schlichten Parteivortrag und keine Sachanträge
darstellen, die über den in der mündlichen Verhandlung gestellten Sachantrag hinausgehen. Die geltend gemachten "Schadensersatzansprüche"
sind unsubstantiiert (vgl. LSG NRW Urteil vom 25.11.2014, L 2 AS 564/14) und hinsichtlich der Rechtsmittelkosten wird auf die Kostengrundentscheidung verwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.