Gründe
A.
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1961 geborene Klägerin hat nach eigenen Angaben keinen Beruf erlernt und war versicherungspflichtig in verschiedenen Tätigkeitsbereichen
beschäftigt, u.a. als Lageristin, Büglerin und Fahrerin (langjährig im Zulassungsdienst für Autos), zuletzt bis September
2016. Nach zwischenzeitlichem Bezug von Arbeitslosengeld II arbeitet die Klägerin seit September 2017 versicherungspflichtig
als Versandmitarbeiterin bei der Firma B in X/Kreis V in Vollzeit, dabei wöchentlich wechselnd in Frühschicht von 6.30 Uhr
bis 15.00 Uhr oder Spätschicht von 15.00 Uhr bis 22.30 Uhr.
Im Anschluss an eine im August 2015 erfolgte Implantation einer Knie-Endoprothese links führte die Klägerin im September/Oktober
2015 eine medizinische Rehabilitationsbehandlung durch, aus der sie unter Berücksichtigung der funktionellen Auswirkungen
der bei ihr diagnostizierten Erkrankungen des orthopädischen und internistisch-kardiologischen Fachgebiets mit einem Leistungsvermögen
für mindestens sechsstündige körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten entlassen wurde.
Im Dezember 2016 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten und gab an, sie
halte sich nach vier Bandscheibenoperationen (zuletzt Februar 2015) und dem Einsatz einer Kniegelenksprothese (August 2015)
sowie wegen Bluthochdrucks und Asthmas für erwerbsgemindert.
Die Beklagte zog den Entlassungsbericht der 2015 durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme bei und holte einen Befundbericht
des behandelnden Allgemeinmediziners und Hausarztes Dr. N vom 19.01.2017 ein. Dieser gab keine Leistungsbeurteilung ab und
sandte weitere Berichte mit, u.a. den Bericht des St. K-Stifts von April 2016 über eine Vorstellung der Klägerin wegen fortbestehender
Schmerzen nach Knie-Endoprothese, Berichte des Kardiologen Dr. A von Juli und November 2016, in denen dieser über einen stabilen
kardialen Befund berichtet, einen Bericht des Lungenfacharztes Dr. M von Oktober 2016, in dem dieser über Asthma bei Nikotinabusus
berichtet, sowie einen Bericht der Kardiologie der Uniklinik N1 von Dezember 2016, in dem die Fortführung der konservativen
medikamentösen Therapie empfohlen wird und der damit abschließt, dass die Klägerin bei subjektivem Wohlbefinden entlassen
wurde.
Nach Auswertung aller Berichte durch ihren ärztlichen Beratungsdienst lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit
Bescheid vom 01.02.2017 ab, weil diese nicht erwerbsgemindert im Sinne des §
43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) sei; sie könne noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes
erwerbstätig sein.
Mit ihrem Widerspruch verwies die Klägerin erneut auf die erfolgten Operationen an der Wirbelsäule und am Knie und teilte
mit, es stünden eine Hüftoperation und eine Knieoperation rechts an; sie übersandte außerdem einen Operationsbericht der M1-Kliniken
N1 von Februar 2017 über eine erneute Operation an der Wirbelsäule, die jedoch wegen kardiopulmonaler Instabilität während
der Operation abgebrochen werden musste, sowie einen Bericht der Klinik für Neurologie des Herz-K1-Krankenhauses N1 über einen
stationären Aufenthalt vom 13. bis 20.04.2017 wegen eines Verdachts auf wiederkehrende transitorisch-ischämische Attacken
im Mediastromgebiet links und wegen eines analgetika-induzierten Kopfschmerzes bei chronischem Schmerzsyndrom.
Die Beklagte holte Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. F vom 04.04.2017, der Fachärztin für Neurologie und Nervenheilkunde
Dr. T vom 07.07.2017 und der Fachärztin für Innere Medizin (Zusatz Sozialmedizin) Dr. W vom 26.05.2017 ein. Dres. F und W
gelangten aufgrund ambulanter Begutachtungen der Klägerin im April bzw. Mai 2017 unter Berücksichtigung der funktionellen
Auswirkungen der auf ihren Fachgebieten diagnostizierten Erkrankungen zu der sozialmedizinischen Feststellung, dass die Klägerin
regelmäßig leichte (Dr. W) und gelegentliche mittelschwere Tätigkeiten (Dr. F) in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden
und mehr arbeitstäglich bei vorhandener Wegefähigkeit verrichten könne. Dr. T gelangte aufgrund ambulanter Begutachtung im
Juli 2017 zu dem Ergebnis, dass ein geringer Leidensdruck auffällig sei und dass die Diskrepanz zwischen den Angaben der Klägerin
und den Untersuchungsbefunden sowie der Gegenübertragung eine Aggravation, ggs. sogar eine Simulation deutlich mache. Bei
Verdacht auf ein chronisches Schmerzsyndrom mit psychischen und somatischen Faktoren und auf bewusstseinsnahe Aggravation
sei auf nervenärztlichem Fachgebiet keine sichere Diagnosestellung möglich; zum Einschätzen des Ausmaßes der somatischen Erkrankungen
werde eine psychosomatische stationäre Rehabilitationsmaßnahme empfohlen mit anschließender sozialmedizinischer Leistungsbeurteilung.
Nachdem die Klägerin die daraufhin von der Beklagten angebotene vierwöchige Rehabilitationsmaßnahme in der C Klinik in M2
im September 2017 absagt hatte, weil ihr diese zur Zeit wegen eines aktuell laufenden Arbeitsversuchs bei B nicht möglich
sei, teilte Dr. W auf die Anfrage der Beklagten, ob auch ohne eine Rehabilitationsmaßnahme eine abschließende Leistungsbeurteilung
erfolgen könne, mit, dass zusammenfassend von einem mehr als sechsstündigen Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten
auszugehen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.03.2018 (abgesandt am 20.03.2018) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück,
da die Klägerin in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden arbeitstäglich
erwerbstätig zu sein,- ohne Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, Klettern und Steigen, Zeitdruck und höhere
Anforderungen an die geistige/psychische Belastbarkeit,- so dass sie weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des
§
43 SGB VI sei; auch habe die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §
240 SGB VI, weil sie nicht vor dem 02.01.1961 geboren sei.
Hiergegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 19.04.2018 bei der Beklagten "Widerspruch" eingelegt, den die Beklagte nach Eingang
am 23.04.2018 an das Sozialgericht (SG) Münster weitergeleitet hat (Eingang dort am 25.05.2018). Zur Begründung der Klage hat die Klägerin die an ihren Hausarzt
gerichteten und keine Leistungsbeurteilung enthaltenden Berichte des Internisten/Rheumatologen Dr. S vom 19.04.2018 und des
Radiologen Dr. T1 vom 01.06.2017 übersandt und angegeben, die Erwerbsfähigkeit werde nur aufrechterhalten durch zweimalige
schmerzstillende Spritzen pro Woche.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 01.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2018 zu verurteilen,
ihr ab Rentenantragstellung am 22.12.2016 Rente wegen Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG hat Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Klägerin - Dr. S (Internist/Rheumatologe) vom 20.12.2018, Dr. A (Kardiologe)
vom 18.12.2018, Dr. X1 (Internist/Kardiologe) vom 18.12.2018, Dr. N (Allgemeinmediziner und Hausarzt) vom 28.12.2018 und Dr.
C1 (Lungenheilkundler) vom 07.02.2019 - eingeholt; diese haben keine Leistungsbeurteilung abgegeben.
Das SG hat sodann Sachverständigengutachten des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D vom 17.05.2019, des
Facharztes für Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. C2 vom 20.09.2019 und des Facharztes für Innere Medizin
und Kardiologie, Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. B1 vom 24.09.2019 eingeholt. Die Sachverständigen sind aufgrund
ambulanter Begutachtung der Klägerin im Mai bzw. Juli bzw. September 2019 unter Berücksichtigung der funktionellen Auswirkungen
der auf ihren Fachgebieten diagnostizierten Erkrankungen,- zusammengefasst durch Dr. B1,- zu der sozialmedizinischen Feststellung
gelangt, dass die Klägerin geistig einfache und körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen sechs
Stunden und mehr regelmäßig und unter betriebsüblichen Bedingungen verrichten könne bei vorhandener Wegefähigkeit und Nutzbarkeit
öffentlicher Verkehrsmittel bzw. eines Pkw; ungewöhnlich lange oder häufige krankheitsbedingte Ausfallzeiten seien dabei nicht
zu erwarten; Arbeiten im Knien, mit Überkopf- und Überschulterarbeiten, im Freien mit Einwirkungen von Kälte, Hitze, Zugluft,
Temperaturschwankungen, Nässe, Staub/Schmutz, Gas, Hautreizstoffen, Dampf und Lärm, an laufenden Maschinen, sofern dadurch
eine erhöhte Verletzungsgefahr besteht, in Wechselschicht und unter Zeitdruck sollten dabei vermieden werden. Dr. D hat ausgeführt,
es könne nicht nachvollzogen werden, dass in dem Gutachten von Dr. T keine sichere Diagnosestellung möglich gewesen sei.
Im Verhandlungstermin des SG am 19.12.2019 hat die Klägerin angegeben, seit September 2017 in Vollzeit als Versandmitarbeiterin bei der Firma B in X beschäftigt
zu sein. Sie hat den Bericht des Radiologen Dr. H vom 27.11.2019 überreicht, in dem über eine hochgradige Varusgonarthrose
rechts und über Lockerungszeichen am Schaft des Prothesenanteils links berichtet wird, und hat erklärt, dass im Hinblick auf
den so erhobenen Befund im Jahr 2020 ein Ersatz des künstlichen Kniegelenks links vorgesehen sei; ein Vorgespräch sei bereits
für den 06.01.2020 vermerkt.
Durch Urteil vom 19.12.2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die
zulässige Klage sei unbegründet, weil die Klägerin weder teilweise noch voll erwerbsgemindert (§
43 Abs.
1 und
2 SGB VI) und auch nicht teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit (§
240 Abs.
2 SGB VI) sei. Die Voraussetzungen teilweiser oder voller Erwerbsminderung (§
43 SGB VI) erfülle die Klägerin nicht. Zwar leide die Klägerin in der Zusammenfassung der internistischen, neurologisch-psychiatrischen
und der orthopädischen Untersuchungsergebnisse an gesundheitlichen Beeinträchtigungen; unter Berücksichtigung deren funktioneller
Auswirkungen könne sie jedoch zusammenfassend zumindest noch geistig einfache und körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel
von Gehen, Stehen und Sitzen sechs Stunden und mehr regelmäßig und unter betriebsüblichen Bedingungen verrichten bei vorhandener
Wegefähigkeit und gegebener Nutzbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel bzw. eines Pkw, ohne dass ungewöhnlich lange oder häufige
krankheitsbedingte Ausfallzeiten zu erwarten seien. Dies ergebe sich aus der Beweiserhebung des Gerichts durch Einholung der
Sachverständigengutachten von Dres. B1, C2 und D; deren Leistungsbeurteilung folge das Gericht. Zudem habe das Gericht berücksichtigt,
dass die Klägerin seit September 2017 wieder vollschichtig erwerbstätig sei, d.h. an fünf Tagen in der Woche regelmäßig noch
sechs Stunden und mehr tatsächlich (weiter) arbeite. Unter Berücksichtigung der medizinischen Gutachten stehe nicht fest,
dass die Klägerin dabei auf Kosten ihrer Gesundheit arbeite; die (Weiter-)Arbeit sei daher als deutliches Indiz dafür zu werten,
dass eine entsprechende körperliche Leistungsfähigkeit der Klägerin auch tatsächlich bestehe. Zudem könne die Klägerin auch
noch verschiedene andere leichte und einfache Tätigkeiten aus dem Bereich des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten, so z.
B. Tätigkeiten als Bürohilfskraft. Da geeignete Tätigkeiten erkennbar seien, könne offenbleiben, ob eine Summierung ungewöhnlicher
Leistungseinschränkungen bestehe. Im Übrigen lasse sich eine Summierung - wenigstens zweier ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen
- unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin für das Gericht auch nicht erkennen. Ein Anspruch
auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§
240 SGB VI) stehe der 1961 geborenen Klägerin von vornherein nicht zu.
Das Urteil ist der Klägerin am 15.01.2020 zugegangen.
Mit der am 30.01.2020 beim SG Münster eingegangenen Berufung trägt die Klägerin vor, im Rahmen neuer Untersuchungstermine
seien weitere Krankheitsbilder festgestellt worden; Fakt sei, dass beide Knie operiert werden müssten und ein neuer Bandscheibenvorfall
vorliege. Die Klägerin übersendet hierzu den Bericht des Nuklearmediziners Priv.-Doz. Dr. M3 vom 21.01.2020, der darin bei
der "Indikation Knie-TEP links, Lockerung?" nach Durchführung einer 3-Phasen-Skelettszintigraphie vom 20.01.2020 in der Beurteilung
ausführt: "Kein Anhalt für TEP-Lockerung, Retropatellaarthrose links, geringe Synovialitis links, aktivierte Gonarthrose und
aktivierte Arthrose des Sprunggelenkes rechts, weitere degenerative Gelenk- und Wirbelsäulenveränderungen".
Die Beklagte hat auf Anforderung des Gerichts einen Versicherungsverlauf (vom 09.04.2020) übersandt und mitgeteilt, dass die
versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seit Rentenantragstellung durchgehend erfüllt seien; außerdem hat sie auf Anforderung
des Gerichts dahingehend Stellung genommen zu dem Bericht des Nuklearmediziners Priv.Doz. Dr. M3 vom 21.01.2020 abgegeben
dahingehend, dass sich daraus keine neuen medizinischen Erkenntnisse ergäben und mithin kein Anlass bestehe, von ihrer zur
Leistungsfähigkeit der Klägerin vorgetragenen Auffassung abzuweichen.
Das Gericht hat der Klägerin mit Schreiben vom 14.05.2020 unter Anführen von Gründen mitgeteilt, es werde keine Erfolgsaussicht
für die Berufung gesehen, und hat abgefragt, ob das Verfahren für beendet erklärt werde; andernfalls sei beabsichtigt, von
§
153 Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) mittels Entscheidung durch Beschluss Gebrauch zu machen; hierzu erhalte die Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme.
Der Beklagten ist das gerichtliche Schreiben vom 14.05.2020 zur Kenntnis und gleichzeitigen Gelegenheit zur Stellungnahme
zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss nach §
153 Abs.
4 SGG übersandt worden.
Die Klägerin hat daraufhin mitgeteilt, dass sie "Widerspruch" einlege; die drei Gutachter seien nicht in der Lage, ihr Krankheitsbild
zu beurteilen. Ihrem Schriftsatz hat sie die CD des bei Priv.-Doz. Dr. M3 am 20.01.2020 gefertigten Skelettszintigramms beigefügt.
Mit Schreiben vom 28.05.2020 hat das Gericht der Klägerin mitgeteilt, sie habe dem Gericht bereits den zu der CD gehörigen
Bericht von Priv.-Doz. Dr. M3 vom 21.01.2020 übersandt; in diesem Bericht habe Priv.-Doz. Dr. M3 in seiner Beurteilung ausgeführt,
dass kein Anhalt für eine TEP-Lockerung bestehe, was aber die Indikation für die bei ihm erfolgte Untersuchung gewesen sei;
insofern habe die Beklagte mit Schriftsatz vom 16.04.2020 ausgeführt, dass sich aus dem Bericht von Priv.-Doz. Dr. M3 vom
21.01.2020 keine neuen medizinischen Erkenntnisse ergäben; der Senat werde den Rechtsstreit einer Entscheidung durch Beschluss
nach §
153 Abs.
4 SGG zuführen.
Hierauf hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.06.2020 mitgeteilt, auf der CD seien auch andere Krankheiten zu sehen; so
seien die Wirbelsäule, die Hüften, das rechte Knie, die Schulter und das Sprunggelenk beschädigt. Dr. M3 habe in seinem Bericht
nur vom Knie geschrieben; sie hoffe, dass die CD nachgeschaut werde; Bilder würden nicht lügen. Ihre Finger seien durch die
Wirbelsäule taub, sie könne nicht mehr richtig schreiben. Sie gehe arbeiten, sogar acht Stunden, aber wenn sie nach Hause
komme, könne sie sich nicht mehr bewegen. Sie habe drei Jahre Kortison bekommen wegen der Schmerzen, damit sie einigermaßen
arbeiten könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den weiteren Inhalt
der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
B.
Der Senat konnte die Berufung nach §
153 Absatz
4 SGG durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückweisen, da er die zulässige Berufung übereinstimmend für nicht begründet
und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Beteiligten sind dazu angehört worden.
Ein Fall des §
105 Absatz
2 Satz 1
SGG liegt hier nicht vor, weil das Sozialgericht durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden hat.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; diese ist zwar zulässig, insbesondere fristgemäß erhoben worden,- der vom SG als Klage ausgelegte "Widerspruch" der Klägerin gegen den am 20.03.2018 abgesandten Widerspruchsbescheid ist am 23.04.2018
bei der Beklagten eingegangen (§§ 87 Abs. 1 S. 1 und Abs.
2, § 37 Abs. 2 S. 1, 90, 91
SGG); sie ist jedoch unbegründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom
12.09.2013 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher nicht im Sinne des §
54 Abs.
2 SGG in ihren Rechten. Die Beklagte hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin weder einen Anspruch auf Rente wegen voller
bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach §
43 SGB VI (dazu I) noch nach §
240 SGB VI (dazu II.) hat.
I.
Nach §
43 Absatz
1 bzw. Absatz
2 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung,
wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (§ 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S. 2 bzw. Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und S. 2
SGB VI), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung
oder Tätigkeit zurückgelegt (§
43 Abs.
1 S. 1 Nr.
2 und Abs.
2 S. 1 Nr.
2 SGB VI) und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§
43 Abs.
1 S. 1 Nr.
3 und Abs.
2 S. 1 Nr. 3
SGB VI).
Die Klägerin erfüllt unter Berücksichtigung der in ihrem Versicherungskonto enthaltenen Beitragszeiten die allgemeine Wartezeit
für den Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, §
43 Abs.
1 S. 1 Nr.
3 und Abs.
2 S. 1 Nr. 3
SGB VI.
Seit dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung sind zudem ausweislich des vorliegenden Versicherungsverlaufs vom 09.04.2020 und
Mitteilung der Beklagten die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der sog. 3/5-Belegung des § 43 Abs. 1 S.
1 Nr.
2 bzw. Abs.
2 S. 1 Nr. 2
SGB VI (in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung
oder Tätigkeit zurückgelegt) erfüllt.
Einer Bewilligung der von der Klägerin begehrten Rente steht jedoch entgegen, dass die Klägerin nicht nachweislich voll oder
teilweise erwerbsgemindert ist.
Gemäß §
43 Abs.
1 S. 2
SGB VI sind Versicherte teilweise erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind,
unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Gemäß
§
43 Abs.
2 S. 2
SGB VI sind Versicherte voll erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind,
unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Über diese
(gesetzliche) Definition des Versicherungsfalls der vollen Erwerbsminderung hinaus sind auch die Versicherten voll erwerbsgemindert,
die noch einer Erwerbstätigkeit von drei bis unter sechs Stunden täglich nachgehen können und damit den Tatbestand der teilweisen
Erwerbsminderung nach §
43 Abs.
1 S. 2
SGB VI erfüllen, ihnen der Arbeitsmarkt jedoch praktisch verschlossen ist, weil sie mangels Vermittelbarkeit eines ihrem Restleistungsvermögen
entsprechenden Teilzeitarbeitsplatzes arbeitslos sind. Erwerbsgemindert ist demgegenüber gemäß §
43 Abs.
3 SGB VI nicht, wer mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein
kann; bei diesem Personenkreis ist die Arbeitsmarktlage für den Rentenanspruch grundsätzlich ohne Bedeutung.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Klägerin nicht voll erwerbsgemindert, denn sie ist nach dem Ergebnis der
durchgeführten medizinischen Ermittlungen noch in der Lage, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit in einem zeitlichen Umfang
von sechs Stunden und mehr arbeitstäglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nachzugehen. Dies
schließt eine Erwerbsminderung aus.
Mit diesen Feststellungen zum Leistungsvermögen der Klägerin im Erwerbsleben folgt der erkennende Senat ebenso wie das SG der Beurteilung der Sachverständigen Dres. D, C2 und B1 in deren vom Sozialgericht nach §
106 SGG eingeholten Sachverständigengutachten vom 17.05.2019, 20.09.2019 und 24.09.2019. Alle drei Sachverständigen sind zu dem Ergebnis
gelangt, dass die Klägerin in der Lage ist, geistig einfache und körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen
und Sitzen arbeitstäglich sechs Stunden und mehr regelmäßig und unter betriebsüblichen Bedingungen zu verrichten bei vorhandener
Wegefähigkeit und gegebener Nutzbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel bzw. eines Pkw; ungewöhnlich lange oder häufige krankheitsbedingte
Ausfallzeiten sind dabei nicht zu erwarten; Arbeiten im Knien, mit Überkopf- und Überschulterarbeiten, im Freien mit Einwirkungen
von Kälte, Hitze, Zugluft, Temperaturschwankungen, Nässe, Staub/Schmutz, Gas, Hautreizstoffen, Dampf und Lärm, an laufenden
Maschinen, sofern dadurch eine erhöhte Verletzungsgefahr besteht, in Wechselschicht und unter Zeitdruck sollten dabei vermieden
werden. Die Leistungsbeurteilung der drei Sachverständigen Dres. D, C2 und B1 wird untermauert durch die Beurteilung der Gutachter
Dres. F und W in deren von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 04.04.2017 und 26.05.2017. Die von der Beklagten - auf
der Grundlage der von der Gutachterin Dr. T in ihrem Gutachten vom 07.07.2017 ausgesprochenen Empfehlung zur Durchführung
einer psychosomatischen stationären Rehabilitationsmaßnahme mit anschließender sozialmedizinischer Leistungsbeurteilung -
angebotene Rehabilitationsmaßnahme hat die Klägerin nicht wahrnehmen wollen, nachdem sie zu diesem Zeitpunkt bereits wieder
in einem versicherungspflichtigen und vollschichtigen Beschäftigungsverhältnis stand.
Den Nachweis, dass sie - entgegen dem aufgezeigten klaren Ergebnis der Beweiserhebung durch das SG - voll oder teilweise erwerbsgemindert ist, konnte die Klägerin nicht führen.
Ihre behandelnden Ärzte haben in den vom SG eingeholten Befundberichten keine Leistungsbeurteilung abgegeben.
Einen dahingehenden Nachweis konnte die Klägerin auch nicht durch die von ihr übersandten Berichte führen. Im dem von der
Klägerin im Verhandlungstermin des SG am 19.12.2019 überreichten Bericht des Radiologen Dr. H vom 27.11.2019 berichtet dieser über eine hochgradige Varusgonarthrose
rechts und über Lockerungszeichen am Schaft des Prothesenanteils links. Abgesehen davon, dass Dr. H in diesem Bericht weder
etwaige funktionelle Auswirkungen dessen benannt noch eine Leistungsbeurteilung abgegeben hat, ist mit dem von der Klägerin
selbst vorgelegten Bericht des Nuklearmediziners Priv.-Doz. Dr. M3 vom 21.01.2020 der Bericht von Dr. H zwischenzeitlich zudem
relativiert. Denn ausweislich des Berichts von Dr. M3 vom 21.01.2020 besteht, nachdem sich die Klägerin - entsprechend den
von Dr. H feststellten Lockerungszeichen - bei Dr. M3 mit der Indikation "Knie-TEP links, Lockerung?" vorgestellt hatte, infolge
der von Dr. M3 am 20.01.2020 durchgeführten 3-Phasen-Skelettszintigraphie (die dazu gefertigte CD vom 20.01.2020 hat die Klägerin
übersandt) Klarheit darüber, dass kein Anhalt für die Annahme einer TEP-Lockerung besteht. Dass aus den im Bericht von Dr.
M3 vom 21.01.2020 außerdem angeführten Diagnosen "Retropatellaarthrose links, geringe Synovialitis links, aktivierte Gonarthrose
und aktivierte Arthrose des Sprunggelenkes rechts, weitere degenerative Gelenk- und Wirbelsäulenveränderungen" funktionelle
Einschränkungen mit rentenrelevanter Auswirkung resultieren, ist dem Bericht nicht zu entnehmen. Rentenrechtlich relevant
sind allein die funktionellen Auswirkungen von Erkrankungen, nicht die Erkrankungen als solche, wie es die Klägerin aber angenommen
hat ("auf der CD seien auch andere Krankheiten zu sehen; so sei die Wirbelsäule, die Hüften, das rechte Knie, die Schulter
und das Sprunggelenk beschädigt; Dr. M3 habe in seinem Bericht nur vom Knie geschrieben; sie hoffe, dass die CD nachgeschaut
werde; Bilder würden nicht lügen"). Zu Recht hat insofern die Beklagte ausgeführt, dass sich aus dem Bericht von Dr. M3 vom
21.01.2020 keine neuen Erkenntnisse ergäben und mithin kein Anlass bestehe, von ihrer zur Leistungsfähigkeit der Klägerin
vorgetragenen Auffassung abzuweichen.
Für den Senat sind insofern unter Würdigung aller Aktenunterlagen funktionelle Einschränkungen aufgrund von Krankheiten oder
Behinderungen der Klägerin, die eine Reduzierung des Leistungsvermögens auf einen täglichen Arbeitseinsatz von weniger als
sechs bzw. drei Stunden bedingen, weder nachweislich objektiv belegt noch ersichtlich.
Ob darüber hinaus die seit September 2017 durchgehend erfolgte Ausübung einer Tätigkeit durch die Klägerin in (wöchentlich
wechselnden) Schichten arbeitstäglich von 6.30 Uhr bis 15.00 Uhr bzw. von 15.00 Uhr bis 22.30 Uhr als deutliches Indiz dafür
zu werten ist, dass eine körperliche Leistungsfähigkeit der Klägerin für arbeitstäglich mehr als sechsstündige Tätigkeiten
tatsächlich besteht, wie es das SG im angefochtenen Urteil ausgeführt hat, kann der Senat bei dieser Sachlage dahingestellt lassen.
Die Klägerin, die über ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen verfügt, ist schließlich auch nicht unter dem Aspekt
erwerbsgemindert, dass ihr der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen ist. Der Benennung einer konkret in Betracht kommenden
Tätigkeit durch den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. die Tatsacheninstanzen der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit
bedarf es bei einem Versicherten mit noch mindestens sechsstündigem Leistungsvermögen nur dann, wenn bei diesem eine schwere
spezifische Behinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegt (Bundessozialgericht, BSG-Urteile vom 19.08.1997, 13 RJ 55/96, und 30.10.1997, 13 RJ 49/97, beide in Juris), weil nur in diesen Fällen nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass auf dem Arbeitsmarkt
für den Versicherten, auch wenn er noch über ein sechsstündiges Leistungsvermögen verfügt, eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen
vorhanden ist, die seinem eingeschränkten Leistungsvermögen entsprechen. Bei der Klägerin ist aber weder das Vorliegen einer
schweren spezifischen Leistungsbehinderung noch einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen ersichtlich. Eine
schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein
weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt; dies ist vom BSG bejaht bzw. in Erwägung gezogen worden etwa in den Fällen einer funktionellen Einäugigkeit (BSG, Urteil vom 23.05.2006, B 13 RJ 38/05 R, in SozR 4 - 2600 § 43 Nr. 9 und in juris) oder Einarmigkeit (BSG, Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80, in SozR 2200 § 1246 Nr. 90 und in juris). Eine solche erhebliche einzelne Behinderung liegt bei der Klägerin nicht vor. Eine Summierung ungewöhnlicher
Leistungseinschränkungen erfordert eine Mehrheit von wenigstens zwei ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und liegt somit
nicht schon bei Zusammentreffen einer - potenziell - ungewöhnlichen und einer oder mehrerer "gewöhnlicher" Leistungseinschränkungen
vor. Da bei der Klägerin aber schon das Vorliegen einer ungewöhnlichen Leistungseinschränkung nicht ersichtlich ist, ist erst
recht das Vorliegen einer Summierung mindestens zweier ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht ersichtlich.
II.
Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §
240 SGB VI zu.
Versicherte haben nach §
240 Absatz
1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie vor dem 02.01.1961
geboren sind und berufsunfähig sind.
Der am 22.02.1961 geborenen Klägerin kann insofern ein solcher Anspruch nicht zustehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Absatz
2 Nr.
1 und
2 SGG nicht erfüllt sind.