Gründe
I.
Streitig ist im Hauptsacheverfahren die Verrechnung einer rückständigen Beitragsforderung der früheren Gartenbau Berufsgenossenschaft
(BG) mit der (anteiligen) Regelaltersrente des Klägers.
Der 1949 geborene Kläger lebt seit vielen Jahren in Spanien. Die Beklagte gewährte ihm dorthin ab dem 1.1.2015 antragsgemäß
Regelaltersrente in Höhe von (zunächst) EUR 157,80 brutto. Bereits am 22.10.2014 hatte die frühere Gartenbau BG (jetzt eingegliedert
in die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau-SVLFG/Kassel) die Beklagte ersucht, eine bestandskräftig
festgestellte Forderung gegen den Kläger in Höhe von EUR 1.393, 10 (Beitragsforderung EUR 1.092,43 zzgl. EUR 300,67 Säumniszuschläge
und Nebenkosten) mit der Regelaltersrente des Klägers zu verrechnen. Nach Anhörung des Klägers entschied die Beklagte, dem
Verrechnungsersuchen in Höhe von EUR 70,57 monatlich zu entsprechen, weil sie von der Verrechnung nur dann absehen könne,
wenn der Kläger nachweise, dass er durch die Verrechnung hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch werde. Diesen Nachweis habe er nicht erbracht (Bescheid vom 23.2.2015; Widerspruchsbescheid vom 21.1.2016). Nach Abschluss
des Widerspruchsverfahrens verfügte sie die Verrechnung beginnend mit dem Monat Februar 2016 (Bescheid vom 9.2.2016). Mit
Ablauf des Monats September 2017 war die Verrechnung abgeschlossen. Seit Oktober 2017 erhält der Kläger wieder die volle Regelaltersrente
in Höhe von EUR 183,25 brutto.
Im Klageverfahren wendet sich der Kläger gegen die Verrechnung mit der Begründung, die Beklagte sei in Anbetracht seiner ohnehin
niedrigen Rente nicht befugt, diese durch Verrechnung weiter zu kürzen. Er erhalte in Spanien keine Leistungen wegen Hilfebedürftigkeit.
Dort nehme man nicht einmal seinen Antrag entgegen. Solche Leistungen würden dort nicht an EU-Rentner gewährt. Er erwarte
daher die Nachzahlung seiner monatlich einbehaltenen Rente in Höhe von insgesamt EUR 1.393,10.
Den Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Fachanwalts aus Düsseldorf zu bewilligen, hat das Sozialgericht
(SG) abgelehnt, weil der Kläger seiner gesteigerten Mitwirkungspflicht zur Darlegung der Hilfebedürftigkeit nicht nachgekommen
sei (Beschluss vom 13.7.2017).
Mit seiner Beschwerde macht der Kläger geltend, dass von seiner "minderwertigen Rente" kein Cent habe abgezogen werden dürfen,
weil sie erheblich unter dem Existenzminimum liege. Seinen Mitwirkungspflichten sei er in vollem Umfang pünktlich nachgekommen.
Er habe nachgewiesen, dass er von keiner anderen Dienststelle aus Spanien, Deutschland oder Österreich Rente oder Sozialhilfe
bekomme.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das SG abgelehnt, Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur
zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint, §§ 73a
Sozialgerichtsgesetz (
SGG), 114
Zivilprozessordnung (
ZPO). Die beabsichtigte Rechtsverfolgung, die Klage gegen den Bescheid vom 23.2.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 21.1.2016, bietet bei summarischer Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Hinreichende Aussicht auf Erfolg setzt voraus, dass eine - nicht ganz entfernt liegende - Möglichkeit des Obsiegens besteht.
Das ist zB der Fall, wenn vor der abschließenden Beantwortung der streiterheblichen Fragen eine (weitere) Beweisaufnahme von
Amts wegen ernsthaft in Betracht kommt, deren Ausgang offen ist, und/oder eine bisher nicht (vollständig) geklärte Rechtsfrage
entscheidungserheblich ist (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, s dazu: Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss
vom 20.2.2002 - 1 BvR 1450/00; Beschluss vom 29.9.2004 - 1 BvR 1281/04 - NJW-RR 2005, 140 ff und Beschluss vom 19.2.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060 ff). Hier fehlt es bei der gebotenen summarischen Prüfung an einer solchen hinreichenden Erfolgsaussicht. Insbesondere sind
weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht geboten.
Der Verrechnungsbescheid der Beklagten ist bei summarischer Prüfung formell und materiell rechtmäßig, da alle Voraussetzungen
der Eingriffsnorm nach §§
52,
51 Abs.
2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) vorliegen, und der Kläger nicht nachgewiesen hat, dass er durch die Verrechnung hilfebedürftig im Sinne des Zwölften oder
Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII oder II) wird.
Nach §
51 Abs
2 SGB I kann der zuständige Leistungsträger (u.a.) mit Beitragsansprüchen gegen Ansprüche auf laufende Leistungen aufrechnen, wenn
der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII oder des SGB II wird. Mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers kann er auch gegen dessen Beitragsansprüche aufrechnen (sog. Verrechnung),
§
52 SGB I.
Hier hat die Beklagte mit Ermächtigung der (früheren) Gartenbau BG deren Beitragsansprüche zutreffend mit (weniger als der
Hälfte) der laufenden Regelaltersrente des Klägers verrechnet. Zu Recht sind die Beklagte und das SG davon ausgegangen, dass der Kläger nicht rechtshindernd nachgewiesen hat, dass er durch diese Verrechnung hilfebedürftig
im Sinne des SGB XII oder SGB II wird.
Es kann offenbleiben, wie genau der "Nachweis" im Sinne der Vorschrift zu erbringen ist, insbesondere ob und in welchem Umfang
der Kläger selbst Beweis führen muss (so zB KomGRV. Stand Oktober 2017. §
51 SGB I, 3.2 S.13 Mitte; Lilge.
SGB I. Kommentar. 4. Aufl. 2016, §
51 Rn 20; auch Senatsurteil vom 27.6.2017, L 18 KN 12/13) oder ob bei schlüssiger Darlegung die Amtsermittlungspflicht der Sozialleistungsträger und/oder der Gerichte zum Tragen
kommt (so wohl Siefert in: Kasseler Kommentar. Sozialversicherungsrecht. Stand Dezember 2017. § 51 Rn 19, der von einer "Obliegenheit
im Sinne einer verstärkten Mitwirkungspflicht" spricht). Es kann auch offenbleiben, ob und inwieweit die Einwendung überhaupt
für Deutsche, die im Ausland leben und - wie der Kläger, vgl dazu § 24 Abs 1 S 2 SGB XII - Leistungen wegen Hilfebedürftigkeit aus Deutschland nicht beanspruchen können, anwendbar ist. Dafür, dass die Vorschrift
in solchen Fällen nicht zur Anwendung kommt, könnte sprechen, dass nur von hilfebedürftig "im Sinne der Vorschriften des SGB XII oder des SGB II" die Rede ist (vgl dazu Senatsurteil vom 27.6.2017, L 18 KN 12/13).
Maßgeblich für die fehlende Erfolgsaussicht ist aber, dass die Einwendung des §
51 Abs
2 aE
SGB I gegen die Verrechnung dem Zweck dient, den ansonsten eintrittspflichtigen (jedenfalls: deutschen, u.U. auch ausländischen
s. o.) für Leistungen der Grundsicherung zuständigen Träger davor zu schützen, wegen der Verrechnung Leistungen an den Versicherten
erbringen zu müssen (juris-PK-SGB I/Pflüger, § 51 Rn 67). Die Einschränkung der Verrechnung dient dagegen nicht einem Mindestschutz
des Versicherten vor einer Kürzung seiner Sozialleistung durch Verrechnung (KomGRV. AaO. 3.3, S. 16 oben). Durch die Regelung
soll (nur) verhindert werden, dass - wirtschaftlich betrachtet - der eintrittspflichtige Sozialleistungsträger (auf Kosten
der Allgemeinheit) und nicht der Versicherte die Forderung tilgte. Die gesetzliche Wertung ist daher die Folgende: Nur in
einem Fall, in dem durch die Leistungskürzung qua Verrechnung ein (weitergehender) Anspruch auf eine Sozialleistung wegen
Hilfebedürftigkeit entstünde, soll es bei der (dann: vorrangigen) Leistungspflicht des ersuchten Sozialleistungsträgers verbleiben.
Ist ein Anspruch auf Leistungen wegen Hilfebedürftigkeit gar nicht entstanden, besteht kein Schutz des Versicherten gegen
die Leistungskürzung. Insbesondere besteht kein Schutz iS von Pfändungsgrenzen (Mrozynski.
SGB I. Kommentar. 5. Aufl. 2914, §
51 Rn 10). Damit räumt das Gesetz in Fällen wie dem vorliegenden der Realisierung von Beitragsforderungen absoluten Vorrang
vor dem Schutz des Leistungsberechtigten ein.
Nach Aktenlage und dem eigenen Vorbringen des Klägers besteht keine Schutzbedürftigkeit eines deutschen (oder auch spanischen)
Sozialleistungsträgers im aufgezeigten Sinne. Ein Anspruch des Klägers nach deutschem oder spanischem Recht bestand im streitigen
Zeitraum von Februar 2016 bis September 2017 offenbar nicht. Dies hat der Kläger mehrfach - auch unter Berufung auf ihm gegenüber
getätigte Äußerungen spanischer Behörden - betont. Wenn aber der Kläger ohnehin keinen Anspruch auf spanische Sozialhilfe
(Renta mínima de inserción) hatte, kann auch offenbleiben, ob die Vorschrift des §
51 Abs
2 Satz 1 2. Halbsatz
SGB I gegenüber einem ausländischen Sozialleistungsträger Schutzwirkung entfaltet (vgl dazu das o.g. Senatsurteil vom 27.6.2017).
Zur Abrundung weist der Senat darauf hin, dass - käme es darauf an - auch aus seiner Sicht der Nachweis nicht erbracht wäre,
das der Kläger durch die Verrechnung hilfebedürftig im Sinne des SGB XII oder SGB II wird. Der Senat hält den klägerischen Vortrag, er lebe in Spanien allein von seiner deutschen Regelaltersrente, nicht für
glaubhaft. Wenn er nämlich vor seinem Rentenbezug mit seiner (damaligen?) Lebensgefährtin in Spanien in etwa 10 Jahren zusammen
EUR 320.000 ausgegeben haben will, bedürfte es zumindest einer plausiblen Erklärung, welche Einkünfte bzw. Vermögenswerte
dem zugrunde lagen, die plötzlich mit Renteneintritt entfallen sind. Dazu macht der Kläger aber allenfalls vage, wenig überzeugende
Ausführungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a
SGG, 127 Abs 4
ZPO.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, §
177 SGG.