Tatbestand
Die Klägerin zu 1 ist die alleinerziehende Mutter der in den Jahren 2009 und 2010 geborenen Kläger zu 1 und 2. Die Kläger
begehren höhere Leistungen nach § 22 SGB II für Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum Dezember 2016 bis November 2017.
Seit 2010 beziehen die Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie bewohnten bis 30.4.2018 eine Wohnung L-Straße in Witten. Die Wohnung wurde mit Zusicherung des Beklagten vom 17.10.2010
im Oktober 2010 angemietet. Damals betrug die Bruttokaltmiete 566,15 EUR (415,00 EUR Grundmiete + 140,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung
+ 11,15 EUR Kabelanschluss).
Mit Schreiben vom 7.11.2013 forderte der Beklagte die Kläger zur Senkung ihrer Kosten für Unterkunft auf. Der Beklagte berief
sich auf den seit dem 1.10.2012 verwendeten Richtwert für einen 3-Personen-Haushalt von 360,00 EUR als Grundmiete zuzüglich
Betriebskosten in Höhe von 166,00 EUR (in Summe 526 EUR). Die Klägerin entgegnete, dass ihr aufgrund der Alleinerziehung ihrer
Kinder ein erhöhter Wohnraumbedarf zuzubilligen sei. Der Sohn besuche den örtlichen Kindergarten.
Seit Juni 2014 übernahm der Beklagte nicht mehr die tatsächlichen Unterkunftskosten, er legte der Ermittlung des Bedarfs nach
§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II die von ihm für zutreffend erachtete Angemessenheitsgrenze für einen 3-Personen-Haushalts zu Grunde. und berücksichtigte
zunächst nur noch eine Bruttokaltmiete von 526,00 EUR (Angemessenheitsgrenze für einen 3-Personen-Haushalt). Die tatsächliche
Bruttokaltmiete betrug zu diesem Zeitpunkt 616,43 EUR (455,00 EUR Grundmiete + 148 EUR Betriebskostenvorauszahlung + 13,43
EUR Kabelanschluss).
Die Kläger erhoben gegen die jeweiligen Bewilligungsbescheide Widersprüche, welche zu sozialgerichtlichen Verfahren führten.
Die Richtlinien hinsichtlich seiner Kosten für Unterkunft und Heizung passte der Beklagte zum 1.1.2016 an. Danach betrug für
einen 3-Personen Haushalt in der Stadt Witten die vom Beklagten als angemessen erachtete Bruttokaltmiete 541,00 EUR (400,00
EUR Kaltmiete zzgl. 141,00 EUR kalte Betriebskosten).
Mit Bescheid vom 7.11.2016 bewilligte der Beklagte den Klägern für die Monate Dezember 2016 bis November 2017 Leistungen in
Höhe von 1.130,44 EUR monatlich, davon Leistungen für Unterkunft i.H.v. 541,00 EUR monatlich und Heizkosten in tatsächlicher
Höhe (80,00 EUR). Die tatsächliche Bruttokaltmiete betrug ab August 2014 623,43 EUR (455,00 EUR Grundmiete + 155,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung
+ 13,43 EUR Kabelanschluss) und ab August 2017 639,43 EUR (455,00 EUR Grundmiete + 171,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung
+ 13,43 EUR Kabelanschluss).
Der Beklagte hat sich zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten des Konzepts der Firma Empirica bedient. Empirica
hatte zunächst im Jahr 2009 ein Konzept ("Herleitung von Mietobergrenzen für angemessene Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II und § 35 SGB XII nach einem schlüssigen Konzept im Ennepe Ruhr Kreis") für den Beklagten erstellt, welches sich auf alle Gemeinden des Zuständigkeitsbereichs
des Beklagten bezog. Datengrundlage war die empirica-Preisdatenbank. Im Jahr 2011 erfolgte eine Neufassung und am 6.9.2015
eine Aktualisierung (nachfolgend "Konzept 2016" genannt). Der Vergleichsraum "Nord I" umfasst das Gebiet der Stadt Witten.
Im Konzept 2016 hat die Firma Empirica das von ihr im Jahr 2009 entwickelte Konzept zur Ermittlung von angemessenen Unterkunftskosten
umgesetzt. Bei dem von der Firma Empirica erstellten Konzept handelt es sich um ein reines Angebotsmietenkonzept, da die Mietpreisstreuung
freier, zur Vermietung angebotener Wohnungen analysiert wird. Erhoben werden grundsätzlich die Mieten verfügbarer öffentlich
inserierter Wohnungen, wie sie in der empirica-Preisdatenbank erfasst werden. Bis Januar 2012 basierte die empirica-Preisdatenbank
auf Rohdaten (Basis) der IDN immoDaten GmbH, seitdem auf Rohdaten der VALUE-Marktdatenbank, die bis 2021 empirica-Systeme
Marktdatenbank hieß. Empirica bietet einem Auftraggeber die Option, weitere Datenquellen, etwa zu nicht öffentlich inserierten
Wohnungen, die am lokalen Markt eine Rolle spielen und ebenfalls von Bedarfsgemeinschaften angemietet werden können, hinzuzufügen.
Der Beklagte hat von dieser Option keinen Gebrauch gemacht.
Die sog. Empirica-Preisdatenbank enthält Kaufpreise und Mieten öffentlich inserierter Wohnungen, entnommen der Value-Marktdatenbank.
In letztere fließen täglich die Immobilienanzeigen aus mehr als 100 Quellen (Immobilienportale und Online-Seiten von Printmedien)
ein. Diese Immobilienanzeigen werden u.a. auf Angaben zur Lage, zum Immobilientyp, zur Fläche, zu Preisen, zur Qualität u.ä.
maschinell aufbereitet und analysiert (siehe dazu die Variablenübersicht, veröffentlicht unter https://analyst.value-marktdaten.de/rest/pdf/Variablen_Uebersicht_VALUE_Marktdaten.pdf).
Diese mit den einzelnen Mietbestandteilen (etwa Nettokaltmiete, kalte und warme Nebenkosten) erfassten Wohnungsangebote können
aus der Datenbank nach zeitlichen, räumlichen und inhaltlichen Vorgaben gefiltert ausgewertet werden und bilden sodann die
sog. Empirica-Preisdatenbank. Durch eine automatisch ablaufende Freitextanalyse der Anbieterangaben werden unplausibele Erfassungen,
wie z. B. Gewerberäume, die fälschlicherweise in die Kategorie "Wohnungen" einsortiert sind, untypische große/kleine Wohnflächen,
untypische hohe Mieten, herausgefiltert. Zum Zwecke der Wohnungsmarktbeobachtung können Angebote in Wohngemeinschaften, Angebote
zu Wohnen auf Zeit inklusive Ferienwohnungen sowie Wohnungsangebote mit ausschließlicher Angabe der Warmmiete herausgefiltert
werden.
Zur Vermeidung von saisonbedingten Schwankungen im Wohnungsangebot legte die Firma Empirica bei der Erstellung des Konzepts
2016 der Datenerhebung und -auswertung die inserierten Wohnungsangebote von acht Quartalen zu Grunde. Dabei wurde eine mehrfache
Erfassung von Mietangebote durch eine Dopplerbereinigung vermieden und die Mietangebote nur einmal zu dem im jeweils betrachteten
Zeitraum zuletzt genannten Preis in die Datenbank aufgenommen.
Zur Einschätzung des Preisniveaus einer angemessenen Wohnung geht Empirica von dem abstrakt angemessenen Flächenwert aus -
vorliegend 80 m² - und wertet die Wohnungsangebote mit einer Bandbreite von +/-10 m² um den vorgegebenen Wert aus (vgl. Konzept
2016 S. 4). Die Bildung der sog. Wohngrößenklassen, also das Abstellen auf das Preisspektrum aller Wohnungen mit Größen +/-10
m² um die jeweilige Quadratmeterzahl, soll verhindern, dass statistische Verzerrungen entstehen.
Gegen die Höhe der bewilligten Unterkunftskosten für die Zeit ab Dezember 2016 legten die Kläger Widerspruch ein mit der Begründung,
wegen der Alleinerziehung stünden ihnen 15 qm mehr Wohnfläche im Rahmen der Berechnung zu. Sie erreichten damit "die Nichtbearbeitungsgrenze
von 10 %", sodass die komplette Miete zu übernehmen sei.
Mit Änderungsbescheid vom 22.12.2016 setzte der Beklagte die Regelbedarfsanpassung zum 1.1.2017 um, die Kläger erhielten nunmehr
monatlich 1.375,24 EUR bewilligt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2017 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 7.11.2016 als
unbegründet zurück und verwies auf seine Begründung aus den früheren Widerspruchsverfahren.
Am 21.4.2017 haben die Kläger bei dem Sozialgericht Dortmund Klage gegen den Bescheid vom 7.11.2016 erhoben und weiter die
Auffassung vertreten, dass aufgrund der Alleinerziehung ein erhöhter Wohnraumbedarf bestünde. Der Kläger zu 2 sei krank und
daher auf ein eigenes Zimmer angewiesen. Er leide an Morbus Perthes in der rechten Hüfte und besitze einen bis Juni 2017 befristeten
Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen G. Insgesamt würden 4 Zimmer benötigt. Eine entsprechende Wohnung sei zu den Angemessenheitswerten
des Beklagten nicht zu erhalten. Die von der Firma Empirica gefertigte Studie entspreche nicht den Anforderungen des Bundessozialgerichts
an ein schlüssiges Konzept.
Der Beklagte hielt sein angewendetes Konzept zur Ermittlung der Angemessenheitswerte für die für die Stadt Witten zu übernehmenden
Kosten für Unterkunft für schlüssig. Die Kläger hätten keine wesentlichen Gründe vorgetragen, die zur Unzumutbarkeit eines
Umzuges führen könnten.
Anfang Juli 2017 reichte die Klägerin zu 1) bei dem Beklagten die Heizkostenabrechnung für den Zeitraum Dezember 2015 bis
Dezember 2016 ein. Daraus ergab sich eine Nachzahlung in Höhe von 108,97 EUR. Am 10.7.2017 reichte die Klägerin zu 1 die Betriebskostenabrechnung
für das Jahr 2016 ein. Daraus ergab sich eine Nachforderung in Höhe von 146,43 EUR, welche mit der Augustmiete fällig wurde.
Mit Änderungsbescheid vom 28.7.2017 erhielten die Kläger für den Monat Juli 2017 weitere Kosten für Heizung in Höhe von 108,97
EUR bewilligt. Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag lehnte der Beklagte die Übernahme der Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung
mit der Begründung ab, der Höchstbetrag der übernahmefähigen Kosten der Unterkunft sei bereits von den Klägern ausgeschöpft.
Auch gegen diesen Bescheid legten die Kläger Widerspruch ein, welcher mit Bescheid vom 24.8.2017 als unbegründet zurückgewiesen
wurde. Hiergegen haben die Kläger am 22.9.2017 Klage erhoben (Az. SG Dortmund, S 33 AS 4595/17).
Mit Änderungsbescheid vom 22.8.2017 änderte der Beklagte die Zahlungsmodalitäten in den Monaten September bis November 2017
ab, ohne die Höhe der Bewilligung abzuändern.
Die o.g. Verfahren vor dem Sozialgericht zu den vorangegangenen Zeiträumen wurden - einschließlich des Verfahrens SG Dortmund,
S 33 AS 4595/17 - erstinstanzlich durch Vergleich, Anerkenntnis oder Rücknahme erledigt.
Zum 1.5.2018 zogen die Käger in eine nach den Maßstäben des Beklagten angemessene 81 m² große Vier-Zimmer-Wohnung.
Mit Urteil vom 20.8.2018 hat das Sozialgericht Dortmund die Klage abgewiesen.
Die Bruttokaltmiete der Kläger i.H.v. 623,43 EUR bzw. 639,43 EUR ab August 2017 sei abstrakt unangemessen. Der von dem Beklagten
verwendete Wert von 541,00 EUR für die abstrakt angemessene Grundmiete eines 3-Personen-Haushaltes sei nicht zu beanstanden.
Für einen 3-Personen-Haushalt in Nordrhein-Westfalen sei der Berechnung eine Wohnfläche von 80 qm zu Grunde zu legen. Aufgrund
des Status der Klägerin zu 1 als Alleinerziehende könne abstrakt kein höherer Wohnraumbedarf berücksichtigt werden. Persönliche
Lebensumstände seien allein bei der Frage zu prüfen, ob dem Leistungsberechtigten, dessen individuelle Kosten im Einzelfall
die abstrakten Angemessenheitsgrenzen überschreiten, ein Umzug in eine kostenangemessene Wohnung konkret möglich und zumutbar
sei.
Das im Auftrag des kommunalen Trägers des Beklagten, dem Ennepe Ruhr Kreis, erstellte 51 Seiten umfassende Konzept "Zur Herleitung
von Mietobergrenzen für angemessene Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II/§ 35 SGB XII im Kreis Ennepe Ruhr" (erstellt am 6.9.2015) entspreche den Anforderungen, welche das Bundessozialgericht an die Schlüssigkeit
der Ermittlung einer Angemessenheitsgrenze stelle.
Die Wohnung der Kläger sei auch konkret unangemessen. Die Kläger seien mit ausreichender Frist zu einer Kostensenkung aufgefordert
worden. Die Kosten seien auch im Hinblick auf die besondere Situation der Klägerin zu 1 als Alleinerziehende konkret unangemessen.
Den Vortrag der Klägerin zu 1, dass ihr ein eigenes Zimmer zustehe, da ansonsten der Zusammenhalt der Familie gefährdet sei,
hielt die Kammer für zu pauschal und unbestimmt. Auch in einer 3- oder 3,5-Zimmerwohnung sei es möglich, sich einen eigenen
privaten Bereich zu schaffen. Darüber hinaus sei es bereits nicht ersichtlich, dass eine Wohnung mit vier Zimmern zu dem von
dem Beklagten angenommenen Angemessenheitswert nicht verfügbar wäre. Zu einer Umzugsunfähigkeit wegen fehlender Kinderbetreuung
oder aufgrund der Erkrankung des Klägers zu 2 hätten die Kläger nicht weiter vorgetragen.
Gegen das Urteil vom 20.8.2018 hat der Bevollmächtigte der Kläger am 28.9.2018 bei dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
Berufung eingelegt.
Zur Begründung der Berufung weisen die Kläger darauf hin, dass unklar sei, wie die Firma Empirica die von ihr verarbeiteten
Daten tatsächlich erhoben habe. Alles deute darauf hin, dass die Daten von der empirica-systeme GmbH erhoben worden seien,
Gutachtenerstellerin sei die Empirica AG. Die empirica-systeme GmbH sei seit Dezember 2012 mehrfach ausgegliedert, verkauft
bzw. verschmolzen worden, seit Dezember 2019 mit der Value AG, welche in das Konzernnetzwerk der Hypoport AG integriert sei.
Es sei ein deutlich breites Geflecht unterschiedlichster Firmen "konstruiert worden", in welchem die beauftragte Empirica
AG keine Möglichkeit habe, auf die Datenerhebung tatsächlich Einfluss zu nehmen, geschweige denn, die beteiligten Unternehmen
zu kontrollieren. Da eine Kontrolle der Daten nicht gewährleistet sei, seien die Daten nicht verwertbar.
Auf der Stufe der konkreten Angemessenheit müsse berücksichtigt werden, dass die Alleinerziehung den betroffenen Elternteil
vor große Herausforderungen stelle. Dies sei nicht nur eine physische, sondern auch eine psychische Belastung. Bei einer zu
geringen Wohnungsgröße fehle in der Familie regelmäßig der Raum zum Rückzug. Regelmäßig gebe der alleinerziehende Elternteil
zugunsten seiner Kinder einen eigenen Raum auf.
Über den Beklagten hat der Senat im Februar 2021 mehrere Fragen an die Empirica AG gestellt, welche mit Schreiben vom 23.2.2021
beantwortet wurden. In diesem Zusammenhang wurden weitere Dokumente, unter anderem Qualitätsstandards der empirica-systeme
Marktdatenbank übersandt; Aussteller ist hier die empirica-systeme GmbH.
Die Kläger halten die Antworten für unzureichend bzw. ausweichend. Nach ihrer Auffassung könne ein Konzept, welches auf den
Dienstleister Empirica zurückgreife, keinen Bestand haben.
Als Quelle für die Datenerhebung sei die empirica Marktdatenbank genannt worden, nicht aber die Frage beantwortet worden,
aus welchen Quellen sich diese Datenbank speise. Der Dienstleister des Beklagten bediene sich im Ergebnis eines weiteren Dienstleisters,
der Teil eines Konzerns sei, welcher - so die Kläger - ausweislich seines Internetauftritts "einseitig die Interessen der
Vermieter vertrete". Die empirica AG habe bestätigt, dass der Wohnungsmarkt nicht repräsentativ abgebildet werde, sondern
nur der Wohnungsmarkt öffentlich inserierter Wohnungen. Auch die von dem Gericht gestellten Fragen, ob die Gefahr bestünde,
dass professionelle Vermieter überproportional häufig ausgewertet würden, sei unzureichend beantwortet worden. Die Kläger
begründen auch dies mit der Auffassung, dass der die Daten erhebende Dienstleister in einen Konzern eingebunden sei, welcher
auf der Seite gewerblicher Vermieter stehe. Auf diese Weise könne Einfluss zugunsten der Vermieter genommen werden. Auch soweit
das Konzept bereits Gegenstand der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gewesen sei, könne dies nicht gegen diese Bedenken
ins Feld geführt werden. Das BSG habe in der Entscheidung B 4 AS 22/20 R nur entschieden, dass es nicht zu beanstanden sei, wenn lediglich Angebotsmieten in die Betrachtung einfließen würden.
Tatsächlich würden aber gerade nicht sämtliche Angebotsmieten berücksichtigt, sondern lediglich die öffentlich inserierten,
wie es der Dienstleister des Beklagten dargestellt habe.
Die Kläger sind der Auffassung, die persönliche Situation, dass die Klägerin zu 1 alleinerziehend ist, sei "auf der Ebene
der konkreten Angemessenheit", dort aber abstrakt, unabhängig von den ganz individuellen Wohn- und Lebensumständen, zu berücksichtigen.
Die angemessenen Kosten der Unterkunft seien von der Zahl der Köpfe abhängig; Partner würden aber kaum mehr Fläche benötigen
als Alleinstehende. Die Alleinerziehung sei regelmäßig mit einer hohen psychischen Belastung verbunden. Für den alleinerziehenden
Elternteil müssten Rückzugsmöglichkeiten bestehen. Partnern würden diese - im Ergebnis - zugestanden.
Der Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG Nordrhein-Westfalen am 26.11.2021 den Anspruch der Kläger
zum Teil anerkannt und sich bereit erklärt, weitere Betriebskosten für den streitigen Zeitraum von Dezember 2016 bis November
2017 in Höhe von 230,40 EUR zu gewähren; die Kläger haben dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.8.2018 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 7.11.2016
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.3.2017 zu verurteilen, den Klägern weitere Bedarfe für Unterkunft für die Monate
Dezember 2016 bis November 2017 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten
des Beklagten Bezug genommen, diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist statthaft (§
143 SGG) und auch im Übrigen zulässig (§§
144,
151 SGG). Der Berufungsstreitwert i.H.v. 750 EUR (§
144 Abs.
1 Nr.
1 SGG) ist überschritten, da hier für 12 Monate eine Differenz zwischen tatsächlichen und bewilligten Kosten der Unterkunft in
Höhe von 82,43 bzw. 98,43 EUR monatlich geltend gemacht wird. Die Berufung ist allerdings - nach dem angenommenen Teilanerkenntnis
- nicht begründet.
A) Die Änderungsbescheide vom 22.12.2016 und 22.8.2017 sind nicht gemäß §
86 oder §
96 SGG Gegenstand des Klage- bzw. Widerspruchsverfahrens geworden, da sie keine Regelung hinsichtlich der Kosten der Unterkunft
enthalten. Mit dem Bescheid vom 22.12.2016 erfolgte die Anhebung der Regelsätze aufgrund der gesetzlichen Anpassung. Gegenstand
eines solchen Änderungsbescheides ist allein die Erhöhung der Regelleistung als eigenständige Regelung i.S.d. § 31 SGB X. Soweit der Änderungsbescheid auch Angaben zu den bewilligten Kosten der Unterkunft oder Heizung enthält, handelt es sich
dabei um eine bloße Wiederholung der mit dem Ausgangsbescheid getroffenen Feststellungen. Der Beklagte will sich erkennbar
auf die Bindungswirkung des Erstbescheides stützen (siehe zu dieser sog. wiederholenden Verfügung etwa: Luthe in: Schlegel/Voelzke
-Hrsg.-, jurisPK-SGB X, 2017, § 31 Rn. 44). Die Berücksichtigung einer höheren Regelleistung erfolgt für eine Vielzahl von Verfahren, ohne dass hinsichtlich
der übrigen Komponenten (Mehrbedarfe, Einkommen, Kosten der Unterkunft und Heizung) eine Überprüfung stattfindet. Entsprechendes
gilt hinsichtlich des Bescheides vom 22.8.2017, mit welchem lediglich eine Änderung des Zahlungsweges erfolgte.
B) Ein Anspruch der Kläger auf höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II besteht für den streitgegenständlichen Zeitraum Dezember 2016 bis November 2017 nicht. Demnach werden die Bedarfe für Unterkunft
und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Die Prüfung der Angemessenheit
des Bedarfs für die Unterkunft und der des Bedarfs für die Heizung haben grundsätzlich getrennt voneinander zu erfolgen, wobei
zwischen den Beteiligten allein die Angemessenheit des Bedarfs für die Unterkunft streitig ist. Die Kläger schuldeten mietvertraglich
für ihre ca. 80 m² große Wohnung an Unterkunftskosten ohne Heizkosten eine Brutto-Kaltmiete von 624,43 EUR bzw. ab August
2017 von 639,43 EUR.
Die - mit Abgabe des Teilanerkenntnisses - erfolgte Festsetzung der angemessenen Bruttokaltmiete für einen Drei-Personen-Haushalt
auf einen Betrag von 560,20 EUR (541 € zuzüglich aus dem Teilnahmeanerkenntnis 230,40 €/12) in dem streitgegenständlichen
Zeitraum in dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten ist rechtmäßig. Er basiert für die streitgegenständliche Zeit insbesondere
auf einem schlüssigen Konzept.
Bei dem entscheidenden gesetzlichen Tatbestandsmerkmal der "Angemessenheit" i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff (st. Rechtsprechung, Nachweise etwa bei BSG, 30.1.2019 - B 14 AS 11/18 R -, Rn. 15). Die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe durch die Verwaltung ist grundsätzlich gerichtlich voll überprüfbar
und die Angemessenheit nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ebenfalls (BSG a.a.O., Rn. 17). Die Ermittlung des angemessenen Umfangs der Aufwendungen für die Unterkunft hat in zwei größeren Schritten
zu erfolgen: Zunächst sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten
Betriebskosten (= Bruttokaltmiete), zu ermitteln (dazu I.). Dann ist die konkrete (= subjektive) Angemessenheit dieser Aufwendungen
im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen,
einschließlich eines Umzugs, zu prüfen (dazu II.). Auf den Bestandsschutz des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II können sich die Kläger nicht berufen (dazu III.).
I. Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen hat unter Anwendung der Produkttheorie ("Wohnungsgröße in Quadratmeter
multipliziert mit dem Quadratmeterpreis") in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen.
Das Bundessozialgericht fasst seine bisherige Rechtsprechung zur Bestimmung des maßgeblichen Quadratmeterpreises in den folgenden
vier "Ermittlungsstufen" zusammen und "konkretisiert" diese (dazu BSG, 30.1.2019 - B 14 AS 11/18 R -, Rn. 19; 30.1.2019 - B 14 AS 24/28 R -, Rn. 20): (1) Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigten Personen; (2) Bestimmung
des angemessenen Wohnungsstandards, (3) Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum
für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung nach einem schlüssigen Konzept; (4) Einbeziehung der kalten Betriebskosten.
1. Als (rechnerisch) maßgebliche angemessene Wohnfläche im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist in Nordrhein-Westfalen ab dem 1.1.2010 auf die Werte der Nr. 8.2 der Wohnraumnutzungsbestimmungen - WNB (Runderlasses
des Ministeriums für Bauen und Verkehr zum Vollzug der Teile 4 bis 6 des WBFG NW 2009 vom 12.12.2009, MBl NRW 2010, 1) zurückzugreifen;
daher beträgt die Wohnflächengrenze für Drei-Personenhaushalte für streitige Zeiträume ab 1.1.2010 80 m² (Herleitung dazu
bei BSG, 16.5.2012 - B 4 AS 109/11 R -, Rn. 18). Wie das Sozialgericht zutreffend in seinem Urteil dargelegt hat, finden besondere Lebensumstände - wie etwa
vorliegend die Tatsache, dass die Klägerin zu alleinerziehend ist - im Rahmen dieser Ermittlungsstufe noch keine Berücksichtigung.
Das Bundessozialgericht hat bereits entscheiden, dass auf der Ebene der abstrakten Angemessenheit bei der Bestimmung aller
drei für die abstrakte Angemessenheit maßgeblichen Faktoren (abstrakt angemessene Wohnfläche, maßgeblicher Vergleichsraum
und abstrakt angemessener, im Quadratmeterpreis ausgedrückter Wohnungsstandard) persönliche Lebensumstände des Hilfebedürftigen,
auch wenn sie für bestimmte Personengruppen typisch sein mögen, nicht einzubeziehen sind. Bedarfslagen, die auf personenbezogenen
Umständen gründen, könne bei der konkreten Angemessenheitsprüfung sachgerecht Rechnung getragen werden (BSG, 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R -, Rn. 20).
2. Nach der zusammenfassenden und konkretisierenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wäre nach Bestimmung der Wohnungsgröße
in einer nächsten "Stufe" an sich der angemessene Wohnungsstandard "zu bestimmen" (so in den beiden Entscheidungen vom 30.1.2019
und in ständiger Rechtsprechung zuvor, so 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R -, Rn. 13; 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R -, Rn. 13; 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R -, Rn. 21); das Bundessozialgericht ermittelt aber unmittelbar den - der dritten "Stufe" zugeordneten - maßgeblichen Vergleichsraum
(siehe dazu in den genannten Entscheidungen vom 30.1.2019 die der Aufzählung der Ermittlungsschritte jeweils unmittelbar nachfolgende
Randnummer 20 bzw. 21). Methodisch überzeugt dies (nur) dann, wenn der angemessene Wohnungsstandard von dem Vergleichsraum
abhängt, mithin regional unterschiedlich ist (in diesem Sinne wohl BSG, 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -, Rn. 23, wonach jeweils die konkreten örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen
seien, wobei sich dieses möglicherweise auch nur auf den Mietpreis bezieht).
Der Vergleichsraum ist der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert zu ermitteln ist,
innerhalb dessen einer leistungsberechtigten Person ein Umzug zur Kostensenkung grundsätzlich zumutbar ist und ein nicht erforderlicher
Umzug nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II zu einer Deckelung der Aufwendungen auf die bisherigen Aufwendungen führt. Der Vergleichsraum ist ein ausgehend vom Wohnort
der leistungsberechtigten Person bestimmter ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur
und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet.
Hier ist örtlicher Vergleichsraum die Stadt Witten. Nach der auch für schlüssige Konzepte im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II entsprechend anzuwendenden gesetzgeberischen Vorgabe in § 22b Abs. 1 Satz 4 SGB II bildet das Zuständigkeitsgebiet eines Jobcenters zunächst einen Vergleichsraum, der indes aufgrund der örtlichen Gegebenheiten
in mehrere Vergleichsräume zu unterteilen sein kann, für die jeweils eigene Angemessenheitswerte bestimmt werden können (BSG 30.1.2019 - B 14 AS 24/18 R -, Rn. 23). So liegt es hier. Das Gebiet der Stadt Witten ist ein solch homogener Lebens- und Wohnbereich. Bei der Stadt
Witten handelt es sich um eine Große Mittelstadt (mit rund 98.000 Einwohnern in 52.000 Haushalten (vgl. Wohnungsmarktbericht
der Stadt Witten 2013, https://www.witten.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/sta50/Wohnungsmarktbericht_2013.pdf). Sie liegt
im südlichen Ruhrgebiet und grenzt an die Großstädte Bochum und Dortmund an. Die überregionale Anbindung erfolgt über die
Autobahnen A 1, A 43 und A 44. Eine Unterteilung des Stadtgebietes in weitere Vergleichsräume ist nicht geboten. Bloße Orts-
oder Stadtteile/-bezirke sollen nach der Rechtsprechung des Bundesozialgerichts, insbesondere um einer "Ghettoisierung" vorzubeugen,
keine Vergleichsräume bilden, die Grenzen eines Vergleichsraums sind weit zu ziehen (BSG, 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R -). Buslinien innerhalb der Stadt Witten gewähren eine gute Erreichbarkeit der Stadtteile und des Umlandes.
3) Jedenfalls nachdem der maßgebliche Vergleichsraum feststeht, ist der angemessene Wohnungsstandard zu bestimmen. Ausgehend
von der Entscheidung des BSG vom 7.11.2006 (B 7b AS 18/06 R) ist der Standard einer Wohnung angemessen, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden
Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist (a.a.O, Rn. 20). Welche konkrete Ausstattung, Lage und Bausubstanz
"einfach und grundlegend" ist, hat das BSG trotz der großen Zahl der diesen Obersatz enthaltenden Entscheidungen nur vereinzelt beschrieben (so in BSG, 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R -, Rn. 29 ff.: Durchschnittswert für Wohnungen, die 20 Jahre und älter sind, sei nicht zu beanstanden, ob überwiegend einfache
Ausstattung ausreiche, könne dahinstehen; 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R -, Rn. 31: Wohnungen mit Ofenheizung, ohne Dusche oder Wanne seien nicht ausreichend; 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R -, Rn. 32: durchschnittliche Ausstattung in einfacher Wohnlage, schlecht ausgestattete Wohnung in einer bevorzugten, einfachen
Wohnlage und gut ausgestattete Wohnung in sehr einfacher Wohnlage dürfte ausreichend sein; 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R -, Rn. 25; Baujahr älter als 30 Jahre, Mehrfamilienhaus, normale Art und Beschaffenheit, mit durchschnittlicher Wohnungsausstattung
jedenfalls ausreichend).
Dies mag darin begründet sein, dass nach der weiteren Rechtsprechung, anders als die genannten Obersätze es nahelegen, nicht
ein einfacher und grundlegender Standard zu "bestimmen" und sodann der Mietpreis dafür zu "ermitteln" ist, sondern durch den
Grundsicherungsträger ein schlüssiges Konzept "zum Wohnungsstandard" (so BSG, 19.3.2008 - B 11b AS 41/06 R -, Rn. 23) vorzulegen sein soll. Die zweite "Stufe" des Vorgehens ginge so in der dritten "Stufe" auf (anders noch BSG, 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R -, Rn. 17 und 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R -, Rn. 16, wonach "ausgehend" von einer hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden
Bedürfnissen genügenden Wohnung der angemessene Quadratmeterpreis zu ermitteln war). Die Ausführungen des Bundessozialgerichts
in den Entscheidungen vom 30.1.2019 deuten darauf hin, dass bereits der Mietpreis als Indikator für den Wohnungsstandard angesehen
werden und daher eine beschreibende "Bestimmung" des Wohnungsstandards unterbleiben kann (siehe etwa B 14 AS 11/18 R, Rn. 19, wo nach Hinweis auf das Erfordernis der Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards sodann Ausführungen zur
"Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete" erfolgen; ebenso B 14 AS 24/18 R, Rn. 20 ff.; in diese Richtung auch die Formulierung in BSG, 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R -, Rn. 20, wonach der "im Quadratmeterpreis ausgedrückte Wohnungsstandard" zu bestimmen sei).
So ist der Beklagte hier vorgegangen. Für die Bestimmung des angemessenen Segmentes des Wohnungsmarktes sieht das von der
Firma Empirica erstellte Konzept keine wissenschaftlich-statistische Methodik vor. Der kommunale Träger hat zur Abgrenzung
des unteren Wohnungsmarktsegmentes einen Richtwert von 33% für jede Wohnungsgrößenklasse und in jedem Vergleichsraum, also
das untere Wohnungsmarktdrittel aller verfügbaren Wohnungen, als angemessen festgelegt. Das ist nicht zu beanstanden (siehe
dazu unten unter 4a).
4) Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in den genannten Entscheidungen vom 30.1.2019 ist nunmehr die für eine
nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung aufzuwendende Kaltmiete nach einem schlüssigen Konzept zu "ermitteln".
Das schlüssige Konzept soll die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum
dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird. Schlüssig ist ein Konzept, wenn es neben
rechtlichen zudem bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist. Dies erfordert trotz Methodenvielfalt
insbesondere eine Definition der untersuchten Wohnungen nach Größe und Standard, Angaben über die Art und Weise der Datenerhebung,
Angaben über den Zeitraum, auf den sich die Datenerhebung bezieht, Repräsentativität und Validität der Datenerhebung, Einhaltung
anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze bei der Datenauswertung, Vermeidung von "Brennpunkten" durch soziale Segregation
sowie eine Begründung, in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten dargelegt wird.
Das methodische Vorgehen des Beklagten genügt der gesetzlichen Vorgabe ("angemessen") in der Ausgestaltung, welches dieses
Wort durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gefunden hat.
a) Der Beklagte hat eine zutreffende Definition von Größe und Standard vorgenommen. Hinsichtlich der maßgeblichen Größe wird
auf die obigen Ausführungen verwiesen. Die Definition des Standards über die unteren 33% des Wohnungsmarktes ist angesichts
der dem Grundsicherungsträger bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze eingeräumten Methodenfreiheit nicht zu beanstanden.
Das Bundessozialgericht hat - zu einem ebenfalls von Empirica erstellten Konzept - festgestellt: "Revisionsrechtlich nicht
zu beanstanden ist auch die Würdigung des LSG, dass ein Anteil von 33 Prozent an allen erfassten Angebotsmieten ausreichend
ist, um das untere Segment des Wohnungsmarktes abzubilden, ohne dass der Senat damit aussprechen würde, dass ein Anteil von
33 Prozent zwingend wäre" (BSG, 17.9.2020 - B 4 AS 22/20 R -, Rn. 37; LSG Baden-Württemberg, 22.4.2021 - L 7 AS 4054/18 -, Rn. 47; 25% wurden etwa für ausreichend erachtet bei: LSG Nordrhein-Westfalen, 12.10.2017 - L 19 AS 502/16 -, Rn. 78). Zudem hat die Firma Empirica unter Zugrundelegung dieser Richtwertes noch eine stichprobenartige Plausibilitäts-
und Qualitätsprüfung vorgenommen.
b) Der Beklagte kann sich mit dem Vorgehen der Firma Empirica auf eine ausreichende Datengrundlage beziehen (1). Dem steht
zur Überzeugung des Senats auch nicht entgegen, dass die Rohdaten nicht durch den Beklagten oder Empirica selbst oder ein
beherrschtes Unternehmen erhoben wurden (2).
(1) Ausreichend ist es zunächst, dass das Konzept hinsichtlich der Nettokaltmiete lediglich auf Angebotsmieten beruht. Bei
der Prüfung des Angemessenheitsbegriffs ist im auf eine höhere Leistungsgewährung gerichteten subjektivrechtlichen Rechtsschutzverfahren
letztlich entscheidend, ob der jeweilige Kläger im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anmieten kann. Insofern
können Angebotsmietenkonzepte ein geeignetes Verfahren darstellen, um ein wohnungsbezogenes Existenzminimum zu ermitteln,
auch wenn keine Bestandsmieten erhoben werden, weil und sofern sich hieraus valide Aussagen über die Anmietbarkeit von Wohnraum
für Grundsicherungsleistungsbezieher ergeben. Eine Pflicht zur Berücksichtigung von Bestandsmieten ließe sich auch mit der
vom BSG anerkannten Methodenvielfalt bei der Erstellung schlüssiger Konzepte nicht vereinbaren (zum Gesamten mit weiteren Nachweisen
BSG, 17.9.2020 - B 4 AS 22/20 R -, Rn. 31; ausführlich zu dem auch von dem Beklagten verwendeten Konzept LSG Nordrhein-Westfalen, 12.10.2017 - L 19 AS 502/16 -, Rn.81 ff.; ebenso 5.12.2019 - L 7 AS 1764/18 -, Rn.34 ff.; 28.5.2020 - L 6 AS 833/17 -, Rn. 50 ff.).
Die einzelnen Phasen der Datenerhebung und -auswertung sind ausreichend dokumentiert und nachvollziehbar erläutert. Beobachtungsgegenstand
waren die in der Empirica-Preisdatenbank (Basis Value-Marktdatenbank) erfassten öffentlich inserierten Mietwohnungsangebote
betreffend die Grundmiete. Auch die Erfassung der Rohdaten in der Value-Marktdatenbank ist ausreichend dokumentiert.
(2) Die Rechtsauffassung der Kläger, bereits die ursprüngliche Basis-Datenerhebung - also die Beschaffung der Rohdaten - müsse
durch den Konzeptersteller oder einen Dienstleister, auf welchen dieser unmittelbar Einfluss nehmen kann, erfolgen, wird in
der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht geteilt. Diese Anforderung wird von den Klägern auch lediglich behauptet,
also weder dargelegt noch begründet. Selbstverständlich muss die Datenerhebung repräsentativ und valide sein. Warum dies bei
den Rohdaten der Value-Marktdatenbank (vormals empirica-systeme) nicht der Fall sein soll, ist nicht erkennbar. Das Vorgehen
von Empirica beruhte von Anfang an darauf, auf eine Rohdatenbasis zurückzugreifen (ursprünglich der IDN ImmoDaten GmbH, ab
2012 der Value Marktdatenbank) und nicht darauf, auch die Rohdaten selbst zu erfassen. Dieses (unveränderte) Vorgehen war
Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Entscheidungen (BSG, 17.9.2020 - B 4 AS 22/20 R -; LSG Nordrhein-Westfalen, 12.10.2017 - L 19 AS 502/16 -; 5.12.2019 - L 7 AS 1764/18 -; 28.5.2020 - L 6 AS 833/17 -; LSG Baden-Württemberg, 22.4.2021 - L 7 AS 4054/18 -).
Die Zweifel an der Repräsentativität der Rohdaten werden durch die Kläger nicht objektiv begründet. Zunächst ist für den Senat
nicht recht nachvollziehbar, was die Kläger unter ihrer Aussage verstehen, die Value AG vertrete die "Interessen der Vermieter".
Es handelt sich bei dem Unternehmen nicht um einen Interessenverband, sondern um einen Dienstleister. Dieser sieht, das legt
der Internetauftritt tatsächlich nahe, die Wohnungswirtschaft, Banken und Versicherung als seine Kunden. Das Interesse dieser
Kunden müsste es - dem Gedanken der Kläger folgend - sein, nicht objektive, sondern in gewisser Weise veränderte Daten zu
erhalten. Die Kläger erläutern nicht, warum dies der Fall sein und, warum dieses Geschäftsmodell von der Value AG verfolgt
werden sollte. Ein solches Geschäftsmodell erklärt sich auch keinesfalls selbst.
Der Konzeptersteller, hier Empirica, steht in einem Auftragsverhältnis zu dem Beklagten. Ergänzend weist der Senat darauf
hin, dass die Gefahr einer Einflussnahme auf die Rohdatenerhebung größer - und nicht wie die Kläger meinen: kleiner - wäre,
wenn dieser die Rohdaten selbst erhebt.
Diesen Mutmaßungen der Kläger "ins Blaue hinein" musste der Senat - ohne konkrete oder zumindest nachvollziehbare Anhaltspunkte
- daher nicht durch weitere Ermittlungen nachgehen. Einer ins Einzelne gehenden Überprüfung bestimmter Detailfragen, worunter
auch Einzelheiten der Repräsentativität und Validität der dem konkreten Konzept zugrunde gelegten Daten zu fassen sind, bedarf
es erst dann, wenn fundierte Einwände erhoben werden, die insbesondere über ein Bestreiten der Stimmigkeit bestimmter Daten
hinausgehen müssen (BSG, 17.9.2020 - B 4 AS 22/20 R -, Rn. 30). Daran fehlt es vollständig.
c) Der Gegenstand der Beobachtung ist hinreichend definiert. Beobachtungsgegenstand waren bei dem Konzept 2016 die in der
Empirica-Preisdatenbank erfassten öffentlich inserierten Mietwohnungsangebote betreffend die Grundmiete in den Quartalen III/2013
bis II/2015 (rund 9.400 Mietwohnungsangebote, davon auf den Vergleichsraum Nord I = Witten 2.730 Angebote). In der Empirica-
Preisdatenbank waren u.a. Mietangebote, die in Immobilienscout 24, Immonet, Immowelt, Immopool, Kalayado, und in der Rheinischen
Post veröffentlichet waren, erfasst. Insoweit sind überregionale wie auch regionale inserierte Wohnungsangebote enthalten.
Es ist nicht zu beanstanden, dass für den hier streitgegenständlichen Zeitraum Dezember 2016 bis November 2017 Rohdaten aus
den Quartalen III/2013 bis II/2015 zu Grunde gelegt werden. Es liegt in der Natur eines Konzeptes, dass keine aktuellen Werte
zu Grunde gelegt werden können (BSG, 17.9.2020 - B 4 AS 22/20 R -, Rn. 35). Die Alterung des Datenbestandes ist vertretbar; der vom Bundessozialgericht geforderte enge zeitliche Zusammenhang
mit dem Ende der Datenerhebung und -auswertung (BSG, 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R -, Rn. 18) ist hier - Ende des Erhebungszeitraumes Juni 2015, Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums Januar 2016 -
gegeben. Es sind zudem keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass nach dem 2. Quartal 2015 eine gravierende Änderung des
Mietwohnungsmarktes in der Stadt Witten eingetreten ist. Dies zeigt sich auch in der Aktualisierung des Konzeptes 2018, die
zwar eine Steigerung des Mietenniveaus (5% für ca. 80qm große Wohnungen, siehe Konzept 2018, Abbildung 35), aber keine gravierende
Steigerung erkennen lässt.
d) Die Datenerhebung war auch repräsentativ und valide.
Die Kläger weisen zu Recht darauf hin, dass sich die Repräsentativität zunächst nur auf Angebotsmieten und sodann nur auf
solche aus öffentlichen Inseraten bezieht. Ein Abstellen (allein) auf Angebotsmieten ist ausreichend (siehe dazu BSG, 17.9.2020 - B 4 AS 22/20 R -, Rn. 31) und wird auch von den Klägern nicht grundsätzlich in Abrede gestellt. Der Senat hat keine Zweifel, dass durch
die Empirica-Preisdatenbank (Basis: Value Marktdatenbank) die öffentlich inserierten Wohnungen repräsentativ abgebildet werden.
Es handelt sich zwar lediglich um eine Stichprobe, die aber bereits aufgrund ihres, einer Vollerhebung nahekommenden Umfangs
(dazu LSG Nordrhein-Westfalen, 12.10.2017 - L 19 AS 502/16 -, Rn. 62), repräsentativ ist. Der Einwand der Kläger, der Beklagte - bzw. der Konzeptersteller Empirica - selbst würden
einräumen, die Repräsentativität beziehe sich nur auf öffentlich inserierte Wohnungen und nicht auf "den gesamten Mietwohnungsmarkt",
ist so zutreffend wie schadlos. Repräsentativ und valide muss der Wohnungsmarkt abgebildet werden, auf welchem SGB II-Leistungsempfänger nach Wohnungen suchen. Dies ist der Markt der öffentlich inserierten Mietwohnungen. Zudem bestehen Zweifel,
ob eine Einbeziehung nicht öffentlich inserierter Angebote - welches methodisch möglich gewesen wäre - zu einer Anhebung des
ermittelten Mietenniveaus geführt hätte (dazu die umfangreiche Herleitung bei LSG Nordrhein-Westfalen, 12.10.2017 - L 19 AS 502/16 -, Rn. 83). Es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Verhältnis von Großvermietern und Kleinvermietern (BSG, 5.8.2021 - B 4 AS 82/20 R -, Rn. 40 ff.) in einer die tatsächlichen Verhältnisse verzerrenden Weise erfasst worden ist. Die ausgewerteten Quellen
(Internet-Portale, örtliche Tageszeitungen) werden von Klein- und Großvermietern genutzt.
Es besteht auch kein Anhaltspunkt, dass im Rahmen der Auswertung bzw. Filterung die Anzeigen gewerblicher Vermieter überproportional
berücksichtigt würden. Hintergrund der Überlegungen des Senats war es, dass es dann, wenn für die Erfassung der Online-Annoncen
zahlreiche, detaillierte Angaben erforderlich wären und Datensätze, welche diese Anforderung nicht erfüllen, herausgefiltert
würden, eine Gefahr bestehen könnte, dass diese Anforderungen eher von professionellen Vermietern als von privaten erfüllt
werden; erstere wären damit überproportional in der Auswertung enthalten. Der Dienstleister Empirica hat in seiner Antwort
an den Senat aber dargelegt, dass an die Annoncen keine Anforderungen gestellt werden, welche von privaten Vermietern in der
Regel nicht erfüllt werden.
Schließlich ist das Vorgehen des von dem Beklagten gewählten Dienstleisters Empirica nicht nur Gegenstand zahlreicher Entscheidungen
des Bundessozialgerichts gewesen, sondern auch der wissenschaftlichen Auseinandersetzung, auf welche das Bundessozialgericht
verweist (BSG, 5.8.2021 - B 4 AS 82/20 R -, Rn. 34 unter Verweis etwa auf den Forschungsbericht 478 des BMAS zur Ermittlung existenzsichernder Bedarfe für Unterkunft
und Heizung, Institut Wohnen und Umwelt, 2017). Dort wird die hier ebenfalls gewählte Methode eingehend analysiert (siehe
in dem Forschungsbericht etwa S. 181 ff.).
e) Die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten ist ausreichend dargelegt und begründet und entspricht mathematisch-statistischen
Grundsätzen. Abweichend von anderen Konzepten, etwa der Ableitung von Angemessenheitswerten aus Mietspiegeln, finden weder
Mittelwertbildungen noch Gewichtungen einzelner Wohnwertmerkmale (etwa der Wohnlage) statt. Zur Wahrung der Repräsentativität
der Stichprobe achtet die Firma Empirica darauf, dass in dem in Absprache mit dem Auftraggeber gebildeten Vergleichsraum die
Mindestfallzahl von 500 Mietwohnungsangeboten erreicht wird (Konzept 2016, S. 13 f.). Die schriftliche und dem Senat vorliegende
Dokumentation "Schlüssiges Konzept zur Herleitung von Mietobergrenzen für angemessene Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II/§ 35 SGB XII im Kreis Ennepe Ruhr" erstellt am 6.9.2015 ist ausreichend.
4) Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist schließlich eine Bruttokaltmiete zu bilden.
Der Beklagte hat die Ermittlung der Betriebskosten zunächst - in Ermangelung zeitlich neuerer Auswertungen - auf Basis des
Betriebskostenspiegels für das Abrechnungsjahr 2012 vorgenommen und alle dort genannten Betriebskosten berücksichtigt, sofern
es sich nicht um Heizkosten bzw. Kosten der Warmwassererzeugung handelt. Gegen eine solche Bestimmung über die Betriebskostenspiegel
bestehen im Grundsatz keine Bedenken (dazu etwa BSG, 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R -, Rn. 33). Demnach soll es zulässig sein, auf "möglichst aktuelle" Daten aus Betriebskostenübersichten zurückzugreifen.
Es müsse hingenommen werden, dass nicht immer alle Daten auf dem aktuellsten Stand seine, solange den örtlichen Verhältnissen
entsprechende regelmäßige Nach- und Neuerhebungen erfolgten (BSG, 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R -, Rn. 16). Mit seinem Teilanerkenntnis hat der Beklagte nicht mehr auf den Betriebskostenspiegel für das Bundesgebiet,
sondern auf den ortsnäheren für das Land Nordrhein-Westfalen abgestellt und hat nunmehr kalte Betriebskosten in Höhe von 2
EUR/qm rechnerisch berücksichtigt. Die Ermittlung der kalten Betriebskosten erfüllt damit ebenfalls die Anforderung der Schlüssigkeit.
II. Der von dem Beklagten zugrunde gelegte Bruttokaltmietenbetrag von 560,20 EUR (Referenzmiete) ist auch konkret angemessen.
Für den Fall, dass die tatsächlichen Kosten der angemieteten Wohnung die abstrakt ermittelte angemessene Referenzmiete übersteigen,
ist zu prüfen, ob der Leistungsberechtigte tatsächlich auch die konkrete Möglichkeit hat, eine abstrakt als angemessen eingestufte
Wohnung auf dem Wohnungsmarkt des konkreten Vergleichsraumes anmieten zu können. Dies ist, wenn die Referenzmiete anhand von
Angebotsmieten ermittelt wurde, in der Regel unproblematisch.
a) Eine Kostensenkung ist den Klägern auch subjektiv zumutbar. Die Kläger tragen im Verfahren nicht schlüssig vor, dass oder
warum ihnen ein Umzug nicht möglich bzw. zumutbar wäre (siehe zu einigen in Betracht kommenden Aspekten BSG, 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R -, Rn. 30 ff.).
Die Kläger sind mit Schreiben vom 7.11.2013 vom Beklagten ausreichend über ihre Obliegenheit zur Kostensenkung informiert
worden. Einer Aufforderung zur Kostensenkung bedurfte es daher jedenfalls im November 2016 nicht mehr, weil den Klägern hinreichend
verdeutlicht war, dass der Beklagte seine Aufwendungen für Unterkunft für unangemessen hielt. Für die Zeit ab dem Jahr 2014,
in der der Beklagte nicht mehr die vollen, sondern nur noch abgesenkte Unterkunftskosten für einen 3-Personen-Haushalt bewilligt
hat sowie im Zuge der gerichtlichen Auseinandersetzungen vor dem Sozialgericht um die Angemessenheit der Kaltmiete hat der
Beklagte gegenüber den Klägern hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, welche Kaltmiete er für angemessen erachtete. Einer
weiteren Kostensenkungsaufforderung bedurfte es nicht mehr, da deren Zweck der Aufklärung und Warnung erreicht war. Den Klägern
war der von dem Beklagten zugrunde gelegte angemessene Mietpreis bekannt (vgl. BSG, 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R -, Rn. 39).
b) Der Einwand der Kläger, die Tatsache, dass die Klägerin zu 1 alleinerziehend sei, müsse abstrakt bei der konkreten Angemessenheit
berücksichtigt werden, greift nicht durch und lässt sich auch nicht frei von logischen Brüchen in die dazu bisher ergangene
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts einordnen (siehe dazu etwa BSG, 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R -, Rn. 23; 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R -, Rn. 19; 5.8.2021 - B 4 AS 82/20 R -, Rn. 21). Der Senat versteht die Ausführungen der Kläger dahingehend, dass sie der Auffassung sind, unabhängig von der
Frage der konkreten Zumutbarkeit eines Umzugs (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II) müssten für Alleinerziehende (kopfanteilig) höhere Kosten der Unterkunft anerkannt werden.
Ohne Zweifel ist es - zumindest abstrakt - mit einer höheren psychischen Belastung verbunden, wenn man alleinerziehend ist,
als wenn man sich die Erziehung und Verantwortung mit mehreren Personen teilt. Doch auch wenn ein dem Grunde nach anerkennenswerter
besonderer Umstand vorliegt, ist zu prüfen, ob dieser Auswirkungen auf den konkreten Wohnbedarf hat; dies bleibt der weiteren
Prüfung des Einzelfalls vorbehalten (BSG, 21.7.2021 - B 14 AS 31/20 R -, Rn. 40). Bei der Bestimmung aller drei für die abstrakte Angemessenheit maßgeblichen Faktoren (abstrakt angemessene
Wohnfläche, maßgeblicher Vergleichsraum und abstrakt angemessener, im Quadratmeterpreis ausgedrückter Wohnungsstandard) sind
persönliche Lebensumstände des Hilfebedürftigen, "auch wenn sie für bestimmte Personengruppen typisch sein mögen", nicht einzubeziehen
(so ausdrücklich BSG, 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R -, Rn. 20). Davon wollen die Kläger, in dem sie eine abstrakte Berücksichtigung typischer Lebensumstände bei der konkreten
Prüfung begehren, abweichen. Anlass dazu sieht der Senat nicht.
Bei den Kosten der Unterkunft handelt es sich zum einen, wie insgesamt bei dem SGB II-Leistungsanspruch, individuellen Anspruch, der auch in einer Bedarfsgemeinschaft "pro Kopf" bemessen wird. Hintergrund dieses
Kopfteilprinzips sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung
durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf insgesamt abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität
der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt (BSG, 25.4.2018 - B 14 AS 14/17 R -, Rn. 13). Zum anderen sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die abstrakten Parameter Referenzmiete, Wohnraumgröße,
Vergleichsraum und abstrakt angemessener Wohnstandard für die Gruppe von Leistungsbeziehern mit und ohne relevante persönliche
Besonderheiten identisch (BSG, 11.12.2012 - B 4 AS 44/12 R -, Rn. 14). Ohne diese grundlegenden Prinzipien aufzugeben, erscheint es nicht möglich, bereits abstrakt den besonderen
Lebensumstand der Alleinerziehung zu berücksichtigen. Im Ergebnis begehren die Kläger die (rechnerische) Berücksichtigung
eines höheren Flächenbedarfs für die Klägerin zu 1; dies würde aber entgegen der dargelegten Grundsätze dazu führen, dass
die tatsächliche bzw. mutmaßliche Nutzung auf abstrakter Ebene Eingang findet.
Die konkreten Umstände können sachgerecht bei den konkreten Umständen Berücksichtigung finden.
c) Die Kosten sind auch im Hinblick auf die besondere Situation der Klägerin zu 1 als Alleinerziehende konkret angemessen.
Es können zwar auch die besonderen Belange von Eltern und Kindern (vor dem Hintergrund des Art.
6 GG) solche beachtenswerte Gründe für die Unzumutbarkeit eines Umzuges darstellen. Das Bundessozialgericht verweist darauf, dass
z. B. auf das soziale und schulische Umfeld minderjähriger schulpflichtiger Kinder Rücksicht zu nehmen ist. Ebenso ist die
Situation von Alleinerziehenden dahin zu überprüfen, ob sie zur Betreuung ihrer Kinder auf eine besondere Infrastruktur angewiesen
sind, die bei einem Wohnungswechsel in entferntere Ortsteile möglicherweise verlorenginge und im neuen Wohnumfeld nicht ersetzt
werden könnte (BSG, 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R -, Rn. 35). Auch Angehörige unterer Einkommensschichten, die nicht auf Transferleistungen angewiesen sind, werden sich
bei der Frage nach Kosteneinsparungen von diesen Gedanken leiten lassen. Aus solchen Umständen folgt allerdings im Regelfall
kein Schutz der kostenunangemessenen Wohnung als solcher. Entsprechende Umstände schränken allenfalls die Obliegenheiten der
Leistungsempfänger, die Kosten der Unterkunft zu senken, auf Bemühungen im näheren örtlichen Umfeld ein. Dies gilt auch für
die Lebensumstände Alleinerziehender. So kann insbesondere eine regelmäßige Nachmittagsbetreuung von Schulkindern an das nähere
Umfeld geknüpft sein. Ist dagegen eine solche Betreuung nicht vorhanden, wird Fremdbetreuung nur gelegentlich wahrgenommen
oder ist eine entsprechende Betreuungsstruktur über den gesamten Vergleichsraum vorhanden und zugänglich, besteht eine schützenswerte
Bindung an das nähere Wohnumfeld nicht (vgl. bereits BSG) 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R -, Rn. 31).
Der Vortrag der Kläger zu dem Vorliegen eines konkreten Grundes, der zur Unzumutbarkeit der Aufgabe der Wohnung L-Straße führen
könnte, blieb jedoch zu pauschal und unbestimmt. Die Klägerin zu 1 beruft sich darauf, dass ihr ein eigenes Zimmer zustehe,
da ansonsten der Zusammenhalt der Familie gefährdet sei. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass keine Wohnungen mit vier Zimmern
zu dem vom Beklagten angenommen Angemessenheitswert verfügbar waren. Es erschließt sich auch nicht, warum sich die Kläger
zu 2 und 3, welche in dem streitgegenständlichen Zeitraum 6-7 bzw. 8-9 Jahre alt waren, kein Zimmer teilen könnten. Warum
die orthopädische Erkrankung Morbus Perthes des Klägers zu 2 ein eigenes Zimmer erforderlich machen soll, erschließt sich
ebenfalls nicht und wird von den Klägern auch nicht ausgeführt.
Hinsichtlich einer Umzugsunfähigkeit wegen fehlender Kinderbetreuung oder aufgrund der Erkrankung des Klägers zu 2 haben die
Kläger trotz Aufforderung des Sozialgerichts nicht weiter vorgetragen. Im Mai 2018 sind die Kläger zudem tatsächlich umgezogen.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
C) Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
D) Gründe, im Sinne von §
160 Abs.
2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Insbesondere die Frage, ob und an welcher Stelle die Umstände eines Alleinerziehens
von Kindern zu berücksichtigen sind, sind in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hinreichend geklärt.