Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der im Rahmen von Prozesskostenhilfe aus der Landeskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung nach
dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtanwaltsvergütungsgesetz - RVG).
Die Antragsteller wendeten sich mit ihrem Antrag auf einstweilige Anordnung vom 29.04.2013 gegen die Ablehnung der Leistungen
seitens der Antragsgegnerin für die Zeit ab Januar 2013. Die Antragsgegnerin hatte schon im Dezember 2012 darauf hingewiesen,
dass ein Anspruch auf Kinderzuschlag bestehen müsse. Den Antrag hatten die Antragsteller dann bei der Familienkasse P gestellt.
Auf den Hinweis der Antragsgegnerin, dass nach telefonischer Rückfrage bei der Familienkasse ein Kinderzuschlag in Höhe von
monatlich 560 Euro gewährt werde und nach Eingang des Geldes auf ihrem Konto, erklärten die Antragsteller das Verfahren für
erledigt.
Mit Schreiben vom 18.05.2013 beantragte der Bevollmächtigte der Antragsteller u.a. die Festsetzung einer Erledigungsgebühr
in Höhe von 190 Euro zuzüglich der Mehrwertsteuer in Höhe von 36,10 Euro.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte die aus der Landeskasse zu zahlenden Gebühren des Rechtsanwaltes unter dem 27.05.2013
auf 529,55 EUR fest. Er reduzierte die geltend gemachten Verfahrensgebühr von 625,00 EUR auf 425,00 EUR und setzte die Einigungs-/Erledigungsgebühr
nach Nr. 1006 VV RVG (190,00 EUR) ab. Das Verfahren sei durch die Erledigungserklärung des Bevollmächtigten beendet worden. Der Beklagte habe
weder ein Anerkenntnis abgegeben, noch sei ein Vergleich geschlossen worden. Es sei lediglich der Hinweis erfolgt, dass Leistungen
durch die Familienkasse zugesagt worden seien.
Der Bevollmächtigte der Antragsteller hat hiergegen am 18.06.2013 Erinnerung eingelegt. Er hat insbesondere die Streichung
der Erledigungsgebühr beanstandet. Eine Erledigungsgebühr falle zumindest dann an, wenn durch die anwaltliche Einwirkung auf
die Mandantschaft ein materiell nicht voll umfänglich erledigtes Verfahren gleichwohl formell vollumfänglich für erledigt
erklärt werden könne. Das eigentliche Forderungsziel, nämlich der Erhalt von Leistungen durch die Antragsgegnerin, sei nicht
erreicht worden.
Das Sozialgericht hat die Erinnerung aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen.
Gegen den am 08.07.2015 zugestellten Beschluss hat der Bevollmächtigte der Antragsteller am 05.08.2015 Beschwerde eingelegt.
Es werde auf die Rechtsprechung zum Anfall der Erledigungsgebühr verwiesen.
Der Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten der Antragsgegnerin verwiesen.
Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern und nicht durch den Einzelrichter gemäß
§ 56 Abs. 1 Satz 1, § 33 Abs. 8 Satz 1 HS. 2 RVG, auch wenn der Sache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. § 33 Abs. 8 Satz 1 HS. 2 RVG, wonach auch über die Beschwerde der Einzelrichter entscheidet, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter
erlassen worden ist, findet im sozialgerichtlichen Verfahren keine Anwendung, selbst wenn die angefochtene Entscheidung durch
den Kammervorsitzenden allein ergangen ist. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG weist die Entscheidung dem Einzelrichter als Mitglied des Gerichts zu. Der Kammervorsitzende des Sozialgerichts entscheidet
nicht als einzelnes Mitglied der Kammer, sondern als Kammer in der Besetzung ohne ehrenamtliche Richter, denn diese wirken
gemäß §
12 Abs.
1 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung nicht mit. Die Entscheidung im schriftlichen Verfahren ist daher keine
Einzelrichterentscheidung im Sinne des § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG (vgl. LSG NRW Beschluss vom 28.05.2010 - L 19 B 286/09 AS m.w.N.; a.A. LSG NRW Beschluss vom 16.03.2011 - L 7 B 406/08 AS).
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG; vgl. LSG NRW Beschluss vom 28.05.2010 - L 19 B 286/09 AS; Beschluss vom 25.01.2010 - L 1 B 19/09 AS - zum Vorrang dieser Spezialvorschriften gegenüber den Vorschriften des
SGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200 Euro (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des Beschwerdewerts ist der Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde (vgl. Leitherer
in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. 2014, §
144 Rz. 19). Die Beschwer liegt mit Blick auf die nur noch begehrte Festsetzung der Erledigungsgebühr gem. Nr. 1006 VV RVG (ursprünglicher Ansatz 190,00 EUR) zzgl Umsatzsteuer bei 226,10 EUR.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die aus der Staatskasse im Rahmen der PKH zu zahlende Vergütung des Bevollmächtigten
der Antragsteller ist vom Sozialgericht zutreffend festgesetzt worden; eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG ist nicht angefallen.
Die Entstehung dieser Gebühr setzt nach Nr. 1006 i.V.m. Nr. 1002 VV RVG voraus, dass sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen
Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise
durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt. Die anwaltliche Mitwirkung erfordert dabei nach ständiger
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein qualifiziertes, erledigungsgerichtetes Tätigwerden des Rechtsanwalts, das über
das Maß desjenigen hinausgeht, welches bereits durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen
Widerspruchs- bzw. Klageverfahren abgegolten wird (vgl. BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R - [...] Rz. 42 m.w.N.; BSG Urteil vom 05.05.2009 - B 13 R 137/08 R - [...] Rz. 16 m.w.N.; BSG Urteil vom 02.10.2008 -B 9/9a SB 3/07 R - [...] Rz. 15; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl. 2012, VV 1002 Rz. 9; Müller-Rabe
in Gerold/ Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 19. Aufl. 2010, VV 1002 Rz. 38, VV 1005-1007 Rz. 2).
Eine derart qualifizierte, auf eine Erledigung gerichtete anwaltliche Mitwirkung hat der Bevollmächtigte der Antragsteller
nicht entfaltet. Er hat nicht in der erforderlichen Weise daran mitgewirkt, dass die Antragsgegnerin vom Standpunkt des Klägers
überzeugt worden ist. Aus den Akten lässt sich entnehmen, dass die Antragsgegnerin durch telefonische Anfrage bei der Familienkasse
feststellen konnte, dass den Antragstellern ein Anspruch auf Kinderzuschlag (und nicht nach dem SGB II) zustand und auch bewilligt worden war.
Die daraufhin erfolgte Erledigungserklärung lässt somit eine besondere Mühewaltung des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller,
die eine Entstehung der zusätzlichen Gebühr rechtfertigen könnte, nicht erkennen. Sowohl die Annahme eines Anerkenntnisses
als auch eine Klagerücknahmeerklärung oder eine andere Erledigungserklärung sind in aller Regel keine über die normale Prozessführung
hinausgehende, qualifizierte Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung (vgl. LSG NRW Beschluss vom 05.05.2011 - L 6 B 33/09 SB - m.w.N.). Dass der Bevollmächtigte in besonderer Weise auf die Antragsteller eingewirkt hat, um das Eilverfahren abzuschließen,
ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Die Abgabe der prozessbeendenden Erklärung jedenfalls wird mit der Verfahrensgebühr
abgegolten.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).