Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II
Leistungen für Unterkunft und Heizung
Anforderungen an die Übernahme der Kosten von Elektroinstallationsarbeiten in einer selbstgenutzten Immobilie
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch der Klägerin nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) auf Übernahme der Kosten von Elektroinstallationsarbeiten in ihrer selbstgenutzten Immobilie.
Die 1963 geborene Klägerin bezog von dem Beklagten seit 2005 mit Unterbrechungen Arbeitslosengeld II. Nach zwischenzeitlicher
Ausübung einer Erwerbstätigkeit (von September 2019 bis August 2020) bezieht sie derzeit Arbeitslosengeld I.
Die Klägerin lebte mit ihrer 2016 verstorbenen Mutter, die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) bezog, in einem im Jahr 1963 erbauten Einfamilienhaus in der H-Straße 25, Meerbusch, dessen Miteigentümerinnen beide jeweils
zur Hälfte waren und dessen Wohnfläche 98 m2 betrug. Im Rahmen der Unterkunftskosten übernahm der Beklagte die jeweiligen anteiligen Hauslasten der Klägerin vollständig
als Neben- bzw. Betriebskosten. Nach dem Tod der Mutter bewohnt die Klägerin das Haus bis heute alleine.
Am 21.05.2013 (Schriftsatzdatum 17.05.2013) beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Übernahme der Kosten der Erneuerung
von Strom- und Wasserleitungen in dem Haus. Es handele sich um notwendige, unabweisbare Reparaturarbeiten. Die Anlagen seien
veraltet. Die Stromleitungen seien kurz und brüchig und im Keller fehle eine Erdungsanlage. Dort bestehe Brandgefahr. Eine
weitere Gefahr gehe von dem Verteilerkasten im Erdgeschoss aus. Hierzu legte die Klägerin zwei Kostenvoranschläge der Firma
N vom 14.05.2013 vor. Das Angebot Nr. 1 betraf die Erweiterung der Kücheninstallation (Installation von Zuleitungen und Einbau
neuen Schaltermaterials) und wies Kosten i.H.v. 1.060,73 € aus. Das Angebot Nr. 2 betraf Elektroreparaturarbeiten (Erneuerung
der Zählerverteilung im Flur und im Erdgeschoss sowie Einrichtung einer Erdungsanlage im Keller) und wies Kosten i.H.v. 1.753,35
€ (im Laufe des Verfahrens aufgrund von Kostensteigerungen durch Kostenvoranschlag vom 22.04.2014 auf 1.851,46 € korrigiert)
aus.
Am 26.09.2013 beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten eines Fensteraustauschs und am 01.10.2013 die Übernahme der
Kosten der Reparatur bzw. des Austauschs der Heizungsanlage, wobei sie die Vorlage weiterer Kostenvoranschläge ankündigte,
trotz Aufforderung des Beklagten vom 11.10.2013 anschließend aber nicht einreichte.
Mit Bescheid vom 19.11.2013 lehnte der Beklagte die Anträge vom 26.09.2013 und 01.10.2013 sowie vom 21.05.2013 hinsichtlich
des Kostenvoranschlages Nr. 1 vollständig ab. Hinsichtlich des Kostenvoranschlages Nr. 2 teilte sie mit, der Antrag könne
nicht bewilligt werden, solange kein Kostenvoranschlag vorgelegt werde, der sich auf die Arbeiten zur Beseitigung von Mängeln
beschränke, die eine Gefahr für Leib und Leben darstellten. Zur Begründung führte er aus, tatsächliche Aufwendungen für konkrete
Instandhaltungen und Reparaturen von selbstbewohntem Eigentum seien berücksichtigungsfähige Kosten, wenn das Eigentum geschützt
sei. Voraussetzung sei weiterhin, dass sie nicht zu einer Standardverbesserung des Eigentums führten sowie angemessen und
unabweisbar seien. Unabweisbar seien nur zeitlich besonders dringliche Aufwendungen, die absolut unerlässlich seien und die
dauerhafte Bewohnbarkeit der Immobilie sicherstellten. Gemäß § 22 Abs. 2 SGB II könnten als Bedarf für die Unterkunft auch unabweisbare Aufwendungen für die Instandhaltung und Reparatur bei selbstbewohntem
Wohneigentum anerkannt werden, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie in den darauf folgenden elf Kalendermonaten
anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen seien. Der Antrag auf Übernahme der in dem Kostenvoranschlag Nr. 1 ausgewiesenen
Kosten werde abgelehnt, da im Baurecht ein Bestandsschutz gelte, der die Nutzung der Anlage weiterhin erlaube. Aus den Unterlagen
der Firma N gehe nicht hervor, dass die Anlage Mängel aufweise, von denen eine Gefahr für Leib und Leben ausgehe. Die Anträge
vom 26.09.2013 und 01.10.2013 würden ebenfalls abgelehnt, da es insoweit bereits an Kostenvoranschlägen fehle. Dasselbe gelte
für die am 21.05.2013 beantragte Übernahme der Kosten für die Verlegung von Wasserleitungen.
Den von der Klägerin - anwaltlich vertreten - dagegen ohne Begründung eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 17.03.2014 zurück. Zur Begründung führte er ergänzend aus, bei der Beurteilung der Unabweisbarkeit der Aufwendungen sei
auf die Instandhaltung und Reparatur zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Wohnung in ihrer bisherigen Substanz abzustellen.
Bei dem Austausch der Kücheninstallation gehe es um eine Erweiterung, die zum Erhalt der Wohnung bzw. deren Bewohnbarkeit
nicht notwendig sei. Für die Erneuerung der Zählerverteilung im Flur und im Erdgeschoss habe die Klägerin keine weiteren Unterlagen
vorgelegt.
Am 17.04.2014 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben.
Sie hat die Auffassung vertreten, nach §§ 19, 22 Abs. 1 und 2 SGB II einen Anspruch auf Übernahme der hälftigen Kosten für notwendige Elektroarbeiten i.H.v. 1.456,10 € zu haben. Die entsprechenden
Aufwendungen seien unabweisbar. Im Zusammenhang mit der Erdungsanlage sei entscheidend, dass diese vollständig fehle und aufgrund
hoher Berührungsspannungen eine Gefahr für Leib und Leben bestehe. Für elektrische Anlagen, die nach 40 Jahren das Ende ihrer
üblichen Betriebs- und Funktionsdauer erreicht hätten, greife kein Bestandsschutz ein.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 19.11.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2014 zu verpflichten,
zu ihren Gunsten Kosten für notwendige Elektroinstallationsarbeiten i.H.v. 1.456,10 € zu übernehmen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht gewesen, bei den Elektroarbeiten handele es sich nicht um Instandhaltungs- und Reparaturmaßnahmen, sondern
um wertsteigernde Erneuerungsmaßnahmen.
Das SG hat zur Frage des baulichen Zustandes des Hauses und der Kosten notwendiger Sanierungsarbeiten Beweis erhoben durch Einholung
eines Gutachtens bei dem Sachverständigen Dipl.-Ing. A. Der Sachverständige hat (in dem Gutachten vom 26.01.2016 und in einer
ergänzenden Stellungnahme dazu vom 05.10.2016) ausgeführt, in dem Wohnhaus der Klägerin herrsche seit Jahrzehnten ein Totalausfall
wohnlicher Zustände. Dieser resultiere daraus, dass seit über 30 Jahren an den einzelnen Bauteilen keinerlei Wartung und Pflege
vorgenommen worden sei. Diese seien nicht mehr gebrauchstauglich und funktionsfähig. Die Kosten der notwendigen Renovierungsarbeiten
hat der Sachverständige auf über 100.000 € beziffert. Daraus hat er gefolgert, dass die erforderlichen Maßnahmen einen wesentlichen
höheren Einsatz voraussetzten, als es übliche Wiederherstellungsmaßnahmen erforderten.
Die Klägerin hat die Notwendigkeit des von dem Sachverständigen zugrunde gelegten Renovierungsbedarfs im Einzelnen angezweifelt
und das Gesamtvolumen mit maximal 25.000 € bewertet. Entgegen der Annahme des Sachverständigen existiere in dem Haus auch
kein Ungeziefer. Die Klägerin hat ferner die Auffassung vertreten, ein Verständnis des SGB II in der Weise, dass die Erhaltung eines Eigenheims nicht geschützt sei, sei nicht zutreffend. Eigentümer seien Mietern gleichzustellen.
Zu berücksichtigen sei ferner, dass der Beklagte durch die geringen laufenden Kosten jahrelang begünstigt worden sei.
Mit Einverständnis der Beteiligten hat das SG am 15.12.2016 durch Urteil ohne mündliche Verhandlung - dem Klägerbevollmächtigten zugestellt am 19.01.2017 - in der Sache
entschieden und die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch nach § 22 Abs. 2 SGB II auf Übernahme der anteiligen Kosten für Elektroarbeiten i.H.v. 1.456,10 €. Die geltend gemachten Aufwendungen für die Reparatur
der Elektroanlage seien nicht angemessen. Die Angemessenheit sei dann zu verneinen, wenn sich das Haus in einem derart schlechten
Zustand befinde, dass auch künftig mit der Notwendigkeit erheblicher Reparaturkosten zu rechnen sei, um die Nutzbarkeit des
Hauses künftig zu gewährleisten. Es sei nicht Aufgabe der Leistungen nach dem SGB II, grundlegende Sanierungs- und Erhaltungsarbeiten am Wohnhaus zu finanzieren. Vielmehr stellte dies eine nicht zu rechtfertigende
Bevorzugung von Leistungsempfängern nach dem SGB II dar, denn Geringverdiener wären in einer ähnlichen Situation gezwungen, ihr Haus zu verkaufen und in eine kostenangemessene
Mietwohnung umzuziehen. Damit gehörten größere Reparaturen und Umbauten regelmäßig nicht zu dem berücksichtigungsfähigen Aufwand.
Nach dem Sachverständigengutachten sei seit Jahrzehnten ein Totalausfall von wohnlichen Zuständen gegeben. Zur Wiederherstellung
wohnlicher Verhältnisse seien Sanierungsarbeiten im Wert von 103.973 € notwendig. Damit könne auch die Reparatur der Elektroanlage
nicht kostenangemessen sein.
Am 20.02.2017 hat die Klägerin Berufung eingelegt.
Sie macht ergänzend geltend, dass sich der Sanierungsbedarf nach ihrer überschlägigen Kalkulation, der der Sachverständige
nicht widersprochen habe, allenfalls geringfügig oberhalb des von dem Beklagten zunächst als angemessen angesehen Betrages
bewege. Der Kostenansatz erweise sich im Übrigen als zu hoch, da die Heizungsanlage habe repariert werden können. Nach dem
Tod ihrer Mutter begehre sie außerdem nunmehr die Übernahme nicht nur der hälftigen, sondern der gesamten Kosten. Da sie nicht
in Vorleistung getreten sei, könne sie Ansprüche ihrer Mutter gegen den Sozialhilfeträger nicht verfolgen. Die Gewährung von
Leistungen als Darlehen macht die Klägerin im Berufungsverfahren ausdrücklich nicht (mehr) geltend.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.12.2016 zu ändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 19.11.2013
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2014 zu verpflichten, zu ihren Gunsten Kosten für notwendige Elektroinstallationsarbeiten
in dem Haus H-Straße 25 in Meerbusch i.H.v. 2.912,20 € zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er widerspricht der Klageerweiterung und macht geltend, die Immobilie sei weder sanierungsfähig noch erhaltungswürdig. Selbst
der geringe aktuell geltend gemachte Sanierungsbedarf übersteige die Möglichkeiten nach dem SGB II. Eine Übernahme von Sanierungskosten führe zu einer unzulässigen Wertsteigerung. Im Übrigen sei die Immobilie nach dem Tod
der Mutter der Klägerin unangemessen groß.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Gegenstand des Klageverfahrens ist allein der Antrag der Klägerin vom 21.05.2013 auf Übernahme der Kosten von Elektroreparaturarbeiten
im Flur, im Erdgeschoß und im Keller (Erneuerung der Zählerverteilung im Flur und im Erdgeschoss sowie Einrichtung einer Erdungsanlage
im Keller) sowie der Erweiterung der Elektroinstallation in der Küche (Installation von Zuleitungen und Einbau neuen Schaltermaterials)
gemäß den Angeboten Nr. 2 und Nr. 1 der Firma N (das zuerst genannte Angebot in der korrigierten Version vom 22.04.2014),
den der Beklagte mit Bescheid vom 19.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2014 abgelehnt hat. Sofern
die Klägerin mit den Anträgen vom 21.05.2013, 26.09.2013 und 01.10.2013 darüber hinaus die Übernahme der Kosten der Erneuerung
von Wasserleitungen, eines Fensteraustauschs und der Reparatur bzw. des Austauschs der Heizungsanlage beantragt und der Beklagte
hierüber in den genannten Bescheiden eine Entscheidung getroffen hat, ist die Klägerin dagegen jedenfalls nicht mit der Klage
vorgegangen, sodass offenbleiben kann, ob bzw. inwieweit in dieser Hinsicht (ggf. bestandskräftige) Entscheidungen des Beklagten
vorliegen.
Sofern die Klägerin die Übernahme der Kosten von Reparaturarbeiten gemäß dem (korrigierten) Angebot Nr. 2 der Firma N i.H.v.
1.851,46 € begehrt, ist die Klage (mangels Rechtsschutzbedürfnisses) bereits unzulässig. Denn der Beklagte hat mit Bescheid
vom 19.11.2013 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2014) in dieser Hinsicht bislang keine endgültige Entscheidung
(§ 31 Satz 1 SGB X) getroffen. Er hat der Klägerin vielmehr die Möglichkeit eingeräumt, einen auf die Beseitigung von Gefahren für Leib und
Leben beschränkten Kostenvoranschlag vorzulegen. Damit fehlt es an einem ablehnenden Verwaltungsakt im Sinne des §
54 Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG).
Im Übrigen, d.h. sofern die Klägerin die Übernahme der Kosten der Erweiterung der Elektroinstallation gemäß Angebot Nr. 1
der Firma N i.H.v. 1.060,73 € begehrt, ist die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach §
54 Abs.
1, Abs.
4 SGG zulässig (vgl. etwa Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 10.08.2016, B 14 AS 58/15 R), aber unbegründet. Soweit - anders als im Klageverfahren - nunmehr nicht nur die hälftigen, sondern die vollen Kosten
für die Erweiterung der Installation in der Küche beansprucht werden, steht dies der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen
(§
99 Abs.
3 Nr.
2 SGG).
Die Klage ist aber unbegründet.
Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 19.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2014 nicht im Sinne
des §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG beschwert, weil der Bescheid rechtmäßig ist.
Die Klägerin hat keinen Anspruch nach dem SGB II auf Übernahme der Kosten der Erweiterung der Elektroinstallation in der Küche ihres Hauses durch Installation von Zuleitungen
und Einbau neuen Schaltermaterials nach Maßgabe des Kostenvoranschlags der Firma N vom 14.05.2013 (Nr. 2).
Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II in Betracht, dessen Voraussetzungen hier nicht vorliegen.
Dabei lässt der Senat ausdrücklich offen, ob es für die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen auf den Tag der mündlichen
Verhandlung (12.11.2020), den Zeitpunkt der Antragstellung (21.05.2013) oder etwa den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung
(17.03.2014) ankommt. Sollte der Tag der mündlichen Verhandlung maßgebend sein, wäre die Klage schon deshalb unbegründet,
weil sich die Klägerin - mangels Bedürftigkeit - derzeit nicht im Leistungsbezug bei dem Beklagten befindet und ihr daher
schon aus diesem Grund keine Leistungsansprüche nach dem SGB II zustehen.
Doch selbst, wenn man zu ihren Gunsten für die Prüfung einen früheren Zeitpunkt zu Grunde legt, sind die Anspruchsvoraussetzungen
nicht erfüllt.
Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II (in der hier maßgebenden seit dem 01.04.2013 geltenden Fassung) werden als Bedarf für die Unterkunft auch unabweisbare Aufwendungen
für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden
Aufwendungen insgesamt angemessen sind.
Berücksichtigungsfähig sind periodisch anfallende Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur, wenn sie nicht zu einer Verbesserung
des Standards des selbstgenutzten Eigenheims führen (BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 38/08 R; Piepenstock in jurisPK-SGB II, Stand: 09.04.2020, § 22 Rn. 182).
Ob es sich bei einer beabsichtigten Maßnahme noch um eine (wert-)erhaltende Reparatur oder bereits um eine wertsteigernde
Renovierung handelt, ist nicht nach der Höhe der Aufwendungen, sondern nach dem Ziel der Maßnahme bzw. danach zu unterscheiden,
ob sie der Erhaltung oder Wiederherstellung der Wohnung in ihrer bisherigen Substanz oder aber der Schaffung eines neuen,
verbesserten Zustands dient; eine mit notwendigen Instandhaltungs- oder Instandsetzungsaufwendungen verbundene Wertsteigerung
der Immobilie ist nur eine Folge der notwendigen Erhaltung und schließt deshalb deren Berücksichtigungsfähigkeit nicht von
vornherein aus (Landessozialgericht [LSG] Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.10.2019, L 5 AS 365/19 B ER; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18.10.2018, L 5 AS 336/16). Instandhaltung bedeutet die Erhaltung des ordnungsgemäßen Zustands des Wohnobjekts; bei den Instandsetzungskosten handelt
es sich in der Regel um Kosten aus Reparatur und Wiederbeschaffung; beide betreffen Mängel an der Substanz der Immobilie oder
ihrer Teile (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18.10.2018, L 5 AS 336/16). Dabei ist stets zudem in den Blick zu nehmen, ob sich die jeweils beanspruchte Maßnahme auch unter Berücksichtigung des
Gesamtzustandes der Immobilie insgesamt (noch) als angemessen darstellt. Denn es ist nicht Aufgabe der Leistungen nach dem
SGB II, Leistungsberechtigten dauerhaft Mittel zur Verfügung zu stellen, um ein Hausgrundstück, bei welchem notwendige Reparaturen
über Jahre nicht durchgeführt worden sind, in seiner Nutzbarkeit zu erhalten (so etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom
30.08.2007, L 9 B 136/07 AS ER, juris Rn. 22; SG Neuruppin, Urteil vom 29.10.2010, S 18 AS 1314/07, juris Rn. 30 m.w.N.).
Davon ausgehend sind die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für die beabsichtigte Erweiterung der Elektroinstallation
in der Küche nicht mehr als im Rahmen von § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II übernahmefähig anzusehen. Denn sie dienen nicht der Erhaltung oder Wiederherstellung der Wohnung in ihrer bisherigen Substanz,
sondern bereits der Schaffung eines neuen, verbesserten Zustands. Die entsprechenden Maßnahmen bewirken letztlich einen vollständigen
Wandel des Standards der Immobilie. Denn nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. A, dem der Senat
bei der Beurteilung des vorliegenden Falles folgt, herrscht in dem Wohnhaus der Klägerin seit Jahrzehnten ein Totalausfall
wohnlicher Zustände. Dieser resultiert nach Angaben des Sachverständigen daraus, dass seit über 30 Jahren an den einzelnen
Bauteilen keinerlei Wartung und Pflege vorgenommen wurde. Diese seien nicht mehr gebrauchstauglich und funktionsfähig. Im
Bereich der Küche stellte der Sachverständige die Zerstörung der ehemals vorhandenen Kachelflächen, einen Defekt der Fenster,
die Kappung der Abwasserleitungen und eine Funktionsfähigkeit nur der Kaltwasserleitung fest. Der Sachverständige folgert
daraus, dass die erforderlichen Maßnahmen einen wesentlichen höheren Einsatz voraussetzen, als sonst übliche Wiederherstellungsmaßnahmen
zu einer normalen Behaglichkeit erfordern. Diese Beurteilung hält der Senat umso mehr für nachvollziehbar, als die hier zur
Diskussion stehenden Kosten nur einen geringen Teil des zwischen den Beteiligten insgesamt streitigen Betrages darstellen
(vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 12.11.2020, L 6 AS 530/17). Der Senat hat im Übrigen auch keine Zweifel an der Expertise des Sachverständigen, der eine Maurerlehre und ein Studium
an der technischen Universität Hannover abgeschlossen hat und als Sachverständiger der Handelskammer Hamburg für Schäden an
Gebäuden sowie als Lehrbeauftragter der Universität Duisburg-Essen im Bereich konstruktiver Ingenieurbau tätig ist. Das Sachverständigengutachten
ist schlüssig und aufgrund des Bildmaterials sehr gut nachvollziehbar. Es ist sachlich abgefasst und bietet keine Anhaltspunkte
für eine etwaige Voreingenommenheit des Sachverständigen.
Mangelt es somit schon an den Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II, kommt es nicht darauf an, ob ggf. noch eine weitere Leistungsvoraussetzung fehlt. Es war daher insbesondere nicht mehr zu
prüfen, ob die Klägerin - wie der Beklagte (inzwischen) meint - ein ungemessen großes Hausgrundstück bewohnt, welches nach
§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II einsatzpflichtiges Vermögen darstellen könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.