Tatbestand
Die Kläger begehren die endgültige Festsetzung höherer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den Monat Oktober 2017 und die Aufhebung einer Erstattungsforderung.
Die 1973 geborene Klägerin ist lettische Staatsangehörige, ledig und alleinerziehende Mutter des am 00.00.2015 geborenen Klägers.
Sie leben seit 2015 in Deutschland. Ab Juni 2016 mietete die Klägerin für sich und den Kläger zwei möblierte Zimmer in einem
Studentenwohnheim im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten an, wofür sie (inklusive Heizung und sonstiger Betriebskosten)
monatlich 245 € zahlte.
Seit Juli 2016 übte die Klägerin (zum Teil parallel) verschiedene sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungen
insbesondere als Reinigungskraft und Zimmermädchen (u.a. bei der V-Klinik Bonn [VKB] Gebäudereinigung und in einem N Hotel)
aus. Die (sozialversicherungspflichtige) Beschäftigung bei der VKB war befristet und endete mit dem Monat April 2017. Auch
die Tätigkeit im N Hotel gab die Klägerin im April 2017 auf. (Jedenfalls) Ab Februar 2018 war sie dann wieder (geringfügig)
beschäftigt.
Für den Kläger wurden Unterhaltsvorschussleistungen (i.H.v. 150 € monatlich) von der Stadt Bonn gezahlt.
Am 11.04.2017 stellte die Klägerin für sich und den Kläger einen Leistungsantrag bei dem Beklagten. Außerdem beantragte sie
Kindergeld bei der Kindergeldkasse Bayern.
Mit Bescheid vom 05.07.2017 bewilligte der Beklagte den Klägern (wegen schwankender Einkünfte aus der geringfügigen Beschäftigung
in dem N Hotel) vorläufig Leistungen für den Zeitraum Juni bis Oktober 2017 i.H.v. 899,55 € monatlich. Zu den Einzelheiten
der Leistungsberechnung wird auf Blatt 25 der Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
Die Kindergeldkasse bewilligte Leistungen (zunächst) ab Juni 2017 (Bescheid vom 06.11.2017) und nahm die laufenden Zahlungen
für die Zeit ab Oktober 2017 auf. Der von dem Beklagten geltend gemachte Erstattungsanspruch für den Zeitraum von Juni bis
September 2017 wurde im November 2017 befriedigt.
Für die Monate Juni 2016 bis Januar 2017 (1.430,96 €) sowie Februar bis Mai 2017 (768 €) veranlasste die Kindergeldkasse eine
Nachzahlung, die am 24.10.2017 auf dem Girokonto der Klägerin (bei der Postbank, IBAN DE 000) gutgeschrieben wurde. Die laufenden
Kindergeldzahlungen für die Monate Oktober und November gingen am 10. bzw. 14.11.2017 auf dem Konto der Klägerin ein.
Mit Bescheid vom 28.02.2018 setzte der Beklagte den Leistungsanspruch der Kläger für die Monate Juni bis Oktober 2017 dergestalt
fest, dass es für die Monate Juni bis September 2017 bei der bisherigen Bewilligung verblieb und für den Monat Oktober 161,55
€ zuerkannt wurden. Die Reduzierung des Leistungsanspruches resultierte dabei aus der Berücksichtigung der Kindergeldnachzahlung
von 768 € (abzüglich der Versicherungspauschale von 30 €). Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Leistungsberechnung
für den Monat Oktober 2017 wird auf Blatt 169 der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Unter Zugrundelegung dieser Entscheidung verlangte der Beklagte von den Klägern mit weiterem Bescheid vom 28.02.2018 die Erstattung
von 738 € für den Monat Oktober 2017.
Dagegen wandten die Kläger im Widerspruchsverfahren ein, das Kindergeld sei für einen Zeitraum nachgezahlt worden, in dem
sie noch nicht im Leistungsbezug gestanden hätten.
Mit Änderungs- und Teilabhilfebescheid vom 16.04.2018 bewilligte der Beklagte den Klägern für den Monat Oktober 2017 Leistungen
i.H.v. 563,06 €. Dabei berücksichtigte er nunmehr auch den weiteren Nachzahlungsbetrag vom 24.10.2017 (1.430,96 €) und teilte
die gesamte Nachzahlung (2.198,96 €), beginnend mit dem Monat Oktober 2017, auf sechs Monate auf, was im Vergleich zu dem
Bescheid vom 28.02.2017 zu einem verringerten Anrechnungsbetrag im Oktober 2017 führte. Die weiteren Einzelheiten der Berechnung
ergeben sich aus Blatt 255 der Verwaltungsvorgänge des Beklagten, worauf Bezug genommen wird.
Mit Bescheid vom selben Tage reduzierte er auch die Erstattungsforderung auf 336,49 €.
Mit Widerspruchsbescheid (ebenfalls) vom 16.04.2018 wies der Beklagte den Widerspruch im Übrigen zurück. Nach Erlass der Änderungsbescheide
vom 16.04.2018 sei die Entscheidung nicht mehr zu beanstanden. Grundlage der vorläufigen Leistungsbewilligung sei § 41a SGB II gewesen, da das Einkommen der Klägerin noch nicht abschließend festgestanden habe. Mit Vorlage der Arbeitgeberbescheinigung
sei nachgewiesen worden, dass sie ab Mai 2017 kein Einkommen mehr erwirtschaftet habe. Jedoch seien die beiden Nachzahlungsbeträge
(768 € und 1.430,96 €) als Einkommen, beginnend mit dem Monat Oktober 2017, auf sechs Monate verteilt zu berücksichtigen gewesen.
Denn bei Anrechnung der gesamten Summe im Zuflussmonat wäre der Anspruch auf Leistungen in dem Monat vollständig entfallen,
was vermieden werden müsse. Der Aufteilung der Nachzahlung folgend, sei der Erstattungsbetrag ebenfalls zutreffend nachträglich
in geringerer Höhe festgesetzt worden.
Dagegen haben die Kläger am 16.05.2018 Klage beim Sozialgericht Köln erhoben.
Zur Begründung haben sie auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug genommen und durch Vorlage ungeschwärzter Auszüge des Girokontos
der Klägerin für den Zeitraum 23. bis 26.10.2017 (Seite 5 von 9 des Auszuges 011) belegt, dass am 24.10.2017 768 € und 1.430,96
€ von der Familienkasse gutgeschrieben wurden.
Die Kläger haben beantragt,
den Bescheid vom 28.02.2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.04.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
16.04.2018 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für den Monat Oktober 2017 einen Betrag von 899,55 € endgültig festzusetzen,
darüber hinaus den Bescheid vom 28.02.2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.04.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 16.04.2018 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen sowie die Berufung zuzulassen.
Er hat seine Entscheidung insbesondere mit Blick auf die Verteilung der Kindergeldnachzahlungen auf einen Zeitraum von sechs
Monaten, beginnend mit dem Zuflussmonat Oktober, für zutreffend gehalten. Nach aktueller Rechtsprechung des Landessozialgerichts
Berlin-Brandenburg sei die Verteilung von einmaligen Einkünften auf sechs Monate auf Fälle (schon von Beginn an) endgültig
bewilligter Leistungen beschränkt. Bei endgültiger Bewilligung nach vorläufiger Bewilligung sei es demgegenüber vorzugswürdig,
einmalige Einnahmen schon im bzw. ab dem Zuflussmonat zu berücksichtigen, da die mit der Vorschrift des § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II verfolgte normative Zweckbestimmung, die der Verwaltungsvereinfachung diene, in diesen Fällen nicht verwirklicht werden könne.
Mit Urteil vom 21.01.2019 - dem Beklagten zugestellt am 25.02.2019 - hat das Sozialgericht der Klage stattgeben und die Berufung
zugelassen.
Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig und unterlägen der Aufhebung, weil § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II auf alle Fälle des § 11 Abs. 3 Satz 4 SGB II Anwendung finde. Nach diesen Vorgaben habe die Anrechnung der Kindergeldzahlungen nicht bereits ab Oktober 2017, sondern
erst ab dem Folgemonat erfolgen dürfen.
Dagegen hat der Beklagte unter Aufrechterhaltung seiner Rechtsauffassung am 13.03.2019 Berufung eingelegt.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
das Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Sache ist zunächst für eine mündliche Verhandlung des Senats am 26.01.2021 vorgesehen gewesen und zu diesem Termin geladen
worden. Mit der Ladung ist der Klägerin bzw. ihrem Bevollmächtigten aufgegeben worden, (vorab) die vollständigen Kontoauszüge
der Klägerin für den Monat Oktober 2017 zu übersenden. Hierauf hat die Klägerin erklären lassen, die Auszüge lägen ihr nicht
mehr vor, sie müssten sich aber in den Verwaltungsvorgängen befinden. Mit gerichtlichem Schreiben vom 07.01.2021 ist der Klägerin
mitgeteilt worden, dass sich nur ein Teil der Kontoauszüge für den Monat Oktober 2017 bei den Akten befinde. Erforderlich
sei aber eine Übersicht über die gesamten Geldeingänge dieses Monats. Ggf. möge dieser bei der Bank angefordert oder aus dem
Online-Banking ausgedruckt werden.
Aufgrund des Fortbestehens der Pandemielage ist der Verhandlungstermin vom 26.01.2021 aufgehoben worden.
Mit weiteren gerichtlichen Schreiben vom 02. und 22.02.2021 ist die Klägerin fruchtlos an die Übersendung der angeforderten
Kontoauszüge erinnert worden.
Für den 23.03.2021 ist die Sache (unter Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin) erneut zu einem Verhandlungstermin
geladen worden, der nach den Vorgaben des §
110a SGG durchgeführt worden ist. Die Klägerin hat sich zu diesem Termin nicht zugeschaltet und ist auch nicht in den Kanzleiräumlichkeiten
ihres Bevollmächtigten erschienen. Zur Begründung hat sie mitgeteilt, dass sie für die Zeit der Verhandlung wegen der Pandemie
die Betreuung des Klägers nicht sicherstellen könne. In dem Verhandlungstermin hat der Senat darauf hingewiesen, dass er weiterhin
beabsichtige, die Kontoauszüge der Klägerin für den Monat Oktober 2017 beizuziehen, weil nur so abschließend beurteilt werden
könne, ob in diesem Monat tatsächlich allein die Nachzahlungen der Kindergeldkasse (und der Unterhaltsvorschuss für den Kläger)
die einzigen Einkünfte der Klägerin bzw. des Klägers gewesen seien. Die mündliche Verhandlung ist schließlich vertagt und
der Klägerin nochmals aufgegeben worden, die Girokontoauszüge bei der Postbank für den Monat Oktober 2017 vollständig zu den
Akten zu reichen.
Am 06.04.2021 hat die Klägerin erneut mitteilen lassen, keinen Zugriff mehr auf die alten Bankdokumente zu haben. Es sei ihr
daher schlicht tatsächlich unmöglich, den Kontoauszug zu vervollständigen. Ggf. müsse eine Anfrage des Gerichts bei der Postbank
erfolgen. Sie sei sich nicht sicher, welche Informationen in dem Kontoauszug, welcher dem Gericht vorliege, nicht verfügbar/durchgestrichen
seien. Der Kontoauszug müsse jedoch bestätigen, dass sie Kindergeld erhalten habe, und auch die Summe des erhaltenen Kindergeldes.
Der Senat hat die Klägerin sodann aufgefordert, eine Einverständniserklärung zur Anforderung der Kontoauszüge bei der Postbank
zu übersenden (Schreiben vom 12.04.2021). Dies hat sie mit der Begründung abgelehnt, alle Kontoauszüge bereits zuvor dem Gericht
und dem Beklagten vorgelegt zu haben (Schriftsatz vom 05.05.2021).
Unter Übersendung einer Kopie des aktenkundigen Teils des Kontoauszuges (Blatt 30 der Prozessakten) und Hinweis auf die Bedeutung
der Informationen für den Ausgang des Rechtsstreites ist die Klägerin schließlich unter dem 10.05.2021 nochmals nachdrücklich
um die Übersendung einer Einverständniserklärung zur Beiziehung der Kontoauszüge gebeten worden. Die Erklärung ist nachfolgend
trotz Erinnerung vom 07. und 28.06.2021 nicht bei Gericht eingegangen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.06.2021 hat die Klägerin
vielmehr mitteilen lassen, dass sie keine weiteren Kontodaten angeben wolle, da sie der Meinung sei, dass alle Beteiligten
bereits ausreichende Informationen erhalten hätten, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.
Zu dem sodann auf den 16.07.2021 anberaumten weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung (Zustellung der Terminmitteilung am
07.07.2021) ist keiner der Beteiligten erschienen oder vertreten gewesen. Die Klägerin hat zuvor (Schriftsatz vom 09.07.2021)
mitgeteilt, den Termin nicht wahrnehmen zu können, weil sie bis zum 30.07.2021 im Urlaub sei. Der gerichtlichen Aufforderung
vom 12.07.2021, einen Nachweis über die Urlaubsabwesenheit vorzulegen, ist sie nicht nachgekommen.
Auf telefonische Anfrage des Senats am Terminstag hat der Klägerbevollmächtigte mitgeteilt, es bestünden keine Bedenken, "nach
Aktenlage" zu entscheiden.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten und den Inhalt der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte in Abwesenheit der Kläger verhandeln und entscheiden, weil sie in der Terminmitteilung auf diese Möglichkeit
hingewiesen worden sind (vgl. §§
153 Abs.
1,
110 Abs.
1,
126 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Unabhängig davon hat der Klägerbevollmächtigte sein Einverständnis mit dieser Vorgehensweise erklärt.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind neben der vorinstanzlichen Entscheidung die (Feststellungs- und Erstattungs-) Bescheide
vom 28.02.2018 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16.04.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2018.
Durch die Feststellungsbescheide hat der Beklagte auf der Grundlage von § 41a Abs. 3 Satz 1 SGB II abschließend über die Leistungsansprüche der Kläger für die Zeit von Juni bis Oktober 2017 entschieden, wodurch sich die
vorläufige Bewilligung vom 05.07.2017 erledigt hat (§ 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren
und Sozialdatenschutz). Durch die Erstattungsbescheide hat er die Erstattungsforderung gegen die Kläger gemäß § 41a Abs. 6 SGB II festgestellt.
Der Zeitraum von Juni bis September 2017 ist nicht mehr Gegenstand des Verfahrens, da die Kläger ihr Begehren auf die Änderung
bezüglich des Monats Oktober 2017 beschränkt haben.
Ihr Begehren auf Feststellung höherer Leistungen für den Monat Oktober 2017 und die Anfechtung der Erstattungsforderung können
die Kläger zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§§
54 Abs.
1,
56 SGG) verfolgen.
Die hierauf gerichtete Klage ist jedoch unbegründet.
Rechtsgrundlage für die geltend gemachten Ansprüche auf endgültige Feststellung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem SGB II für Oktober 2017 sind die §§ 19 ff. i. V. m. §§ 7 ff. SGB II. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II, wenn sie das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze
nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik
Deutschland haben, sofern ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 ff. SGB II nicht greift. Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft
leben, erhalten Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches haben (§ 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II).
Es kann dahin stehen, ob die Kläger bereits nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2b SGB II von den begehrten Leistungen ausgeschlossen sind oder ob dieser Leistungsausschluss aufgrund der von der Klägerin bis April
2017 ausgeübten Erwerbstätigkeit nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 bzw. Satz 2 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von
Unionsbürgern hier nicht greift. Ebenso kann offen bleiben, ob die Kindergeldnachzahlungen schon ab Oktober 2017 oder erst
ab dem Folgemonat Berücksichtigung finden durften.
Denn es fehlt jedenfalls an einem Nachweis dafür, dass die Kläger im Monat Oktober 2017 überhaupt, geschweige denn über den
festgestellten Leistungsanspruch hinaus, hilfebedürftig gewesen sind.
Der Umfang ihrer Hilfebedürftigkeit bestimmt sich nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 SGB II. Hiernach ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen
oder Vermögen sichern kann. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt,
gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig; dabei bleiben
die Bedarfe nach § 28 SGB II außer Betracht (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II). Zur Bedarfsgemeinschaft gehören die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder, wenn sie das 25. Lebensjahr noch
nicht vollendet haben, soweit sie Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen
beschaffen können (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II).
Ob dies bei den Klägern (etwa mit Blick auf Erwerbseinkommen der Klägerin, die Unterhaltsvorschussleistungen des Klägers oder
ggf. etwaige Nachzahlungen) der Fall gewesen ist, lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, weil die Klägerin
ihre Einkünfte auf dem Girokonto für den Monat Oktober nicht (vollständig) offen gelegt und dem Gericht (trotz wiederholter
Aufforderung) auch nicht die Möglichkeit eröffnet hat, sich diese Informationen bei der Postbank selbst zu verschaffen.
Ausgehend von dem Begriff der Hilfebedürftigkeit in § 9 Abs. 1 SGB II (s.o.), sind nach § 11 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II. Dabei ist Einkommen alles, was dem Grundsicherungsempfänger im Leistungszeitraum in Geldeswert zufließt (vgl. Schmidt in
Eicher u. a., SGB II, 5. Aufl. 2021, § 11 Rn. 14 f. m. w. N.). Nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 SGB II kann das Arbeitslosengeld II abgesenkt werden, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige etwa sein Einkommen oder Vermögen in
der Absicht vermindert hat, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung der Leistungen herbeizuführen. Von daher liegt
es auf der Hand, dass es im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems, das strikt an die Hilfebedürftigkeit
der Leistungsempfänger als Anspruchsvoraussetzung anknüpft, keine unzumutbare und unangemessene Anforderung darstellt, Auskunft
über den Bestand an Konten und die Kontenbewegungen (durch die Vorlage von Kontoauszügen) zu geben, jedenfalls soweit die
Einnahmeseite betroffen ist. Dies gilt auch für den Fall, dass der Betroffene schon Leistungen bezogen hat und Grundsicherungsleistungen
für Folgezeiträume geltend macht. Angesichts der Vielfalt jederzeit möglicher Änderungen gibt es für eine differenzierende
Beurteilung der Vorlagepflicht keinen Grund (so zum Ganzen bereits BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 45/07 R, juris Rn. 16; dem folgend BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 10/08 R, juris Rn. 17; ferner Beschluss vom 15.07.2010, B 14 AS 45/10 B, juris Rn. 6). Dabei besteht die Obliegenheit zur Vorlage von Kontoauszügen gegenüber den Leistungsberechtigten unabhängig
davon, ob Anhaltspunkte für anspruchsschädliche Einkünfte oder einen Leistungsmissbrauch vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 20/08 R, juris Rn. 18). Dagegen ist weder von Verfassungs wegen etwas zu erinnern (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 13.08.2009,
1 BvR 1737/09, juris Rn. 3) noch hat sich hieran nach Inkrafttreten der EU-Datenschutz-Grundverordnung etwas geändert (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 14.05.2020, B 14 AS 7/19 R, juris Rn. 22).
Da andere Erkenntnisquellen ersichtlich nicht zur Verfügung stehen, ist nach alledem die Vorlage von Kontoauszügen zum Nachweis
der Bedürftigkeit der Kläger nicht entbehrlich, d.h. der Senat kann sich die volle Überzeugung ihrer Bedürftigkeit im Monat
Oktober 2017 nicht verschaffen (§
128 Abs.
1 Satz 1
SGG).
Lässt sich aufgrund der Nichtvorlage der Kontoauszüge die Bedürftigkeit der Kläger (bzw. ihr Umfang) nicht hinreichend sicher
feststellen, führt dies nach den Grundsätzen der objektiven Feststellungslast zur Klageabweisung (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 10/08 R, juris Rn. 21; vgl. allgemein zur Feststellungslast B. Schmid in Meyer-Ladewig u.a.,
SGG, 13. Auflage 2020, §
103 Rn. 19a m. w. N. und LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.06.2021, L 2 AS 1175/18, juris Rn. 37)
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision i.S.d. §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.