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LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2015 - 6 AS 853/15
Gewährung von Leistungen nach SGB II an rumänische Staatsbürger Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Anwendungsbereich des und Anspruch aus § 328 Abs. 1 Nr. 1 SGB III Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II mit europäischem Gemeinschaftsrecht Anspruch auf die vorläufige Bewilligung des Arbeitslosengeldes II in voller Höhe Annahme eines Anordnungsgrundes hinsichtlich der Kosten der Unterkunft
1. Nach der über § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II anwendbaren Vorschrift des § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III, kann über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entschieden werden, wenn die Vereinbarkeit einer Vorschrift, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist.
2. Der Umstand, dass der Gesetzgeber den Tatbestand "Gegenstand eines Verfahrens beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften" in § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III nicht mit der Rechtsfolge einer gebunden Entscheidung verknüpft hat, sondern der Behörde für diesen Fall eine Entscheidung nach pflichtgemäßen Ermessen eingeräumt hat, spricht nicht von vornherein gegen eine Ermessensreduzierung auf "Null".
3. Der Anwendungsbereich des und Anspruch aus/über § 328 Abs. 1 Nr. 1 SGB III werden auch ergebnisorientiert nicht dadurch eingeschränkt, dass der Leistungsträger seine - nach einfachgesetzlicher Rechtslage dann auch regelmäßig zutreffende - Auffassung durch einen Ablehnungsbescheid bereits verlautbart hat.
4. Der Auffassung, ein Anordnungsgrund sei regelmäßig erst mit der Erhebung der Räumungsklage anzunehmen, da erst dann konkret Wohnungslosigkeit drohe, die in einem bestimmten Zeitfenster des Klageverfahrens durch die vorläufige Gewährung (auch) von Kosten der Unterkunft (vgl. §§ 543 Abs. 2 S. 2, 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB) abgewendet werden könne, folgt der Senat nicht mehr. Schon zu einem früheren Zeitpunkt können wesentliche Nachteile zu gewärtigen sein, die ein Zuwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar erscheinen lassen.
Normenkette:
SGG § 86b Abs. 2
,
ZPO § 920 Abs. 2
,
SGB II § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
,
SGB II § 40 Abs. 2 Nr. 1
,
SGB III § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
,
GG Art. 1 Abs. 1
,
GG Art. 20 Abs. 1
Vorinstanzen: SG Köln 27.04.2015 S 32 AS 1153/15 ER
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 27.04.2015 wird geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin für die Zeit vom 02.04.2015 bis zum 30.09.2015 vorläufig Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 473,34 EUR (360 Euro Regelsatz/113,34 Euro KdU) monatlich, längstens bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu zahlen Der Antragsgegner trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in beiden Rechtszügen.

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