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LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.11.2017 - 7 AS 1248/16
Beendigung eines Rechtsstreits durch Klagerücknahmefiktion Enge Handhabung der Rücknahmefiktion Keine Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten oder unkooperatives Verhalten
1. Die Rücknahmefiktion des § 102 Abs. 2 SGG führt zur Beendigung des Rechtsschutzverfahrens mit möglicherweise irreversiblen Folgen, insbesondere wenn behördliche Ausgangsentscheidungen dadurch in Bestandskraft erwachsen, ohne dass der Kläger dies durch ausdrückliche Erklärung in bewusster Entscheidung herbeigeführt hätte.
2. Die Handhabung eines solch scharfen prozessualen Instruments muss daher im Lichte der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG unter strikter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben erfolgen, verstanden als Ausnahme von dem Grundsatz, dass ein Beteiligter ein von ihm eingeleitetes Verfahren auch durchführen will.
3. Die Regelung des § 102 Abs. 2 SGG darf weder als Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten oder unkooperatives Verhalten eingesetzt werden, noch stellt die Vorschrift ein Hilfsmittel zur Erledigung lästiger Verfahren oder zur vorsorglichen Sanktionierung prozessleitender Verfügungen dar. Sie soll nur die Voraussetzungen für die Annahme eines weggefallenen Rechtsschutzinteresses festlegen und gesetzlich legitimieren.
4. Bei der Beurteilung der sachlichen Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses ist auf eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls abzustellen, die die Umstände vor und nach Erlass der Betreibensaufforderung berücksichtigt.
Normenkette:
SGG § 102 Abs. 2
,
GG Art. 19 Abs. 4
Vorinstanzen: SG Münster 17.05.2016 S 11 AS 60/16
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 17.05.2016 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

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