Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet.
Gemäß §
86b Abs.
2 Satz 2 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass
einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufigen
Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller
betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr
zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet
eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines
effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
Der Antragsteller hat hinsichtlich der Stromkostennachforderung im tenorierten Umfang einen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund
glaubhaft gemacht. Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung eines Darlehens bezüglich der Stromkostennachforderung in
Höhe von 975,25 EUR ergibt sich aus § 22 Abs. 8 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Danach können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies
zur Sicherung der Unterkunft oder Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden,
wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Geldleistungen sollen als Darlehen
erbracht werden. Mit der in § 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II genannten Notlage sind solche Konstellationen angesprochen, die mit der Gefährdung der Sicherung der Unterkunft vergleichbar
sind. Insbesondere in Form von Energiekostenrückständen kommt eine Behebung einer drohenden Wohnungslosigkeit vergleichbaren
Notlage in Betracht. Weiterhin können auch Kosten, die in der Regelleistung enthalten sind, insbesondere Stromschulden, eine
vergleichbare Notlage auslösen. Dies gilt vor allem dann, wenn eine Entscheidung dazu führen würde, dass die Wohnung unbewohnbar
würde (Berlit in LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, § 22 Rn. 193 ff.).
Diese Voraussetzungen liegen unter Beachtung der existentiellen Bedeutung des Wohnraums vor. Entsprechend der vom SG bei der S AG eingeholten Auskunft vom 07.08.2012 hat der Antragsteller hinsichtlich der Stromkosten noch einen Betrag von
975,25 EUR zu begleichen. Infolge dieser Rückstände besteht eine Stromsperre. Die S AG hat im o.g. Schreiben ausgeführt, dass
nach Begleichung der Forderung die Energiezufuhr wieder hergestellt wird.
Zudem sind zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten vorliegend nicht ersichtlich. Zum einen ist die Stromzufuhr bereits seit Juni
2012 unterbrochen und damit eine faktische Unbewohnbarkeit gegeben. Zum anderen hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren
eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt, wonach er nicht über nach § 22 Abs. 8 S. 3 SGB II einzusetzendes Schonvermögen verfügt und weder auf einen Bankkredit noch auf ein Darlehen von Freunden zurückgreifen kann.
Des Weiteren lehnte die S AG im Falle des Klägers eine Ratenzahlung ab.
Der Antragsteller kann auch nicht ohne weitere Hilfestellung durch den Antragsgegner auf einen Zivilrechtsstreit mit dem Energieversorger
verwiesen werden (LSG NRW, Beschluss vom 02.04.2008 - L 7 B 251/07 AS ER; Hammel, info also 6/2011, 251 ff.; Berlit, a.a.O., Rn.194). Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II muss ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit
ausschöpfen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Leistungsberechtigte hinsichtlich rückständiger Energiekosten stets auf zivilgerichtlichen
Eilrechtsschutz verwiesen werden darf. Denn nach der Rechtsauffassung mehrerer Zivilgerichte ist der Energieversorgungsträger
zu einer Wiederaufnahme der unterbrochenen Energieversorgung erst dann verpflichtet, wenn zuvor die gesamten rückständigen
Energiekosten getilgt worden sind (vgl. zur zivilrechtlichen Rechtslage Gotzen, ZfF 2007, S. 248, 249 f.). Zudem entbindet eine Mitwirkungsobliegenheit des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten den Grundsicherungsträger nicht
von seiner in §
17 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (
SGB I) begründeten Förderungspflicht. Der Verweis auf zivilgerichtlichen Eilrechtsschutz bei Unverhältnismäßigkeit drohender Stromsperren
(§ 19 Abs. 2 S. 2 StromGVV) erfordert regelmäßig konsequente Beratung und Unterstützung durch den Leistungsträger (Berlit, a.a.O.). Ebenso verhält es
sich vorliegend, wo der Antragsgegner in Frage stellt, ob der Stromversorger zu einer Stromsperre in der derzeitigen Wohnung
unter Hinweis auf eine überwiegend aus der vorigen Wohnung resultierenden Forderung überhaupt befugt ist. Denn der Grundsicherungsträger
muss dafür Sorge tragen, dass dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nur die Mitwirkung abverlangt wird, die objektiv und
subjektiv zumutbar ist. Dem entspricht es nicht, einen Leistungsberechtigten, dem es regelmäßig an Erfahrung auf dem Gebiet
des zivilgerichtlichen Eilrechtsschutzes fehlt, pauschal und ohne das Angebot von (ggf. auch rechtsanwaltlicher) Beratung
und Hilfestellung auf diese besondere Form des gerichtlichen Rechtsschutzes zu verweisen.
Auch der erforderliche Anordnungsgrund liegt vor. Die Stromsperre besteht seit Juni 2012.
Die weitergehende Beschwerde ist unbegründet. Denn die Ermittlungen des SG ergaben, dass die S AG die Forderung am 21.08.2012 mit 975,25 EUR bezifferte. Einwendungen gegen diesen Betrag hat der Antragsteller,
obwohl er am 10.07.2012 bei Beantragung des einstweiligen Rechtsschutzes 1040,29 EUR geltend gemacht hat, nicht erhoben.
Die Beschwerde des Antragstellers ist auch insoweit begründet, als das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Ausgangsverfahrens abgelehnt hat. Zudem war dem
Antragsteller auch für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren. Denn die Rechtsverfolgung bot aufgrund der
o.g. Ausführungen hinreichende Aussicht auf Erfolg nach §
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
114 Zivilprozessordnung (
ZPO).
Die Kostenentscheidung folgt aus einer analogen Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§
177 SGG).