SGB-II-Leistungen
Einistweiliger Rechtsschutz
EU-Ausländer
Begriff des Arbeitnehmers
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren im Beschwerdeverfahren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Die 1989 geborene, ledige Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der 2006, 2009, 2011, 2013, 2015 und 2016 geborenen Antragsteller
zu 3) bis 8), der 1990 geborene Antragsteller zu 2) ist deren Vater. Sie sind rumänische Staatsangehörige. Die Antragsteller
zu 1) bis 7) reisten im August 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie bewohnen seit dem 28.03.2017 eine 48 m2 große Wohnung in der I-str. 00 in E, für die monatlich 385,00 EUR Miete, 65,00 EUR Betriebskosten und 100,00 EUR Heizkosten
zu zahlen sind (insgesamt 550,00 EUR). Zuvor hatten die Antragsteller eine 83 m2 große Wohnung in der X-str. 00 in E bewohnt, für die monatlich 680,00 EUR Miete, 110,00 EUR Heizkosten und 160,00 EUR Heizkosten
(insgesamt 950,00 EUR) angefallen waren. Seit dem 04.12.2015 besuchen die Antragsteller zu 3) und 4) die Grundschule, allerdings
mit erheblichen Fehlzeiten.
Am 15.10.2015 beantragten die Antragsteller erstmals Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bei dem Antragsgegner.
Zum Nachweis ihrer Arbeitnehmereigenschaft legte die Antragstellerin zu 1) einen zwischen ihr und Herrn T W geschlossenen
Arbeitsvertrag vor, wonach sie ab dem 05.10.2015 als "Mitarbeiterin" zu einem Bruttogehalt iHv 460,00 EUR bei einer Arbeitszeit
von 11 Stunden wöchentlich beschäftigt war.
Mit Bescheid vom 07.12.2015 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern zu 1) sowie zu 3) bis 7) vorläufig Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 05.10.2015 bis zum 30.09.2016. Der Antrag des Antragstellers zu 2)
wurde abgelehnt, weil er ein Aufenthaltsrecht in Deutschland allein zum Zweck der Arbeitssuche habe.
Im März 2016 legte die Antragstellerin zu 1) bei dem Antragsgegner ein Kündigungsschreiben vom 29.02.2016 vor, wonach ihr
Arbeitsverhältnis "fristgerecht" zum 31.12.2015 gekündigt wurde. Der Antragsgegner stellte daraufhin die Zahlung der Leistungen
vorsorglich ein, teilte dies den Antragstellern mit Schreiben vom 04.03.2016 mit und forderte sie auf, eine Arbeitsbescheinigung
des ehemaligen Arbeitgebers beizubringen, um prüfen zu können, ob die Antragstellerin zu 1) unfreiwillig arbeitslos geworden
sei. Eine entsprechende Bescheinigung wurde am 09.06.2016 zu den Akten gereicht.
Im April 2016 gab die Antragstellerin zu 1) an, erneut schwanger zu sein. Als voraussichtlicher Entbindungstermin wurde der
06.09.2016 angegeben.
Am 20.05.2016 beantragten die Antragsteller erneut die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Die Antragstellerin zu 1) legte einen zwischen ihr und Herrn U S geschlossenen Arbeitsvertrag vor, wonach sie ab dem 17.05.2016
als Reinigungskraft zur Baustellenreinigung zu einem monatlichen Bruttogehalt von 460,00 EUR beschäftigt sei. Als Name der
Arbeitnehmerin war "S D" eingetragen. Die vorgelegte Bescheinigung der Meldung zur Sozialversicherung sowie die Verdienstbescheinigung
für den Monat Mai 2016 lauteten auf den Namen " G". Als Meldegrund wurde auf der Bescheinigung zur Sozialversicherung "10"
(Anmeldung wegen Beginn einer Beschäftigung), nicht aber "20" (Sofortmeldung bei Aufnahme einer Beschäftigung nach §
28a Absatz
4 SGB IV, u.a. im Gebäudereinigungsgewerbe) angegeben. Auf Nachfrage des Antragsgegners legte die Antragstellerin einen korrigierten
Arbeitsvertrag vom 13.05.2016 vor, der nun auf ihren Namen ausgestellt war. Die Bescheinigung zur Sozialversicherung wurde
handschriftlich korrigiert und mit dem Stempel "V-Consulting" versehen übersandt. Beigefügt war ein Schreiben der V-Consulting,
wonach bei der Lohnberechnung und Sozialversicherungsmeldung der Antragstellerin zu 1) versehentlich an Stelle ihres Nachnamens
die Nationalität angegeben worden sei. Es wurde eine erneute Meldung zur Sozialversicherung vom 18.05.2016 mit dem korrigierten
Namen zu den Akten gereicht.
Mit Schreiben vom 17.08.2016 und 29.09.2016 meldete sich ein Bevollmächtigter der Antragsteller und forderte den Antragsgegner
zur unverzüglichen Leistungsaufnahme auf. Er teilte mit, dass die Antragstellerin zu 1) am 07.09.2016 entbunden habe.
Mit Schreiben vom 19.10.2016 erklärte der Arbeitgeber der Antragstellerin zu 1), er habe mit dem Lohnprogramm-Softwareentwickler
Kontakt aufgenommen und den fehlerhaften Namen bei der Anwendung ausnahmsweise korrigieren lassen. Gleichzeitig übersandte
er eine Sofortmeldung zur Sozialversicherung vom 08.06.2016 zum 17.05.2016.
Die Antragstellerin zu 1) legte außerdem ihre Bezügeabrechnungen für die Monate Juni bis August 2016 sowie Quittungen der
F Gebäudereinigung - S U über die Barzahlung des Gehalts iHv 460,00 EUR brutto bzw. 406,71 EUR netto vor.
Am 30.11.2016 erkundigte sich der Antragsgegner telefonisch bei der Krankenkasse der Antragstellerin zu 1) zur Meldung zur
Sozialversicherung. Die VIACTIV Krankenkasse bestätigte eine Meldung zur Sozialversicherung vom 20.05.2016 zum 17.05.2016
sowie eine Abmeldung vom 10.10.2016 zum 30.09.2016. Es seien nur dreimal Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt worden, der
Arbeitgeber befinde sich im Beitragsrückstand. Für den Beschäftigungszeitraum sei ein Entgelt von 1.585,00 EUR gemeldet worden.
Bei der Firma seien zwei Arbeitnehmer zur Sozialversicherung angemeldet gewesen, die beide zum 30.09.2016 abgemeldet worden
seien.
Am 12.12.2016 befragte der Antragsgegner die Antragstellerin zu 1) unter Hinzuziehung eines Dolmetschers zu den Umständen
ihres Arbeitsverhältnisses bei der Firma U S. Die Antragstellerin zu 1) gab an, immer mit einer Bekannten namens "N" im Auto
ihres Ehemannes zu ihrer Arbeitsstelle gefahren zu sei. Die Adresse des Einsatzortes kenne sie nicht. Die Fahrzeit habe 10
bis 20 Minuten je nach Verkehrslage betragen. Sie habe dort in verschiedenen Büros die Fenster sowie Boden und Tische geputzt.
Sie habe einmal in der Woche ca. drei bis vier, maximal fünf Stunden gearbeitet. Ihr letzter Arbeitstag sei der 06.09.2016
gewesen.
Mit Bescheid vom 21.12.2016 hob der Antragsgegner die Leistungsbewilligung vom 07.12.2015 ab dem 01.07.2016 ganz auf, weil
der fingierte Arbeitnehmerstatus der Antragstellerin zu 1) sechs Monate nach Verlust der Arbeitsstelle ende. Den Widerspruch
wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2017 als unbegründet zurück. Hiergegen haben die Antragsteller am
01.04.2017 vor dem Sozialgericht Duisburg Klage erhoben (S 47 AS 1554/17). Mit Änderungsbescheid vom 23.12.2016 wurde die Leistungsbewilligung für die Antragsteller zu 1) und 3) bis 7) für die Zeit
von Januar 2016 bis Juni 2016 korrigiert (keine Anrechnung von Erwerbseinkommen, Mehrbedarf bei Schwangerschaft, geänderte
Unterkunftskosten). Mit weiterem Änderungsbescheid vom 17.03.2017 wurden die Leistungen für den Zeitraum Oktober 2015 bis
Juni 2016 erneut angepasst und auch dem Antragsteller zu 2) Leistungen bewilligt. Mit Bescheid vom selben Tage lehnte der
Antragsgegner einen in einer persönlichen Vorsprache am 09.03.2017 gestellten Leistungsantrag ab, weil die Familie nach §
7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen sei. Gegen diesen Bescheid wurde nach Mitteilung des Bevollmächtigten
der Antragsteller ebenfalls Widerspruch eingelegt.
Bereits am 26.01.2017 haben die Antragsteller um einstweiligen Rechtschutz bei dem Sozialgericht Duisburg nachgesucht. Über
den aktuellen Fortzahlungsantrag, der jedenfalls in dem anwaltlichen Schreiben vom 23.11.2016 zu sehen sei, sei bislang nicht
entschieden worden. Die Antragsteller seien nicht von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, weil die Antragstellerin zu 1) aktuell in einem Beschäftigungsverhältnis stehe. Zudem befänden sich die Antragsteller
zu 3) und 4) in einer Schulausbildung und hätten diese bereits begonnen, als die Antragstellerin zu 1) noch unstreitig bei
Herrn T W beschäftigt gewesen sei. Die Antragsteller verfügten aktuell nur über 1.018,00 EUR Kindergeld monatlich und seien
daher dringend auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen.
Das Sozialgericht hat den Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 15.03.2017 abgelehnt.
Die Antragsteller seien nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Grundsicherungsleistungen ausgeschlossen. Aus dem gekündigten Arbeitsverhältnis bei der Firma T W resultiere für die
Antragstellerin zu 1) kein nachwirkender Arbeitnehmerstatus im Sinne des FreizügG/EU mehr. Die Antragstellerin habe ein Arbeitsverhältnis bei der Firma E (Gebäudereinigung S U) nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Es bestünden erhebliche Zweifel, dass es sich um ein gelebtes und nicht um ein Scheinarbeitsverhältnis handele. Ein Daueraufenthaltsrecht
gemäß § 4a Abs. 1 FreizügG/EU nach fünfjährigem Aufenthalt könne allenfalls 2019 entstehen. Schließlich vermittele auch der Schulbesuch der Antragsteller
zu 3) und 4) wegen § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c SGB II keinen Leistungsanspruch.
Hiergegen richtet sich die am 03.04.2017 eingelegte Beschwerde der Antragsteller. Es handele sich bei der Beschäftigung bei
der Firma E nicht um ein Scheinarbeitsverhältnis. Es spreche auf Grund der vorgelegten Unterlagen deutlich mehr für das Bestehen
eines Beschäftigungsverhältnisses als dagegen.
Der Antragsgegner hält das Arbeitsverhältnis der Antragstellerin zu 1) mit Herrn U S für ein Scheinarbeitsverhältnis. Die
Antragstellerin zu 1) sei bei Arbeitsaufnahme im sechsten Monat schwanger gewesen. Es sei mehr als unwahrscheinlich, dass
in einem solchen Fall ein normales Arbeitsverhältnis als Baustellenreinigungskraft geschlossen werde. Der Arbeitsvertrag sei
in sich widersprüchlich. Es sei nicht plausibel, dass Anfang Oktober 2016 Lohn für den gesamten Monat September 2016 gezahlt
worden sei, obwohl die Antragstellerin zu 1) am 07.09.2016 entbunden habe. Die Barquittungen seien zudem von der Antragstellerin
zu 1) nicht unterschrieben worden. Auch die Anmeldungen zur Sozialversicherung seien widersprüchlich. Die Abrechnungen aus
der Beschäftigung bei der Firma E und aus der vorherigen Beschäftigung seien auffallend ähnlich.
Der Senat hat am 18.05.2017 einen Erörterungstermin durchgeführt. Zu diesem Termin ist der geladene Zeuge U S nicht erschienen.
Hinsichtlich des Ergebnisses der Erörterung wird im Übrigen auf das Protokoll verwiesen.
Der Antragsgegner hat weitere Auskünfte bei der Krankenversicherung der Antragstellerin, der VIACTIV eingeholt. Diese bestätigte,
dass die Antragstellerin zu 1) für die Zeit vom 17.05.2016 bis zum 30.09.2016 als versicherungspflichtig beschäftigt gemeldet
gewesen sei. Die Sozialversicherungsbeiträge seien zum Teil iHv 395,95 EUR durch den Arbeitgeber bezahlt worden, 508,38 EUR
seien noch offen.
Der Antragsgegner hat zudem weitere Auskünfte bei dem zuständigen Hauptzollamt eingeholt. Danach habe Herr U S seine Betriebstätigkeit
zum 30.04.2017 endgültig eingestellt.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist unbegründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung
liegen nicht vor.
Einstweilige Anordnungen sind nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung
zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt
grundsätzlich Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung.
Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung
(Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 ZPO). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung zu ermitteln. Können ohne Eilrechtsschutz
jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist
eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 Rn. 24 f). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange
der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 Rn. 26; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschluss vom 21.07.2016 - L 7 AS 1045/16 B ER).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe war der Antragsgegner nicht zur Leistung zu verpflichten.
Zwar steht eine bestandskräftige Ablehnungsentscheidung (§
77 SGG) einem Leistungsanspruch der Antragsteller nicht entgegen. Der Senat unterstellt zu Gunsten der Antragsteller, dass gegen
den Ablehnungsbescheid vom 16.03.2017 tatsächlich - wie vom Bevollmächtigten der Antragsteller im Schriftsatz vom 23.06.2017
vorgetragen - Widerspruch eingelegt wurde, auch wenn sich ein entsprechendes Schreiben nicht in den Verwaltungsakten befindet.
Die Antragsteller haben indes einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Im Rahmen der summarischen Prüfung konnte
sich der Senat nicht davon überzeugen, dass die Antragsteller leistungsberechtigt iSd § 7 SGB II sind, weil es nach dem Stand der Ermittlungen überwiegend wahrscheinlich ist, dass sie dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II unterfallen.
Die Antragstellerin zu 1) hat ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU) nicht glaubhaft gemacht. Der Arbeitnehmerbegriff des § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU ist im Lichte des unionsrechtlichen Freizügigkeitsrechts auszulegen (vgl. BSG Urteil vom 03.12.2015 - B 4 AS 44/15 R; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 22.06.2016 - L 19 AS 721/16 B ER). Abzustellen ist auf den unionsrechtlichen Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des Art. 45 AEUV. Um Arbeitnehmer zu sein muss die betreffende Person während einer bestimmten Zeit nach Weisung Leistungen erbringen, für
die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Auch bei geringfügiger Beschäftigung ist zu prüfen, ob die Tätigkeit als
tatsächlich und echt angesehen werden kann (EuGH Urteil vom 04.02.2010 - C-14/09 - Genc). Allein von einer bestimmten geringen Wochen- und Monatsarbeitszeit, einem nicht existenzsichernden Lohn oder einer
Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns kann noch nicht auf eine völlig untergeordnete oder unwesentliche Tätigkeit
geschlossen werden (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl nur Beschluss vom 26.05.2017 - L 7 AS 510/17 B ER).
Eine Tatsache ist als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche
erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun überwiegender
Wahrscheinlichkeit, das heißt der guten Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel
bestehen bleiben können (ständige Rechtsprechung des Senats, Beschlüsse vom 06.07.2016 - L 7 AS 1154/16 B und vom 09.11.2015 - L 7 AS 1234/15 B ER). Es genügt für die Glaubhaftmachung einer Tatsache, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten
das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese
Möglichkeit spricht. Das erkennende Gericht kann seine Überzeugung zwar allein auf den Vortrag der Beteiligten stützen. Jedoch
muss der Vortrag dann für sich genommen in sich widerspruchsfrei sein und mit dem übrigen Akteninhalt und weiteren Beweisergebnissen
in Übereinstimmung stehen (vgl. Beschluss des Senats vom 05.04.2017 - L 7 AS 452/17 B ER mwN).
Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist nicht glaubhaft gemacht worden, dass das von der Antragstellerin zu 1) vorgetragene Beschäftigungsverhältnis
bei der Gebäudereinigung U S ein echtes und gelebtes Arbeitsverhältnis war, mit dem die Antragstellerin zu 1) und davon abgeleitet
auch die weiteren Antragsteller einen Leistungsanspruch begründen könnten. Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass
es fernliegend erscheint, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als Reinigungskraft für Baustellen - einer körperlich anstrengenden
Tätigkeit - mit der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im sechsten Monat schwangeren Antragstellerin zu 1) geschlossen worden
sein soll. Zudem geht aus dem Arbeitsvertrag schon - wohl auf Grund unterlassener Streichungen - nicht eindeutig hervor, ob
sich die angegebene Arbeitszeit von 40 Stunden auf eine Woche, einen Monat oder ein Jahr bezieht. Die Antragstellerin konnte
auch im Erörterungstermin keine schlüssigen Angaben zur Ausgestaltung ihres Arbeitsverhältnisses machen. So hat sie erklärt,
durch ihre Bekannte mit dem Namen "Joana" auf das Arbeitsverhältnis aufmerksam geworden, mit ihr zusammen regelmäßig zu ihrer
Arbeitsstelle gefahren zu sein und dort gearbeitet zu haben. Den Nachnamen der Bekannten konnte sie nicht nennen, obwohl sie
mit ihr in Rumänien aufgewachsen sein will. In einer durch den Antragsgegner mit Dolmetscher durchgeführten Befragung am 12.12.2016
hatte die Antragstellerin zu 1) hingegen angegeben, durch eine Bekannte namens "G" auf die Arbeitsstelle aufmerksam geworden
zu sein. Den Weg zur Arbeit habe sie dann mit einer Frau namens "N" zurückgelegt und vor Ort auch mit dieser gearbeitet. Im
Dezember 2016 hatte sie die Dauer des Weges zur Arbeit noch mit 10 bis 20 Minuten angegeben, im Erörterungstermin dagegen
mit einer halben bis einer Stunde. Auch decken sich die Angaben gegenüber dem Antragsgegner, sie habe Büroräume gereinigt,
nicht mit den Angaben im Arbeitsvertrag, wonach die Antragstellerin zu 1) zur Baustellenreinigung eingesetzt werden sollte.
Die Angaben von Dezember 2016 und im Erörterungstermin widersprechen sich aber auch zur Art der ausgeführten Tätigkeit. Einmal
will die Antragstellerin zu 1) Fenster, beim anderen Mal Treppenhäuser gereinigt haben. Im Erörterungstermin konnte die Antragstellerin
zu 1) auch keine verlässlichen Angaben zu ihren Arbeitszeiten machen. Mal will sie zwei bis drei Tage in der Woche gearbeitet
haben, mal eine oder eineinhalb Wochen im Monat, mal täglich drei bis vier Stunden. Schließlich waren auch die Angaben der
Antragstellerin zu der erhaltenen Entlohnung widersprüchlich. So wurden für den Monat Mai 2016 weder eine Gehaltsabrechnung
noch eine Zahlungsquittung vorgelegt. Für die Monate Juni 2016 bis September 2016 liegen diese Unterlagen zwar vor, jedoch
wurden die Quittungen sämtlich von der Antragstellerin zu 1) nicht unterschrieben. Zudem weisen die Quittungen einen gleichbleibenden
Zahlbetrag von 406,71 EUR aus. Im Erörterungstermin hat die Antragstellerin zu 1) jedoch angegeben, mal 420,00 EUR und mal
430,00 EUR erhalten zu haben. Zudem ist nicht plausibel, dass die Antragstellerin zu 1) ihre Gehaltszahlung für den Monat
September 2016 ausweislich der vorgelegten Quittung am 10.10.2016 bar in voller Höhe von 406,71 EUR erhalten haben will. Denn
zum einen hat sie nach eigenen Angaben in diesem Monat lediglich bis zum 06.09.2016 gearbeitet, weil sie am 07.09.2016 entbunden
hat. Es erschließt sich daher nicht, warum für diesen Monat der volle Lohn gezahlt worden sein soll. Zum anderen hat sie angegeben,
den Arbeitgeber nach der Entbindung nicht mehr gesehen zu haben. Eine Barauszahlung und persönliche Übergabe des Lohns kann
daher schon aus diesem Grund nicht erfolgt sein. Es ist auch nicht glaubhaft, dass die Antragstellerin zu 1) bis zum Tag vor
der Entbindung körperlich gearbeitet haben will, anstatt die gesetzlichen Mutterschutzfristen in Anspruch zu nehmen.
Auch das arbeitgeberseitige Verhalten spricht für das Vorliegen eines Scheinarbeitsverhältnisses. Bereits die Meldung zur
Sozialversicherung wurde nicht ordnungsgemäß ausgeführt. So wurde die Antragstellerin zu 1) zunächst nicht mit ihrem korrekten
Namen angemeldet, außerdem wurde ein falscher Meldegrund angegeben. Auf Nachfrage des Antragsgegners wurde keine Korrekturmeldung
vorgenommen. Zudem wurden die Sozialversicherungsbeiträge nicht in vollständiger Höhe abgeführt. Inzwischen ist der Arbeitgeber
nicht mehr erreichbar. Er ist trotz Ladung auch weder zum gerichtlichen Erörterungstermin noch zur Vorsprache beim Hauptzollamt
E erschienen.
Unplausibel ist schließlich, dass die Antragstellerin zu 1), Mutter von fünf kleinen Kindern und hochschwanger, bis zum letzten
Tag vor der Entbindung einer körperlich anspruchsvollen Arbeitstätigkeit nachgegangen sein will, während ihr 1990 geborener
Partner, der im Antragsverfahren ausdrücklich erklärt hat, nicht unter körperlichen Einschränkungen zu leiden, keiner Arbeitstätigkeit
nachgegangen sein soll. Bei lebensnaher Betrachtung wäre mindestens auch eine Beteiligung des Antragstellers zu 2) an der
Sicherstellung des Lebensunterhalts zu erwarten. Weitere Ermittlungen im Hauptsacheverfahren werden daher die Frage umfassen
müssen, wie die Tagesgestaltung des Antragstellers zu 2) aussah und weshalb dieser sich nicht anstelle oder ggfs. neben der
Antragstellerin zu 1) eine Arbeit gesucht hat. In der Gesamtschau konnte sich der Senat daher insgesamt nicht vom Vorliegen
eines echten und gelebten Arbeitsverhältnisses der Antragstellerin zu 1) bei der Firma F überzeugen.
Ein Leistungsanspruch der Antragsteller zu 3) und 4) und daraus abgeleitet auch der weiteren Antragsteller lässt sich auch
nicht aus dem Schulbesuch der Antragsteller zu 3) und 4) ableiten. Art. 10 VO 492/2011/EU bestimmt, dass die Kinder eines
Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt ist oder beschäftigt
gewesen ist, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats wohnen, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen
dieses Mitgliedstaats am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen können. Die Vorschrift
verleiht den Kindern eines Arbeitnehmers ein eigenes Recht auf Zugang zum Unterricht an einer allgemeinbildenden Schule und
damit ein autonomes, d.h. nicht vom Aufenthaltsrecht seiner Eltern abhängiges, eigenständiges Aufenthaltsrecht. Voraussetzung
ist allerdings, dass das Kind mit seinen Eltern oder seinem Elternteil in der Zeit in einem Mitgliedstaat lebte, in der dort
zumindest ein Elternteil als Arbeitnehmer wohnte (vgl. EuGH Urteile vom 30.06.2016 - C-115/15, daran anschließend auch LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 16.03.2017 - L 19 AS 190/17 B ER). Diese Voraussetzungen erfüllen die Antragsteller zu 3) und 4 nicht, weil nach summarischer Prüfung kein Elternteil
in der Bundesrepublik als Arbeitnehmer wohnte. Denn auch das von der Antragstellerin zu 1) für den Zeitraum 05.01.2015 bis
31.12.2015 vorgetragene Arbeitsverhältnis bei der Firma T W - das nach dem zuvor Gesagten allein noch zur Begründung ihrer
Arbeitnehmereigenschaft in Betracht kommt - erscheint nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht als echtes und gelebtes
Arbeitsverhältnis. Dies gilt unabhängig von der Tatsache, dass der Antragsgegner dieses zunächst anerkannt und daraus einen
Leistungsanspruch abgeleitet hat. Die Entwicklungen im vorliegenden Verfahren widerlegen die vom Antragsgegner getroffene
Einschätzung. So fällt auf, dass der Arbeitsvertrag zwischen der Antragstellerin zu 1) und Herrn T W auf Arbeitgeberseite
dieselbe Unterschrift trägt wie der Arbeitsvertrag mit Herrn U S sowie die vorgelegten Quittungen aus diesem angeblichen Arbeitsverhältnis.
Der Arbeitsvertrag bezeichnet die Antragstellerin zu 1) ohne jegliche Tätigkeitsbeschreibung als "Mitarbeiterin" und trägt
zudem kein Datum, an dem er unterzeichnet worden sein soll. Die angebliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses, die auf den
29.02.2016 datiert wurde und zum 31.12.2015 erfolgt sein soll, erfolgte jedenfalls nicht fristgerecht iSd § 3 des Arbeitsvertrages,
der eine Kündigungsfrist nach Ablauf der zweimonatigen Probezeit von vier Wochen zum Monatsende vorsah. Sie erfolgte auch
nicht formgerecht, weil sie offensichtlich nicht vom Arbeitgeber unterschrieben wurde, sondern die Unterschrift trägt, die
auf dem Arbeitsvertrag, den vorgelegten Quittungen über die angeblich erfolgten Lohnzahlungen sowie ihrem Pass als die Unterschrift
der Antragstellerin zu 1) zu erkennen ist. Vor diesem Hintergrund spricht mehr für als gegen das Vorliegen eines Scheinarbeitsverhältnisses
auch im Zeitraum vom 05.10.2015 bis zum 31.12.2015.
Da der Antragsteller zu 2) schon nicht vorträgt, seit seiner Einreise in einem Arbeitsverhältnis gestanden zu haben, scheidet
ein Leistungsanspruch als Arbeitnehmer schon aus diesem Grunde aus. Ebenso wenig können sich die Antragsteller zu 3) und 4)
zur Begründung ihres Aufenthaltsrechtes auf die Arbeitnehmereigenschaft ihres Vaters berufen.
Der Senat kann daher offen lassen, ob die ab 29.12.2016 geltende Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c SGB II, die einen Leistungsanspruch allein wegen des Schulbesuchs minderjähriger Kinder ausscheiden lässt, europarechtskonform ist.
Schließlich liegen bei den Antragstellern auch nicht die Voraussetzungen für ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU vor, weil die Voraussetzung eines fünfjährigen Daueraufenthaltes der Antragsteller in der Bundesrepublik nicht erfüllt ist.
Sie reisten nach eigenen Angaben bei Erstantragstellung im August 2015 ein und können damit ein Daueraufenthaltsrecht auf
Grund dieser Vorschrift erst im Jahr 2020 erhalten.
Ob den Antragstellern auf Grund Vorliegens einer besonderen Härte iSd § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII Leistungen durch den Träger der Sozialhilfe nach dem SGB XII zustehen, ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
Den Antragstellern war auch für das erstinstanzliche Antragsverfahren im Hinblick auf die weitere Sachverhaltsaufklärung Prozesskostenhilfe
zu bewilligen, weil der Rechtsverfolgung die Erfolgsaussichten nicht von vornherein abgesprochen werden konnten, §§ 73a Abs.
1 Satz 1
SGG, 114 ff
ZPO.
Die Kostenentscheidung folgt für das einstweilige Rechtschutzverfahren aus einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG. Im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind Kosten nicht erstattungsfähig, §§ 73a Abs. 1 Satz
1
SGG, 127 Abs. 4
ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§
177 SGG).