Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche einstweilige Rechtsschutzverfahren und für das Beschwerdeverfahren
vor dem Hintergrund der Annahme eines verfahrenserledigenden Angebots der Behörde über die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
während des erstinstanzlichen Verfahrens
Notwendigkeit des vollständigen Vorliegens des Prozesskostenhilfeantrags vor Verfahrensabschluss (hier: Fehlen der Erklärungen
über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aber Bezugnahme auf die eingereichten entsprechenden Erklärungen im
zeitgleichen Klageverfahren)
Voraussetzungen für die ausnahmsweise Entbehrlichkeit der Abgabe der Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO
Bestätigung des Grundsatzes: Keine Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeverfahren
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche einstweilige Rechtsschutzverfahren
und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren.
Der Antragsteller hat zunächst unvertreten am 25.02.2014 Klage (S 12 AS 702/14) erhoben mit dem Begehren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vom Antragsgegner zu erhalten. Im dortigen Verfahren
hat er Prozesskostenhilfe unter Übereichung der Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beantragt
und die Beiordnung seines Bevollmächtigten begehrt.
Mit Antrag vom gleichen Tag hat der Antragsteller im hiesigen Verfahren vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Mit Vollmacht
vom 14.03.2014 hat sich der Bevollmächtigte bestellt und inhaltliche Ausführungen gemacht, die unter Beibringung von Urkunden
zur Glaubhaftmachung zu einem verfahrenserledigenden Angebot des Antragsgegners vom 25.03.2014 führten. Mit Schriftsatz vom
04.04.2014 beantragte der Antragsteller auch für hiesiges Verfahren Prozesskostenhilfe unter Bezugnahme auf die Überreichung
der Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Klageverfahren und nahm das verfahrenserledigende
Angebot an.
Mit Beschluss vom 08.04.2014 lehnte das Sozialgericht Düsseldorf die Gewährung von Prozesskostenhilfe ab. Zur Begründung wurde
ausgeführt, der vollständige Antrag auf Prozesskostenhilfe müsse vor Verfahrensabschluss vorliegen, eine Bezugnahme auf in
anderen Verfahren eingereichte Erklärungen reiche nicht aus. Im Übrigen sei im Zeitpunkt der Antragstellung auf Prozesskostenhilfe
der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bereist gegenstandslos gewesen.
Hiergegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Prozesskostenhilfe
für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
Das Verfahren war im Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe noch nicht beendet. Unabhängig von der Erfüllung der
materiellen Beschwer des Antragstellers, bedarf es einer verfahrensbeendenden Prozesshandlung, die erst durch die Annahme
des Angebots am 04.04.2014 erfolgte (vgl. Meyer-Ladewig, Leitherer 10. Aufl. 2012, § 101 Rn 22). Chronologisch vor dieser
verfahrensbeendenden Erklärung hat der Antragsteller Prozesskostenhilfe beantragt. Die noch vorliegende Rechtshängigkeit des
Verfahrens gemäß §
94 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) führt dazu, dass der Antragsteller noch wirksam bis zum Abschluss des Verfahrens Prozesskostenhilfe beantragen konnte.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe war im Zeitpunkt der Beantragung und der Beendigung der Rechtshängigkeit durch Prozesserklärung
des Bevollmächtigten nicht vollständig, weil die Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse fehlten.
Aus dem Erfordernis des §
117 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO), dass die Erklärung dem Antrag auf Prozesskostenhilfe beizufügen ist, ergibt sich nämlich, dass sich der Inhalt dieser Erklärung
auf den Zeitpunkt der Antragstellung beziehen muss. Um dies zu gewährleisten, muss sich der Antragsteller grundsätzlich bei
jedem - prozessual selbständigen - Antragsverfahren bei der Abgabe der Erklärung nach §
117 Abs.
2 ZPO des gemäß §
117 Abs.
4 ZPO durch die Prozesskostenhilfevordruckverordnung vom 17. Oktober 1994 (BGBl. I 2001) eingeführten Vordrucks erneut bedienen
(vgl. Beschluss des BSG vom 19. Januar 1983 - 7 BH 21/82 -, unveröffentlicht, und vom 23. März 1983 - 7 BAr 16/83 -unveröffentlicht; zit. nach juris)
Die Abgabe einer Erklärung nach §
117 Abs.
2 ZPO ist vorliegend aber ausnahmsweise entbehrlich. Von der Vorlage der Erklärung kann abgesehen werden, wenn der Antragsteller
auf eine bereits im vorausgegangenen Rechtszug abgegebene Erklärung Bezug nimmt (vgl. BGH NJW 1983, 2145 ff). Der Antragsteller hat sich auf die Erklärung im Parallelverfahren berufen und hat seine Bedürftigkeit durch das Verfahren
mit dem Begehren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes auch dargelegt.
Nicht anders sieht diese ausnahmsweise Bezugnahme auch das BSG in der im Beschluss zitierten Entscheidung (BSG, Beschluss vom 03. April 2001 - B 7 AL 14/01 B -, zit. nach juris). Eine Bezugnahme ist aber nicht nur ausnahmsweise dann möglich, wenn auf den vorangegangenen Rechtszug
Bezug genommen wird, sondern erst recht bei Bezugnahme auf die zeitgleich erhobene Klage. Nach Auffassung des Senats erfüllt
daher die Bezugnahme auf die Erklärung im Parallelverfahren die Kriterien des §
117 Abs.
2 ZPO.
Jedoch müssen im Zeitpunkt der Bewilligungsreife die Erfolgsaussichten für das Begehren noch gegeben sein (§
73 a Abs.
1 S.1
SGG iVm. §
114 ZPO). Dies bedeutet, dass neben dem Anordnungsanspruch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch der Anordnungsgrund, also
die Eilbedürftigkeit gegeben sein muss. Dieser Anordnungsgrund ist mit der Bewilligung des Darlehens durch den Antragsgegner
weggefallen. Darüber hinaus ist auch die Beschwer des Klägers durch die Bewilligung des Darlehens weggefallen, mit der Folge,
dass mangels Erfolgsaussichten des einstweiligen Rechtsschutzes im Zeitpunkt der Bewilligungsreife die Gewährung einer Prozesskostenhilfe
nicht mehr in Betracht kam.
Auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das vorliegende Beschwerdeverfahren war abzulehnen. Denn das Prozesskostenhilfeverfahren
dient nicht unmittelbar der "Rechtsverfolgung" im Sinne von §
114 Satz 1
ZPO; es handelt sich um ein separates Verfahren zur Prüfung, ob die Rechtsverfolgung finanzieller Unterstützung bedarf. Einen
Antrag auf Prozesskostenhilfe kann der Betroffene selbst stellen und ggf. zuvor Beratung nach dem Beratungshilfegesetz in Anspruch nehmen (BayLSG, Beschlüsse vom 7. Mai 2010, Az. L 17 U 133/10 B PKH und 12. April 2011, L 7 AS 192/11, alle Beschlüsse zit. nach juris).
Der gegenteiligen Auffassung des 15. Senats des LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 12.01.2012, L 15 AS 305/11 B zit. nach juris) schließt sich der Senat nicht an. Der Beschluss des BGH vom 30. Mai 1984, VII ZR 298/83 hat nicht durch den vom LSG Niedersachsen-Bremen zur Begründung zitierten Beschluss des BGH vom 19. Dezember 2002, Az. III ZB 33/02, an Bedeutung verloren. Der BGH hatte in diesem Verfahren Prozesskostenhilfe für eine im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens
beim BGH geführten Rechtsbeschwerde mit der Begründung bewilligt, eine solche Rechtsbeschwerde könne wirksam nur durch einen
beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden. Im Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren vor den Landessozialgerichten
herrscht indes kein Anwaltszwang (vgl. ebenso bereits 11. Senat des LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11.03.2013, L 11 AS 1495/12 B, zit. nach juris in Übereinstimmung mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des hiesigen LSG, vgl. Beschluss vom 17.01.2014,
L 1 KR 536/13 B, zit. nach juris). Im Übrigen hat der BGH in letztgenannter Entscheidung für den Beschwerderechtszug Prozesskostenhilfe
gewährt und darauf verwiesen, der - vom BGH im Übrigen nicht in Zweifel gezogene - Grundsatz, dass für das Prozesskostenhilfeverfahren
Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden kann, stünde dem nicht entgegen.
Im Übrigen hat der BGH in seinem Beschluss vom 8. Juni 2004, Az. VI ZB 49/03, erneut den Grundsatz bestätigt, dass Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeverfahren grundsätzlich nicht zu gewähren
ist. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Rechtsprechung nicht beanstandet. Der Grundsatz, wonach keine Prozesskostenhilfe
für das Prozesskostenhilfeverfahren gewährt werde, sei verfassungsrechtlich unbedenklich, weil das PKH-Verfahren den Rechtsschutz,
den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordere, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen solle (BVerfG, Beschluss vom 2. Juli
2012, Az. 2 BvR 2377/10, zit. nach juris).
Kosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§
73 a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
127 Abs.
4 ZPO).
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§
177 SGG).