Unbegründetheit der Beschwerde des Arbeitgebers gegen die Ablehnung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen
einen Beitragsbescheid
Anforderungen an die Sozialversicherungspflicht des zur Hälfte am Stammkapital einer GmbH beteiligten mitarbeitenden Gesellschafters
einer GmbH und an die Glaubhaftmachung einer Bestellung zum Geschäftsführer
Gründe
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet. Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung der beim Sozialgericht (SG) Duisburg unter dem Aktenzeichen S 10 BA 47/20 anhängigen Klage gegen den Bescheid vom 9.12.2019 in Gestalt des Bescheides vom 20.4.2020 und des Widerspruchsbescheides
vom 5.6.2020 ist nicht begründet.
An der Rechtmäßigkeit des streitbefangenen Bescheides der Antragsgegnerin bestehen weder in formeller noch materiell-rechtlicher
Hinsicht Zweifel in einem Umfang, der einen Erfolg der Klage nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen
summarischen Prüfung zumindest wahrscheinlich erscheinen lässt. Hinsichtlich der insoweit maßgeblichen rechtlichen Grundlagen
wird auf den angefochtenen Beschluss des SG verwiesen (vgl. §
142 Abs.
2 S. 3
Sozialgerichtsgesetz -
SGG).
Nach dem derzeitigen Sachstand hat die Beklagte zu Recht festgestellt, dass Herr T C in seiner Tätigkeit bei der Antragstellerin
im streitigen Zeitraum vom 1.1.2015 bis 31.12.2018 der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlag
und hierfür Beiträge sowie Umlagen in Höhe von insgesamt 72.263,30 Euro zu zahlen sind. TC, der zur Hälfte am Stammkapital
der Antragstellerin beteiligt war und ist, übte danach als mitarbeitender Gesellschafter eine Beschäftigung gegen Entgelt
gem. §
14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) aus (zur Versicherungspflicht eines zur Hälfte am Stammkapital einer GmbH beteiligten, mitarbeitenden Gesellschafters vgl.
Senatsurt. v. 29.1.2020 - L 8 BA 153/19 - juris Rn. 49 ff.).
Entgegen der Auffassung des SG kann nach der bisherigen Aktenlage nicht davon ausgegangen werden, dass TC im streitigen Zeitraum Geschäftsführer der Antragstellerin
war. Entsprechend können auch nicht die Maßstäbe zur Beurteilung der Tätigkeit eines Geschäftsführer-Gesellschafters, wie
sie das SG zutreffend dargestellt hat, anstelle der rechtlichen Maßstäbe zur Beurteilung der Tätigkeit eines mitarbeitenden Gesellschafters
herangezogen werden.
Die Antragstellerin hat eine im Jahr 2013 erfolgte rechtswirksame Bestellung des TC zum Geschäftsführer nicht gem. §
86b Abs.
2 S. 4
SGG i.V.m. §§
920 Abs.
2,
294 Abs.
1 Zivilprozessordnung (
ZPO) hinreichend glaubhaft gemacht.
Soweit sie im gerichtlichen Verfahren einen Beschluss der Gesellschafterversammlung datierend vom 15.3.2013 über die Bestellung
des TC zum Geschäftsführer vorgelegt hat, genügt dies zur Glaubhaftmachung nicht. Eine Privaturkunde begründet, sofern sie
von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet ist, (lediglich) den Beweis
dafür, dass die in ihr enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind (vgl. §
118 Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
416 ZPO). Sie erbringt hingegen nicht den Nachweis der inhaltlichen Richtigkeit der in ihr enthaltenen Erklärungen, im vorliegenden
Fall somit nicht den Nachweis, dass dieser Gesellschafterbeschluss tatsächlich am 15.3.2013 gefasst worden ist. Am Datum der
Beschlussfassung bestehen nach dem derzeitigen Sachstand erhebliche Zweifel.
Zunächst ist nicht ersichtlich, warum zur Existenz einer entsprechenden Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung erst
im gerichtlichen Verfahren und auf Anforderung und nicht bereits eigenständig in einem früheren Verfahrensstadium vorgetragen
und die entsprechende Urkunde vorgelegt worden ist. Dies gilt besonders deshalb, weil die Antragstellerin TC in Folge der
behaupteten Bestellung zum Geschäftsführer 2013 entgegen ihrer gesetzlichen Pflicht gem. § 39 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) - anders als den weiteren Gesellschafter, Herrn A C und anders als im vorgelegten Geschäftsführervertrag des TC vom 2.4.2013
vermerkt - nicht im Handelsregister hat eintragen lassen.
Zwar kommt der Eintragung des Geschäftsführers einer GmbH im Handelsregister regelmäßig dann, wenn die Bestellung - wie im
vorliegenden Fall - nicht mit einer Änderung des Gesellschaftsvertrages selbst verbunden ist, nur deklaratorische Bedeutung,
nicht jedoch konstitutive Wirkung zu und ist diese damit nicht unabdingbare Voraussetzung für die sozialversicherungsrechtliche
Beurteilung der Tätigkeit nach den Maßstäben eines Geschäftsführer-Gesellschafters (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 12.12.2017
- L 8 R 847/17 B ER - juris Rn. 19). Gleichwohl löst die mangelnde Eintragung bei damit fehlender Publizitätswirkung einen erhöhten Bedarf
zur Darlegung und zum Beweis der behaupteten Geschäftsführerbestellung aus. Soweit die - schon im Widerspruchsverfahren anwaltlich
vertretene - Antragstellerin geltend gemacht hat, die unterbliebene Eintragung des TC sei auf ein Versehen zurückzuführen,
hätte es sich ihr daher frühzeitig aufdrängen müssen, den für die Geschäftsführerbestellung konstitutiven Beschluss der Gesellschafterversammlung
zu den Akten zu reichen.
Die späte Vorlage des Beschlusses begegnet hier insbesondere deshalb Bedenken, weil die Antragstellerin im Verwaltungs- und
Gerichtsverfahren widersprüchliche Angaben zum Datum und zu den Umständen einer Bestellung des TC zu ihrem Geschäftsführer
gemacht hat. So haben AC und TC im Feststellungsbogen zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern,
Fremdgeschäftsführern und mitarbeitenden Gesellschaftern einer GmbH angegeben, TC sei "seit dem 2.9.2019" Geschäftsführer
der Antragstellerin. In der Widerspruchsbegründung vom 8.1.2020 ist wiederum ausgeführt, TC und AC seien mit Beschluss "vom
selben Tage" zu Geschäftsführern bestellt worden. Letzteres Vorbringen hat die Antragstellerin zur Begründung des gerichtlichen
Eilantrags wiederholt. Es ist jedoch ersichtlich unzutreffend, da AC bereits am 17.2.2011 zum Geschäftsführer bestellt worden
ist (vgl. § 6 des Gesellschaftsvertrages der Antragstellerin vom 17.2.2011) und eine zeitgleiche Bestellung mit TC am 15.3.2013
damit jedenfalls nicht erfolgt ist.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich die Antragstellerin (auch noch) im Verfahren, das zur Eintragung des TC als
Geschäftsführer im Handelsregister am 20.5.2019 geführt hat, nicht - wie hier im Verfahren - auf einen Gesellschafterbeschluss
vom 15.3.2013 bezogen hat. Vielmehr liegt dieser Eintragung ein notariell beurkundeter (neuer) Beschluss der Gesellschafterversammlung
vom 2.4.2019 zugrunde. Dies wiederum entspricht - wenn man insoweit von einem Schreibfehler hinsichtlich des Monats ausgeht
- den o.g. Angaben von AC und TC im Feststellungsbogen des Verwaltungsprüfverfahrens.
Wann die Bestellung des TC zum Geschäftsführer tatsächlich erfolgt ist, bleibt der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheides für die Antragstellerin eine unbillige
Härte bedeuten würde, bestehen nicht. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für sie verbundenen wirtschaftlichen
Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten
sind (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 22.4.2020 - L 8 BA 266/19 B ER - juris Rn. 26 ff.). Darüber hinaus gehende, nicht oder nur schwer wiedergutzumachende Nachteile sind nicht erkennbar
und auch nicht vorgetragen.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §
197a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur
ein Viertel des Wertes der Hauptsache einschließlich etwaiger Säumniszuschläge als Streitwert anzusetzen ist (vgl. z.B. Senatsbeschl.
v. 22.4.2020 - L 8 BA 266/19 B ER - juris Rn. 30 m.w.N.).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).