Statusfeststellungsverfahren bzgl. einer Tätigkeit als Dachdeckermeister und Betriebsleiter eines Familienbetriebes bei vorangegangenem
unbefristeten Arbeitsvertrag
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem
Recht der Arbeitsförderung
Versicherungsrechtliche Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen - hier Mutter (Betriebsinhaberin)
und Sohn (Betriebsleiter)
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens, ob die von dem Kläger zu 2) bei der Klägerin zu 1) ausgeübte Tätigkeit
als Dachdeckermeister vom 1.3.2004 bis zum 31.12.2010 Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung begründet
hat.
Der Kläger zu 2) ist der Sohn der Klägerin zu 1). Er ist Dachdeckermeister und hat sein bisheriges Berufsleben vollständig
im Familienbetrieb verbracht. Er begann seine Ausbildung im Jahre 1984, als der Betrieb noch seinem Vater, Herrn Q, gehörte.
Anschließend arbeitete er dort als angestellter Arbeitnehmer. Nach dem Tod des Vaters am 7.12.1998 führte die Klägerin zu
1) als Erbin den Betrieb fort und wurde als Inhaberin in die Handwerksrolle eingetragen.
Der Kläger zu 2) legte im Juni 1999 die Meisterprüfung ab. Zum 1.7.1999 schlossen die Kläger einen unbefristeten Arbeitsvertrag,
wonach der Kläger zu 2) als "fachlich-technischer Leiter" auf unbestimmte Dauer als Angestellter zu einem monatlichen Gehalt
in Höhe von 5.900,00 DM brutto tätig werden sollte. Das Gehalt entspreche dem Tariflohn in der Gruppe "T4". Für das Arbeitsverhältnis
sollten "die für das Dachdecker-Handwerk jeweils gültigen tariflichen Bestimmungen (Lohn-, Gehalts-, Rahmen- bzw. Manteltarifvertrag
etc.)" gelten. Auf die Vertragsbestimmungen im Übrigen wird Bezug genommen.
Am 27.11.2000 wurde der Kläger zu 2) als Betriebsleiter des Dachdeckerbetriebs in die Handwerksrolle eingetragen worden.
Mit Wirkung zum 1.3.2004 vereinbarten die Beteiligten einen "Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 1.7.1999". Danach wurde der "Arbeitnehmer
als Dachdeckermeister beschäftigt". Er erhielt eine monatliche Bruttovergütung von 3.427,00 EUR. Im Übrigen heißt es wörtlich:
"Die übrigen Regelungen des Vertrages bleiben unverändert bestehen". Mit weiterem "Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 1.7.1999"
erhielt "der Arbeitnehmer" ein Kraftfahrzeug der Marke Citroën C5 von der Klägerin zu 1) zur Verfügung gestellt, welches auch
für private Fahrten genutzt werden konnte. Daraus sich ergebende geldwerte Vorteile hatte er als Arbeitnehmer zu versteuern.
Erneut heißt es wörtlich: "Die übrigen Regelungen des Vertrages bleiben unverändert bestehen."
Während der gesamten Zeit seiner Tätigkeit wurden für den Kläger zu 2) Lohnsteuer sowie Abgaben zu allen Zweigen der Sozialversicherung
abgeführt. Sein Gehalt und die sozialversicherungsrechtlichen Abgaben wurden steuerlich als Betriebsausgaben geltend gemacht.
Mit Schreiben vom 18.7.2007 wandten sich die Kläger an die Einzugsstelle, die Beigeladene zu 3), und baten um Auszahlung zu
Unrecht gezahlter Beiträge. Es bestehe für den Kläger zu 2) keine Versicherungspflicht. Er sei seit dem 1.3.2004 als (einziger)
Dachdeckermeister im Betrieb der Klägerin zu 1) beschäftigt. Dem Schreiben lag ein Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen
Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen bei. Dort gab der Kläger zu 2) an, dass er zwischen 60
bis 70 Stunden wöchentlich arbeite, wobei sich die Arbeitszeit unregelmäßig gestalte. Er übe die Tätigkeit aufgrund einer
arbeitsvertraglichen Vereinbarung aus. Er sei nicht wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert und nicht an
Weisungen des Betriebsinhabers gebunden. Die Mitarbeit sei aufgrund familiärer Rücksichtnahmen durch ein gleichberechtigtes
Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Urlaubsanspruch sowie Kündigungsfrist seien vereinbart. Er habe einen Urlaubsanspruch
von 30 Arbeitstagen. Dieser richte sich nach dem Tarifvertrag. Arbeitsentgelt werde bei Arbeitsunfähigkeit für sechs Wochen
fortgezahlt.
Die Beigeladene zu 3) leitete den Antrag am 26.9.2007 an die Beklagte weiter. Am 23.10.2007 übermittelten die Kläger dieser
den Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach §
7a Abs.
1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV). Der Kläger zu 2) sei unternehmerisch tätig. Er besitze als einziger im Betrieb die notwendige fachliche Kompetenz. Er führe
die erforderlichen Kalkulationen und Preisgestaltungen durch. Er erstelle Ausschreibungsangebote. Ihm stehe das alleinige
Weisungsrecht gegenüber den Arbeitnehmern zu. Er entscheide über Werbemaßnahmen und betreibe Kundenpflege. Die Klägerin zu
1) sei zwar die Inhaberin des Betriebes. Sie sei jedoch nur für die Buchhaltung und allgemeine Bürotätigkeiten zuständig.
Mit Schreiben vom 9.11.2007 hörte die Beklagte beide Kläger zu der Absicht an, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen
Beschäftigung im Sinne des §
7 Abs.
1 SGB IV ab dem 1.3.2004 zu erlassen. Der Tätigkeitsort werde durch ein einseitiges Direktionsrecht zugewiesen. Der Kläger zu 2) arbeite
am Betriebssitz der Klägerin zu 1). Zur Durchführung des Auftrages habe er sich an zeitliche Vorgaben zu halten. Als Vergütung
werde eine erfolgsunabhängige Pauschalvergütung gezahlt. Er setze kein eigenes Kapital ein.
Dem traten die Kläger entgegen. Der Kläger zu 2) erhalte weder nach Ort noch Zeit Weisungen durch die Klägerin zu 1). Dafür
fehle ihr die notwendige Qualifikation. Sie trete nur formal als Inhaberin des Betriebes auf. Zu ihrem Aufgabenbereich zählten
allgemeine Bürotätigkeiten, insbesondere die Vorbereitung der Finanz- und Lohnbuchhaltung sowie die Büroablage. Der Kläger
zu 2) habe die Funktion des Betriebsinhabers faktisch übernommen. Seine Aufgaben lägen in der Annahme und Kalkulation der
Aufträge, der Erstellung der Ausgangsrechnungen, der Bearbeitung von Ausschreibungen, dem Eingehen und Beenden von Arbeitsverhältnissen
und in der Ausübung des Weisungsrechts gegenüber den Angestellten im Hinblick auf deren Arbeitszeit und -ort. Er sei zudem
allein in der Handwerksrolle eingetragen. Eine Eingliederung in den Betrieb sei nicht erkennbar. Er arbeite regelmäßig mehr
als die vertraglich vereinbarte wöchentliche Stundenzahl. Auch den vertraglich vereinbarten, für einen Arbeitnehmer typischen,
festen Jahresurlaub schöpfe er grundsätzlich nicht aus. Er habe in finanziell angespannten Zeiten zudem auf die fristgerechte
Gehaltszahlung verzichtet. Man habe lediglich aus steuerlichen Gründen nach dem Tod des Vaters des Klägers zu 2) von einer
Umschreibung des Betriebes abgesehen.
Mit Bescheiden vom 11.1.2008 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger zu 2) als Dachdeckermeister bei der Klägerin zu 1)
ab dem 1.3.2004 im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigem Beschäftigungsverhältnisses
tätig sei.
Dagegen legten die Kläger am 13.2.2008 Widerspruch ein. Sie wiederholten und vertieften ihren Vortrag aus dem bisherigen Verwaltungsverfahren.
Ergänzend führten sie aus, dass sich der Kläger zu 2) krankheitsbedingte Ausfälle nicht erlauben könne. Da zudem nur aus steuerlichen
Gründen nach dem Tod des ursprünglichen Inhabers von einer Umschreibung des Betriebs auf ihn abgesehen worden sei, müsse er
schon mit Eintritt in den Betrieb als Mitunternehmer verstanden werden.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 22.4.2008 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück.
Dagegen haben die Kläger am 23.5.2008 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt haben. Es liege eine selbständige Tätigkeit des Klägers
zu 2) vor. Neben den bereits genannten Aufgaben oblägen ihm die Beratung der Kunden sowie die Gespräche mit Kreditinstituten.
Er sei fachlich-technischer Leiter des Betriebes. Der Arbeitsvertrag datiere auf das Jahr 1999 und stamme damit aus einer
Zeit, als der Kläger zu 2) noch nicht Dachdeckermeister gewesen sei. Die vertraglichen Regelungen, insbesondere zur Beendigung
des Arbeitsverhältnisses und zur Arbeitszeit, würden in der Praxis nicht umgesetzt. Der Kläger zu 2) arbeite vielmehr regelmäßig
mehr als die vertraglich vereinbarte wöchentliche Stundenzahl, ohne hierfür Freizeitausgleich oder Entgelt für Mehrarbeit
in Anspruch zu nehmen. Den Jahresurlaub schöpfe er nicht aus. Arbeitszeit und Urlaubszeit gestalte er abhängig von den betrieblichen
Bedürfnissen. Im Rahmen der Gesamtabwägung sei zudem zu berücksichtigen, dass die Gehaltszahlungen (auch) in bar erfolgten.
Zwar habe der Kläger zu 2) im Jahr 2007 insgesamt 43.995,00 EUR und im Jahr 2008 insgesamt 44.652,00 EUR verdient. Die Zahlungen
seien allerdings nicht pünktlich, sondern vielmehr mit erheblicher Verzögerung erfolgt. Der Kläger zu 2) trage auch ein unternehmerisches
Risiko. Er habe einen Bausparvertrag (Nr. 000) bei der D Bausparkasse in Höhe von 16.725,00 EUR auf die Klägerin zu 1) übertragen.
Dieser sei für Investitionen auf dem Betriebsgrundstück verwendet worden. Einen Ausgleich habe er nicht erhalten.
Die Kläger haben beantragt,
die Bescheide vom 11.1.2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 22.4.2008 aufzuheben und festzustellen, dass der
Kläger zu 2) mit seiner Tätigkeit als Dachdeckermeister für die Firma Q Bedachung und Klempnerei, Inhaber Klägerin zu 1),
vom 1.3.2004 bis zum 31.12.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung
sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ihre Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt.
Das SG hat am 16.10.2009 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt und die Kläger angehört.
Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Das SG hat sodann die Klage mit Urteil vom 16.10.2012 nach erneuter Anhörung der Kläger abgewiesen. Dort hat der Kläger zu 2) u.a.
mitgeteilt, dass er ab dem 1.1.2011 den Betrieb von der Klägerin zu 1) übernommen habe. Auf die Sitzungsniederschrift sowie
die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Die Kläger haben gegen das ihnen am 19.11.2012 zugestellte Urteil am 18.12.2012 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren
weiterverfolgen. Das SG habe den Aspekt der fehlenden Weisungsgebundenheit nicht ausreichend gewürdigt. Die Klägerin zu 1) habe bereits aufgrund
mangelnder Kenntnisse keine Weisungen erteilen können. Ein Vergleich zu einem angestellten Dritten sei nicht statthaft. Die
Einstellung eines fremden Betriebsleiters sei zum einen bei inhabergeführten Familienbetrieben nicht üblich und zum anderen
hätte die Klägerin zu 1) keinen Fremden mit den Aufgaben des Klägers zu 2) betraut. Das Bestehen eines Arbeitsvertrags und
die Abführung von Lohnnebenkosten reichten nicht aus, um eine abhängige Beschäftigung zu begründen. Der Kläger zu 2) habe
nur deshalb den Betrieb nicht direkt nach dem Tod seines Vaters übernommen, weil damals erhebliche Schulden in Höhe von ca.
700.000,00 DM bestanden hätten, die durch das Betriebsgrundstück, welches im Eigentum der Klägerin zu 1) stehe, gesichert
gewesen seien.
Mit Bescheiden vom 1.11.2013 hat die Beklagte die angefochtenen Bescheide dahingehend abgeändert, dass sie die Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
des Klägers zu 2) vom 1.3.2004 bis zum 31.12.2010 in seiner ausgeübten Beschäftigung als Dachdeckermeister festgestellt hat.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.10.2012 zu ändern und unter Aufhebung der Bescheide vom 11.1.2008 in der Gestalt
der Widerspruchsbescheide vom 22.4.2008 und der Änderungsbescheide vom 1.11.2013 festzustellen, dass für die Tätigkeit des
Klägers zu 2) als Dachdeckermeister bei der Klägerin zu 1) vom 1.3.2004 bis zum 31.12.2010 keine Versicherungspflicht in der
gesetzlichen Krankenversicherung und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
bestanden hat.
Die Vertreterin der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klagen gegen die Bescheide vom 1.11.2013 abzuweisen.
Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Auf Nachfrage des Senates haben die Kläger die Gehaltsabrechnungen des Klägers zu 2) für den streitgegenständlichen Zeitraum,
Auszüge aus der Handwerksrolle sowie ein Schreiben der D Bausparkasse zum Bausparkonto 000 vom 17.1.1996 vorgelegt, wonach
der Bausparvertrag des Klägers zu 2) auf die Klägerin zu 1) überschrieben worden ist.
Mit Beschluss vom 4.12.2013 hat der Senat die Beigeladenen zu 1) bis 4) beigeladen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Senat die Kläger angehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der
Zeugen Josef H und H1. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der
Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 1) bis 4) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit den ordnungsgemäßen
Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
Streitgegenständlich sind vorliegend die Bescheide der Beklagten vom 11.1.2008 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 22.4.2008
in Gestalt der Änderungsbescheide vom 1.11.2013. Die Änderungsbescheide vom 1.11.2013 sind erstmalig im Berufungsverfahren
nach §§
153,
96 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zum Gegenstand des Verfahrens geworden, sodass der Senat diesbezüglich erstinstanzlich auf Klage entscheidet.
Die zulässige Berufung der Kläger gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 16.10.2012 ist unbegründet. Hinsichtlich der Änderungsbescheide
ist die Klage zwar zulässig, aber unbegründet.
Die Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht nach §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG in ihren Rechten. Zu Recht hat die Beklagte nach §
7a Abs.
1 Satz 2
SGB IV bezüglich der von dem Kläger zu 2) vom 1.3.2004 bis zum 31.12.2010 ausgeübten Beschäftigung als Dachdeckermeister im Betrieb
der Klägerin zu 1) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung
sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung angenommen.
Die Versicherungspflicht ergibt sich in der Rentenversicherung aus §
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI), in der Kranken- und Pflegeversicherung aus §
5 Abs.
1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) bzw. §
20 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 in Verbindung mit Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (
SGB XI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung aus §
25 Abs.
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III), da der Kläger zu 2) bei der Klägerin zu 1) gegen Arbeitsentgelt abhängig beschäftigt gewesen ist.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit,
Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige
Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig
beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung
und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen z.B. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, USK 2012-82; BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v.11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; Senat, Beschluss vom 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, [...]; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen Angehörigen besteht (BSG, Urteil v. 5.4.1956, 3 RK 65/55, SozR Nr. 18 §
164 SGG; BSG, Urteil v. 17.12.2002, B 7 AL 34/02 R, USK 2002-42; BSG, Urteil v. 10.5.2007, B 7a AL 8/06 R, USK 2007-53), wobei es jeweils auf die Umstände des Einzelfalles ankommt (Senat, Urteil
v. 29.2.2012, L 8 R 166/10, [...]). Größere Freiheiten des als Arbeitnehmer tätigen Familienangehörigen im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern sind dabei
unschädlich (BSG, Urteil v. 31.7.1963, 3 RK 46/59, SozR Nr. 39 zu § 165
RVO). Entscheidend für die Beurteilung der Eingliederung und der Weisungsgebundenheit ist insbesondere, ob die Arbeitskraft im
Dienst des Unternehmens eingesetzt und dabei Aufgaben erfüllt werden, die sich aus der Organisation oder der direkten Anweisung
des Arbeitgebers ergeben (Segebrecht in: jurisPK-
SGB IV, 2. Aufl., 2011, §
7 Rdnr. 146; Senat, Urteil v. 29.2.2012, a.a.O.; jeweils m.w.N.).
Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber
den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, a.a.O., [...]; ebenso Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände,
die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt,
ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen
worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen
Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen
Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur
der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist.
Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen
ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten
zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen
abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich
zulässig ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, [...]; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08, [...]).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das SG zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger zu 2) im Streitzeitraum von der Klägerin zu 1) abhängig beschäftigt war.
Die Bewertung und Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale zeigt, dass das vertraglich vereinbarte und tatsächlich praktizierte
Vertragsverhältnis im Wesentlichen dem eines abhängig Beschäftigten entspricht, wogegen Aspekte, die für eine Qualifikation
als selbstständige Tätigkeit sprechen, nicht in relevantem Umfang vorhanden sind.
Ausgangspunkt der Prüfung ist der bereits am 1.7.1999 geschlossene Arbeitsvertrag in der Gestalt der vertraglichen Ergänzungen
vom 1.3.2004 und zuletzt vom 1.3.2007, der das Vertragsverhältnis der Beteiligten bestimmte.
Dieser hat sowohl nach seiner Bezeichnung als "Arbeitsvertrag", der Bezugnahme auf die tariflichen Bestimmungen als auch nach
seinem Inhalt - über den Tarifvertrag eine wöchentliche Arbeitszeit (vgl. Rahmentarifvertrag für kaufmännische und technische
Angestellte im Dachdeckerhandwerk v. 19.12.1990), monatliches festes Gehalt i.S.d. Tariflohns der Gruppe T4, Anspruch auf
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie den tarifvertraglichen Anspruch auf bezahlten jährlichen Erholungsurlaub und ab
dem 1.3.2007 Anspruch auf Nutzung eines Dienstwagens - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand.
Unerheblich ist die klägerische Einwendung, dass der Arbeitsvertrag bereits im Jahr 1999 geschlossen worden sei und in der
Praxis ab dem 1.3.2004 nicht habe fortgelten sollen. Das Gegenteil ergibt sich bereits aus den Vereinbarungen der Kläger.
Der Vertrag ist durch diese zweifach geändert worden, ohne dass sie sich grundsätzlich vom ihm lösen wollten. Vielmehr ist
dem Wortlaut dieser sog. Nachträge zum Arbeitsvertrag eindeutig zu entnehmen, dass die Kläger an den ursprünglichen Bestimmungen
im Übrigen festhalten wollten und als Folge davon auch an einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. So haben sie mit Wirkung
zum 1.3.2004 unter Berücksichtigung einer Erhöhung der monatlichen Bruttovergütung ausdrücklich vereinbart, dass nunmehr der
"Arbeitnehmer als Dachdeckermeister beschäftigt" werde. Mit weiterem Nachtrag und Wirkung zum 1.3.2007 hat der erneut als
Arbeitnehmer bezeichnete Kläger zu 2) ein Kraftfahrzeug der Marke Citroën C5 von der Klägerin zu 1) zur Verfügung gestellt
bekommen, welches auch für private Fahrten genutzt werden durfte. Daraus sich ergebende geldwerte Vorteile sollte er erneut
"als Arbeitnehmer" versteuern. In beiden Fällen waren sich die Kläger einig, dass die übrigen Regelungen des Vertrages unverändert
bestehen bleiben sollten.
Der Vortrag der Kläger, dass die Vereinbarung in der Praxis keinen Bestand gehabt habe, überzeugt zudem nicht vor dem Hintergrund,
dass sämtliche Merkmale der "äußeren Abwicklung" der Erwerbstätigkeit des Klägers zu 2) (wie festes monatliches Arbeitsentgelt,
Verbuchung der Personalkosten als Betriebsausgaben, Entrichtung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen) im Wesentlichen
über den streitigen Zeitraum unverändert geblieben sind (vgl. dazu auch BSG, Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, USK 2013-39). Das galt insbesondere auch noch, nachdem der Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status
gestellt worden ist. Zudem hat der Kläger zu 2) insbesondere vor dem Hintergrund der bestehenden Absicherung darauf verzichtet,
sich anderweitig gegen das Risiko der Krankheit abzusichern und für sein Alter vorzusorgen.
Unerheblich ist ferner, dass es sich bei dem Kläger zu 2) ab dem 1.3.2004 um den einzigen Meister des Handwerksbetriebs gehandelt
hat. Der durch die Kläger gewählten vertraglichen Gestaltung steht das nicht entgegen. Denn für die Eintragung in die Handwerksrolle
ist die Selbstständigkeit des Meisters keine Voraussetzung.
Bei dem ererbten Betrieb der Klägerin zu 1) handelt es sich um ein nach Ziff. 4 Anlage A der Handwerksordnung (HwO) zulassungspflichtiges Handwerk i.S.d. § 1 Abs. 1, 2 HwO. Vorliegend führte die Klägerin zu 1) diesen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 HwO als Ehegatte nach dem Tod des Inhabers fort, ohne die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle selbst erfüllen
zu müssen. Sie war allerdings nach § 4 Abs. 1 Satz 2 HwO verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass unverzüglich ein Betriebsleiter i.S.d. § 7 Abs. 1 HwO bestellt wird. Das ist, nachdem der weitere Handwerksmeister den Betrieb zum 31.3.2004 verlassen hatte, durch den Einsatz
und die spätere Eintragung des Klägers zu 2) geschehen, der als Betriebsleiter damit in dem Handwerksbetrieb für die fachliche
Ausgestaltung und den technischen Ablauf die Verantwortung trug (vgl. Bundesverwaltungsgericht - BVerwG, Urteil v. 16.4.1991,
1 C 50/88, NVwZ 1991, 1189 zum alten Recht).
Soweit sich die Kläger - glaubhaft bestätigt durch den Zeugen H - darauf berufen, dass die vertragliche Ausgestaltung lediglich
aus steuer- und haftungsrechtlichen Gründen gewählt worden sei, gehen sie unzutreffend davon aus, es unterliege ihrer Disposition,
die Wirkungen eines wirksamen Vertrages nach Maßgabe ihrer Individualnützigkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken
(vgl. dazu bereits: BSG, Urteil v. 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7).
Auf der beschriebenen vertraglichen Grundlage ist der Kläger zu 2) im streitigen Zeitraum demzufolge auch in einem fremden
Betrieb, nämlich dem der Klägerin zu 1), tatsächlich tätig geworden. Die Klägerin zu 1) hat den Dachdeckerbetrieb als Einzelunternehmen
geführt. Damit ist auch ausschließlich sie unmittelbar aus den sich aus dem Auftreten des Unternehmens im Geschäftsverkehr
ergebenden Ansprüche berechtigt und verpflichtet gewesen, wobei sie für die über das Unternehmen eingegangenen Verbindlichkeiten
als mit ihrem gesamten Vermögen gehaftet hat. Damit muss - auch unter dem Blickwinkel des Sozialversicherungsrechts - ohne
weitere und besonders dokumentierte Umstände die Annahme einer sich auf seinen Status als Erwerbstätiger auswirkenden Beteiligung
des Klägers zu 2) an der Führung des Einzelunternehmens ausscheiden (BSG, Urteil v. 30.4.2013, a.a.O.). So fehlen im Vortrag der Kläger auch jegliche Hinweise, dass die geschäftlichen Beziehungen
zwischen ihnen wenigstens im Innenverhältnis als gesellschaftsrechtlich bedeutsame und hier zu beachtende Vereinbarung aufgefasst
werden könnten. Die Kläger haben bereits im Ansatz nicht das das Bestehen einer - rechtlich wirksamen - sog. Innengesellschaft
dargetan (vgl. dazu BSG, Urteil v. 26.8.1975, 1 RA 93/73 BSGE 40, 161, 163 m.w.N, BSG, Urteil v. 24.1.2007, a.a.O., BSG, Urteil v. 30.4.2013, a.a.O.). Im Übrigen ist es auch mit der Annahme einer Innengesellschaft zwischen Eheleuten unvereinbar,
wenn diese in einem schriftlichen Anstellungsvertrag ausdrücklich die Funktion des Ehemannes in dem Unternehmen der Ehefrau
geregelt haben, wonach der Ehemann nicht als Mitgesellschafter behandelt, sondern als Arbeitnehmer eingestellt wird, dessen
Gehalt im Einzelnen festgelegt ist (BGH, Urteil v. 26.4.1995, XII ZR 132/93, NJW 1995, 3383).
Während dieser Tätigkeit war der Kläger zu 2) damit vollständig in den fremden Betrieb und folglich in eine ihm einseitig
vorgegebene Organisation eingegliedert (vgl. BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 17 m.w.N.). Er ist ausschließlich ausgehend von den Betriebsräumen der Klägerin zu 1) und mit den dortigen
Betriebsmitteln tätig geworden. Dass der Kläger zu 2) zudem außerhalb der Betriebsstätte auf Baustellen tätig wurde, ist in
diesem Zusammenhang nicht erheblich. Denn eine tatsächlich bestehende Eingliederung in den Betrieb des Dienstherrn tritt in
ihrer Bedeutung für die vorzunehmende Abgrenzung nicht deshalb zurück, weil sie (auch) in der Eigenart der zu erbringenden
Leistung begründet ist (vgl. BSG, Urteil v. 11.3.2009, a.a.O.).
Der Kläger zu 2) unterlag daran anknüpfend einem umfassenden Weisungsrecht der Klägerin zu 1) bezüglich Ort, Zeit sowie Art
und Weise der Tätigkeit, denn allein ihr oblag die abstrakte Rechtsmacht.
Er verfügte bereits nicht über die (abgeleitete) Vollmacht, Änderungen in der konkreten Ausgestaltung der betrieblichen Organisation
auf der Leitungsebene durchzusetzen. Dem Kläger zu 2) verblieb auch keine rechtliche Möglichkeit, ihm unangenehme Weisungen
zu verhindern.
Dabei ist unerheblich, ob die Klägerin zu 1) von ihrer Rolle als Betriebsinhaberin und ihrem Weisungsrecht in der täglichen
Arbeitsroutine tatsächlich Gebrauch gemacht und der Kläger zu 2) seinen Zuständigkeitsbereich alleinverantwortlich und regelmäßig
ohne Weisungen ausgeführt hat. Zunächst ist der Gebrauch bestehender Rechtsmacht unbeachtlich, weil die versicherungsrechtliche
Beurteilung sonst wesentlich davon abhinge, ob die Tätigkeit aus Sicht des Rechtsmachtinhabers beanstandungsfrei ausgeübt
wurde (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - LSG NRW -, Urteil v. 25.03.2010, L 16 (5) KR 190/08, [...]). Entscheidend
ist jedoch, dass aufgrund familiärer Rücksichtnahme eine zurückhaltende Betätigung des Weisungsrechts solange der Fall sein
mag, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Fall eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten
käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, so dass dann auch nach den gelebten
tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit besteht (BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17; Senat, Urteil v. 29.2.2012, L 8 R 166/10, [...]).
Der Senat kann zudem offen lassen, ob die Klägerin zu 2) bereits mangels Kenntnissen ihr Weisungsrecht gar nicht ausüben konnte.
Selbst wenn dem so wäre, geht dieser Einwand fehl. Denn vielfach werden Beschäftigte aufgrund ihrer besonderen Kenntnisse
und Fähigkeiten eingestellt. In solchen Fällen ist ein stark abgeschwächtes Weisungsrecht für die ausgeübte Tätigkeit ebenso
wie z.B. bei der Wahrnehmung von Tätigkeiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu
charakteristisch. Dennoch werden auch Tätigkeiten für leitende Angestellte im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet,
wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (st. Rspr.
seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr. 30 zu § 165
RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr. 2 zu § 2 AVG S. 4; in jüngerer Zeit z.B. BSG SozR 3-2940 § 3 Nr. 2 m.w.N.; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr. 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr. 20). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers
gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen
zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§
1 Satz 4
SGB VI sowie §
27 Abs.
1 Nr.
5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber
der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (st. Rspr. BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr. 48; SozR 3-2400 § 7 Nr. 18; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr. 3, Rdnr. 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr. 6 Rdnr. 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht
dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen
(BSG, Urteil v. 18.12.2001, a.a.O.; Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O., [...]).
Nichts anderes gilt im vorliegenden Fall. Die Klägerin zu 1) hatte es allein in der Hand, etwa im Fall eines Zerwürfnisses
den Kläger zu 2) zu entlassen und an seiner Stelle eine andere Arbeitskraft mit entsprechendem Fachwissen einzustellen, ohne
dass er die Rechtsmacht besaß, dem mit Erfolgsaussicht entgegenzutreten. Anhaltspunkte dafür, dass allein der Kläger zu 2)
über ein derart hohes Fachwissen verfügte, dass nur er in der Lage war, die konkrete Tätigkeit zu verrichten, sind dem Senat
nicht ersichtlich (vgl. dazu BSG, Urteil v. 30.4.2013, a.a.O.). Auch kann insoweit nicht eingewandt werden, dass eine fremde Arbeitskraft mit entsprechendem
Fachwissen möglicherweise nicht bereit gewesen wäre, zu denselben Konditionen tätig zu werden; insoweit handelt es sich lediglich
um wirtschaftliche Überlegungen, die am grundsätzlichen Bestehen einer entsprechenden rechtlichen Möglichkeit nichts ändern
(BSG, Urteil v. 30.4.2013, a.a.O.).
Wesentliche Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, und im Rahmen der Gesamtabwägung dermaßen überwiegen,
dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, liegen nicht vor.
Zunächst verfügte der Kläger zu 2) nicht über eine eigene, unabhängig von dem Betrieb der Klägerin zu 1), bestehende Betriebsstätte
und er hatte auch kein für eine selbstständige Tätigkeit maßgeblich sprechendes Unternehmerrisiko zu tragen. Nach der ständigen
Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45) ist maßgebliches Kriterium dafür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes
eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist.
Eine solche Ungewissheit ist nicht festzustellen, soweit es um den Einsatz der Arbeitskraft des Klägers zu 2) geht. Denn er
erhielt ein monatliches Festgehalt, bei dem nicht einmal geringe Anteile erfolgsabhängig waren. Zwar verringerte dieses sich
ab Januar 2009 von monatlich 3.427,00 EUR (zzgl. 294,00 EUR geldwerten Vorteil) auf monatlich 1.427,00 EUR (zzgl. 294,00 EUR
geldwerten Vorteil). Allerdings handelt es sich hierbei nicht um eine (mit-)unternehmerische Entscheidung des Klägers zu 2).
Denn nach eigenem Bekunden des Klägers zu 2) stand dem reduzierten Entgelt auch eine verminderte Arbeitsleistung gegenüber.
Die Verringerung von Arbeitszeit und Lohn beruhte wiederum nur teilweise auf der reduzierten Auftragslage und war nach seinen
Angaben zumindest (auch) privaten Gründen geschuldet. Für den Senat bestehen gerade vor dem Hintergrund der verringerten Arbeitszeit
auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dieses verringerte Arbeitsentgelt alsdann keinen adäquaten Gegenwert mehr für die geleistete
Arbeit darstellte und der Kläger zu 2) aus diesem Grunde ab Januar 2009 lediglich im Rahmen der familienhaften Mithilfe für
die Klägerin zu 2) tätig geworden ist (zur Abgrenzung der familiären Mitarbeit: BSG, Urteil v. 23.6.1994, 12 RK 50/93, BSGE 74, 275; Senat, Beschluss v. 7.1.2011, a.a.O., [...]).
Auch hinsichtlich der durch den glaubwürdigen Zeugen H, den Steuerberater der Kläger zu 1), glaubhaft bestätigten Tatsache,
dass sich die Entgeltzahlungen für den Kläger zu 2) aus Gründen mangelnder Liquidität teilweise bis zu acht Monate verzögerten,
kann der Senat kein wesentliches unternehmerisches Risiko erkennen. Zunächst verzögerten sich auch die Gehaltszahlungen des
Zeugen H1, wenn auch nicht in dem zeitlichen und finanziellen Umfang wie bei dem Kläger zu 2). Zudem ist durch die Entscheidung
des Klägers zu 2), der Klägerin zu 1) diesbezüglich zinslose Darlehen zu gewähren, keine Erweiterung seines unternehmerischen
Handlungsspielraums entstanden.
Mangels Mitunternehmerschaft war der Kläger zu 2) weder am Gewinn noch am Verlust des Einzelunternehmens beteiligt. Er genoss
zudem den üblichen sozialen Schutz einer Entgeltfortzahlung im Urlaubs- und Krankheitsfall. Unerheblich ist, ob er diesen
tatsächlich in Anspruch genommen hat, denn es ist erneut nicht ersichtlich, inwieweit damit eine Erweiterung der unternehmerischen
Handlungsspielräume verbunden gewesen sein sollte.
Ein Kapitalrisiko ist auch deshalb nicht anzunehmen, weil der Kläger zu 2) im Jahr 1996 einen Bausparvertrag auf die Klägerin
zu 1) übertragen hat. Dabei handelt sich lediglich um eine finanzielle Entscheidung, mit der ebenfalls keine Erweiterung der
unternehmerischen Handlungsspielräume im Sinne der Eröffnung unternehmerischer Chancen verbunden war. Die Entscheidung, Kapital
zur Verfügung zu stellen, resultierte auch nicht aus der Stellung des Klägers zu 2) im Unternehmen. Entsprechende Anknüpfungen
sind nicht vorhanden. Zum einen erfolgte die Übertragung an die Klägerin zu 1) bereits im Jahr 1996 und damit zu einem Zeitpunkt,
als diese noch nicht Inhaberin des Betriebs gewesen ist und der Kläger zu 2) auch nach der Auffassung der Beteiligten in einem
abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand. Zum anderen stand die Auskehr allenfalls mittelbar mit dem Betrieb in Verbindung,
da der Betrag für das der Klägerin zu 1) gehörende Betriebsgrundstück verwandt werden sollte, welches sie an ihren Ehemann,
den damaligen Betriebsinhaber, verpachtet hatte. Der Ursprung dieser Entscheidung lag damit vielmehr in der privaten Verbundenheit
des Klägers zu 2) zu der Klägerin zu 1) als deren Sohn.
Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich.
Die Beklagte hat zu Recht ab dem 1.3.2004 (bis zum 31.12.2010) die Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung,
in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt, da die
Voraussetzungen für einen späteren Beginn gemäß §
7a Abs.
6 SGB IV nicht vorliegen. Die Antragstellung gemäß §
7a Abs.
1 SGB IV ist bereits nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit erfolgt.
Da es sich um einen Rechtsstreit u.a. des Versicherten handelt, ist dieser gerichtskostenfrei (Senat, Beschluss v. 24.3.2011,
L 8 R 1107/10 B, [...]). Die Entscheidung über die Kosten beruht demnach auf §§
183,
193 SGG.
Gründe gemäß §
160 Abs.
2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Entscheidung orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des BSG.