Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Betriebsprüfungsbescheides (§ 28p Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Viertes
Buch [SGB IV]) der Beklagten, mit dem diese die Klägerin auf Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung aufgrund
einer Tätigkeit der Beigeladenen zu 4) als Gesellschafter-Geschäftsführerin in Anspruch nimmt.
Bei der Klägerin handelt es sich um ein mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30.11.1992 als Gesellschaft mit beschränkter
Haftung (GmbH) gegründetes und in dem Handelsregister des Amtsgerichts (AG) L (HRB 000), zuvor AG C (HRB 001), eingetragenes Unternehmen, dessen Gesellschaftszweck in der Herausgabe und dem Vertrieb von Büchern, insbesondere Reise-Bildbänden
liegt. Gründungsgesellschafter der Klägerin ist der im Jahr 1932 geborene Vater der Beigeladenen zu 4), Herr I A, der über
eine Ausbildung zum Fotograf verfügt.
Die am 00.00.1963 geborene Beigeladene zu 4) hat eine kaufmännische Ausbildung sowie ein Studium zur Medienbetriebswirtin
absolviert. Sie war ab dem 1.9.1997 bei der Klägerin zunächst im kaufmännischen Bereich beschäftigt. Mit Wirkung zum 1.1.2004
wurde sie neben dem bereits zuvor hierzu bestellten Herrn I A zur weiteren Geschäftsführerin der Klägerin berufen. Seither
ist die Beigeladene zu 4) auf privatversicherungsvertraglicher Grundlage krankenversichert (Versicherungsschein der T Krankenversicherung
Nr. xxx v. 11.12.2003). In dem Zeitraum vom 1.9.1997 zum 31.12.2003 war sie freiwilliges Mitglied der Beigeladenen zu 1).
In dem zur Ausgestaltung des Anstellungsverhältnisses geschlossenen Geschäftsführervertrag vom 19.12.2003 (GFV) trafen die
Klägerin sowie die seinerzeit nicht am Stammkapital der Gesellschaft beteiligte Beigeladene zu 4) auszugsweise folgende Vereinbarungen:
"Die Q Verlag GmbH mit Sitz in Bad N erneuert den Geschäftsführervertrag mit B A, wohnhaft in Bad N, im Rahmen der bereits
bestehenden Zusammenarbeit mit Wirkung vom 01. Januar 2004 zur Geschäftsführerin mit den nachstehenden festgelegten Vertretungsbereichen
und Verantwortlichkeiten, den Aufgaben und Pflichten. Die Grundsatzrichtlinien des ersten Geschäftsführers I A sind zu beachten:
§ 1 Aufgabenbereich
a) Hauptaufgabenbereich ist die Geschäftsführung im Vertriebs- und Verwaltungsbereich der Firma in unserer Betriebsstätte
L (Verwaltung und Verlagsauslieferung, Herstellung und Produktion).
Hierbei obliegt ihr, bei tätiger Mitarbeit, die Personalführung in der Warenauslieferung, Fakturierung und Verwaltung, sowie
die Vertriebsorganisation mit Werbemaßnahmen, Statistiken, Marketingstudium und Kontaktpflege zu den freien Vertretern, sowie
die Umsatzkontrolle und Umsatzentwicklung mit evtl. notwendigen Änderungsmaßnahmen bzgl. der Zusammenarbeit mit den Vertretern,
Einschaltung von Regional-Grossisten und Änderungen im Lieferprogramm.
Im Bereich der Verwaltung ist sie verantwortlich für die Finanz- und Lohnbuchhaltung, sowie die Überwachung der Bankkonten
und den Zahlungsverkehr.
b) Der weitere Aufgabenbereich besteht aus der Mitwirkung in der Bildband-Produktion, Erstellung des Layouts mit Bild und
Text, sowie Organisation des Lektorats und Korrektur. Die letzte Freigabe für den Druck erfolgt durch I A selbst.
c) B A ist auch für die Vertretung der Druckproduktion vorgesehen um I A im Bedarfsfall zu vertreten. Um dies zu gewährleisten,
sollten von B A regelmäßig Druckproduktionen übernommen werden um auf den Laufenden zu bleiben. Hierunter fallen alle Produktionsbereiche
der Bildbandherstellung, sowie der Einkauf und die Kostenkalkulation.
d) Die Autorentätigkeiten im Textbereich, welche bei Überarbeitungen und Neuauflagen anfallen, können, wenn es der zeitliche
Rahmen zulässt, von B A übernommen werden. Als Autorin der Texte kann sie im entsprechenden Impressum genannt werden. Die
Entscheidung die Beauftragung von Textautoren, oder Beschaffung von Lizenz-Texten liegt bei I A.
§ 2 Grundpflichten
Der Geschäftsführer bedarf zu allen über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb und Rechtsgeschäften und Maßnahmen der Zustimmung
der Gesellschafterversammlung. Insbesondere für:
( ...)
§ 3 Pflichten und Verantwortlichkeit
a) Der Geschäftsführer führt sein Amt mit Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes in Übereinstimmung mit Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag.
b) Der Geschäftsführer nimmt die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Sinne der arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften
wahr.
§ 4 Arbeitseinsatz, Urlaub
a) Der Geschäftsführer nimmt seine Aufgaben hauptberuflich war.
b) Die Arbeitszeit beträgt 40 Stunden in einer Fünftagewoche.
c) Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen.
d) Für die Dauer dieses Vertrages ist es dem Geschäftsführer nicht gestattet, in einem Unternehmen, das mit der Gesellschaft
in direktem Wettbewerb steht, als Inhaber, Gesellschafter oder Angestellter tätig zu werden oder solche Unternehmen direkt
oder indirekt zu beraten, zu fördern, direkt oder indirekt eine Vertretung hierfür zu übernehmen.
§ 5 Bezüge
Der Geschäftsführer erhält bis auf weiteres für seine Tätigkeit ein Monatsgehalt von Euro 2.300,81 brutto, wovon der Arbeitgeber
die Lohnsteuer abzieht. Für Sozial- und Rentenversicherung ist B A Selbstversicherer.
Freiwillige Leistungen, wie Urlaubsgeld-Zuschlag und Weihnachtsgeld, oder 13. Monatsgehalt entfallen.
Bei Geschäftsreisen hat der Geschäftsführer Anspruch auf Ersatz seiner Reisekosten. Übersteigen diese den nach den steuerlichen
Vorschriften zulässigen Pauschalbetrag, sind Spesen im einzeln zu belegen.
( ...)."
Wegen der weiteren Regelungen wird auf den Inhalt des GFV vom 19.12.2003 Bezug genommen.
Am 8.8.2006 unterzeichnete der seinerzeitige Alleingesellschafter der Klägerin, Herr I A, eine nicht notariell beurkundete
"Vereinbarung zum Eintritt von Frau B A in die Q Verlag GmbH" mit im Wesentlichen folgenden Inhalt:
"Ich, I A ( ...), beabsichtige, meine Tochter, B A ( ) als Gesellschafterin und Geschäftsführerin in der Q Verlag GmbH aufzunehmen.
Aus den bekannten Gründen werden zunächst 10% der Gesellschaftsanteile übertragen. Aufgrund meines Alter und Gesundheitszustandes
wird jedoch meine Tochter ermächtigt, alle Rechte aus meiner Gesellschafterstellung wahrzunehmen und wird auch insofern bevollmächtigt.
Dies betrifft alle Geschäfte, wo ein Gesellschafterbeschluss erforderlich sein könnte. Die Vollmacht zur Wahrnehmung meiner
Gesellschaftsrechte gilt solange, wie die Vollmacht nicht schriftlich eingeschränkt oder zurückgenommen wird.
Aufgrund der Vater-/Tochter-Stellung gehe ich davon aus, dass hinsichtlich der Gesellschaft und deren Aufgaben - wie auch
in der Vergangenheit - gleichgerichtete Meinungen existieren und unterstelle, dass alle Gesellschaftsrechte in meinem Sinne
wahrgenommen werden."
Am Folgetag, dem 9.8.2006, ist der Gesellschaftsvertrag der Klägerin neu gefasst worden (UR.-Nr. xxx d. Notars Dr. C, C).
Seither enthält dieser auszugsweise folgende Regelungen:
"§ 3 Stammkapital
(1) Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 150.000,00 DM ( ) und ist in voller Höhe in bar eingezahlt.
(2) Am Stammkapital der Gesellschaft sind nunmehr beteiligt:
a) Herr I A mit einer Einlage von DM 135.000,00,
b) Frau B A mit einer Einlage von DM 15.000,00.
( ...)
§ 8 Geschäftsführung, Vertretung
(1) Die Gesellschaft wird, wenn nur ein Geschäftsführer berufen ist, durch diesen, wenn jedoch mehrere Geschäftsführer bestellt
sind, durch zwei Geschäftsführer oder durch einen von ihnen in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. Durch Gesellschafterbeschluss
kann allen oder einzelnen Geschäftsführern Einzelvertretungsbefugnis oder Befreiung von den Beschränkungen des §
181 BGB erteilt werden. Herr I A und Frau I A sind einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des §
181 BGB befreit.
(2) ( ...)
(3) Die Geschäftsführer bedürfen zu allen über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehenden Rechtsgeschäften und Maßnahmen
der Zustimmung der Gesellschafterversammlung insbesondere für:
a) Änderungen des bestehenden Geschäftsbetriebes, Aufnahme eines neuen Geschäftszweiges, Erwerb und Veräußerung anderer Unternehmen,
auch teilweise, sowie von Beteiligungen an anderen Unternehmen, Errichtung und Auflösung von Niederlassungen,
b) Anlage freien Vermögens außerhalb des Gesellschaftszweckes,
c) Abschluss, Beendigung und Änderungen von Verträgen mit den Gesellschaftern und ihren Angehörigen im Sinne des Steuerrechts
sowie Abschluss, Beendigung und Änderungen von Kooperations-, Unternehmens-, Interessengemeinschaft- und Organverträgen, von
Verträgen über gesetzliche Schutzrechte, von Miet- und Pachtverhältnissen und anderen Dauerrechtsverhältnissen einschließlich
Sukzessivlieferungsverträgen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr, von kartellrechtlichen Verträgen, wie überhaupt von
allen in ihrer Tragweite und Bedeutung für die Gesellschaft wichtigen Verträgen,
d) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten,
e) Versorgungszusagen aller Art,
f) Übernahme von Bürgschaften und sonstiger Haftungen für fremde Verbindlichkeiten jeder Art und Höhe, von selbstständigen
Garantien, Gewährung von Sicherheiten aller Art und Eingehen ähnlicher Haftungsverhältnisse,
g) Genehmigung der Verfügung über Gesellschaftsanteile,
h) Gewährung von Darlehen,
i) Aufnahme von Darlehen und sonstigen Krediten von mehr als insgesamt EUR 5.000,-.
j) Abschluss von Dienstverträgen mit Jahresbezügen die das 10-fache der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung
der Angestellten übersteigen.
k) Bewilligung von Tantiemen, Gewinn- und Umsatzbeteiligungen, nicht üblichen Gratifikationen und sonstigen Sonderleistungen
an Arbeitnehmer,
l) Erteilung und Widerruf von Prokura und Handlungsvollmachten,
m) Führung von Prozessen und Abschluss von Vergleichen.
(4) Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung kann sowohl für den Einzelfall als auch allgemein bestimmt werden, dass
über den Rahmen des Absatzes (3) hinaus weitere Rechtsgeschäfte und Maßnahmen der Geschäftsführung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung
bedürfen. Die Gesellschafterversammlung kann auch von den Beschränkungen des Absatzes (3) einen oder mehrere Geschäftsführer
ganz oder teilweise befreien. Herr I A ist von den Beschränkungen befreit. Frau I A ist von den Beschränkungen befreit.
§ 9 Gesellschafterversammlung
(1) ( ...)
(2) Beschlüsse der Gesellschafter werden mit einfacher Mehrheit der anwesenden Stimmen gefasst, sobald das Gesetz oder dieser
Vertrag nicht eine andere Mehrheit vorschreibt. Je DM 500,- haben eine Stimme. Schriftliche Beschlussfassung ist möglich.
(3) Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn die erschienenen Gesellschafter mindestens 75% des Stammkapitals
vertreten. Kommt die erforderliche Mehrheit nicht zustande, so ist innerhalb von 2 Wochen eine weitere Gesellschafterversammlung
mit gleicher Tagesordnung schriftlich einzuberufen, die in jedem Fall beschlussfähig ist.
(4) ( ...)
(5) ( ...)."
Wegen der weiteren Regelungen wird auf den Inhalt des Gesellschaftsvertrages in seiner am 9.8.2006 beurkundeten Fassung (GesV)
Bezug genommen.
Mit "Nachtrag zum Geschäftsführervertrag" vom 30.8.2007 ist der Vergütungsanspruch der Beigeladenen zu 4) ab dem 1.9.2007
auf monatlich 3.888,03 EUR erhöht worden. Mit weiterem Nachtrag vom 30.12.2008 ist ihr mit Wirkung ab dem 1.1.2009 zudem ein
Anspruch auf Bereitstellung eines Firmenwagens (Kfz.-Anteil 2009 mtl. 210,00 EUR) eingeräumt worden.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13.1.2014 (UR.-Nr. xxx d. Notars Dr. C, C) übertrug die Beigeladene zu 4) ihren Geschäftsanteil
von 15.000,00 EUR zurück auf Herrn I A. Mit Beschluss gleichen Datums berief sie die Gesellschafterversammlung der Klägerin
als Geschäftsführerin ab.
In der Zeit vom 29.10.2014 bis zum 18.11.2014 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1
SGB IV) durch. Nach schriftlicher Befragung der Beigeladenen zu 4) und einer Auswertung der Lohnunterlagen erhob die Beklagte nach
vorheriger Anhörung (Schreiben v. 17.2.2015) mit - seiner Aktenausfertigung nach nicht datiertem - Bescheid von der Klägerin
Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung
für den Zeitraum vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2012 sowie Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung
vom 1.1.2013 bis zum 31.12.2013 in Höhe von insgesamt 72.811,88 EUR nach.
Die Beigeladene zu 4) - so die Beklagte im Wesentlichen zur Begründung - habe im Streitzeitraum in einem Beschäftigungsverhältnis
zur Klägerin gestanden. Sie habe die Tätigkeit als Geschäftsführerin weisungsgebunden verrichtet, da sie kraft ihres Anteils
am Stammkapital der Gesellschaft von lediglich 10% nicht in der Lage gewesen sei, Gesellschafterbeschlüsse wirksam zu verhindern.
Dem stehe auch eine familienhafte Rücksichtnahme innerhalb des Gesellschafterkreises nicht entgegen, da bei einem etwaigen
Zerwürfnis die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende gesellschaftsvertragliche Rechtsmacht zum Tragen gebracht werden
könne. Auch eine einschlägige Branchenkenntnis sei kein maßgebliches Kriterium, um in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht
eine Weisungsfreiheit zu begründen. Auf den Inhalt des Bescheides nebst seiner Anlage wird wegen der weiteren Begründung sowie
der Berechnung der Beitragsforderung Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 20.4.2015 mit der Begründung Widerspruch, die Beklagte stelle zu Unrecht allein
auf die Kapitalbeteiligung der Beigeladenen zu 4) ab und lasse die Weisungsungebundenheit aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme
außer Betracht. Sie - die Beigeladene zu 4) - habe bereits seit Jahren in dem Betrieb der Klägerin gearbeitet und kenne sämtliche
Geschäftsvorfälle, Geschäftspartner und Abläufe innerhalb des Unternehmens. Sie sei daher unentbehrliches Mitglied der Geschäftsleitung.
Der Umstand, dass die Beigeladene zu 4) bei keiner relevanten Entscheidung übergangen worden sei und die Geschicke der Gesellschaft
praktisch allein geführt habe, sei ebenso wenig gewürdigt worden wie deren besonderen Branchenkenntnisse. Insofern sei deren
umfassende faktische und rechtliche Selbständigkeit übergangen worden. Zudem verwies die Klägerin auf den Inhalt der Erklärung
des Herrn I A vom 8.8.2006.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2015 wies die Beklagte den Widerspruch unter Vertiefung der Ausführungen des Ausgangsbescheides
als unbegründet zurück. Auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Mit der am 12.11.2015 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs-
und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend hat sie darauf hingewiesen, dass das SG Köln in einem dem Rechtsstreit
vorangegangenen vorläufigen Rechtsschutzverfahren mit Beschluss vom 10.3.2016 die aufschiebende Wirkung der Klage auch mit
der Begründung angeordnet habe, es bedürfe im Hauptsacheverfahren gegebenenfalls einer Beweisaufnahme, ob einzelfallbezogene
Umstände gegeben seien, die abweichend vom Regelfall die Bindung der Beigeladenen zu 4) an das willensbildende Organ der Klägerin
ausschlössen und damit einer für ein Beschäftigungsverhältnis typischen Abhängigkeit entgegenstehen könnten.
Schließlich hat die Klägerin auf eine der Beigeladenen zu 4) erteilte Einzelvertretungsbefugnis sowie die Befreiung von dem
Selbstkontrahierungsverbot (§
181 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) verwiesen. Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens und der erkrankungsbedingten Verhinderung ihrer
ebenfalls im Unternehmen tätigen Mutter habe die Beigeladene zu 4) die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich geprägt. So habe
sie die Arbeitszeiten eigenverantwortlich gestaltet und auf formal bestehende Urlaubsansprüche verzichtet. Indem die Beklagte
allein auf die Minderheits-Gesellschafterstellung der Beigeladenen zu 4) abgestellt habe, liege zudem ein Fall des Ermessensfehl-
bzw. Ermessensnichtgebrauchs vor.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 9.4.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2015 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides Bezug genommen.
Das SG hat am 15.7.2016 den Sachverhalt mit den Beteiligten erörtert und den Geschäftsführer der Klägerin sowie die Beigeladene
zu 4) zur Ausgestaltung der Tätigkeit befragt. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Mit Urteil vom 25.11.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 5.12.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.12.2016 schriftlich Berufung zum Landessozialgericht
(LSG) Nordrhein-Westfalen eingelegt. Das SG - so die Klägerin vertiefend zur Begründung - habe weder den zugrundeliegenden Sachverhalt, noch die Rechtsprechung inhaltlich
zutreffend gewürdigt. Zu Unrecht habe es lediglich auf formale Aspekte des Sachverhaltes abgestellt und die gebotene Einzelfallbetrachtung
unterlassen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) komme es auch auf die Besonderheiten des Einzelfalls an, insbesondere das tatsächlich gelebte Verhältnis zwischen dem Geschäftsführer
und der Gesellschaft. Dem stehe auch die jüngere Rechtsprechung des BSG nicht entgegen (Verweis auf BSG, Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R). Diese Erwägungen habe immerhin auch das SG in dem dem Rechtsstreit vorangegangenen vorläufigen Rechtsschutzverfahren betont.
Sämtliche für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Indizien, namentlich ein eigenes Unternehmerrisiko der Beigeladenen
zu 4), das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im
Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit seien festzustellen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die
in Rede stehende Geschäftsführerin im Streitzeitraum nicht nur vollständig vertretungsberechtigt und von den Beschränkungen
des §
181 BGB befreit gewesen sei, sondern sämtliche Tätigkeiten und Entscheidungen habe "selbstständig und in jeglicher Hinsicht frei
gestalten" dürfen. Zudem habe der Arbeitsumfang der Beigeladenen zu 4) denjenigen einer angestellten Mitarbeiterin deutlich
überschritten. Zwar sei die Gehaltsentwicklung der Beigeladenen zu 4) innerhalb der Gesellschafterversammlungen thematisiert
worden; im Ergebnis habe sich der Entscheidungsprozess jedoch auf eine Information über die Erhöhung des Geschäftsführergehaltes
beschränkt, die sodann tatsächlich umgesetzt worden sei. Auch über die wegen der unbefriedigenden wirtschaftlichen Entwicklung
der Gesellschaft erforderlich gewordene Aufnahme von Nebentätigkeiten habe die Beigeladene zu 4) allein entschieden, ohne
dass eine Genehmigung der Gesellschafterversammlung einzuholen gewesen wäre. Selbst Entscheidungen der Beigeladenen zu 4),
die das Einverständnis des Mehrheitsgesellschafters nicht gefunden hätten, seien von diesem weder in Frage gestellt, noch
rückgängig gemacht worden.
Soweit sich das SG bei seiner Entscheidung auf das Urteil des BSG vom 29.8.2012 bezogen habe, verkenne es, dass im vorliegenden Sachverhalt die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden
Indizien sogar deutlich stärker ausgeprägt seien. Ohnehin dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass die Entscheidung des
BSG vom 29.8.2012 erst zum Ende des maßgeblichen Prüfungszeitraums ergangen sei. Nach Maßgabe der bis dahin geltenden Rechtsprechung
habe es für die Annahme einer fehlenden Versicherungspflicht eines Geschäftsführers ausreichen können, wenn der Betroffene
"Kopf und Seele" der Gesellschaft gewesen sei, auch wenn diesem formal die rechtliche Entscheidungs- und Weisungsbefugnis
gefehlt habe (Schriftsatz vom 25.10.2017).
Schließlich seien auch die Ausführungen des SG zu einem vermeintlich fehlendem unternehmerischen Risiko nicht nachvollziehbar. Ein solches habe sich entgegen der Auffassung
des SG dadurch verwirklicht, dass die Beigeladene zu 4) ihre gesamte Arbeitskraft ohne jeden "Plan B" in die Klägerin investiert
habe. Sie sei in wirtschaftlicher Hinsicht auf "Gedeih und Verderb" von deren Erfolg abhängig gewesen.
Ergänzend verweist die Klägerin auf den Inhalt eines Protokolls zu einer vorläufigen Schlussbesprechung einer Betriebsprüfung
der Beklagten vom 18.10.2006. Hiernach sei ihr aufgegeben worden, eine versicherungsrechtliche Beurteilung der gesetzlichen
Krankenkasse vorzulegen, aus der sich das Vorliegen der Versicherungsfreiheit der Beigeladenen zu 4) ergebe. Einen entsprechenden
Nachweis habe sie unter dem 25.10.2006 übersandt. Nachdem sie über das Ergebnis der Betriebsprüfung nicht in Kenntnis gesetzt
worden sei, habe sie die Beklagte unter dem 26.4.2007 um Übersendung einer Prüfungsmitteilung gebeten. Trotz Erinnerung vom
24.8.2007 sei die Abschlussmitteilung jedoch nicht erteilt worden. Da die Beigeladene zu 4) indes bereits ab dem 1.1.2004
privat krankenversichert gewesen sei, habe die Beklagte durch die unterlassene Erteilung der Abschlussmitteilung den Rechtsschein
gesetzt, dass auch sie nicht von einer gesetzlichen Krankenversicherungspflicht der Beigeladenen zu 4) ausgegangen sei. Vor
diesem Hintergrund verletze die anschließende Nacherhebung von Pflichtbeiträgen schutzwürdiges Vertrauen.
Die Anwendung der "verschärften Rechtsprechung" aus dem Jahr 2012 bewirke schließlich eine unzulässige Rückwirkung, die den
zu ihren Gunsten bestehenden Vertrauensschutz in die bis dahin geltende Rechtslage in unzulässiger Weise unberücksichtigt
lasse.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.11.2016 zu ändern und den Bescheid der Beklagten zum Prüfzeitraum vom 1.1.2010 bis
30.6.2014 über eine Beitragsnachforderung von 72.811,88 EUR in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und nimmt Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen.
Der Senat hat am 13.9.2017 einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt und in diesem Rahmen den Geschäftsführer
der Klägerin sowie die Beigeladene zu 4) zur Ausgestaltung des streitigen Auftragsverhältnisses persönlich befragt. Wegen
des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Darüber hinaus hat der Senat die Abschlussmitteilungen bzw. Prüfungsbescheide betreffend vorangegangener Betriebsprüfungen
sowie das Protokoll der Schlussbesprechung vom 18.10.2006 beigezogen. Auf deren Inhalt wird Bezug genommen.
Die Beigeladene zu 1) hat auf Nachfrage mitgeteilt, die Beigeladene zu 4) sei dort vom 1.9.1997 bis zum 31.12.2003 als hauptberuflich
Selbständige versichert gewesen.
In dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6.12.2017 sind Vertreter der Beigeladenen zu 1) bis 3) trotz ordnungsgemäßen
Terminsnachrichten nicht erschienen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Hauptsacheverfahrens
sowie des vor dem SG Köln unter dem Az. S 29 R 1559/15 ER anhängig gewesenen vorläufigen Rechtsschutzverfahrens. Zudem wird Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge
der Beklagten. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 1) bis 3) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit ordnungsgemäßen
Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Köln vom 25.11.2016 hat keinen Erfolg.
A. Die am 30.12.2016 schriftlich eingelegte Berufung der Klägerin gegen das ihr am 5.12.2016 zugestellte Urteil vom 25.11.2016
ist zulässig, insbesondere ohne gerichtliche Zulassung statthaft (§§
143,
144 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§
151 Abs.
1, §
64 Abs.
1, Abs.
2, §
63 SGG).
B. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die für das Rechtsschutzbegehren der Klägerin (vgl. §
123 SGG) statthafte (§
54 Abs.
1 Satz 1 Altern. 1
SGG) und im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte (§§
87 Abs.
1 Satz 1,
90 SGG) Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid beschwert die Klägerin nicht im Sinne des §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG, weil er nicht rechtswidrig ist. Die Beklagte hat die Klägerin zu Recht auf Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zu sämtlichen
Zweigen der Sozialversicherung vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2012 sowie zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht
der Arbeitsförderung vom 1.1.2013 bis zum 31.12.2013 wegen Beschäftigung der Beigeladenen zu 4) herangezogen.
I. Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 5
SGB IV. Nach dieser Vorschrift erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe
in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gegenüber den Arbeitgebern.
II. Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig, insbesondere ist die Klägerin vor Erlass des sie belastenden Betriebsprüfungsbescheides
unter dem 17.2.2015 ordnungsgemäß angehört worden (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB X]).
III. Der Bescheid ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Klägerin zu Recht auf Nachentrichtung
des Gesamtsozialversicherungsbeitrages wegen Beschäftigung der Beigeladenen zu 4) herangezogen (hierzu 1.). Die Nacherhebung
von Pflichtbeiträgen verletzt kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin (hierzu 2.). Eine Verletzung des Rückwirkungsverbotes
liegt fern (hierzu 3.).
1. Nach §
28e Abs.
1 SGB IV hat der Arbeitgeber - vorliegend die Klägerin - den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm (versicherungspflichtig)
beschäftigten Personen zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§
28d Sätze 1 und 2
SGB IV) zu entrichten.
a) Der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach
dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch
Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes
Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).
aa) Bindende (§
77 SGG) behördliche Entscheidungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen zu 4) betreffend die streitige Auftragsbeziehung
als Gesellschafter-Geschäftsführerin der Klägerin stehen den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen nicht entgegen.
(1) Eine dem objektiven Empfängerhorizont (§
133 BGB entsprechend) nach zugunsten einer regelnden Feststellung des Nichtbestehens einer Versicherungspflicht hat zunächst die
Beigeladene zu 1) als zuständige Einzugsstelle (§ 28i
SGB IV) nicht getroffen. Zwar entscheidet die Einzugsstelle nach §
28h Abs.
2 Satz 1
SGB IV über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in den Zweigen der Sozialversicherung; allerdings stellt insbesondere die
"Bescheinigung über Versicherungszeiten" vom 9.11.2006 keine regelnde Feststellung des Nichtbestehens einer Versicherungspflicht
der Beigeladenen zu 4) dar (zu den Voraussetzungen eines feststellenden Verwaltungsakts vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs
[Hrsg.], Verwaltungsverfahrensgesetz [VwVfG], 8. Aufl. 2014, § 35 Rdnr. 219 m.w.N.). Diese Erklärung verschriftlicht lediglich, dass die Beigeladenen zu 4) vom 1.9.1997 bis zum 31.12.2003
bei der Beigeladenen zu 1) als freiwillig Versicherte ohne Krankengeldanspruch versichert war.
Eine regelnde Wirkung zum streitigen Rechtsverhältnis als Gesellschafter-Geschäftsführerin der Klägerin kann dieser Erklärung
auch deshalb nicht zukommen, da die Beigeladene zu 4) erst mit Wirkung zum 1.1.2004 zur Geschäftsführerin bestellt wurde und
der dieser Tätigkeit zugrunde liegende Anstellungsvertrag erst vom 19.12.2003 datiert.
(2) Ebenso wenig ist eine bindende Feststellung betreffend das Nichtbestehen einer Versicherungspflicht der Beigeladenen zu
4) anlässlich vorangegangener Betriebsprüfungen durch den zuständigen Rentenversicherungsträger nach § 28p Abs. 1
SGB IV getroffen worden.
Soweit die Klägerin über das Ergebnis früherer Betriebsprüfungen lediglich im Wege einer Prüfmitteilung (§ 7 Abs. 4 Beitragsverfahrensverordnung [BVV]) in Kenntnis gesetzt wurde, stellt diese bloße Information mangels Regelungscharakter schon keinen Verwaltungsakt im
Sinne des § 31 Satz 1 SGB X dar (BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 5). Regelungswirkung entfaltet eine Erklärung des prüfenden Rentenversicherungsträgers im Einzelfall
nur, wenn im Rahmen der Betriebsprüfung konkrete personenbezogene Feststellungen getroffen werden. Soweit die Beklagte die
frühere Betriebsprüfung betreffend den Prüfungszeitraum vom 1.1.2006 bis zum 31.12.2009 mit Bescheid vom 18.11.2010 abgeschlossen
hat, trifft dieser Verwaltungsakt aus objektiver Empfängerperspektive (§
133 BGB entsprechend) keinerlei Feststellungen zum Status der Beigeladenen zu 4), sondern beschränkt sich auf eine Nacherhebung von
Pflichtbeiträgen und Säumniszuschlägen (§
24 Abs.
1 SGB IV) für eine andere Arbeitnehmerin der Klägerin.
bb) Mangels bindender Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen zu 4) beurteilt sich das Vorliegen
einer Beschäftigung folglich nach §
7 Abs.
1 SGB IV. Beschäftigung in diesem Sinne ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für
eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden
Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und
Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und
zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit
vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig
beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung
und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 25; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 26; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss
v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbständigen Tätigkeit
setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer
Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den
Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 24).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit ist regelmäßig vom - wahren und wirksamen - Inhalt der zwischen den Beteiligten
getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Auf dieser Grundlage ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus
der abhängigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere
Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 29; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, a.a.O.).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der festgestellten abgrenzungsrelevanten Indizien
und nach Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles entsprechend ihrem Gewicht sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher
Hinsicht fest, dass die Beigeladene zu 4) in dem vom angefochtenen Bescheid erfassten Regelungszeitraum für die Klägerin im
Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses gegen Entgelt tätig geworden ist.
(1) Der zur Statusbeurteilung im Ausgangspunkt maßgebliche GFV vom 19.12.2003, der nach Angaben des Geschäftsführers der Klägerin
im Temin zur Erörterung des Sachverhalts auch im Streitzeitraum galt, trägt wesentliche arbeitsvertragliche Züge. Dieses zeigt
sich zunächst in dem in § 1 GFV detailliert definierten Aufgabenbereich der Beigeladenen zu 4) sowie dem in § 2 GFV umfassend
geregelten Katalog zustimmungspflichtiger Geschäftsführungsmaßnahmen. Wie weit dieser Katalog reicht, dokumentiert etwa §
2 Buchst. j) GFV, wonach die Beigeladene zu 4) vor dem Abschluss von Dienstverträgen, Personaleinstellungen und Personalumstellungen
die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen hat. Darüber hinaus ist auch der in § 5 Abs. 1 GFV geregelte Anspruch
auf Zahlung einer monatlichen erfolgsunabhängigen Vergütung, der mit Nachtrag vom 30.8.2007 der Höhe nach angepasst worden
ist, arbeitsvertragstypisch. Entsprechendes gilt für die Bestimmung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden in einer
Fünftagewoche (§ 4 Buchst. b) GFV), den geregelten Urlaubsanspruch im Umfang von 30 Tagen (§ 4 Buchst. c) GFV) sowie den Anspruch
der Beigeladenen zu 4) auf Ersatz der aus Anlass der Geschäftsführertätigkeit entstandenen Spesen (§ 5 Abs. 3 GFV).
Darüber manifestiert sich die Weisungsgebundenheit der Beigeladenen zu 4) in § 1 Buchst. b) Satz 2 GFV, wonach die "letzte
Freigabe" für Druckaufträge in ihrem "weiteren Aufgabenbereich", der Mitwirkung in der Bildbandproduktion sowie der Erstellung
des Layouts mit Bild und Text ausdrücklich dem Mehrheitsgesellschafter oblag. Entsprechendes gilt für die Regelung des § 1
Buchst. d) GFV, kraft dessen sich der Mehrheitsgesellschafter auch die Entscheidung über die "Beauftragung von Textautoren
oder der Beschaffung von Lizenztexten" vorbehalten hat.
Dass diese den Gestaltungsspielraum der Beigeladenen zu 4) einschränkenden Vorschriften nach dem Willen der Vertragsparteien
weiterhin Geltungsanspruch genießen sollten, zeigt sich auch daran, dass die Klägerin und die Beigeladene zu 4) nach dem 19.12.2003
zwar Nachträge zum Geschäftsführervertrag vereinbart haben; diese betrafen indes lediglich punktuelle Regelungen zur Höhe
des Vergütungsanspruchs sowie zum Anspruch auf Bereitstellung eines Firmenwagens, ließen aber die sonstigen Regelungen des
GFV unberührt.
(2) Auf dieser vertraglichen Grundlage ist die Beigeladene zu 4) in einem für sie fremden Betrieb, nämlich dem der Klägerin
tatsächlich tätig geworden. Alleinige Unternehmensträgerin war die als juristische Person des Privatrechts mit eigener Rechtspersönlichkeit
ausgestaltete GmbH selbst. Diese ist von den als Gesellschaftern dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen
unabhängig (vgl. hierzu nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr. 7, Rdnr. 21 m.w.N.) und von den verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen getrennt zu
betrachten (vgl. BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17 Rdnr. 18).
(3) Die Beigeladene zu 4) hat ihre Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführerin der Klägerin auch im Sinne des §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV nach Weisungen ausgeübt. Sie besaß im Streitzeitraum keine im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rechtsmacht (zu diesem Erfordernis
etwa BSG, Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R; zur Bedeutung der gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht vgl. BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17, Rdnr. 32), die sie in die Lage versetzt hat, durch eine Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung
die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich zu bestimmen und eine Einflussnahme auf ihre Tätigkeit, insbesondere durch ihr unter
Umständen unangenehme Weisungen jederzeit zu verhindern.
(a) Die Beigeladene zu 4) unterlag nach §§ 37 Abs. 1, 46 des Gesetzes über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung der Klägerin. Nach § 47 Abs. 1 GmbHG erfolgen die von den Gesellschaftern in der Angelegenheit der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen durch Beschlussfassung
nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 GesV werden Beschlüsse der Gesellschafter der Klägerin mit einfacher Mehrheit der anwesenden Stimmen
gefasst, sobald das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag nicht eine andere Mehrheit vorschreibt. Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 GesV
gewähren je 500,00 DM eines Gesellschaftsanteils eine Stimme. Da die Beigeladene zu 4) im Streitzeitraum unstreitig lediglich
über einen Anteil von 10% des Stammkapitals der Gesellschaft verfügte (§ 3 Abs. 2 Buchst. b) i.V.m. Abs. 1 GesV), war sie
nicht in der Lage, ein Stimmgewicht auf sich zu vereinen, welches sie in die Lage versetzte, etwaige Beschlüsse der Gesellschafterversammlung
- insbesondere in einem möglichen Konfliktfall - jederzeit wirksam zu verhindern.
(b) Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die von dem Mehrheitsgesellschafter I A am 8.8.2006 unterzeichnete "Vereinbarung
zum Eintritt von Frau B A in die Q Verlag GmbH", wonach die Beigeladene zu 4) ermächtigt wurde, die Rechte aus der Gesellschafterstellung
des Mehrheitsgesellschafters wahrzunehmen. Nach dem Inhalt der Erklärung vom 8.8.2006 hatte diese Vollmacht nur solange einen
Geltungsanspruch, wie sie "nicht schriftlich eingeschränkt oder zurückgenommen wird". Allein deshalb versetzte die Erklärung
die Beigeladene zu 4) nicht in die Lage, im Bedarfsfall "jederzeit" unliebsame Weisungen zu verhindern (etwa BSG, Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, Rn. 23; BSG, Urteile v. 11.11.2015, B 12 R 2/14 R, Rdnr. 39 [widerrufliche Stimmrechtsvollmacht], B 12 KR 13/14 R Rdnr. 28f. [Stimmbindungsvereinbarung] und B 12 KR 10/14 R, Rdnr. 27ff. [Vetorecht im Anstellungsvertrag]; BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R; Senat, Urteil v. 27.8.2014, L 8 R 337/13, jeweils juris).
Darüber hinaus hat der Mehrheitsgesellschafter in der Erklärung vom 8.8.2006 seine Vorstellung verschriftlicht, dass alle
Gesellschafterrechte in seinem Sinne wahrgenommen werden. Dieses macht deutlich, dass sich der Mehrheitsgesellschafter für
einen etwaigen Konfliktfall das Recht vorbehalten wollte, das in dem am Tag nach der Unterzeichnung der privatschriftlichen
Erklärung, dem 9.8.2006 notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag statuarisch eingeräumte Stimmrecht wirksam werden zu lassen.
Bei dieser rechtlichen Beurteilung kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass erst ein Widerruf der Stimmrechtsvollmacht
eine Selbständigkeit im Sinne einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes
Buch [SGB X]) beseitigen würde. Denn die durch die Vollmacht vom 8.8.2006 vermittelte rechtliche Gestaltungsbefugnis der Beigeladenen
zu 4) war stets durch das bestehende Widerrufsrecht belastet und verlieh ihr gerade nicht die Rechtsmacht, nicht genehme Weisungen
jederzeit zu verhindern. Eine andere Sichtweise wäre mit dem im Beitragsrecht herrschenden Postulat der Vorhersehbarkeit unvereinbar
(BSG, Urteile v. 11.11.2015, B 12 R 2/14 R, Rdnr. 39; B 12 KR 13/14 R, Rdnr. 26 und B 12 KR 10/14 R, Rdnr. 31; Senat, Urteil v. 3.9.2014, L 8 R 55/13, juris).
(c) Die Beigeladene zu 4) verfügte im Streitzeitraum auch nicht über eine gesellschaftsvertraglich vereinbarte umfassende
(qualifizierte) Sperrminorität, um alle ihr nicht genehmen Weisungen der Gesellschafterversammlung zu verhindern, was die
Annahme einer abhängigen Beschäftigung ausschließen würde (Segebrecht, in: jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 7 Abs. 1 Rdnr. 103; zu dem Erfordernis einer umfassend wirkenden Sperrminorität etwa BSG, Urteil v. 19.8.2015, B 12 KR 9/14 R unter Hinweis auf BSGE 38, 53, 57 f. = SozR 4600 § 56 Nr. 1, S. 5; BSGE 42, 1, 3 = SozR 2200 § 723 Nr. 1, S. 3 m.w.N.; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17, Rdnr. 25 m.w.N.; BSG, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21, Rdnr. 16).
(4) Es sind keine besonderen Umstände gegeben, die abweichend vom Regelfall die Bindung der Beigeladenen zu 4) an das willensbildende
Organ der Klägerin, d.h. die Gesamtheit der Gesellschafter, ausschließen und einer für ein Beschäftigungsverhältnis typischen
Abhängigkeit entgegenstehen könnten.
(a) Eine für die Bestimmung des sozialversicherungsrechtlichen Status relevante faktische Weisungsfreiheit ergibt sich nicht
aus einer familiären Verbundenheit innerhalb des Gesellschafterkreises der Klägerin. Die von den für das Leistungsrecht der
Arbeitsförderung und das Recht der Unfallversicherung zuständigen Senaten des BSG entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung ist für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach §
7 Abs.
1 SGB IV nicht heranzuziehen. Eine Abhängigkeit der Statuszuordnung vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit
änderbaren Verhalten der Beteiligten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher
Tatbestände nicht in Einklang zu bringen (BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17, Rdnr. 32; BSG, Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R und B 12 R 1/15 R; jeweils juris unter Verweis auf BSGE 111, 257).
(b) Ebenso wenig ist die behauptete besondere Fachkompetenz und Branchenkenntnis der Beigeladenen zu 4) geeignet, eine statusrelevante
Weisungsfreiheit zu begründen. Dieser Aspekt stellt schon keinen besonderen Umstand des Einzelfalles dar. Es liegt vielmehr
in der Natur der Sache, dass jeder Geschäftsführer für seinen Geschäftsbereich ein besonderes Fachwissen und spezielle Kenntnisse
und Erfahrungen einbringt, die ihn befähigen, in seinem Zuständigkeitsbereich für die Gesellschaft erfolgreich tätig zu sein
(Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, juris). In solchen Fällen ist ein stark abgeschwächtes Weisungsrecht für die ausgeübte Tätigkeit ebenso wie z.B. bei der
Wahrnehmung von Tätigkeiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch.
Dennoch werden auch Tätigkeiten für leitende Angestellte im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt
bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes ausgeübt werden.
Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung
als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern
einer Aktiengesellschaft in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§
1 Satz 4
SGB VI sowie §
27 Abs.
1 Nr.
5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber
der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (BSG, Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, a.a.O.; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, a.a.O.; jeweils m.w.N.). Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht
dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbständigen
(vgl. BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R; Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O.).
(5) Für eine selbständige Tätigkeit sprechende Gesichtspunkte sind nicht in einem die Gesamtabwägung maßgeblich bestimmenden
Umfang gegeben.
(a) Die Beigeladene zu 4) konnte ihre Tätigkeit nicht im Wesentlichen frei bestimmen. Hierbei kann der Senat zugunsten der
Klägerin unterstellen, dass die Gesellschafter-Geschäftsführerin in der tatsächlichen Ausgestaltung der Tätigkeit in erheblichem
Umfang Freiräume nutzen konnte. Eine in der Praxis etablierte Lockerung der Weisungsdichte ist bei Arbeitnehmern, die - wie
die zur Geschäftsführerin der Klägerin bestellte Beigeladene zu 4) - Dienste höherer Art ausüben, nicht ungewöhnlich. (b)
Die Beigeladene zu 4) verfügte über keine eigene Betriebsstätte, auf die sie im Rahmen der hier streitigen Auftragsbeziehung
als Geschäftsführerin der Klägerin zurückgegriffen hat. Anstellungsvertraglich war in § 1 Buchst. a) GFV auch ausdrücklich
bestimmt, dass der Hauptaufgabenbereich der Beigeladenen zu 4) in der Geschäftsführung im Vertriebs- und Verwaltungsbereich
der Gesellschaft in der Betriebsstätte L (Verwaltung und Verlagsauslieferung, Herstellung und Produktion) bestand. (c) Ein
wesentliches unternehmerisches Risiko bestand für die Beigeladene zu 4) im Rahmen der zu beurteilenden Auftragsbeziehung als
Geschäftsführerin der Klägerin gleichfalls nicht.
Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den von dem BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa BSG, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG, Urteil v. 25.1.2011, B 12 KR 17/00 R, SozR 2001, 329, 331; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, juris, Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, juris Rdnr. 25 f.), der sich der Senat in seiner ständigen Rechtsprechung bereits angeschlossen hat (vgl.
nur Senat, Urteil v. 22.4.2015, L 8 R 680/12), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes
der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf
eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim
Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17 S. 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, juris Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, juris Rdnr. 25 f.) oder größere Verdienstmöglichkeiten gegenüberstehen (vgl. BSG SozR 2400 § 2 Nr. 19, S. 30; BSG, Urteil v. 25.1.2001, B 12 KR 17/00 R, SozVers. 2001, 329, 332; zuletzt BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 KR 17/13 R, juris, Rdnr. 27).
(aa) Ihre Arbeitskraft hat die Beigeladene zu 4) nicht mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Sie konnte nach § 5 Abs. 1
GFV eine Festvergütung beanspruchen, deren Höhe mit "Nachtrag zum Geschäftsführervertrag" vom 30.8.2007 mit Wirkung zum 1.9.2007
angepasst worden ist. Soweit die Beigeladene zu 4) das Risiko trug, dass die vereinbarte Vergütung infolge der wirtschaftlichen
Situation der Klägerin nicht zur Auszahlung gebracht wurde, entspricht das darin liegende Insolvenzrisiko dem wirtschaftlichen
Wagnis, das jeder Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber trägt.
Aufgrund der als Betriebsausgabe verbuchten Vergütung hat die Klägerin zudem Lohnsteuer entrichtet (zur Indizwirkung der Abführung
von Lohnsteuer zugunsten einer abhängigen Beschäftigung vgl. etwa Segebrecht, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl. 2016, §
7 Rdnr. 93).
(bb) Die Ausübung der Tätigkeit als Geschäftsführerin der Klägerin hat auch einen substanziell relevanten, mit einem Verlustrisiko
verbundenen Kapitaleinsatz der Beigeladenen zu 4) nicht erfordert. Hinsichtlich etwaiger aus Anlass einer Dienstreise entstandener
Aufwendungen begründete § 5 Abs. 3 GFV einen Erstattungsanspruch, weshalb die Beigeladene zu 4) nicht der Gefahr unterlag,
dass etwaige eigene Vermögensaufwendungen aus Anlass einer Dienstreise unkompensiert bleiben würden. Daneben konnte die Beigeladene
zu 4) nach Maßgabe des Nachtrags zum GFV vom 30.12.2008 die Bereitstellung eines Firmenwagens beanspruchen.
(d) Soweit die Klägerin auf die Befreiung der Beigeladenen zu 4) von den Beschränkungen des §
181 BGB verweist, ist dieser Umstand bei einer kleineren GmbH wie der Klägerin nicht untypisch und deutet deshalb nicht zwingend
auf eine selbständige Tätigkeit hin (vgl. BSG, Urteil v. 6.3.2003, B 11 AL 25/02 R; BSG, Urteil v. 4.7.2007, B 11a AL 5/06 R, a.a.O.; Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O.; Senat, Urteil v. 18.6.2014, L 8 R 5/13, juris). Entsprechendes gilt für eine etwaige Alleinvertretungsbefugnis der Beigeladenen zu 4), die - jedenfalls nach § 8
Abs. 1 Satz 3 GesV - ohnehin lediglich den Geschäftsführern Herrn I A sowie Frau I A eingeräumt wurde.
(6) In der gebotenen Gesamtabwägung aller für und gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung sprechenden Merkmale entsprechend
ihrem Gewicht überwiegen im Gesamtbild die für die Annahme einer Beschäftigung sprechenden Indizien nach Überzeugung des Senats
ganz erheblich.
b) Tatbestände, die eine Versicherungsfreiheit der Beigeladenen zu 4) über den bereits in dem angefochtenen Bescheid berücksichtigten
Umfang hinaus begründen, sind nicht nachgewiesen.
aa) Die Beigeladene zu 4) war in dem Zeitraum vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2012 nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung
und der mit dieser gemäß §
20 Abs.
1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr.
1 SGB XI akzessorischen sozialen Pflegeversicherung versicherungsfrei.
Nach §
6 Abs.
1 Nr.
1 SGB V in der bis zum 30.12.2010 geltenden Fassung waren Arbeiter und Angestellte nicht versicherungspflichtig, deren regelmäßiges
Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) nach §
6 Abs.
6 oder 7
SGB V übersteigt und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat (Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen
Krankenversicherung [GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG] v. 26.3.2007, BGBl. I 2007, 378). In seiner ab dem 31.12.2010 geltenden Fassung ordnet §
6 Abs.
1 Nr.
1 SGB V eine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung unter Wegfall des Erfordernisses einer dreimaligen Überschreitung
der JAEG an (Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Finanzierungsgesetz
- GKV-FinG] v. 22.12.2010, BGBl. I 2010, 2309).
(1) Für die Bestimmung der Versicherungsfreiheit der Beigeladenen zu 4) ist die JAEG nach §
6 Abs.
6 SGB V maßgeblich. Die besondere JAEG nach §
6 Abs.
7 SGB V findet demgegenüber keine Anwendung. Hiernach gilt abweichend von §
6 Abs.
6 SGB V die besondere JAEG für solche Angestellte und Arbeiter, die am 31.12.2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden
JAEG von 40.500,00 EUR versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung
versichert waren. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllte die Beigeladene zu 4) nicht, da diese nicht am 31.12.2002
wegen Überschreitens der seinerzeit geltenden JAEG bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert war. Vielmehr
war sie bis zum 31.12.2003 Mitglied der Beigeladenen zu 1). Versicherungsschutz bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen
bestand erst ab dem 1.1.2004, weshalb auch die Frage offen bleiben kann, ob der durch die Süddeutsche Krankenversicherung
vertraglich gewährleistete Versicherungsschutz den Anforderungen einer substitutiven Krankenversicherung im Sinne des §
6 Abs.
7 SGB V entspricht (zu den Anforderungen an einen substitutiven Krankenversicherungsschutz vgl. Felix, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB V, 3. Aufl. 2016, §
6 Rdnr. 23).
(2) Die JAEG nach §
6 Abs.
6 SGB V hat die Beigeladene zu 4) in den Jahren 2010 bis 2012, wie sie auch mit Schriftsatz vom 6.10.2016 ausdrücklich bestätigt
hat, nicht überschritten. Nach den anlässlich der Betriebsprüfung ausgewerteten Lohnunterlagen hat die Beigeladene zu 4) vielmehr
folgende Entgelte erhalten:
Kalenderjahr - Allgemeine JAEG (§
6 Abs.
6 SGB V) - Bruttoarbeitsentgelt der Beigeladenen zu 4)
2010 - 49.950,00 EUR - 49.173,36 EUR 2011 - 49.950,00 EUR - 48.756,36 EUR 2012 - 50.850,00 EUR - 46.656,36 EUR 2013 52.200,00
EUR 54.000,00 EUR
Für das Kalenderjahr 2013 hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid eine Versicherungsfreiheit der Beigeladenen zu 4)
in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung angenommen.
bb) Tatbestände, die eine Versicherungsfreiheit der am 24.4.1963 geborenen Beigeladenen zu 4) vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2013
in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung begründen, sind weder erkennbar, noch von der Klägerin
substantiiert dargelegt worden.
c) Die Höhe der geltend gemachten Beitragsnachforderung ist nicht zu beanstanden. Dahingehende Einwände hat die Klägerin auch
nicht geltend gemacht.
d) Die Beitragsforderung ist auch nicht verjährt. Nach §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Für die
Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des
BGB entsprechend (§
25 Abs.
2 Satz 1
SGB IV). Die Verjährung ist vorbehaltlich des §
25 Abs.
2 Satz 3
SGB IV für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt (§
25 Abs.
2 Satz 2 Halbs. 1
SGB IV). Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und
Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides; spätestens nach Ablauf von sechs
Monaten nach Ablauf der Prüfung (§
25 Abs.
2 Satz 4
SGB IV).
Hiernach ist die für die Jahre 2011 bis 2013 erhobene Beitragsforderung bereits nach Maßgabe des §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB IV nicht verjährt. Entsprechendes gilt für die im Jahr 2010 entstandenen Beiträge, da die insoweit bis zum 31.12.2014 laufende
Verjährungsfrist durch den Beginn der Betriebsprüfung im Jahr 2014 rechtzeitig gehemmt wurde.
2. Die Feststellung der Versicherungspflicht sowie die nachträgliche Erhebung von Pflichtbeiträgen für die Beigeladene zu
4) verletzt auch kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin.
a) Ein der Beitragsnacherhebung entgegenstehendes schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin haben zunächst weder der Betriebsprüfungsbescheid
der Beklagten vom 18.11.2010, noch frühere Abschlussmitteilungen vorangegangener Betriebsprüfungen (§ 7 Abs. 4 BVV) begründet.
Nach der gesicherten Rechtsprechung des BSG vermitteln durchgeführte Betriebsprüfungen keine Entlastungswirkung (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 1/04 R, BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr. 2, Rdnr. 35 ff. und B 12 KR 7/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 1 Rdnr. 37 ff.; eingehend zur Relevanz von Betriebsprüfungen auch in Kleinbetrieben BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, BSGE 115, 1, SozR 4-2400 § 27 Nr. 5, Rdnr. 24 ff.). Hiernach hat das BSG sich nicht nur in sog. Beitragserstattungsfällen (hierzu BSG, Urteil v. 29.7.2003, B 12 AL 1/02 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 1; BSG, Urteil v. 29.7.2003, B 12 AL 3/03 R, AuB 2003, 341), sondern insbesondere auch in sog. Beitragsnachforderungsfällen (hierzu BSG, Urteil v. 30.11.1978, 12 RK 6/76, BSGE 47, 194, SozR 2200 § 1399 Nr. 11; BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 10/02 R, SozR 4-5375 § 2 Nr. 1, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 7/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 1) mit den "Rechtsfolgen" von Betriebsprüfungen befasst, bei denen es zunächst keine Beanstandungen
gab, sich später allerdings herausstellte, dass die Versicherungs- und Beitragspflicht von Mitarbeitern des geprüften Arbeitgebers
schon im Prüfungszeitraum unrichtig beurteilt wurde, dieses aber im Rahmen der Betriebsprüfung nicht aufgefallen war. Nach
den von dem BSG entwickelten Maßstäben können Arbeitgeber (und Arbeitnehmer) aus solche Betriebsprüfungen keine weitergehenden Rechte herleiten,
weil Betriebsprüfungen unmittelbar das Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten nur den
Zweck haben, die Beitragsentrichtung zu einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern (etwa BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 1/04 R, BSGE 93, 119, SozR 4-2400 § 22 Nr. 2, Rdnr. 36 [Nachforderungsfall]; BSG, Urteil v. 29.7.2003, B 12 AL 1/02 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 1 Rdnr. 20 [Erstattungsfall]). Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt einer
Betriebsprüfung nicht zu und kann ihnen auch deshalb nicht zukommen, weil die Betriebsprüfung nicht umfassend oder erschöpfend
zu sein braucht und sich auf bestimmte Einzelfälle oder Stichproben beschränken darf (BSG, Urteil v. 29.7.2003, B 12 AL 1/02 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 1 Rdnr. 19 ff.). Betriebsprüfungen sowie das Ergebnis der Prüfung festhaltende Abschlussmitteilungen
der Versicherungsträger bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa - mit
Außenwirkung - "Entlastung" zu erteilen. Eine materielle Bindungswirkung kann sich lediglich dann und insoweit ergeben, als
Versicherungs- und/oder Beitragspflicht (und Beitragshöhe) im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch
gesonderten Verwaltungsakt festgestellt wurden (BSG, Urteil v. 29.7.2003, B 12 AL 1/02 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 1 Rdnr. 20; zum Ganzen auch BSG, Beschluss v. 17.3.2017, B 12 R 44/16 B, juris, Rdnr. 20 ff.).
Ausgehend von diesen Maßstäben kommt dem Betriebsprüfungsbescheid der Beklagten vom 18.11.2010 allein deshalb keine vertrauensschutzbegründende
Wirkung zu, da dieser Verwaltungsakt - wie dargelegt - keinerlei personenbezogene Feststellungen zur Versicherungspflicht
der Beigeladenen zu 4) trifft. Entsprechendes gilt auch für die bloß informatorisch wirkenden Abschlussmitteilungen, soweit
sie überhaupt den Tätigkeitszeitraum der Beigeladenen zu 4) bei der Klägerin erfassen. Dieses ist etwa bei der Abschlussmitteilung
der vormaligen LVA Rheinprovinz vom 21.8.1998 weitgehend zu verneinen, da diese den Prüfungszeitraum vom 1.1.1994 bis zum
31.12.1997 betrifft, die Beigeladene zu 4) jedoch ohnehin erst ab dem 1.9.1997 bei der Klägerin beschäftigt war und zudem
auch erst mit Wirkung zum 1.1.2004 zu deren Geschäftsführerin bestellt wurde.
b) Ein der streitigen Beitragsnacherhebung entgegenstehendes schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin ist auch nicht dadurch
erzeugt worden, dass die Beklagte trotz schriftlicher Aufforderungen vom 26.4.2007 sowie vom 24.8.2007 keinen abschließenden
Prüfbericht zu der für den Zeitraum vom 1.2.2002 bis zum 30.9.2006 durchgeführten Betriebsprüfung übermittelt hat.
Da nach den vorstehend skizzierten Grundsätzen sogar eine Abschlussmitteilung, die nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Beitragsüberwachungsverordnung (BÜVO) bzw. ab dem 1.7.2006 nach § 7 Abs. 4 BVV in seiner bis zum Inkrafttreten des 6.
SGB IV-Änderungsgesetzes (6.
SGB IV-ÄndG) vom 11.11.2016 (BGBl. I 2016, 2500) geltenden Fassung dem zwingenden Schriftformerfordernis unterlag (Scheer, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 28p
SGB IV, Rdnr. 191), keine vertrauensschutzbegründende Wirkung zukommt, scheidet ein Vertrauenstatbestand erst Recht aus, wenn das
Ergebnis einer Betriebsprüfung einem Arbeitgeber überhaupt nicht mitgeteilt worden ist. Dieses gilt auch deshalb, weil einem
Arbeitgeber für den Fall von (fortbestehenden) Zweifeln verschiedene Möglichkeiten offen stehen, verbindlich Rechtsklarheit
zu erlangen. So kann er gemäß §
28h Abs.
2 Satz 1
SGB IV eine Entscheidung der Einzugsstelle über die Versicherungs- und Beitragspflicht des Mitarbeiters herbeiführen (vgl. BSG, Urteil v. 29.7.2003, B 12 AL 1/02 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 1 Rdnr. 20), an welche die Versicherungsträger nach Maßgabe der §§ 44 ff. SGB X gebunden sind (§
77 SGG). Zudem steht dem Arbeitgeber mit dem gleichen Ziel der Weg eines - allerdings ebenfalls unterbliebenen - Anfrageverfahrens
nach Maßgabe des §
7a SGB IV offen.
c) Der Einwand der Klägerin, sie habe bis zu den Entscheidungen des BSG vom 29.8.2012 (B 12 KR 25/10 R und B 12 R 14/10 R) schutzwürdig darauf vertrauen dürfen, dass die Beigeladene zu 4) aufgrund einer "familiären Rücksichtnahme" innerhalb
des Gesellschafterkreises der Klägerin nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, greift gleichfalls nicht
durch.
Zwar kann nach der Rechtsprechung des BSG aus Gründen des Vertrauensschutzes eine zum Nachteil eines Arbeitgebers geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung grundsätzlich
nicht rückwirkend zu dessen Lasten angewendet werden, wenn dieser aufgrund der "neuen" Rechtsprechung nunmehr Beiträge auf
bestimmte Arbeitnehmerbezüge abzuführen hat, die noch nach der zuvor maßgebend gewesenen Rechtsprechung beitragsfrei waren
(hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 18.11.1980, 12 RK 59/79, BSGE 51, 31, 36 ff. und Leitsatz 1, SozR 2200 § 1399 Nr. 13). Allerdings ende der Vertrauensschutz eines Arbeitgebers, wenn er von der
Einzugsstelle über die geänderte Rechtsprechung unterrichtet werde. Bereits vorher ende der Vertrauensschutz, wenn er die
geänderte Rechtsprechung und ihre Folgen für seine Beitragspflicht schon vor der Unterrichtung kannte oder wenn er nach den
Umständen des Falles Anlass hatte, insoweit bestehende Zweifel von sich aus zu klären (BSG, Urteil v. 18.11.1980, a.a.O., Leitsatz 2).
Darüber hinaus kann der aus Art.
20 Abs.
3 Grundgesetz (
GG) hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes, auch wenn höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare
Rechtsbindung erzeugen, erfordern, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls
durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung
zu tragen (hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 16.12.2015, B 12 R 11/14 R, SozR 4-2400 § 28p Nr. 6 unter Verweis auf BVerfGE 122, 248, 277 f; vgl. dazu auch BAG, Urteil v. 19.6.2012, 9 AZR 652/10, juris Rdnr. 27 m.w.N.).
aa) Der Senat hat bereits Zweifel, ob die Beigeladene zu 4) aufgrund der behaupteten "familienhaften Rücksichtnahme" überhaupt
von einer fehlenden Versicherungspflicht profitiert hätte. Dass die Beigeladene zu 4) die Gesellschaft im Streitzeitraum tatsächlich
vollständig nach eigenem Gutdünken im Sinne der älteren Rechtsprechung des BSG zum Leistungsrecht führen konnte, unterliegt bereits erheblichen Bedenken. So hat der Mehrheitsgesellschafter der Klägerin,
Herr I A, anlässlich des Erörterungstermins vom 15.7.2016 bekundet, er hätte im Fall einer von der Beigeladenen zu 4) veranlassten
wesentlichen Veränderung der Produktpalette die "Notbremse ziehen können und hätte es auch getan." Im Erörterungstermin vom
13.9.2017 hat er zudem erklärt, dass es ihm wichtig gewesen sei, dass die auf die Herausgabe von Reisebildbänden fokussierte
Marktausrichtung und Produktpalette aufrecht erhalten blieb und es ihm wichtig gewesen sei, dass nicht etwa ganz andere Produktlinien,
wie etwa Belletristik oder andere Formen der Unterhaltungsliteratur erscheinen würden.
bb) Letztlich kann die Frage, in welchem Umfang die Beigeladene zu 4) aufgrund einer familienhaften Rücksichtnahme faktisch
weisungsfrei agieren konnte, indes offen bleiben. Die Entscheidungen des BSG vom 29.8.2012 (B 12 KR 25/10 R und B 12 R 14/10 R) haben für den - hier zu beurteilenden - versicherungs- und beitragsrechtlichen Bereich eine Änderung einer tragenden und
gefestigten Rechtsprechung nicht bewirkt.
In Kontinuität mit der bereits zuvor gefestigten Rechtsprechung hat das BSG zunächst bekräftigt, dass bei der Frage, ob eine "Beschäftigung" vorliegt, an das Vertragsverhältnis der Beteiligten anzuknüpfen
sei, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen werde. Ausgangspunkt sei daher das Vertragsverhältnis
der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergebe oder aus ihrer gelebten Beziehung erschließen
lasse. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene
Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehe der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine
- formlose - Abbedingung rechtlich möglich sei. Umgekehrt gelte, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich sei, solange
diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen sei. In diesem Sinne gelte, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag
gäben, wenn sie von Vereinbarungen abwichen. Maßgeblich sei die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert werde, und die praktizierte
Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig sei (BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, juris, Rdnr. 16). Diese Grundsätze waren keineswegs neu, sondern hatten sich bereits im Sinne einer gefestigten Rechtsprechung
zuvor gebildet (etwa BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 29.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011, 125 = juris, Rdnr. 17).
Soweit das BSG in den Entscheidungen vom 29.8.2012 präzisierend für den Fall einer GmbH als Familienbetrieb eine sozialversicherungsrechtlich
relevante faktische Weisungsfreiheit wegen einer familiären Verbundenheit verneint hat (BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, juris, Rdnr. 26 ff.), ist eine etwaige Erwartung der Klägerin bzw. der Beigeladenen zu 4) auf eine nicht bestehende Versicherungspflicht
nicht unzulässig enttäuscht worden. Zwar hat das BSG in der Vergangenheit im Leistungsrecht der Arbeitslosen- und Unfallversicherung (etwa BSG, Urteil v. 11.2.1993, 7 RAr 48/92, USK 9347; Urteil v. 8.12.1987, 7 RAr 25/86, USK 87170; Urteil v. 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, USK 9975) eine Versicherungsfreiheit von Geschäftsführern erwogen, die faktisch die Geschäfte der Gesellschaft wie ein Alleininhaber
nach eigenem Gutdünken führen konnten, weil sie "Kopf und Seele" des Geschäfts waren oder ihnen aufgrund familiärer Verbundenheit
Weisungen nicht erteilt wurden. Spätestens mit der zeitlich danach ergangenen Entscheidung des BSG vom 18.12.2001 (B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20) war aber klar, dass es kein schützenswertes Vertrauen mehr gab, diese Rechtsprechung werde auch im Mitgliedschafts-
und Beitragsrecht der Sozialversicherung gelten. Ausdrücklich hat der für dieses Rechtsgebiet zuständige Senat diese Frage
nämlich offengelassen (a.a.O. Rdnr. 20), weshalb für die Klägerin Anlass bestanden hat, die Frage der Versicherungs- und Beitragspflicht
der Beigeladenen zu 4) zu klären (BSG, Urteil v. 18.11.1980, a.a.O., Leitsatz 2).
3. Soweit die Klägerin unter Verweis auf eine "unzulässige Rückwirkung" eine Karenzzeitregelung für geboten erachtet, die
der Klägerin die Möglichkeit gegeben hätte, ihre formalen Verhältnisse an die tatsächlich gelebten Verhältnisse anzupassen
(Schriftsatz v. 25.10.2017), weist der Senat zunächst darauf hin, dass das Rückwirkungsverbot als verfassungsrechtliches Prinzip
in erster Linie einen etwaigen Vertrauensschutz des Bürgers gegenüber der legislativen Staatsgewalt aufgreift. Angesichts
der unverändert gebliebenen gesetzlichen Vorschriften zur Versicherungs- und Beitragspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern
einer Kapitalgesellschaft ist ein hiervon erfasster Sachverhalt schon gar nicht betroffen. Soweit die Überlegungen der Klägerin
darauf abzielen, das BSG habe die in Rede stehende Rechtsprechung vom 29.8.2012 ankündigen müssen, verfängt diese Erwägung nicht. Denn ein Gericht
wird nicht wie ein Gesetzgeber rechtssetzend tätig, sondern entscheidet grundsätzlich lediglich über einzelne Streitfälle
mit Verbindlichkeit für die jeweiligen Streitparteien. Ungeachtet dessen brauchte der mit dem Versicherungs- und Beitragsrecht
befasste Senat des BSG eine "Aufgabe der Kopf und Seele-Rechtsprechung" allein deshalb nicht explizit anzukündigen, da dieser in seiner Entscheidung
vom 18.12.2001 (B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20) ausdrücklich offen gelassen hatte, ob der Umstand, dass Gesellschafter einem Geschäftsführer bei
seiner Tätigkeit völlig freie Hand gelassen haben, ausnahmsweise zur Annahme einer fehlenden Versicherungspflicht führt.
Gründe im Sinne des §
160 Abs.
2 SGG, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 3, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.