Statusfeststellungsverfahren
Tätigkeit zur Förderung behinderter Menschen
Abgrenzung selbständiger Tätigkeit von abhängiger Beschäftigung
Wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB
IV]) über die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung
in dem Zeitraum vom 1.1.2009 bis 31.5.2009 in einer für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Betreuerin im Bereich des ambulant
betreuten Wohnens.
Zum 1.6.2009 erfolgte durch die Klägerin die Anmeldung der Beigeladenen zu 1) zur Sozialversicherung.
Ausweislich der Eintragung im Handelsregister des Amtsgerichts L unter HRB 000 ist der Gegenstand des Unternehmens der Klägerin die Förderung behinderter Menschen sowie von Menschen mit schwierigen
oder bedrohlichen Lebenssituationen. Der Gesellschaftszweck wird insbesondere verwirklicht durch die Durchführung von Maßnahmen
im Rahmen betreuter Wohnformen, insbesondere des Betreuten Wohnens, die Durchführung von Arbeitsmaßnahmen und Integration
behinderter Menschen in das Berufsleben, die Förderung ehrenamtlicher Tätigkeiten, die Beratung, Therapie und Behandlung von
behinderten und nicht-behinderten Menschen und die Wissensvermittlung (Fortbildungen).
Die Tätigkeit der Klägerin beruhte auf den Bestimmungen des Rahmenvertrages - ambulanter Bereich - Nordrhein-Westfalen (NRW)
nach § 79 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Auf dieser Grundlage schloss sie mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) als zuständigem Leistungsträger am 26.1./2.2.2009
zur Konkretisierung des Rahmenvertrages eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung gemäß §§ 75 ff SGB XII für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung (Leistungs- und Prüfungsvereinbarung). Die
zwischen dem LVR als "Sozialhilfeträger" und der Klägerin als "Leistungserbringer" geschlossene Vereinbarung enthält auszugsweise
folgende Regelungen:
"Teil I Leistungsvereinbarung
§ 1 Art und Inhalt der Leistung
(1) Art der Leistung
- Der Leistungserbringer leistet ambulante Eingliederungshilfe zum selbständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft
wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. §
55 SGB IX.
- Es handelt sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbstbestimmtes Leben in einer Wohnung
in der Gemeinde ermöglicht. Das Ambulant Betreute Wohnen ist zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes
und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen bezieht
und der sozialen Integration dient.
- Es handelt sich um eine vorwiegend aufsuchende Betreuung und Begleitung im Rahmen der ambulanten Eingliederungshilfe gemäß
§ 54 SGB XII. ( ...)
(2) Ziele der Leistung
Die Leistung hat das Ziel, der betreuten Person unabhängig von Art und Schwere der Behinderung eine weitgehend eigenständige
Lebensführung, soziale Eingliederung und Teilhabe am Leben in der Gemeinde zu eröffnen und zu erhalten. Einzelziele sind hier
insbesondere:
( ...).
(3) Inhalt der Leistung
- Das Angebot eröffnet den Menschen, die es in Anspruch nehmen, unabhängig von Art und Schwere der Behinderung, Möglichkeiten
einer selbst bestimmten und eigenverantwortlichen Lebensform. Die Leistung beinhaltet die im Einzelfall erforderlichen Hilfen
zur Beratung, Begleitung, Betreuung und Förderung nach Maßgabe der §§ 53, 54 SGB XII.
- Als Maßnahmen zur Erbringung dieser Leistungen können verschiedene Formen der Hilfestellung, unterschiedliche Unterstützungs-
und Beratungsangebote dienen, wie die Hilfeplanung und -reflektion, das Gesprächsangebot, Telefonkontakte, persönliche Kontakte,
Begleitung, Mithilfe, Anleitung, Übernahme, Übung, Beratung, Erinnerung, Kontrolle, Zeiten von Erreichbarkeit, Zusammenarbeit
mit anderen Diensten und Institutionen. Die einzelfallbezogenen Maßnahmen können mit Gruppenangeboten kombiniert werden.
- Grundlage für die Leistung ist ein individueller Hilfe- und Betreuungsplan. Dieser wird unter Einbeziehung der betreuten
Person erarbeitet und vereinbart.
(4) Direkte, mittelbare und indirekte Leistungen
- Direkte Betreuungsleistungen sind einzelfallbezogene Hilfeleistungen wie zum Beispiel:
- Erstellung beziehungsweise Mitwirkung bei der Hilfeplanung und Betreuungsplanung
- Hausbesuche bei der betreuten Person
- Gespräche mit der betreuten Person und ihrem sozialen Umfeld
- Kontakte mit der betreuten Person in der Dienststelle
- Klinikbesuche bei stationären Krankenhausaufenthalten/stationären Reha-Maßnahmen zu Lasten anderer Sozialleitungsträger
- Begleitung der betreuten Person außerhalb der eigenen Wohnung
- telefonische Kontakte bzw. andere Kommunikationswege (z.B. bei Menschen mit Sinnesbeeinträchtigungen) mit der betreuten
Person
- Begleitung und Unterstützung beim Wechsel in die neue Wohn- und Lebensform (Unterstützung beim Umzug und Einzug, etc.)
- Durchführung von Gruppenangeboten
( ...).
- Mittelbare Betreuungsleistungen sind ...
a) klientenbezogene Tätigkeiten wie zum Beispiel
- Mitarbeit an den Hilfeplankonferenzen/am Clearingstellenverfahren
- Gespräche im sozialen Umfeld der betreuten Person
- Organisation des Hilfefeldes und der Hilfeplanung
- Kooperationskontakte mit gesetzlichen Betreuerinnen und Betreuern
- Vor- und Nachbereitung von Gruppenangeboten
- Telefonate und Schriftverkehr bzgl. Alltagsangelegenheiten der betreuten Person
- Einzelfalldokumentation/Dokumentation des Betreuungsprozesses
- Ausfallzeiten/von der betreuten Person nicht wahrgenommene Termine
- einzelfallbezogene Tätigkeiten im Vorfeld einer Betreuung und im Rahmen einer Nachbetreuung
- Abschlussbericht
b) klientenübergreifende Tätigkeiten wie zum Beispiel
- Fallbesprechungen/kollegiale Beratung
- Supervision
- Facharbeitskreise
- Teamsitzungen
- Fortbildung
c) Fahrt- und Wegezeiten
- Indirekte Leistungen sind alle zur Organisation des Dienstes und des Arbeitsablaufs sowie zur Qualitätssicherung notwendigen
Tätigkeiten und Maßnahmen wie zum Beispiel:
- Organisation und Leitung des Dienstes
- Zusammenarbeit mit anderen Diensten und Organisationen, ( ...)
- Bearbeitung von Anfragen und Aufnahmen
- Qualitätssicherung bezogen auf die betreuten Menschen, die Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter und das Konzept
- Verwaltung (Personal, Budget, Kostenabrechnung, Verwendungsnachweise etc.)
- Öffentlichkeitsarbeit
§ 2 Personenkreis/Zielgruppe
(1) Zielgruppe des Ambulant Betreuten Wohnens sind volljährige Menschen mit einer wesentlichen Behinderung im Sinne des §
53 SGB XII,
- die in einer eigenen Wohnung, allein oder in selbst gewählten Lebensgemeinschaften/Partnerschaften leben, also in der Regel
über einen eigenen Mietvertrag verfügen, oder
- die beabsichtigen, innerhalb der nächsten 6 Monate aus der Wohnung der Eltern auszuziehen
- und zur selbständigen Lebensführung der ambulanten Hilfe bedürfen.
(2) Das Angebot des Leistungserbringers richtet sich nach den örtlichen Gegebenheiten, Planungen, Absprachen an folgenden
speziellen/eingegrenzten Personenkreis:
- Menschen mit psychischer Behinderung, Menschen mit geistiger Behinderung, Menschen mit körperlicher Behinderung und Menschen
mit chronischer Suchterkrankung
Insbesondere ist Zielgruppe der Personenkreis im festgelegten Einzugsgebiet:
- der Stadt L, des Rheinisch-Bergischen Kreises sowie des Oberbergischen Kreises
( ...).
§ 3 Umfang der Leistungen
(1) Die Intensität und die Dauer der zu erbringenden Leistungen sind einzelfallbezogen und richten sich nach dem individuellen
Hilfebedarf. Auch die Betreuungszeiten richten sich nach dem individuellen Hilfebedarf der betreuten Person.
(2) Die Feststellung des individuellen Hilfebedarfs im Einzelfall erfolgt verbindlich durch den Sozialhilfeträger im Rahmen
des Hilfeplanverfahrens.
(3) Erheblich veränderte Bedarfe/Mehrbedarfe über den bewilligten Betreuungsumfang hinaus sind im Einzelfall mitzuteilen und
fachlich zu begründen. Veränderungen treten nur entsprechend der Entscheidung des Sozialhilfeträgers in Kraft.
(4) Bei Beendigung der Betreuung sind der Abschluss der Betreuungsaktivitäten, die Erarbeitung der weiteren Hilfemöglichkeiten
und ein schriftlicher Abschlussbericht erforderlich.
§ 4 Qualität der Leistung
(1) Strukturqualität
- Es wird durch den Leistungserbringer eine allgemeine Beschreibung und ein fachlich ausdifferenziertes Konzept des Angebotes
vorgelegt (s. Anlage 1).
- Das Betreuungsverhältnis wird in einem rechtsverbindlichen Betreuungsvertrag zwischen dem Leistungserbringer und der betreuten
Person geregelt (s. Anlage 2). Dieser beinhaltet Vereinbarungen in Bezug auf Intensität, Zeitstruktur und Betreuungsschwerpunkte
sowie ggf. Finanzierung.
- Der Leistungserbringer legt sein Aufnahmeverfahren für die Leistungsberechtigten fest.
- Der Betreuungsvertrag ist unabhängig von einem Mietvertrag abzuschließen.
- Die Kontinuität der Betreuung wird sichergestellt. Sie erfolgt im Bezugspersonensystem. Im Verhinderungsfall ist eine Vertretung
durch den Dienst sicherzustellen.
- Das Angebot umfasst in der Regel aufsuchende Hilfen in der häuslichen Umgebung der betreuten Person.
( ...)
- Die Kontaktzeiten orientieren sich am Hilfebedarf der betreuten Person. Termine am Abend und an den Wochenenden sind Bestandteil
der Vereinbarung.
- Es erfolgt, aufbauend auf der Ermittlung des individuellen Hilfebedarfs, eine individuelle Hilfe- und Betreuungsplanung
analog der Zielsetzung und der Leistungselemente des Betreuten Wohnens (siehe § 1).
- Übergabe-, Dienst- und Fallbesprechungen und eine Zusammenarbeit finden regelmäßig und verbindlich in Teams statt.
- Supervision und Fortbildung sollen zur Qualifizierung der Mitarbeiter/innen durchgeführt werden.
- Interne Controllingverfahren sollen die Arbeit des Dienstes unterstützen. ( ...)
- Die dem Sozialhilfeträger einmal jährlich vorzulegenden Berichte enthalten eine Aufstellung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
ihrer beruflichen Abschlüsse, ihres Anstellungsverhältnisses sowie ihrer Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen.
(2) Prozessqualität
- Die Hilfeleistung erfolgt bedarfsgesteuert.
- Die Betreuung erfolgt auf der Grundlage der vereinbarten Hilfe- und Betreuungsplanung.
( ...).
- Die direkten Betreuungsleistung und die mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten werden in jedem Einzelfall regelmäßig
dokumentiert (individuelle Betreuungsdokumentation).
- Die direkten Betreuungsleistungen sind durch die betreute Person unter Berücksichtigung der jeweiligen Behinderung möglichst
zeitnah, spätestens nach Ablauf eines Monats zu quittieren (siehe Anlage 3)
( ...)
- Der Leistungserbringer geht Beschwerden unverzüglich nach. Soweit kein Einvernehmen zu erzielen ist, wird der Sozialhilfeträger
informiert.
( ...)
(3) Ergebnisqualität
- Grundlage für die Ergebnisqualität ist der Erreichungsgrad der im individuellen Hilfeplan vereinbarten Ziele.
- Das Hilfeangebot wird konzeptionell überprüft.
Grundlage ist die Darstellung der Ergebnisse u.a. in Jahresberichten. Im Jahresbericht stellt der Leistungserbringer die Gesamtheit
seiner Betreuungsaktivitäten und Qualitätssicherungsmaßnahmen in geeigneter Form dar. Der Jahresbericht gibt Auskunft über
die wesentlichen Entwicklungen und Problembereiche der Betreuungsarbeit. Kooperationen mit anderen Diensten werden dargestellt.
- Der Leistungserbringer überprüft das Hilfeangebot und die erbrachten Betreuungsleistungen in jedem Einzelfall. Grundlage
für den Einzelfall ist die individuelle Hilfe- und Betreuungsplanung. Bezogen auf die Kategorien des Leistungsangebotes werden
die Ziele, Methoden und die Durchführung dargestellt und die Bewertung der Zielerreichung und die Formulierung neuer Ziele/Anschlussziele
vorgenommen. Die Berichterstattung gegenüber dem Sozialhilfeträger erfolgt zum Ende des im Hilfeplan des Sozialhilfeträgers
festgelegten Bewilligungszeitraums.
- Bewertungsmaßstäbe für die Ergebnisqualität sind beispielsweise:
( ...).
§ 5 Personelle Ausstattung
(1) Fachkräfte
- Zur Erbringung der Leistungen werden geeignete Fachkräfte eingesetzt.
Geeignete Fachkräfte sind insbesondere Diplom-Sozialarbeiter/innen oder Diplom-Sozialpädagoginnen/Diplom-Sozialpädagogen oder
andere Angehörige vergleichbarer Berufsgruppen mit Hochschulabschluss, Erzieher/innen, Heilerziehungspfleger/innen, Pflegefachkräfte
und Ergotherapeutinnen / Ergotherapeuten, Heilpädagoginnen /Heilpädagogen.
- Die Fachkräfte müssen über eine mindestens einjährige Berufserfahrung in der Arbeit mit der Zielgruppe oder in der Angebotsform
des Ambulant Betreuten Wohnens verfügen und nachweisen.
(2) Sonstige Kräfte
( ...)
(3) Fallverantwortung
Die Fallverantwortung ist durch eine Fachkraft im Sinne des Absatzes 1 wahrzunehmen. Die Fallverantwortung umfasst insbesondere
die individuelle Hilfe- und Betreuungsplanung sowie den Einsatz des Betreuungspersonals.
§ 6 Sächliche Ausstattung
( ...)
Teil II Prüfungsvereinbarung
§ 7 Prüfung der Qualität der Leistung
(1) Der Leistungserbringer legt dem Sozialhilfeträger jährlich Nachweise vor, dass er die von ihm eingegangenen Verpflichtungen
zur Qualität der Leistungen im Vereinbarungszeitraum eingehalten hat.
(2) Die Qualitätsnachweise erfolgen durch standardisierte Leistungsdokumentationen (s. Anlage 4).
(3) Liegen begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Leistungserbringer die Leistungen nicht in der vereinbarten Qualität
erbringt, klärt der Sozialhilfeträger den Sachverhalt auf.
(4) Bestätigen sich Anhaltspunkte für eine nicht vertragsgemäße Leistung, kann der Sozialhilfeträger eine Qualitätssicherung
durchführen.
( ...).
Auf den weiteren Inhalt dieser Vereinbarungen wird Bezug genommen.
Ebenfalls unter dem 26.1./2.2.2009 schlossen die Klägerin und der LVR zur Konkretisierung der Bestimmungen des Rahmenvertrages,
insbesondere seines Abschnitts II, eine Vergütungsvereinbarung, nach der die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von
49,90 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgt (§ 1 Satz 1). Auf den weiteren Inhalt der Vergütungsvereinbarung wird Bezug genommen.
Die Klägerin erbringt ihre Leistungen im Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens mit etwa 20 Mitarbeitern in abhängiger Beschäftigung
und mit überwiegend 4, später wohl nur noch 3 Honorarkräften.
Die am 00.00.1954 geborene Beigeladene zu 1) ist Diplom-Sozialpädagogin. Mit der ebenfalls für die Klägerin im Bereich des
ambulant betreuten Wohnens tätig gewesenen N L (früher: X) schloss sie am 1.1.1998 einen Gesellschaftsvertrag zur Gründung
einer Beratungsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) unter der Bezeichnung: F T und
N X, Gesellschaft für systemische Sozialpädagogik, Erwachsenenbildung und Supervision. Auf den Inhalt des Vertrages wird Bezug
genommen.
Im Streitzeitraum vom 1.1. bis 31.5.2009 war die Beigeladene zu 1) neben ihrer Tätigkeit für die Klägerin noch für die TÜV-Akademie
S GmbH tätig.
Für die Klägerin war sie als Betreuerin im Bereich des ambulant betreuten Wohnens tätig. Zur vertraglichen Ausgestaltung ihrer
Zusammenarbeit schlossen die Klägerin als "Auftraggeber" und die Beigeladene zu 1) als "Auftragnehmerin" in schriftlicher
Form am 5.1.2009 einen "Honorarvertrag für freie Mitarbeiter" (HV) mit auszugsweise folgenden Regelungen:
"§ 1 Tätigkeit
(1) Der/die Auftragnehmer/in ist als freie/r Mitarbeiter/in tätig. Er/sie wird ab dem 01.01.2009 im Rahmen des Betreuten Wohnens
folgende Tätigkeiten übernehmen: Ambulant Betreutes Wohnen behinderter Menschen im Rahmen der Eingliederungshilfe gem. den
Richtlinien des LVR.
§ 2 Weisungsfreiheit
(1) Der/die Auftragnehmer/in unterliegt bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen des Auftraggebers.
Er/Sie kann die Gestaltung seiner/ihrer Tätigkeit (Zeit, Dauer, Art und Ort der Klientenbetreuung) frei bestimmen. Auf besondere
Belange im Zusammenhang mit fachlichen Notwendigkeiten und Bedürfnissen der Klienten ist jedoch Rücksicht zu nehmen.
(2) Der/die Auftragnehmer/in ist an keinerlei Vorgaben zum Arbeitsort oder zur Arbeitszeit gebunden. Projektbezogene Zeitvorgaben
sind allerdings einzuhalten, ebenso fachliche Vorgaben, soweit diese zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich
sind.
(3) Der/die Auftragnehmer/in ist ferner berechtigt, Aufträge des Auftraggebers ohne Angabe von Gründen abzulehnen.
§ 3 Leistungserbringung
Die Tätigkeit orientiert sich am Inhalt der Leistungsvereinbarung, die der Auftraggeber mit dem Landschaftsverband Rheinland
(nachfolgend "LVR") abgeschlossen hat, der Konzeption des Dienstes sowie den rechtlichen Gegebenheiten.
§ 4 Betreuungsinhalt
Die Betreuung orientiert sich am Hilfeplan des einzelnen Klienten, je nach individueller Genehmigung durch den LVR.
§ 5 Arbeitsmittel
Räumlichkeiten, Verkehrsmittel, Telefon, Computer oder andere Arbeitsmittel werden nicht vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt.
Der/die Auftragnehmer/in ist verpflichtet, auf eigene Kosten geeignete und zeitgemäße Arbeitsmittel für die Klientenbetreuung
zu verwenden.
§ 6 Dokumentation
(1) Die Erfordernis zur Dokumentation ergibt sich aus der fachlichen Notwendigkeit der Tätigkeit, aus abrechnungstechnischen
Gründen sowie aus den Bestimmungen des LVR.
(2) Der/die Auftragnehmer/in verpflichtet sich, die Verlaufsdokumentation zu führen und nach jedem Klientenkontakt und bei
sonstigem Bedarf fortzuschreiben.
(3) Die Dokumentation umfasst insbesondere Zeitnachweise sowie Vorkommnisse und Maßnahmen, die im Rahmen der Betreuung stattfinden,
stattgefunden haben oder geplant sind inklusive Schriftführung von Stammblatt, Entbindung von der Schweigepflicht, Hilfeplan,
Bewo-Planer, Medikations- wie auch stationäre Behandlungen.
(4) - (6) ( ...)
§ 7 Konkurrenz
( ...)
§ 8 Schweigepflicht
( ...)
§ 9 Klientenübernahme
( ...)
§ 10 Honorar
(1) Das Honorar je geleisteter Fachleistungsstunde beträgt EUR 25,00 pro Stunde. Als Fachleistungsstunde gilt ausschließlich
der unmittelbare Kontakt mit dem Klienten von Angesicht zu Angesicht bzw. von Ohr zu Ohr, wie auch Kontakte mit dem sozialen
Umfeld des Klienten gemäß den jeweils gültigen Bestimmungen des LVR. Fahrtzeiten zum Klienten und zurück sowie an einen anderen
Ort werden nicht vergütet.
(2) - (4) ( ...)
§ 11 Rentenversicherung
( ...)
§ 12 Meldepflicht des/der AuftragnehmersIn
( ...)
§ 13 Haftung und Gewährleistung
( ...)
§ 14 Ausschlussklausel
( ...)
§ 15 Erfüllungsort und Gerichtsstand
( ...)
§ 16 Schlichtung
( ...)
§ 17 Keine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften
( ...)
§ 18 Nebenabreden/Salvatorische Klausel
(1) Nebenabreden und Änderungen des Honorarvertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dieses Formerfordernis
kann weder mündlich noch stillschweigend aufgehoben oder außer Kraft gesetzt werden.
(2) ( ... )"
Auf den weiteren Inhalt des "Honorarvertrages" wird Bezug genommen.
Die "Einzelaufträge" wurden der Beigeladenen zu 1) von der Klägerin mündlich erteilt.
Am 29.1.2009 beantragten die Klägerin und die Beigeladene zu 1) bei der Beklagten gem. §
7a SGB IV festzustellen, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorliege.
Als Anlagen zum Antrag brachte die Beigeladene zu 1) folgende Unterlagen bei:
- Bescheid der Beklagten v. 26.4.2007, mit dem sie feststellte, dass ab dem 1.1.1999 keine Versicherungspflicht nach §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI besteht, weil die Beigeladene zu 1) nicht auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist.
- Gesellschaftsvertrag zwischen Beigeladener zu 1) und N L (früher: X) über Gründung einer GbR vom 1.1.1998
- zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Klägerin geschlossener "Honorarvertrag für freie Mitarbeiter" vom 5.1.2009
Auf Nachfrage der Beklagten vom 18.2.2009 erläuterte die Beigeladene zu 1) unter dem 14.3.2009 eingehend ihre für die Klägerin
ausgeübte Tätigkeit. Auf den Inhalt der vorgenannten Schriftstücke wird verwiesen.
Die Beigeladene zu 1) brachte zudem die mit dem Briefkopf "GbR Soziale Bildung T & X Dipl.-Soz.Päd. F T, T-str. 00, L" versehenen
Rechnungen für Januar 2009 über 1.304,60 Euro für 3.458 Minuten und für Februar 2009 über 1.193,90 Euro für 3.256 Minuten
bei.
Mit Schreiben vom 18.5.2009 hörte die Beklagte die Klägerin und die Beigeladene zu 1) zu ihrer Absicht an, einen Bescheid
über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) in ihrer Tätigkeit als Einzelfall-/Familienhelferin
für die Klägerin ab dem 1.1.2009 zu erlassen an. Hierzu nahmen die Klägerin (Schreiben vom 23.4.2009) und die Beigeladene
zu 1) (Schreiben vom 31.5.2009) eingehend Stellung und vertraten die Auffassung, die Beigeladene zu 1) übe eine selbständige
Tätigkeit aus. Auf den weiteren Inhalt der vorgenannten Stellungnahmen wird verwiesen.
Mit Bescheiden vom 6.7.2009 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) fest, dass diese ihre Tätigkeit
bei der Klägerin im Bereich Ambulant Betreutes Wohnen seit dem 1.1.2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
ausübe.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beigeladene zu 1) am 16.7.2009 und die Klägerin am 20.7.2009 Widerspruch. Zur Begründung
wiederholten sie ihr bisheriges Vorbringen. Die Klägerin brachte die mit dem LVR geschlossene Leistungs- und Prüfungsvereinbarung
gem. §§ 75 ff SGB XII für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung, die mit dem LVR geschlossene Vergütungsvereinbarung
sowie beispielhaft drei Bewilligungsbescheide des LVR bei.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 28.1.2010 wies die Beklagte die Widersprüche der Beigeladenen zu 1) und der Klägerin zurück.
Mit ihrer am 24.2.2010 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt
und vertieft. Sie hat eine Auflistung der genauen Tätigkeitszeiten der Beigeladenen zu 1) beigebracht. Des Weiteren hat sie
die weiteren Rechnungen der Beigeladenen zu 1) für März bis Mai 2009 beigebracht, nach denen diese der Klägerin für März 2009
732,60 Euro für 1.998 Minuten, für April 2009 641,70 Euro für 1.750 Minuten und für Mai 2009 983,40 Euro für 2.682 Minuten
in Rechnung stellte.
Die Beigeladene zu 1) hat ebenfalls Klage zum SG Köln erhoben. Jenes Verfahren wird unter dem Az. S 2 R 244/10 geführt.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 6.7.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.1.2010 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene
zu 1) nicht als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Zeitraum 1.1. bis 31.5.2009 bei der Klägerin tätig war.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben die angefochtenen Bescheide weiterhin für rechtmäßig gehalten.
Mit Urteil vom 21.10.2010 hat das SG Köln den Bescheid vom 6.7.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.1.2010
aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1.1. bis 31.5.2009 nicht sozialversicherungspflichtig
beschäftigt war. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 27.10.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26.11.2010 Berufung eingelegt. Sie führt aus, dass der
LVR zur Erfüllung der Leistungen nach dem SGB XII mit der Vereinbarung und der Vergütungsvereinbarung vom 26.1./2.2.2009 die Klägerin als Leistungserbringerin eingeschaltet
habe. Da die Beigeladene zu 1) wiederum aufgrund des geschlossenen Honorarvertrages für freie Mitarbeiter vom 5.1.2009 ab
1.1.2009 für die Klägerin tätig geworden sei, habe ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Beteiligten bestanden. Dem stehe
nicht entgegen, dass die Klägerin mit ihren Weisungen ggf. lediglich das weitergebe, was ihr selbst vertraglich vom öffentlichen
Träger vorgegeben worden sei. Die Beigeladene zu 1) sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen und habe
bei der Ausführung ihrer Tätigkeit individuellen Weisungen unterlegen. Die Weisungsgebundenheit der Beigeladenen zu 1) folge
aus § 2 Abs. 2 und § 3 HV. Soweit § 3 HV regele, dass ihre Tätigkeit sich u.a am Inhalt der Leistungsvereinbarung mit dem LVR orientiere, sei dieser vor dem Hintergrund
der Verpflichtungen der Klägerin aus der Leistungsvereinbarung gegenüber dem LVR nach dem objektiven Empfängerhorizont dahingehend
auszulegen, dass die Beigeladene zu 1) nur insoweit habe weisungsfrei agieren können, als die Leistungsvereinbarung keine
anderslautenden Bestimmungen enthalte. Die Tätigkeit für weitere Auftraggeber sei für die Statusbeurteilung des streitgegenständlichen
Auftragsverhältnisses irrelevant. Für eine ausreichende Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit im Rahmen des
§
7a Abs.
6 SGB IV müsse auch eine Krankentagegeldversicherung vorhanden sein. Dies gelte auch im Falle des Bestehens einer Krankenversicherung
bei einer gesetzlichen Krankenkasse.
Mit Bescheid vom 19.1.2012 hat die Beklagte den Bescheid vom 6.7.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.1.2010
dahingehend geändert, dass in der von der Beigeladenen zu 1) seit dem 1.1.2009 ausgeübten Beschäftigung im Bereich Ambulant
Betreutes Wohnen Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung
sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
In der mündlichen Verhandlung am 30.11.2016 hat die Beklagte den vorgenannten Bescheid wegen hauptberuflich selbständiger
Tätigkeit insoweit aufgehoben, als dort Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung festgestellt worden ist.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 21.10.2010 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und nimmt Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen.
Der Senat hat in nichtöffentlicher Sitzung am 30.10.2014 in vorliegendem Streitverfahren und dem Streitverfahren L 8 R 186/13 WA die damaligen Geschäftsführer der Klägerin, die Herren N und F, sowie die Beigeladene zu 1) und Frau C, die Beigeladene
zu 1) im Parallelverfahren, persönlich gehört und in einer weiteren nichtöffentlichen Sitzung am 12.10.2016 die Sach- und
Rechtslage im Hinblick auf §
7a Abs.
6 SGB IV mit den Beteiligten erörtert. Die Beigeladene zu 1) hat im letztgenannten Termin ihre Zustimmung zu einem späteren Beginn
der Versicherungspflicht im Sinne des §
7a Abs.
6 SGB IV erklärt. Wegen des Ergebnisses der Anhörungen im Übrigen und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.
Vom LVR hat der Senat eine Auskunft vom 29.11.2013 eingeholt. Dieser hat u.a. ausgeführt, dass der Anbieter der BeWo-Leistungen
als Vertragspartner der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung verantwortlich sei für die Qualität der Leistung und sich gegenüber
dem Sozialhilfeträger verpflichte, das laut individuellem Hilfeplan für die Betreuung vorgesehene Stundenkontingent mit entsprechend
qualifiziertem Fachpersonal auszuführen. In welcher arbeitsrechtlichen Organisationsform die Leistungserbringung erfolge,
sei für den Sozialhilfeträger grundsätzlich unerheblich und dem Anbieter überlassen; wichtig sei für den Sozialhilfeträger,
dass eine kontinuierliche Hilfestellung sichergestellt sei. Auf den weiteren Inhalt der Auskunft des LVR wird Bezug genommen.
Folgende Urkunden sind beigezogen bzw. von den Beteiligten unaufgefordert beigebracht worden:
- Jahresberichte 2010 und 2013 der Klägerin zur Vorlage bei dem LVR
- Unterlagen über den Krankenversicherungsschutz der Beigeladenen zu 1) und ihre Altersvorsorge
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten
der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Köln ist zulässig [hierzu I.], aber unbegründet [hierzu II.].
I. Die am 26.11.2010 schriftlich eingelegte Berufung der Beklagten gegen das ihr am 27.10.2010 zugestellte Urteil des SG Köln
ist zulässig, insbesondere gemäß §§
143,
144 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne gerichtliche Zulassung statthaft und form- und fristgerecht (§
151 Abs. 1, Abs.
3, §
64 Abs.
1, Abs.
2, Abs.
3, §
63 SGG) eingelegt worden.
II. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Köln ist jedoch unbegründet.
Hinsichtlich des Bescheides vom 29.1.2012, der gem. §§
153 Abs.
1,
96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, entscheidet der Senat auf Klage.
Die gegen die streitgegenständlichen Bescheide gerichtete Klage ist zulässig. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs-
und Feststellungsklage (§§
54 Abs.
1 Altern. 1, 55 Abs.
1 Nr.
1,
56 SGG).
Die Klage ist auch begründet, da die angefochtenen Bescheide in den nunmehr gültigen Fassungen rechtwidrig sind und die Klägerin
damit im Sinne des §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG beschweren. Denn die Beklagte hat im Rahmen des §
7a Abs.
1 SGB IV zu Unrecht festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit für die Klägerin als Betreuerin im Rahmen des ambulant
betreuten Wohnens vom 1.1. bis 31.5.2009 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht
der Arbeitsförderung unterlag.
1. Die Beklagte war nicht durch ihren Bescheid vom 26.4.2007 an einer Statusentscheidung gem. §
7a SGB IV gehindert, da dieser Bescheid keine Statusentscheidung zu der streitgegenständlichen Rechtsbeziehung trifft, es daher an
einem kongruenten Regelungsgegenstand fehlt.
2. Die Feststellung der Beklagten, dass die Beigeladene zu 1) in der vom 1.1.2009 bis 31.5.2009 für die Klägerin ausgeübten
Tätigkeit der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag,
ist rechtswidrig. Die Beklagte ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Beigeladene zu 1) im Rahmen einer abhängigen
Beschäftigung für die Klägerin tätig war [a)]. In dieser Beschäftigung war jedoch gem. §
7a Abs.
6 SGB IV eine Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung noch nicht eingetreten [b)].
a) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 SGB IV. Beschäftigung in diesem Sinne ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für
eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden
Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und
Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und
zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit
vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig
beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung
und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 25; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 26; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbständigen Tätigkeit
setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer
Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den
Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 24).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit ist regelmäßig vom - wahren und wirksamen - Inhalt der zwischen den Beteiligten
getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Auf dieser Grundlage ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus
der abhängigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere
Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 29; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, a.a.O.).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der im Rahmen der gerichtlichen Beweisaufnahme festgestellten
abgrenzungsrelevanten Indizien und nach Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles entsprechend ihrem Gewicht sowohl in
vertraglicher als auch in tatsächlicher Hinsicht fest, dass die Beigeladene zu 1) ab dem 1.1.2009 bis 31.5.2009 für die Klägerin
im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig war.
Hierbei hat der Senat berücksichtigt, dass Dienstleistungen, insbesondere solche, deren Gegenstand - wie im vorliegenden Fall
- die persönlich geprägte Betreuung ist, sowohl in der Form einer abhängigen Beschäftigung, als auch in der einer selbständigen
Tätigkeit erbracht werden können (vgl. BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O., Rdnr. 17 m.w.N.). Entscheidend ist daher, wie die Tätigkeit von der Klägerin organisiert und
ausgestaltet worden ist (vgl. BSG, Urteil v. 25.4.2012, a.a.O., Rdnr. 22 ff. m.w.N.; Senat, Urteil v. 18.6.2014, L 8 R 1052/12, [...]).
aa) Vertragliche Grundlage der zu beurteilenden Rechtsbeziehung der Klägerin zur Beigeladenen zu 1) ist der geschlossene "Honorarvertrag
für freie Mitarbeiter" (HV). Eine etwaige abweichende praktische Umsetzung durch die Vertragsbeteiligten konnte im Hinblick auf die qualifizierte Schriftformklausel
gem. § 18 Abs. 1 Satz 2 HV nicht zu einer konkludenten Vertragsänderung führen. In Ausfüllung des HV wurden bzw. werden die "Einzelaufträge" von der Klägerin der Beigeladenen zu 1) mündlich erteilt.
Die aus der Beigeladenen zu 1) und Frau N L (früher: X) bestehende GbR ist in diesem Zusammenhang nicht von Relevanz. Die
Klägerin ist weder Gesellschafterin dieser GbR noch hat sie mit dieser Dienstverträge geschlossen. Der HV vom 5.1.2009 wurde zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) geschlossen.
bb) Auf dieser vertraglichen Grundlage war die Beigeladene zu 1) seit dem 1.1.2009 bis 31.5.2009 für die Klägerin im Rahmen
eines Dauerschuldverhältnisses tätig.
Der HV war unbefristet. Er enthält noch nicht einmal eine Regelung zur Beendigung des Vertragsverhältnisses durch Kündigung. Die
zu dessen Ausfüllung erteilten Einzelaufträge führten zu einer durchgehenden Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für die Klägerin
in dem Zeitraum vom 1.1. bis zum 31.5.2009. Dies belegen die von der Beigeladenen zu 1) der Klägerin gestellten Rechnungen.
cc) Die die Rechtsbeziehung der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) tragenden Vereinbarungen sprechen zur Überzeugung des
Senats in der Gesamtschau aller vertraglichen Bindungen deutlich stärker für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen
zu 1) als für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit.
Hierbei verkennt der Senat keineswegs, dass die Bezeichnung "Honorarvertrag für freie Mitarbeiter" und verschiedene Regelungselemente
dieses Vertrages das Bestreben der Vertragsbeteiligten widerspiegeln, ein freies Mitarbeiterverhältnis der Beigeladenen zu
1) im Sinne einer selbständigen Tätigkeit begründen zu wollen. Dies gilt zunächst für § 1 Satz 1 HV, nach dem die Beigeladene zu 1) als freie Mitarbeiterin tätig sein soll. Auch lassen die in § 2 HV enthaltenen Regelungen zur "Weisungsfreiheit" und zu dem Recht der Beigeladenen zu 1), Aufträge des Auftraggebers ohne Angabe
von Gründen abzulehnen, ebenso den Willen zur Begründung einer selbständigen Tätigkeit erkennen wie die in § 5 HV enthaltenen Regelungen zu den Arbeitsmitteln, die die Beigeladene auf eigene Kosten zu stellen habe. Gleiches gilt für die
Regelungen in § 10 HV zur Rechnungstellung, in §§ 10, 11 HV zur Abführung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge bei evtl. bestehender Rentenversicherungspflicht für selbständig
tätige Personen, in § 12 HV zu Meldepflichten und in § 17 HV zu der "nicht beabsichtigten Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften".
Gleichwohl werden die angedeuteten Freiräume der Beigeladenen zu 1) maßgeblich durch Regelungen relativiert, die ihre Weisungsgebundenheit
jedenfalls im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Leistungsprozess der Klägerin und damit auch ihre Eingliederung
in deren Betrieb im Sinne einer abhängigen Beschäftigung in vertraglicher und tatsächlicher Hinsicht erkennen lassen. So stellt
§ 1 Satz 2 HV klar, dass die Tätigkeit gem. den Richtlinien des LVR auszuüben ist. § 3 HV verdeutlicht dies dahingehend, dass sich die Tätigkeit am Inhalt der Leistungsvereinbarung, die die Klägerin mit dem LVR
abgeschlossen hat, zu orientieren hat, ebenso an der Konzeption des Dienstes sowie den rechtlichen Gegebenheiten. Die Verbindlichkeit
der Konzeption der Klägerin für die Honorarkräfte wie die Beigeladene zu 1) ist durch die glaubhaften Erklärungen der ehemaligen
Geschäftsführer N und F im Termin am 30.10.2014 bestätigt worden. Die darin enthaltenen Festlegungen zu Ziffer 9 "Qualitätsstandards"
und Ziffer 1.11 "Gewährleistung einer kontinuierlichen Betreuung" waren damit auch für die Beigeladene zu 1) verbindlich.
Darüber hinaus hat sich gem. § 4 HV die Betreuung am Hilfeplan des einzelnen Klienten zu orientieren. § 6 HV regelt eingehend die Verpflichtungen der Beigeladenen zu 1) hinsichtlich der Verlaufsdokumentation. § 10 Abs. 1 Satz 1 HV bestimmt, dass die Beigeladene zu 1) die geleisteten Fachleistungsstunden vergütet erhält. Was eine Fachleistungsstunde ist,
ergibt sich aus den jeweils gültigen Bestimmungen des LVR. Diese Regelungen und die über sie zum Vertragsinhalt gewordene
Leistungs- und Prüfungsvereinbarung der Klägerin mit dem LVR sowie die ebenfalls zum Vertragsinhalt gewordenen Festlegungen
der jeweiligen Hilfepläne und der Konzeption der Klägerin schränken die inhaltlichen und zeitlichen Gestaltungsfreiräume der
Beigeladenen zu 1) erheblich ein und räumen der Klägerin die Rechtsmacht ein, der Beigeladenen zu 1) Weisungen im Sinne konkreter
Vorgaben für die Leistungserbringung zu erteilen. Hierbei ist irrelevant, ob die Klägerin von dieser Rechtsmacht Gebrauch
gemacht hat.
dd) Die Beigeladene zu 1) war auf dieser vertraglichen Grundlage in den Betrieb der Klägerin eingegliedert. Ihre Dienstleistungen
gingen in einer von Letzterer vorgegebenen Ordnung auf. Eine dienende Teilhabe am Arbeitsprozess im Sinne abhängiger Beschäftigung
liegt in der Regel vor, wenn das Arbeitsziel und der betriebliche Rahmen von dem Auftraggeber gestellt oder auf seine Rechnung
organisiert werden. Sie kann selbst dann noch gegeben sein, wenn lediglich der Geschäfts- oder Betriebszweck vorgegeben ist
und es dem Beschäftigten (z.B. einem Geschäftsführer, leitenden Angestellten) überlassen wird, welche Mittel er zur Erreichung
der Ziele einsetzt (vgl. Segebrecht, in: jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl. 2016, §
7, Rdnr. 87 ff. m.w.N.).
Unter Berücksichtigung der strukturellen und organisatorischen Gegebenheiten, unter denen sich die zu beurteilende Tätigkeit
der Beigeladenen zu 1) vollzogen hat, ist eine Eingliederung in die von der Klägerin vorgegebene betriebliche Ordnung zu bejahen.
(a) Dies folgt zunächst aus dem Umstand, dass die Klägerin einer Vielzahl von vertraglichen Verpflichtungen unterlag, zu deren
Erfüllung sie die Beigeladene zu 1) eingesetzt hat. Die Klägerin ist als Leistungserbringer verpflichtet, ambulante Eingliederungshilfe
zum selbständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i. V. m. §
55 SGB IX zu erbringen (§
1 Abs.
1 Leistungs- und Prüfungsvereinbarung). Der hierfür erstellte Hilfeplan ist für sie verbindlich (§ 3 Abs. 2 und 3 Leistungs-
und Prüfungsvereinbarung). Das Betreuungsverhältnis ist in einem rechtsverbindlichen Betreuungsvertrag zu regeln, wobei die
Betreuung im Bezugspersonensystem zu erfolgen hat - ein Wechsel der Betreuungsperson also möglichst ausgeschlossen werden
soll - und im Verhinderungsfall eine Vertretung durch die Klägerin sicherzustellen ist (§ 4 Abs. 1 Leistungs- und Prüfungsvereinbarung).
Besprechungen und Zusammenarbeit haben regelmäßig verbindlich in Teams stattzufinden (a.a.O.). Die Klägerin soll Supervision
und Fortbildung zur Qualifizierung der Mitarbeiter/innen anbieten (a.a.O.). Es bestehen regelmäßige Dokumentationspflichten;
überdies hat die Klägerin Beschwerden der betreuten Personen unverzüglich - mit dem Ziel der Herstellung eines Einvernehmens
- nachzugehen (§ 4 Abs. 2 Leistungs- und Prüfungsvereinbarung). Sie muss die erbrachten Betreuungsleistungen in jedem Einzelfall
überprüfen (§ 4 Abs. 3 Leistungs- und Prüfungsvereinbarung). Die Fallverantwortung liegt bei einer Fachkraft (§ 5 Abs. 3 der
Leistungs- und Prüfungsvereinbarung), die die in § 5 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Voraussetzungen,
darunter eine mindestens einjährige Berufserfahrung, erfüllen muss. Diese Verpflichtungen bestanden dabei nicht nur im Verhältnis
zum Kostenträger, sondern auch gegenüber den betreuten Personen selbst, mit denen insbesondere der Hilfeplan und die Leistungs-
und Vergütungsvereinbarung der Klägerin mit dem LVR als Grundlagen für die Betreuungsleistung in § 1 des Betreuungsvertrages
vereinbart wurden.
(b) In diesem normativen Gesamtgefüge traf allein die Klägerin in Person des ehemaligen Geschäftsführers F aufgrund ihrer
Verantwortlichkeit als Leistungserbringer gegenüber dem LVR die Entscheidung über die Auswahl der von der Beigeladenen zu
1) betreuten Klienten.
Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Beigeladene zu 1) grds. berechtigt war, ohne Angabe von Gründen Aufträge des
Auftraggebers abzulehnen (§ 2 Abs. 3 HV). Denn ohne die betriebliche Organisation der Klägerin mit deren vertraglichen Bindungen gegenüber dem LVR konnte die Beigeladene
zu 1) zu dessen Lasten als Kostenträger überhaupt nicht tätig werden.
In jedem Fall schlossen die Klienten mit der Klägerin als verantwortliche Leistungserbringerin den gemäß § 4 Abs. 1 der Leistungs-
und Prüfungsvereinbarung erforderlichen Betreuungsvertrag. Im Rahmen dieser vertraglichen Bindung bediente sich die Klägerin
zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeit lediglich in tatsächlicher Hinsicht der Dienstleistung der Beigeladenen zu 1).
(c) Die die Beigeladene zu 1) treffenden Dokumentationspflichten über die erbrachten Fachleistungsstunden unterstreichen die
Integration in den Betrieb der Klägerin. Letztere stellte nämlich u.a. der Beigeladenen zu 1) mit dem sog. Bewo-Planer eine
internetgestützte Infrastruktur zur Verfügung, zu der die Beigeladene zu 1) einen Zugang erhielt und in welchen sie den Verlauf
der Betreuung zu dokumentieren hatte. Dieses Instrumentarium ermöglichte es der Klägerin zu kontrollieren, ob die Beigeladene
zu 1) das für sie verbindliche, von der Klägerin verlangte hohe Qualitätsniveau erfüllte und die Vorgaben des Hilfeplans beachtete
bzw. umsetzte.
(d) Die Eingliederung der Beigeladenen zu 1) in die betriebliche Organisation der Klägerin wird weiter dokumentiert durch
die Teilnahme der Beigeladenen zu 1) an den von der Klägerin durchgeführten Teambesprechungen und von dieser organisierten
externen Supervisionen.
Letztlich wird die Eingliederung in die betriebliche Organisation der Klägerin aber dadurch verdeutlicht, dass die Beigeladene
zu 1) mit dem für sie zuständigen Koordinator, Herrn F, verpflichtend zusammenarbeitete. Dieser war insbesondere in das Beschwerdemanagement
der Klägerin eingebunden, das gleichermaßen für Beschäftigte wie auch Honorarkräfte galt.
Des Weiteren wurde die Beigeladene zu 1) nach der Übernahme eines Falles dem Klienten durch einen Mitarbeiter der Klägerin
vorgestellt, der dieses Gespräch über einen Zeitraum von 15 bis 30 Minuten begleitete, bevor er sich zurückzog.
(e) Die Beigeladene zu 1) nutzte auch nicht lediglich eine von der Klägerin bereitgestellte Infrastruktur (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 30.10.2013, a.a.O). Sie war vielmehr zu einer wirtschaftlich wertschöpfenden Durchführung ihrer Betreuungsleistung
auf die seitens der Klägerin mit dem LVR begründeten vertraglichen Grundlagen angewiesen. Der Beigeladenen zu 1) war es mangels
Abschlusses einer Leistungs- und Prüfungsvereinbarung mit dem LVR überhaupt nicht möglich, wenn sie ihre Betreuungsleistungen
für die betreute Person über die Leistungen nach dem SGB XII gedeckt wissen und gegenüber dem Leistungsträger abrechnen wollte, ggf. unter bloßer Vermittlung der Klägerin eigenständige
Betreuungsverträge mit den zu betreuenden Personen abzuschließen.
dd) Die Beigeladene zu 1) übte ihre Tätigkeit auch im Sinne des §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV hinsichtlich Art, Zeit, Ort und Inhalt der Tätigkeit weisungsgebunden aus.
(1) Aufgrund des Inhalts der mit dem LVR geschlossenen Vereinbarungen war die Klägerin "im Ernstfall" gehalten, auf die von
ihr eingesetzten Betreuungspersonen im Einzelfall einzuwirken. Das gilt hinsichtlich der Kontinuität der Betreuung ebenso
wie hinsichtlich der Überprüfung der erbrachten Betreuungsleistungen im Einzelfall, der Befolgung der Dokumentationspflichten
und der Durchführung von Supervision und Fortbildung. Dabei verpflichtete insbesondere die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung
die Klägerin, auf der Einhaltung der dort geregelten Verpflichtungen notfalls einseitig gegenüber der Beigeladenen zu 1) zu
bestehen (im Einzelfall überprüfen, Beschwerden nachgehen etc.).
(2) Der Klägerin war auch eine - maßgebliche abstrakte - Rechtsmacht eingeräumt, im Verhältnis zur Beigeladenen zu 1) solche
Anordnungen zu erteilen, die wertungsmäßig einem arbeitgeberseitigen Weisungsrecht (§ 106 Gewerbeordnung) im Wesentlichen entsprechen.
(a) Dies folgt aus den oben dargestellten vertraglichen Bindungen der Beigeladenen zu 1) an die zwischen Klägerin und dem
LVR geschlossene Leistungs- und Prüfungsvereinbarung, an die Festlegungen in den individuellen Hilfeplänen und die Konzeption
der Klägerin sowie fachliche Notwendigkeiten und Bedürfnisse der Klienten (§§ 3, 4 und 6 HV).
(b) Der Annahme einer Weisungsbefugnis kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass der objektive Geschäftsinhalt eines
Vertrages nicht auf ein Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnis hinweist, wenn das tatsächliche Geschehen (gesetzlichen) Vorgaben
des öffentlichen Rechts folgt und es keiner vertraglichen Vereinbarungen bedarf (vgl. hierzu BAG, Urteil v. 9.4.2014, 10 AZR 590/13, EzA §
611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 26) bzw. lediglich öffentlich-rechtliche Anordnungen zu befolgen sind (vgl. BAG, Urteil v. 25.5.2005,
5 AZR 347/04, AP Nr. 117 zu §
611 BGB Abhängigkeit). Denn für die Beigeladene zu 1) bestand bzw. besteht im vorliegenden Fall unmittelbar weder eine Bindung an
die vertraglichen Vereinbarungen der Klägerin mit dem Kostenträger bzw. mit ihren Klienten noch an den auf dieser Grundlage
vereinbarten Hilfeplan. Insbesondere ordnet § 77 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB XII eine Verbindlichkeit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung als Normenvertrag "nur" gegenüber den übrigen Trägern der Sozialhilfe
an, nicht jedoch gegenüber Dritten wie der Beigeladenen zu 1). Dieser gegenüber konnte die unmittelbare Verbindlichkeit der
seitens der Klägerin getroffenen Vereinbarungen nur - wie hier geschehen - auf einzelvertraglicher Grundlage hergestellt werden.
(c) Der Umstand, dass der individuelle Hilfebedarf durch die Beigeladene zu 1) gemeinsam mit der Klientin der Klägerin ermittelt
wurde, lässt eine abweichende Beurteilung nicht zu. Denn dies ändert nichts an der Verantwortlichkeit der Klägerin sowohl
gegenüber der Klientin als auch gegenüber dem LVR als Kostenträger. Die Klägerin übernahm letztlich die Verantwortung für
den Hilfeplan.
ee) Wesentliche Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) sprechen und letztlich im Rahmen der
Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, sind demgegenüber nicht
festzustellen.
(1) Die Beigeladene zu 1) verfügte in Bezug auf ihre Tätigkeit für die Klägerin nicht über eine eigene Betriebsstätte. Soweit
es eine Betriebsstätte der GbR gab, ist dies nicht relevant, da diese nicht an dem streitigen Rechtsverhältnis beteiligt war.
(2) Ein eigenes maßgebliches Unternehmerrisiko ist nicht zu erkennen. Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko
ist nach den von dem BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa BSG, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG, Urteil v. 25.1.2011, B 12 KR 17/00 R, SozR 2001, 329, 331; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, [...], Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, [...] Rdnr. 25 f.), denen sich der Senat in seiner ständigen Rechtsprechung bereits angeschlossen hat (vgl.
nur Senat, Urteil v. 22.4.2015, L 8 R 680/12), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes
der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf
eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim
Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17 S. 37; BSG SozR -3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, [...] Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, [...] Rdnr. 25 f.) oder größere Verdienstmöglichkeiten gegenüberstehen (vgl. BSG SozR 2400 § 2 Nr. 19, S. 30; BSG, Urteil v. 25.1.2001, B 12 KR 17/00 R, SozVers. 2001, 329, 332; zuletzt BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 KR 17/13 R, [...], Rdnr. 27). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft
ggf. nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bzgl. einzelner Einsätze (vgl. hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 f.; BSG, Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, [...], Rdnr. 36).
Etwaige Aufwendungen für einen PKW - der von der Beigeladenen zu 1) auch zu privaten Zwecken genutzt wurde -, einen Computer
und ein Arbeitszimmer haben auch viele Beschäftigte bzw. gehören zu den typischen Aufwendungen für viele Haushalte auch ohne
Bezug zu einer Erwerbstätigkeit.
Soweit die Beigeladene zu 1) Fahrtkosten zu tragen hatte, liegt darin kein in die Gesamtabwägung einzustellendes wesentliches
unternehmerisches Risiko. Denn auch der typische Arbeitnehmer muss dafür Sorge tragen, seinen Arbeitsplatz zu erreichen.
Ein Verlustrisiko hinsichtlich des Einsatzes ihrer eigenen Arbeitskraft hatte die Beigeladene zu 1) nicht zu tragen. Sie wurde
nicht nach Erfolg, sondern entsprechend der erbrachten Fachleistungsstunden nach Zeitaufwand entlohnt. Über den zwischen den
Vertragsbeteiligten praktizierten Abrechnungsmodus wurde ein regelmäßiger Zahlungsfluss sichergestellt. Aufgrund der stetigen
Auftragslage setzte die Beigeladene zu 1) ihre Arbeitskraft damit nicht mit der Gefahr des Verlustes ein. Das etwaige Risiko,
dass die Klägerin nicht oder verspätet die Rechnungen beglich, entspricht dem Risiko eines abhängigen Beschäftigten, dessen
Arbeitgeber mit der Lohnzahlung in Verzug gerät.
Das Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (Ausschluss des §
616 BGB) rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos. Vertragsklauseln, die darauf gerichtet
sind, an den Arbeitnehmer bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen
bzw. zu vermeiden, lassen, auch wenn sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen
der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zu. Darüber hinaus haben sie bei der im Rahmen des §
7 Abs.
1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung. Vielmehr setzen sie bereits das Fehlen des Status als Arbeitnehmer
bzw. Beschäftigter voraus. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des
gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme
von Selbstständigkeit im Rechtssinne (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.). Abgesehen davon ist die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht
prägenden Risikoverteilung nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen
einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; Senat, Urteil v. 6.7.2016, a.a.O.), wofür im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich ist.
Auch die in § 13 Abs. 1 HV geregelte Haftung und Gewährleistung vermag ein relevantes unternehmerisches Risiko schon deshalb nicht zu begründen, weil
eine Erweiterung unternehmerischer Chancen bzw. größere Verdienstmöglichkeiten damit nicht verbunden war. Im Übrigen ist die
Haftung für Pflichtverletzungen für Arbeitnehmer nicht untypisch. So haftet der Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes
(BAG) im Rahmen eines dreistufigen Haftungsmodells nicht für leichte Fahrlässigkeit und anteilig für mittlere Fahrlässigkeit.
Die volle Haftung muss er für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz übernehmen (BAG GS, Beschluss v. 27.9.1994, GS 1/89 (A), AP Nr. 103 zu §
611 BGB Haftung des Arbeitnehmers, BAG, Urteil v. 25.9.1997, 8 AZR 288/96, AP Nr. 111 zu §
611 BGB Haftung des Arbeitnehmers).
(3) Die Beigeladene zu 1) hat die Tätigkeit auch nicht - wie für eine selbständige Tätigkeit kennzeichnend - im Wesentlichen
frei gestaltet. Dies gilt eingedenk der ihr eingeräumten inhaltlichen Gestaltungsfreiheiten bei der konkreten Ausgestaltung
ihrer Betreuungsleistungen.
Wie das BSG bereits entschieden hat, können aus der Natur einer Tätigkeit, namentlich im Bereich der sozialen Arbeit, folgende größere
Spielräume kein maßgebendes Kriterium für die Abgrenzung selbständiger Tätigkeit von abhängiger Beschäftigung sein (BSG, Urteil v. 25.4.2012, a.a.O.). Insofern ist zu berücksichtigen, dass sich insbesondere Ort und Zeit der Tätigkeit maßgeblich
aus der Umsetzung des Hilfeplans und den Wünschen und Bedürfnissen der Betreuten ergaben. Dies ändert aber nichts daran, dass
die Klägerin kraft der mit der Beigeladenen zu 1) getroffenen Vereinbarungen ebenso wie gegenüber abhängig beschäftigten Kräften
in der Lage war, ihre Verpflichtungen gegenüber den Betreuten wie gegenüber dem LVR durchzusetzen.
Im Übrigen ist gerade auch die Freiheit der örtlichen Gestaltung der Tätigkeit in beiden Vereinbarungen ausdrücklich unter
den Vorbehalt gestellt worden, stets die zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich fachlichen Vorgaben einzuhalten.
Ausschlaggebend waren auch insoweit die jeweiligen Festlegungen in den individuellen Hilfeplänen (§ 4 HV).
Die Freiheit der Arbeitszeitgestaltung war ungeachtet der von § 2 HV betonten Befugnis, die Tätigkeit in freier Zeiteinteilung auszuführen, dadurch begrenzt, dass der zeitliche Tätigkeitsumfang
der Beigeladenen zu 1) den vom LVR bewilligten Stundenkontingenten der zu betreuenden Klienten entsprach. Überdies waren gem.
§ 2 Abs. 2 Satz 2 HV projektbezogene Zeitvorgaben einzuhalten und Fachleistungsstunden gem. § 10 Abs. 1 Satz HV u.a. in einem unmittelbaren Kontakt mit den Klienten zu erbringen.
ff) Der im HV an verschiedenen Stellen zum Ausdruck kommende Wille der Vertragsbeteiligten, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis
begründen zu wollen, kommt nach der Rechtsprechung des BSG indizielle Bedeutung jedoch nur zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich
widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbständigkeit wie für
eine Beschäftigung sprechen (vgl. BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17 S. 38; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge 2008, 333 ff. [...] Rdnr. 16). Nur unter diesen Voraussetzungen ist der in einem Vertrag dokumentierte Parteiwille
überhaupt als ein auf Selbständigkeit deutendes Indiz in die Gesamtabwägung einzustellen. Allerdings folgt hieraus keine Vorfestlegung
zugunsten des Bestehens einer selbständigen Tätigkeit. Hierbei ist das indizielle Gewicht umso geringer, je uneindeutiger
die Vertragsgestaltung ist und je stärker die Widersprüche zu den tatsächlichen Verhältnissen sind. Überdies ist die indizielle
Bedeutung abgeschwächt, wenn wegen eines erheblichen Ungleichgewichts der Verhandlungspositionen nicht ohne Weiteres davon
ausgegangen werden kann, dass alle Vertragsparteien in gleicher Weise die Möglichkeit hatten, ihre Wünsche bzgl. der Ausgestaltung
des sozialversicherungsrechtlichen Status durchzusetzen (vgl. zum Fall der Unerfahrenheit im Geschäftsverkehr BAG, Urteil
v. 9.6.2010, 5 AZR 332/09, AP Nr. 121 zu §
611 BGB Abhängigkeit, [...] Rdnr. 33).
Nach diesen Maßstäben kommt dem tatsächlichen Willen der an dem Auftragsverhältnis beteiligten Personen, ein sozialversicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis nicht begründen zu wollen, schon deshalb keine Indizwirkung zu, da überwiegende Gesichtspunkte zugunsten
eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sprechen. In einem solchen Fall unterliegt der sozialversicherungsrechtliche
Status keiner uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Beteiligten (BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Sozialversicherungsrecht ist öffentliches Recht und steht auch nicht mittelbar dadurch zur Disposition
der am Geschäftsleben Beteiligten, dass diese durch die Bezeichnung ihrer vertraglichen Beziehungen über den Eintritt oder
Nichteintritt sozialrechtlicher Rechtsfolgen verfügen können (Segebrecht in: jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl. 2016, §
7 Rdnr. 93). Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen
es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder
ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 8/01, a.a.O.; Urteil v. 3.4.2014, B 5 RE 13/14 R, SozR 4-2600 § 6 Nr. 12, Rdnr. 57).
gg) Aus der vom Senat eingeholten Auskunft des LVR vom 29.11.2013 ist nichts für Selbständigkeit der Beigeladenen zu 1) herzuleiten,
da diese Auskunft keine gegen das Vorliegen von Weisungsgebundenheit und Eingliederung sprechende Gesichtspunkte aufzeigt.
hh) Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesamtumstände sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insgesamt zeigt die
Bewertung und Gewichtung der abgrenzungsrelevanten Umstände, dass sich die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) in weitgehender
(abstrakter) Weisungsgebundenheit in einer von der Klägerin vorgebebenen betrieblichen Ordnung vollzogen hat. Für eine selbständige
Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) streitende Umstände sind hingegen in einem nur untergeordneten Maß vorhanden. Die Gesamtabwägung
spricht deutlich für eine abhängige Beschäftigung.
ii) Die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) erfolgte auch gegen Entgelt (§
14 SGB IV).
b) Die Beigeladene zu 1) war jedoch in ihrer Beschäftigung für die Klägerin im Zeitraum vom 1.1. bis 31.5.2009 in der Renten-
und Arbeitslosenversicherung nicht versicherungspflichtig, sondern versicherungsfrei. Dies folgt aus §
7a Abs.
6 Satz 1
SGB IV.
aa) Nach dieser Regelung tritt, wenn der Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit bei der Beklagten gestellt wird und diese ein versicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis feststellt, die Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe der Entscheidung ein, wenn der Beschäftigte
zustimmt und er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle
Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Kranken- und
Rentenversicherung entspricht.
bb) Die Voraussetzungen eines späteren Eintritts der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach §
7a Abs.
6 SGB IV sind erfüllt [dazu (1) bis (3)]. Hieraus folgt, dass die Versicherungspflicht in diesem Zweig der Sozialversicherung erst
mit der Bekanntgabe des Bescheides vom 6.7.2009 eintreten konnte [dazu (4)].
(1) Die Beigeladene zu 1) hat den optionalen Antrag auf Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status (§
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV) im Sinne des §
7a Abs.
6 Satz 1
SGB IV fristgerecht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung gestellt. Die Beigeladene zu 1) hat die streitbefangene
Tätigkeit für die Klägerin am 1.1.2009 aufgenommen. Der Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status
ist bereits am 29.1.2009 bei der Beklagten eingegangen.
(2) Die Beigeladene zu 1) hat einem späteren Eintritt der Versicherungspflicht in Anwendung des §
7a Abs.
6 SGB IV zugestimmt. Dass die Zustimmung erst im Berufungsverfahren erklärt wurde, steht der Wirksamkeit nicht entgegen, denn nach
dem Wortlaut des §
7a Abs.
6 Satz 1 Nr.
1 SGB IV ist die Zustimmungserklärung für den späteren Eintritt der Versicherungspflicht nicht an eine Frist gebunden (vgl. auch zu
folgenden Ausführungen BSG, Urt. v. 24.3.2016, B 12 R 3/14 R, [...]). Allein der Antrag auf Statusfeststellung muss innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt worden
sein (§
7a Abs.
6 Satz 1
SGB IV). Die Beklagte war in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 30.11.2016 durch eine Bedienstete vertreten und konnte
deshalb die Erklärung entgegennehmen.
(3) Die Beigeladene zu 1) verfügte auch über eine anderweitige finanzielle Altersvorsorge, die den Vorgaben des §
7a Abs.
6 Satz 1 Nr.
2 SGB IV entspricht.
Hierbei hat der Gesetzgeber den Umfang und den Inhalt der Absicherung dem Wortlaut der Vorschrift nach nicht näher konkretisiert;
nach der amtlichen Begründung ist ein ausreichender sozialer Schutz erforderlich, der nicht mit den Leistungen der gesetzlichen
Renten- und Krankenversicherung deckungsgleich sein muss (BT-Drucks. 14/1855 S. 8). Die von der Beigeladenen zu 1) sichergestellte
Altersvorsorge entspricht im Sinne des §
7a Abs.
6 Satz 1 Nr.
2 SGB IV der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung [dazu nachfolgend (a)]. Unerheblich ist, dass sie nicht zugleich
auch eine soziale Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit getroffen hat, die den Leistungen der gesetzlichen
Krankenversicherung entspricht [dazu nachfolgend (b)].
(a) Eine im Sinne von § 7a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 ausreichende Altersvorsorge ist anzunehmen, wenn das Risiko des Alters abgesichert
ist. Dieses kann durch eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder durch eine private Lebens-/Rentenversicherung
für den Fall des Erlebens des 60. oder eines höheren Lebensjahres erfolgen.
Von einem ausreichenden sozialen Schutz ist demnach auszugehen, wenn für die private Versicherung Prämien aufgewendet werden,
die der jeweiligen Höhe des freiwilligen Mindestbeitrages zur gesetzlichen Rentenversicherung (§
167 i.V.m. §
7 SGB VI) entsprechen (vgl. Senat, Urt. v. 17.12.2014, L 8 R 463/11, [...], Revision anhängig beim BSG unter B 12 R 6/15 R; Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 13.4.2010, Ziffer 4.3.1; Knospe in: Hauck/Noftz,
SGB IV, Stand 2008, §
7a Rdnr. 46; Baier in Krauskopf/Baier, a.a.O., §
7a Rdnr. 19; Rittweger in: BeckOK-
SGB IV, §
7a Rdnr. 30; Pietrek in jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl. 2016, §
7a Rdnr. 137). Der hiernach maßgebliche Mindestbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung betrug im Kalenderjahr 2009 79,60
EUR monatlich. Die monatlichen Beitragszahlungen der Beigeladenen zu 1) in Höhe von 199,30 Euro monatlich für die sie als
Begünstigte ausweisende Kapitallebensversicherung mit einem nach der Vollendung des 60. Lebensjahres vereinbarten Ablauftermin
erfüllen diese Kriterien.
(b) Es bedarf keiner abschließender Entscheidung durch den Senat, ob die Beigeladene zu 1) eine Absicherung gegen das finanzielle
Risiko von Krankheit vorgenommen hat, die den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne des §
7a Abs.
6 Satz 1 Nr.
2 SGB IV entsprach. Insoweit wird regelmäßig angenommen, dass eine ausreichende anderweitige Absicherung durch eine freiwillige Krankenversicherung
in der gesetzlichen Krankenversicherung oder eine freiwillige Versicherung erfolgen kann, die auch einen Anspruch auf Krankengeld
bzw. eine andere, dem Ersatz von Arbeitsentgelt dienende Leistung vorsehen muss (so auch Rundschreiben der Spitzenverbände
der Sozialversicherungsträger vom 13.4.2010, Ziffer 4.3.1).
Die Beigeladene zu 1) verfügte nach den Feststellungen des Senats zwar nicht über eine in diesem Sinne ausreichende Absicherung
vor dem Krankheitsrisiko. Sie war nämlich bei der Beigeladenen zu 3) im Rahmen einer freiwilligen Versicherung ohne entsprechenden
Krankengeldanspruch abgesichert.
Darauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. Denn §
7a Abs.
6 SGB IV ist dahingehend einschränkend auszulegen, dass es einer Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit nicht bedarf,
wenn bereits aus anderen Gründen (hier: gemäß §
5 Abs.
5 SGB V) Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht (vgl. Senat, Urt. v. 17.12.2014, L 8 R 463/11, [...], Revisionsverfahrens B 12 R 6/15 R anhängig; so auch ausführlich LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 18.9.2013, L 9 KR 384/11, [...]Rdnr. 35 ff.; Knospe, a.a.O.; Rdnr. 44; Pietrek a.a.O. Rdnr. 135; Hans, SGb 2000, 399 [403]; ähnlich Seewald in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 92. Erg.-Lfg. 2016, § 7a, Rdnr. 22; a.A. Rundschreiben
der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 13.4.2010, Krauskopf/Baier, a.a.O., Rdnr. 17). Andernfalls wäre der
Eintritt der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung maßgeblich von einem ausreichenden Krankenversicherungsschutz
abhängig, obwohl ein derartiger innerer Zusammenhang nicht begründbar wäre. Das gilt namentlich hier: Wenn der Gesetzgeber
Versicherungsfreiheit aufgrund einer anderweitigen hauptberuflich ausgeübten selbständigen Tätigkeit anordnet und damit bereits
das Ob einer Absicherung gegen das Krankheitsrisiko der Risikosphäre des Betroffenen zuordnet, kann er nicht im Bereich einer
anderen Sozialversicherung (hier: der gesetzlichen Rentenversicherung) den Eintritt der Versicherungspflicht vom Vorliegen
einer Absicherung gegen das Risiko von Krankheit abhängig machen.
Die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung widerspricht auch dem Sinn und Zweck des §
7a Abs.
6 Satz 1
SGB IV. Diese Regelung privilegiert solche Versicherte (und ggf. ihre Arbeitgeber), die sich aus eigenem Antrieb frühzeitig um die
Klärung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status bemühen und darüber hinaus schon mit der Aufnahme der Beschäftigung Eigenvorsorge
betrieben haben, welche für den Fall, dass Versicherungspflicht festgestellt wird, gar nicht oder nur noch unter erheblichem
Aufwand, etwa durch Kündigung des privaten Versicherungsvertrages) rückabzuwickeln ist (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rdnr.
38 m.w.N.). Die Privilegierung dieser Versicherten vermeidet damit eine grundsätzlich unerwünschte Doppelversicherung (Pietrek,
a.a.O., Rn. 118). Die in dem gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vertretene Rechtsauffassung
hätte jedoch zur Folge, dass dieses Privileg bereits dann nicht zum Tragen käme, wenn auch nur gegen eines der beiden im Gesetz
genannten Risiken keine ausreichende Absicherung getroffen wurde (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).
(4) Sind damit die tatbestandlichen Voraussetzungen des §
7a Abs.
6 Satz 1
SGB IV erfüllt, tritt die Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe der Entscheidung ein. Soweit der Gesetzgeber in dieser Vorschrift
an den Begriff der "Entscheidung" anknüpft, kommt es für den Beginn der aufgeschobenen Sozialversicherungspflicht des Beschäftigten
nach einem durchgeführten Statusfeststellungsverfahren bereits auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe einer Entscheidung der Beklagten
über das Vorliegen einer "Beschäftigung" an, nicht erst auf eine spätere - die vorherige unzulässige Elementenfeststellung
korrigierende - Entscheidung zur deswegen anzunehmenden "Versicherungspflicht" (vgl. BSG, Urt. v. 24.3.2016, B 12 R 3/14 R, [...]).
Die Beklagte hat mit dem danach maßgeblichen, der Beigeladenen zu 1) bekanntgegebenen Bescheid vom 6.7.2009, also erst nach
dem Streitzeitraum, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis festgestellt, sodass diese Feststellung hinsichtlich des Streitzeitraums
vom 1.1. bis 31.5.2009 ins Leere ging. Dies gilt damit erst Recht für die spätere Feststellung der Versicherungspflicht in
der gesetzlichen Rentenversicherung mit Bescheid vom 19.1.2012.
cc) Hinsichtlich des Eintritts der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung gelten die vorstehenden Ausführungen
entsprechend. Auch in diesem Zweig der Sozialversicherung ist die Versicherungspflicht erst mit der Bekanntgabe des Bescheides
vom 6.7.2009 eingetreten. Dies folgt aus dem Wortlaut des §
7a Abs.
6 SGB IV, der insoweit keine - der Leistung nach dem Recht der Arbeitsförderung entsprechende - anderweitige Absicherung fordert.
Zu einer einschränkenden Auslegung dieser Vorschrift sieht sich der Senat nicht veranlasst (vgl. Senat, Urt. v. 17.12.2014,
L 8 R 463/11, [...]; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 18.9.2013, L 9 KR 384/11, [...], Rn. 47 f.). Soweit der Gesetzgeber im Rahmen seines ihm zustehenden weitreichenden legislativen Gestaltungsermessens
eine anderweitige Absicherung für durch Arbeitslosigkeit bedingte Wechselfälle des Lebens für entbehrlich erachtet, hat der
Senat diese gesetzgeberische Erwägung zu respektieren. Dass diese gesetzgeberische Wertungsentscheidung offenkundig fehlsam
ist, vermag der Senat nicht zu erkennen. Im Gegenteil dürfte es eher praktischen Bedürfnissen entsprechen, Versicherungspflicht
in allen Zweigen der Sozialversicherung möglichst gleichzeitig entstehen zu lassen, schon um einen allzu großen Meldeaufwand
zu vermeiden.
IV. Im Hinblick auf die höchstrichterlich ungeklärten Rechtsfragen im Zusammenhang mit Abs.
6 des §
7a SGB IV hat der Senat die Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
V. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §
197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 1, Abs. 3 Gerichtskostengesetz.