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LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.01.2017 - 8 R 615/16
Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen Säumniszuschläge Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden Verschulden Bedingter Vorsatz
1. Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen.
2. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind; maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht.
3. Für die Frage, ob unverschuldet keine Kenntnis von einer Zahlungspflicht vorgelegen hat, ist nach der Rechtsprechung des für Betriebsprüfungen zuständigen 12. Senats des BSG auf diejenigen Maßstäbe zurückzugreifen, die für die Beurteilung des Vorsatzes im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV gelten.
4. Danach ist es ausreichend aber auch erforderlich, dass der Arbeitgeber die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthält, er also seine Beitragspflicht für möglich hält, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf nimmt.
5. Der Vorsatz darf regelmäßig nicht pauschal aufgrund allgemeiner rechtlicher Erwägungen unterstellt werden, sondern ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner durch Sachverhaltsaufklärung individuell zu ermitteln.
Normenkette:
SGG § 86a Abs. 2 Nr. 1
,
SGB IV § 24 Abs. 1 S. 1
,
SGB IV § 25 Abs. 1 S. 2
Vorinstanzen: SG Gelsenkirchen 26.02.2016 S 11 KR 4/16 ER
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 26.2.2016 geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.2.2016 wird hinsichtlich der Säumniszuschläge angeordnet. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Antragstellerin zu vier Fünftel, die Antragsgegnerin zu einem Fünftel. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin. Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren wird auf 7.200 Euro, für das Beschwerdeverfahren auf 1.500 Euro festgesetzt.

Entscheidungstext anzeigen: