Streit über die Sozialversicherungspflicht einer im Rahmen einer unerlaubten gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung erbrachten
Tätigkeit (hier die eines Standortprojektkoordinators für Mobilfunkversorgung entlang von Bahnstrecken)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit
Risiko der Haftung für Schlechtleistung und keine Entgeltfortzahlung als Indizien für unternehmerisches Handeln
Beitragsrechtliche Folgen unerlaubter gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens, ob der Beigeladene zu 1) im Rahmen seiner Tätigkeit als Standort-Projektkoordinator
in der Zeit vom 1.3.2008 bis zum 31.10.2008 aufgrund einer abhängigen Beschäftigung bei der Klägerin der Versicherungspflicht
in der Sozialversicherung unterlegen hat.
Die Klägerin ist ein Unternehmen mit Sitz in E, dessen Geschäftsführer zugleich sein alleiniger Gesellschafter ist. Es hatte
im Streitzeitraum keinerlei eigene Mitarbeitende. Die Klägerin besaß im Streitzeitraum keine Genehmigung zur gewerbsmäßigen
Überlassung von Arbeitnehmern. Der Geschäftsführer der Klägerin verfügte u.a. aus Zeiten, in denen er für das Unternehmen
W, das sich seit 2002 P GmbH & Co. KG (im Folgenden: P) nannte und die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 5) ist, tätig
war, über gute Kontakte in die Telekommunikationsbranche. Nach Gründung der Klägerin setzte er sich u.a. mit P in Verbindung
und fragte, ob Bedarf an Projektleistungen bestehe. Im weiteren Verlauf kam es zwischen der Klägerin und P zum Abschluss eines
"Rahmenvertrages über die Erbringung von Projektleistungen vom 10.1.2005". In diesem Vertrag heißt es auszugsweise:
§ 1 Leistungen des Auftragnehmers
(1) Der Auftragnehmer wird die in den jeweiligen Anlagen beschriebenen Projektleistungen für die P (H) erbringen ...
(2) Der Auftragnehmer wird die beschriebenen Leistungen gemäß den in den Einzelprojektverträgen für das jeweilige Projekt
vereinbarten Zeiteckpunkten (Milestones) erbringen ...
...
(5) Der Auftragnehmer wird selbständig und auf eigene Kosten die zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten erforderlichen
Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen der von ihm eingesetzten Personen durchführen.
§ 2 Vergütung und Rechnungsstellung
...
(5) Der Auftragnehmer verpflichtet sich, soweit gesetzlich vorgeschrieben, seine Vergütung zu versteuern, ggf. Sozialabgaben
für die von ihm eingesetzten Personen zu entrichten und anderen derartigen Verpflichtungen nachzukommen. Soweit er diesen
Verpflichtungen nicht nachkommt und P (H) deshalb in Anspruch genommen werden sollte, ist der Auftragnehmer zum Ersatz des
P (H) entstandenen Schadens verpflichtet.
...
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des als Anlage K3 zur Klagebegründung überreichten Vertrages verwiesen.
Auf der Grundlage dieses "Rahmenvertrages" erteilte P der Klägerin die "Bestellung Nr. 529495" v. 20.3.2008. Dort wird der
Beigeladene zu 1) als "Lieferantenartikel-Nr." bezeichnet. Die Bestellung enthält als Menge "180 TAG" zu einem Preis je Einheit
von 360,00 Euro, entsprechend einem "Gesamtpreis" von 64.800,00 Euro. Unter Bezugnahme auf diese Bestellung übersandte P der
Klägerin eine "Task description", in der als "Target of tasks" die Messung, Optimierung und Dokumentation des durch den TM
REPRO festgelegten UMTS- bzw. GSM-Gebietes beschrieben wird. Im Folgenden wird der Auftrag näher beschrieben. Unter anderem
heißt es: "Der Mitarbeiter des Auftragnehmers arbeitet eng mit dem Team REFO (Optimierung) zusammen und erhält seine Aufträge
direkt durch den Teamleiter REFO oder den Projektverantwortlichen. Er berichtet an den Teamleiter REFO bzw. an den Projektverantwortlichen."
Zum Zustandekommen dieser "Bestellung" hat der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen
erklärt: "Die Projektleistungen sind zwischen der Klägerin und P so abgestimmt worden, dass die P mit der Klägerin Kontakt
aufgenommen hat und gefragt hat, ob wir jemanden z.B. für den Bereich Standortprojektkoordination an der Hand hätten. Ich
hatte damals einen entsprechenden Branchenüberblick und kannte die Leute, die dem von P gewünschten Anforderungsprofil entsprachen
und habe dann versucht, ein, zwei oder drei Leute P anzubieten."
Der 1972 geborene Beigeladene zu 1) ist Programmierer. Er wurde von dem Geschäftsführer der Klägerin angesprochen, ob er an
einer Tätigkeit im Rahmen eines Auftrags von P Interesse habe. Daraufhin setzte er sich mit den Verantwortlichen von P in
Verbindung und ließ sich die Einzelheiten des Auftrags von diesen erläutern. Sodann schloss er mit der Klägerin am 25.1.2008
eine als "Projektvertrag" bezeichnete Vereinbarung, aufgrund derer er sich verpflichtete, ab dem 1.3.2008 als Auftragnehmer
für die Klägerin "selbstständig und eigenverantwortlich standortbezogene Projektverfolgungen, Reportings und Entwicklungen
diverser Datenbanken unter Einhaltung von vorgegebenen Kriterien" für P durchzuführen (§ 1 des Vertrages). In dem Vertrag
heißt es weiter auszugsweise:
§ 2 Vergütung
Es wird ein Aktivitätensatz von 275,00 EUR für jedes erfolgreich abgeschlossene Projekt/Aktivität (siehe § 1) zuzüglich der
aktuell gültigen Mehrwertsteuer an den Auftragnehmer vereinbart.
Der Auftragnehmer hat seine Rechnung zu richten in einfacher Ausführung an den Auftraggeber.
...
... Für die Versteuerung der Geldbeträge hat der Auftragnehmer selbst Sorge zu tragen.
...
§ 5 Weisungsfreiheit
(1) Der Mitarbeiter des Auftragnehmers unterliegt bei der Durchführung der übertragenen Projekttätigkeiten keinen Weisungen
des Auftraggebers oder dessen Kunden (Weisungsfreiheit in inhaltlicher Hinsicht). Er ist in der Gestaltung seiner Tätigkeiten
(Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausübung) selbstständig tätig und vollkommen frei. Auf besondere betriebliche Belange
in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit ist jedoch Rücksicht zu nehmen.
(2) Der Auftragnehmer ist an keinerlei Vorgaben zum Arbeitsort oder zur Arbeitszeit gebunden. Projektbezogene Vorgaben des
Auftraggebers oder dessen Kunden sind allerdings einzuhalten, ebenso fachliche Vorgaben des Auftraggebers, soweit diese zur
ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich sind.
(3) Der Auftragnehmer ist ferner berechtigt, einzelne Aufträge des Auftraggebers oder dessen Kunden ohne Angabe von Gründen
abzulehnen.
(4) Gegenüber den Angestellten des Auftraggebers oder dessen Kunden hat der Auftragnehmer keine Weisungsbefugnis.
§ 6 Rechte und Pflichten des Auftragnehmers
(1) Der Auftragnehmer hat die Leistungen nach Maßgabe der konkreten Anforderungen und Leistungsbeschreibungen des Auftraggebers
oder dessen Kunden zu erbringen. Die zeitlichen Vorgaben des Auftraggebers sind zu beachten. Der Auftragnehmer verpflichtet
sich, bei der Vertragsdurchführung auftretende Abwicklungsschwierigkeiten oder vorhersehbare Verzögerungen unverzüglich dem
Auftraggeber mitzuteilen.
(2) Der Auftragnehmer hat das Recht, auch für dritte Auftraggeber tätig zu sein, sofern § 10 nicht verletzt wird.
§ 7 Pflicht zur höchstpersönlichen Auftragserfüllung
Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die Projektarbeiten höchstpersönlich zu erbringen. Die Vergabe von Unteraufträgen bedarf
der vorherigen Zustimmung des Auftraggebers.
§ 8 Rechte und Pflichten des Auftraggebers
...
(3) ... Steuern, Sozialversicherungsbeiträge etc. werden, da kein Arbeitsverhältnis vereinbart ist, vom Auftraggeber nicht
abgeführt. Die Erfüllung von Abgaben und Versicherungsleistungen ist, soweit erforderlich, Sache des Auftragnehmers.
...
§ 10 Verschwiegenheit/Konkurrenz
...
(3) Der Auftragnehmer darf auch für andere Unternehmen tätig sein. Hiervon ausgenommen sind solche Unternehmen, die im Wettbewerb
mit dem Auftraggeber oder dessen Kunden stehen. Mit solchen Unternehmen darf der Auftragnehmer nicht kooperieren, es ist ihm
auch nicht gestattet, solche Unternehmen zu beraten.
§ 15 Arbeitsrechtliche Schutzvorschriften
Ziel ist es, dem Auftragnehmer die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft zu belassen. Die Parteien
beabsichtigen nicht, eine über den Umfang dieser Vereinbarung hinausgehende persönliche, wirtschaftliche oder soziale Abhängigkeit
zu begründen.
...
In der Folgezeit wurde der Beigeladene zu 1) beim Aufbau einer Mobilfunkversorgung für P im Rahmen des Sonderprojekts "GSM-Mobilfunkversorgung
entlang der ICE-Strecken Köln-Frankfurt und Kassel-Fulda-Würzburg" eingesetzt. In den Monaten März und April 2008 war er mit
der Aktualisierung und Anpassung der Datenbanken von P beschäftigt. Seine Aufgabe bestand dabei zum einen darin, Such- und
Pflegefunktionen für die Standortdatenbank von P sowie für die Datenbank, die die Verfolgung der speziell für das ICE-Projekt
benötigten Standorte ermöglichte, zu entwickeln. Zum anderen bestand seine Aufgabe darin, die Zusammenführung von Daten verschiedener
Datenbanken (der Standortdatenbank sowie der Budgetdatenbank) zu ermöglichen. Die hierfür erforderlichen Gespräche führte
der Beigeladene zu 1) mit dem Teamleiter des Teams Parameterplanung von P, dem die Sonderprojekteplanung zugewiesen war. Die
anschließenden Entwicklungsmaßnahmen führte er von seinem Entwicklungsrechner durch, da er zu diesem Zeitpunkt keinen permanenten
Zugriff auf Echtdaten von P benötigte. Es bestand aber fortlaufender Kontakt zu P. Insbesondere präsentierte er regelmäßig
Zwischenergebnisse, um zu prüfen, ob die in seiner Entwicklungsumgebung entwickelten Ergebnisse auch in der Umgebung von P
funktionierten. Im Monat Mai hielt der Beigeladene zu 1) sich aus persönlichen Gründen in Brasilien auf. Im Anschluss waren
noch Nachbesserungsarbeiten zu seinen Programmierungen erforderlich.
Parallel dazu übernahm er Aufgaben der sog. Projektkoordination. Hierzu wählte er aus einem Pool von Standorten von P, die
für die geplante Mobilfunkversorgung in Betracht kamen, diejenigen aus, die ausgehend von dem mit der Klägerin vereinbarten
Fixpreis pro Standortbegehung für ihn am ökonomisch günstigsten waren. Dabei war er gebunden an die für die Begehung dieser
Standorte von P getroffenen Terminvereinbarungen, zu denen die anderen für die Begehung erforderlichen Personen (z.B. der
Funkplaner, der Generalunternehmer sowie bei noch nicht gesicherten Standorten der Standortakquisiteur) von P bereits eingeladen
waren. Bei den Standortbegehungen trat der Beigeladene zu 1) "im Auftrag von P" auf. Seine Aufgabe bestand nach eigenen Angaben
darin, dafür zu sorgen, dass das Ziel, nämlich die Mobilfunkversorgung einer gesamten ICE-Trasse, nicht aus den Augen verloren
wurde, und zudem "Präsenz zu zeigen". Im Anschluss an die jeweilige Standortbegehung wurde ein Protokoll der Begehung erstellt,
das zum Teil auch vom Beigeladenen zu 1) im elektronischen Archiv von P abgelegt wurde. Gleichzeitig wurde in der Standortdatenbank
ein Meilenstein (z.B.: Akquise des Standorts abgeschlossen, Abschluss des Mietvertrages, Einholung der erforderlichen öffentlich-rechtlichen
Genehmigungen, Aufbau des Standorts) eingetragen. Bautechnische Protokolle wurden vom Bauleiter oder anderen Experten, nicht
aber vom Beigeladenen zu 1) gefertigt. Er erhielt sie lediglich zur Kenntnis. Im Rahmen dieser Tätigkeit war der Beigeladene
zu 1) überwiegend an den Standorten von P und im Umfang von etwa 10 Stunden pro Woche in den Räumlichkeiten von P tätig. Während
dieser Zeit erledigte er Dokumentationen und Budgetverfolgungen. An Teamgesprächen bei P nahm er nicht teil.
Während des gesamten Zeitraums bestand Kontakt zum Geschäftsführer der Klägerin nur für Absprachen zur Durchführung des streitgegenständlichen
Statusfeststellungsverfahrens sowie bei der monatlichen Erstellung von Leistungsnachweisungen und Rechnungen gegenüber der
Klägerin zu 1). Die Leistungsnachweise des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin gaben als Leistungsbeschreibung pro Tag geleisteter
Arbeit als sog. "Aktivität" jeweils "Dokumentation Netzelemente für Sonderprojekte" bei wechselnden Standortnummern an. Sie
waren vom Mitarbeiter G der P gegengezeichnet. Die geleisteten Aktivitäten stellte der Beigeladene zu 1) der Klägerin mit
dem je Aktivität vereinbarten Satz (275,00 Euro für März 2008, 315,00 Euro für April und Juni bis September 2008, 265,00 Euro
für Oktober 2008) in Rechnung. Die Klägerin ihrerseits berechnete P ebenfalls monatlich die Zahl der von dem Beigeladenen
zu 1) ihr gegenüber in Rechnung gestellten Aktivitäten mit einem Satz von 320,00 Euro pro Aktivität im März 2008, danach mit
360,00 Euro. In der jeweiligen Differenz von 40,00 Euro pro Aktivität lag das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der
Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für P. Wegen der Einzelheiten der Leistungsnachweise und Rechnungen wird auf Bl. 236 bis
248 der Gerichtsakten [GA] Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 1.10.2008 kündigte der Beigeladene zu 1) seinen Projektvertrag mit der Klägerin zum 31.10.2008.
Am 14.2.2008 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status
des Beigeladenen zu 1) nach §
7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV). Mit Schreiben vom 15.8.2008 hörte die Beklagte die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) zu ihrer Absicht an, einen Bescheid
über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ab dem 1.3.2008 zu erlassen. Der Geschäftsführer der Klägerin veranlasste
daraufhin die Erstellung einer neuen Task description durch P zur Vorlage im Statusfeststellungsverfahren. Diese neue Task
description gab als "Target of tasks" nunmehr "Projektkoordination für ICE und regionale Sonderprojekte" sowie "Datenbankentwicklung
für Sonderprojekte (SoProDb)" an. Sodann heißt es in der "Detailed description":
"Der Auftragnehmer entwickelt mit der SoProDb eine Datenbank zur Verfolgung von Sonderprojekten und passt diese an Änderungen
in der Toollandschaft von P an. Hard- und Software hierfür sind vom Auftragnehmer zu stellen. Fertiggestellte Versionen werden
dem Projektleiter für Sonderprojekte übergeben und von ihm abgenommen.
Ebenfalls übernimmt der Auftraggeber die Koordinationen der regionalen Sonderprojekte und der Projekte ICE. Die in diesem
Zusammenhang anfallenden Dokumente sind vom Auftragnehmer im elektronischen Archiv der P zu hinterlegen, die daraus resultierenden
Zwischenschritte in den Datenbanken und Tools der P zu dokumentieren. Die abgeschlossenen Aktivitäten werden vom Projektleiter
für Sonderprojekte abgenommen.
Aus Datenschutzgründen ist ein externer Zugriff auf das elektronische Archiv der P, sowie deren Datenbanken und Tools nicht
möglich. P ermöglicht daher dem Auftragnehmer hierauf ungehinderten und selbständigen Zugriff in den Räumlichkeiten der P.
Einschränkungen ergeben sich hier nur durch die Öffnungszeiten dieser Räumlichkeiten.
Alle im Rahmen der Erbringung der Aktivitäten anfallenden Kosten sind vom Auftragnehmer zu tragen."
Die Beklagte stellte gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als
Standort-Projektkoordinator bei der Klägerin seit dem 1.3.2008 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt
werde (Bescheide v. 30.9.2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide v. 20.2.2009). Die Klägerin habe mit P einen Vertrag
geschlossen, in dem sämtliche Modalitäten wie z.B. der Preis für die Durchführung eines Projektes, die Anzahl der Tage, der
Liefertermin und der Lieferort bereits festgelegt seien. Dem Beigeladenen zu 1) bleibe nur noch die Möglichkeit, den Auftrag
anzunehmen oder abzulehnen. Unerheblich sei, dass er vorbereitende Tätigkeiten in seinem Büro erledige. Während der Projekte
sei eine Eingliederung in die Betriebsorganisation der Klägerin bzw. von P anzunehmen. Er habe die Vorgaben von P zu beachten,
zu deren Einhaltung er sich gegenüber der Klägerin verpflichtet habe. Er sei auch in der Disposition seiner Arbeitszeit keineswegs
frei, denn es bestehe die Verpflichtung, die übertragenen Aufgaben bis zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuführen. Der Beigeladene
zu 1) trage kein unternehmerisches Risiko. Die Nutzung eines eigenen Pkw auf eigene Kosten reiche hierfür nicht. Auch werde
er im Namen und auf Rechnung der Klägerin tätig und erscheine nach außen als deren Mitarbeiter.
Gegen diesen Bescheid hat der Beigeladene zu 1) Klage vor dem Sozialgericht (SG) Köln erhoben, die er inzwischen zurückgenommen hat, da nur noch das vorliegende Verfahren betrieben werden solle.
Mit der am 10.3.2009 zum SG Duisburg erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen: Die Beklagte habe ihre Angaben nicht richtig
gewürdigt. Es sei zwar zutreffend, dass der Beigeladene zu 1) hinsichtlich der Ausführung der von ihr übernommenen Aufträge
Termine einzuhalten habe. Allerdings folgten hieraus keine Weisungen, denn dem Beigeladenen zu 1) stehe völlig frei, wie und
wann er seine Leistungen innerhalb des vorgegebenen Liefertermins erbringe. Der Arbeitsort ergebe sich daraus, welche Projekte
der Beigeladene zu 1) für sie, die Klägerin, bei deren Auftraggeber P übernehme. Sie könne dem Beigeladenen zu 1) auch keine
Weisungen im Sinne konkreter Vorgaben erteilen, da ihr die besonderen Kenntnisse in der Projektkoordination fehlten. Sie führe
auch keine Kontrolle der Leistungen des Beigeladenen zu 1) durch. Sie benötige lediglich den Nachweis der Leistung selbst,
um ihre Leistungen gegenüber P abrechnen zu können. Der Beigeladene zu 1) habe die Möglichkeit, durch eigene Leistungen die
Höhe seines Honorars selbst zu beeinflussen.
Mit Bescheiden vom 20.2.2012 hat die Beklagte gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) die angefochtenen Bescheide
dahingehend abgeändert, dass in der vom Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 1.3.2008 bis 31.10.2008 ausgeübten Beschäftigung
als Standort-Projektkoordinator Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen
Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 30.9.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.2.2009 und des Änderungsbescheides
vom 20.2.2012 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei der Tätigkeit des Beigeladenen in der Zeit vom 1.3.2008 bis zum
31.10.2008 nicht um eine Beschäftigung im Sinne des §
7 Abs.
1 SGB IV handelt und der Beigeladene für diese Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter unterliegt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid, u.a. unter Hinweis auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg
v. 14.2.2012 (L 11 KR 3007/11) verteidigt.
Der mit Beschluss v. 1.10.2009 am Verfahren beteiligte Beigeladene zu 1) hat sich der Rechtsauffassung der Klägerin angeschlossen.
Das SG hat den Bescheid der Beklagten vom 30.9.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.2.2009 und den Änderungsbescheid
vom 20.2.2012 aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 1.3.2008
bis zum 31.10.2008 nicht um eine Beschäftigung im Sinne von §
7 Abs.
1 SGB IV handele und der Beigeladene zu 1) für diese Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter unterliege.
Es hat die Auffassung vertreten, der Beigeladene zu 1) sei im Rahmen seiner Tätigkeit als Projektkoordinator als Selbständiger
tätig geworden (Urteil v. 16.7.2012, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird).
Mit der Berufung gegen dieses Urteil wiederholt und ergänzt die Beklagte ihr bisheriges Vorbringen. Bei Dreiecksverhältnissen,
in denen ein Beteiligter selbst seine Dienstleistungen im Rahmen eines zwischen seinem Auftraggeber und einem Dritten abgeschlossenen
Werkvertrages erbringe, komme es entscheidend darauf an, ob der Auftragnehmer im Rahmen des bestehenden Werkvertrages Teilleistungen
erbringe, die ihrerseits vertraglich nicht als Werk klar abgegrenzt bzw. abgrenzbar seien, oder ob die vereinbarten Tätigkeiten
vertraglich soweit präzisiert seien, dass auf dieser Grundlage die Leistung ohne weitere Weisungen in eigener Verantwortung
erbracht werden könne. Im erstgenannten Fall liege eine abhängige Beschäftigung vor. Entgegen der Ansicht des SG komme es für die Eingliederung in eine Arbeitsorganisation nicht entscheidend darauf an, ob die Tätigkeit in den Geschäftsräumen
des Weisungsgebers ausgeübt werde. Maßgeblich sei die Einordnung in eine von anderer Seite vorgegebene Ordnung, in der fremdbestimmte
Arbeit geleistet werden könne. Diese Voraussetzung sei jedenfalls erfüllt, wenn die Arbeit in einem Betrieb im arbeitsrechtlichen
Sinne geleistet werde. Unter Betrieb wiederum werde im Arbeitsrecht die organisatorische Einheit verstanden, innerhalb der
ein Unternehmer allein oder in Gemeinschaft von Mitarbeitern mit Hilfe sächlicher oder sonstiger Mittel bestimmte arbeitstechnische
Zwecke fortgesetzt verfolge. Der Betriebszweck der Klägerin sei darauf gerichtet, bei ihren Endkunden Gesamt- oder Großprojekte
im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung durchzuführen. Wenn der Beigeladene zu 1) für sie in einem solchen Projekt
tätig werde, erfülle sich darin die Eingliederung in ihre Betriebsorganisation. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation
ergebe sich auch aus der Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) selbst seine Dienstleistungen im Rahmen eines zwischen der Klägerin
und einem Dritten abgeschlossenen Werkvertrages erbringe. Andernfalls wäre die Problematik der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung
tangiert. Bereits diese vertragliche Gesamtkonstellation erfordere die Erteilung von Weisungen gegenüber dem Beigeladenen
zu 1), dessen Ziele durch die Beschreibung der Tätigkeit in den Beauftragungen nicht klar definiert werde. Die vorliegende
"Task description" bestätige dies, in dem dort festgelegt sei, dass der Beigeladene zu 1) eng mit dem Team REFO zusammenarbeite
und seine Aufträge direkt durch den Teamleiter oder den Projektverantwortlichen erhalte. Aus den Vereinbarungen zwischen der
Klägerin und P ergäben sich Weisungs- und Kontrollverpflichtungen, die die Klägerin gegenüber dem Beigeladenen zu 1) einzuhalten
habe. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wenn das SG feststelle, dass die Klägerin erst im Nachhinein Kenntnis erhalten habe, welche Projekte der Beigeladene zu 1) bearbeitet
habe, dass sie lediglich die Rechnungen kaufmännisch geprüft habe. Damit hätte sie gegen wesentliche Vertragspflichten verstoßen,
wenn sie sich im Verfahren schlicht als Personalvermittler und Abrechnungsstelle darstelle. Der Beigeladenen zu 1) habe auch
weisungsgebunden gearbeitet. Ein wesentliches unternehmerisches Risiko sei demgegenüber nicht erkennbar. Vielmehr habe die
Klägerin das Haftungsrisiko getragen. Schließlich spreche auch die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) zur persönlichen Leistungserbringung
verpflichtet gewesen sei, eher für eine abhängige Beschäftigung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 16.7.2012 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin, der Beigeladene zu 1) und die Beigeladene zu 5) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das Urteil des SG. Der Beigeladene zu 1) sei nicht in ihren Betrieb eingegliedert gewesen. Er sei vollkommen frei darin gewesen, sich Projekte
aus einem von P zur Verfügung gestellten Pool herauszusuchen. Weder sie noch P hätten hierauf Einfluss genommen. Der Beigeladene
zu 1) sei auch bei der Einteilung seiner Arbeitszeit im Rahmen der konkreten Projektverwirklichung frei und an keine Weisungen
gebunden gewesen. Gleiches gelte für den Tätigkeitsort. Lediglich für die Aktualisierung der Datenbanken habe der Beigeladene
zu 1) aus datenschutzrechtlichen Gründen die Räumlichkeiten der P aufsuchen müssen. Ebenso habe er hinsichtlich der Art der
Projektausführung keinerlei Weisungen der Klägerin oder seitens P unterlegen. Sie, die Klägerin, habe gar nicht über das erforderliche
Know- how verfügt, um ihm entsprechende Weisungen erteilen zu können. Dass gewisse Eckpunkte der jeweiligen Projekte vorgegeben
gewesen seien, sei unschädlich für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Entgegen der Annahme der Beklagten führe das
hier vorliegende "Dreiecksverhältnis" nicht zwangsläufig zur Annahme einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1).
Andernfalls wäre in diesen Konstellationen nie die Beauftragung eines selbständigen Subunternehmers möglich. Auch die seitens
der Beklagten angeführte "Task description" könne nicht für den Nachweis einer Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in ihren,
der Klägerin, Betrieb herangezogen werden. Diese Projektbeschreibung habe mit der tatsächlichen Tätigkeit des Beigeladenen
zu 1) als Standort- und Projektkoordinator nichts gemeinsam, weshalb von P auch eine neue "Taks description" erstellt worden
sei. Der Beigeladene zu 1) habe während der Dauer des Vertragsverhältnisses auch ein unternehmerisches Risiko getragen, nämlich
etwaigen Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt zu sein. So habe er wiederholt auf eigene Kosten fehlerhaft programmierte Software
nachbessern müssen und keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Urlaub oder im Krankheitsfall gehabt. Schließlich spreche
die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung nicht gegen die Annahme von Selbständigkeit.
Der Beigeladene zu 1) hat sich diesem Vortrag im Wesentlichen angeschlossen und das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung
seitens der Klägerin an P in Abrede gestellt.
Die Beigeladene zu 5) ist aufgrund der tatsächlichen Umstände ebenfalls von einer Weisungsfreiheit des Beigeladenen zu 1)
und dem Fehlen einer Eingliederung in den Betrieb der Klägerin ausgegangen. Ferner habe keine Arbeitnehmerüberlassung seitens
der Klägerin an P vorgelegen. Der Beigeladene zu 1) sei bereits kein Arbeitnehmer der Klägerin gewesen.
Der Sachverhalt ist mit den Beteiligten erörtert worden (Erörterungstermin v. 13.12.2013, auf dessen Niederschrift Bezug genommen
wird). Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 28.1.2015
Bezug genommen.
Die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahren S 6 R 138/11 WA SG Köln und S 34 R 109/10 SG Duisburg sind beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 30.9.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.2.2009 und des Änderungsbescheides vom
20.2.2012 ist dahin auszulegen - und kann nach Sinn und Zweck des §
7a SGB IV auch nur so verstanden werden -, dass die Beklagte Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) aufgrund einer Beschäftigung
bei der Klägerin feststellen will (1.). In dieser Auslegung ist der Bescheid rechtswidrig. Ausgehend von den Grundsätzen für
die Feststellung versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse (2.) bestand seitens des Beigeladenen zu 1), der aufgrund
einer unerlaubten gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung seitens der Klägerin an P für dieses Unternehmen tätig geworden ist
(3.), ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit P, nicht jedoch mit der Klägerin (4.). Aufgrund dessen ist
auch die Feststellungsklage begründet (5.). Das Urteil des SG war daher nur hinsichtlich des Kostenausspruchs und der Streitwertfestsetzung zu ändern (6.).
1. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid, zuletzt in der Fassung des Bescheides v. 20.2.2012, das Bestehen von Versicherungspflicht
des Beigeladenen zu 1) in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung in seinem mit der Klägerin bestehenden
Beschäftigungsverhältnis festgestellt. "Regelung" des Bescheides im Sinne von § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist damit nicht nur die Feststellung der Versicherungspflicht (bzw. Versicherungsfreiheit) in den einzelnen Zweigen der
Sozialversicherung, sondern auch die Bezeichnung der Rechtsbeziehung, aufgrund derer die Versicherungspflicht besteht bzw.
in der Versicherungsfreiheit vorliegt. Nur ein Bescheid, der zur maßgeblichen Rechtsbeziehung eine eindeutige Aussage trifft,
ist in seinem Verfügungssatz hinreichend bestimmt im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X (vgl. BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 R 11/07 R, SozR 4-2400 §
7a Nr. 2). Eine Entscheidung nach §
7a SGB IV ist mithin nicht allein dann rechtswidrig, wenn sie die Frage der Versicherungspflicht bzw. -freiheit des Auftragnehmers
in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung falsch beantwortet, sondern auch dann, wenn sie von einem unzutreffenden Auftraggeber
ausgeht. Das erschließt sich unmittelbar aus Sinn und Zweck des §
7a SGB IV, den Parteien einer Rechtsbeziehung möglichst frühzeitig Klarheit darüber zu verschaffen, ob eine versicherungspflichtige
Beschäftigung besteht, namentlich, um den Arbeitgeber vor unter Umständen wirtschaftlich existenzgefährdenden Beitragsnachforderungen
zu schützen (vgl. hierzu Pietrek in jurisPK-
SGB IV, §
7a Rdnr. 47 m.w.N.).
2. Maßgebend für die Beurteilung, ob Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung
ist, sind §§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Satz
1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch. Nach diesen Vorschriften kommt
es darauf an, ob der Versicherte gegen Arbeitsentgelt beschäftigt ist.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer solchen Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 SGB IV. Beschäftigung im Sinne von §
7 Abs.
1 SGB IV ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine
Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung ist, dass der
Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall,
wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden
Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt
und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit
vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig
beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung
und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 30.12.2013, B 12 KR 17/11 R, [...]; Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17; Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber
den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, a.a.O., [...]; ebenso Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände,
die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt,
ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen
worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen
Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen
Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur
der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist.
Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen
ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten
zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen
abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich
zulässig ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O., [...]; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08; Senat, Urteil v. 24.9.2014, L 8 R 1104/13; Senat, Urteil v. 23.4.2014, L 8 R 376/12, jeweils [...]).
3. Ausgehend hiervon erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig, weil die Beklagte zu Unrecht angenommen hat,
der Beigeladene zu 1) sei aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses mit der Klägerin tätig geworden. Tatsächlich hat sich
die Arbeit des Beigeladenen zu 1) aufgrund Arbeitnehmerüberlassung seitens der Klägerin an P vollzogen.
a) Eine Überlassung zur Arbeitsleistung im Sinne des §
1 Abs.
1 Satz 1, Abs.
2 AÜG liegt vor, wenn einem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden, die in dessen Betrieb eingegliedert sind und
ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführen (vgl. hierzu und zum Folgenden BAG, Urteil
v. 18.1.2012, 7 AZR 723/10, AP Nr. 10 zu §
9 AÜG; Urteil v. 10.10.2007, 7 AZR 487/06, [...]; Urteil v. 6.8.2003, 7 AZR 180/03, AP Nr. 6 zu §
9 AÜG; Urteil v. 25.10.2000, z AZR 487/99, AP Nr. 15 zu §
10 AÜG; BSG, Urteil v. 24.4.2003, B 10 LW 8/02 R, SozR 4-5860 § 12 Nr. 1; Senat, Beschluss v. 19.12.2012, L 8 R 289/12 B ER; Beschluss v. 21.7.2011, L 8 R 280/11 B ER; [...]). Notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages ist die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem
Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen. Die Vertragspflicht des
Verleihers gegenüber dem Entleiher endet, wenn er den Arbeitnehmer ausgewählt und ihn dem Entleiher zur Verfügung gestellt
hat. Nicht jeder in diesem Sinne drittbezogene Arbeitseinsatz unterfällt dem
AÜG. Arbeitnehmerüberlassung ist vielmehr durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und
Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag)
sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet. Von einer
Arbeitnehmerüberlassung zu unterscheiden ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten aufgrund eines Werk- oder
Dienstvertrages. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen
Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der in dem Vertrag
vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur
Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen den Weisungen des Unternehmers und sind dessen
Erfüllungsgehilfen. Der Werkbesteller kann jedoch, wie sich aus §
645 Abs.
1 Satz 1
Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) ergibt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführungen des Werks erteilen. Entsprechendes
gilt für Dienstverträge. Solche Dienst- oder Werkverträge werden vom
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht erfasst. Über die rechtliche Einordnung des Vertrags zwischen dem Dritten und dem Arbeitgeber entscheidet der Geschäftsinhalt
und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die dem tatsächlichen Geschäftsinhalt nicht entspricht.
Die Vertragsschließenden können das Eingreifen zwingender Schutzvorschriften des
Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nicht dadurch vermeiden, dass sie einen vom Geschäftsinhalt abweichenden Vertragstyp wählen. Der Geschäftsinhalt kann sich
sowohl aus den ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Durchführung des Vertrags ergeben.
Widersprechen sich beide, so ist die tatsächliche Durchführung des Vertrags maßgebend, weil sich aus der praktischen Handhabung
der Vertragsbeziehungen am ehesten Rückschlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragsparteien
ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben. Der so ermittelte wirkliche Wille der Vertragsparteien bestimmt den
Geschäftsinhalt und damit den Vertragstyp.
b) Nach diesen Grundsätzen ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zunächst davon auszugehen, dass sich die Vertragspflichten
der Klägerin gegenüber P in Vermittlung und Überlassung des Arbeitnehmers, hier des Beigeladenen zu 1), erschöpfte.
aa) Zwar sieht der zwischen der Klägerin und P geschlossene "Rahmenvertrag über die Erbringung von Projektleistungen" vom
10.1.2005 vor, dass die Klägerin die "in den jeweiligen Anlagen beschriebenen Projektleistungen" für P erbringen wird. Dieser
Vertrag regelt für sich genommen aber noch keine Verpflichtungen der Klägerin gegenüber P. Vielmehr sollen seinem Wortlaut
nach diese Verpflichtungen erst auf der Grundlage von Einzelprojektaufträgen konkretisiert werden.
Die auf der Grundlage dieses Rahmenvertrages von P an die Klägerin ergangene "Bestellung Nr. 529495" v. 20.3.2008 bezeichnet
den Beigeladenen zu 1) als "Lieferantenartikel" für eine Menge von 180 TAG zu einem "Preis je Einheit" von 360,00 Euro. Die
dabei von dem Beigeladenen zu 1) zu leistende Tätigkeit wird sodann in der "anhängenden Aufgabenbeschreibung" definiert. Diese
Aufgabenbeschreibung war bei der ursprünglichen Bestellung in der von der Klägerin im Verwaltungsverfahren zunächst vorgelegten
"Task description" enthalten, die zwar eine detaillierte Aufstellung der von dem Beigeladenen zu 1) für P zu erbringenden
Leistungen enthält, von der die Klägerin nunmehr allerdings vorträgt, sie habe nichts mit dessen tatsächlicher Tätigkeit bei
P zu tun gehabt. Diese Tätigkeit werde vielmehr in der eigens für die Zwecke des Statusfeststellungsverfahrens erstellten
"neuen" "Task description" erfasst. Dieser Task description sind ausschließlich die von dem Beigeladenen zu 1) für P übernommenen
Aufgaben zu entnehmen (Datenbankentwicklung, Koordination im Rahmen regionaler Sonderprojekte), nicht aber, dass die Klägerin
ihrerseits irgendwelche vertraglichen Verpflichtungen gegenüber P zu erfüllen hat. Eine Abnahme der Aktivitäten des Beigeladenen
zu 1) erfolgt ausschließlich über P, ohne dass die Klägerin hierin irgendwie eingeschaltet ist.
bb) Die tatsächliche Vertragsumsetzung zeigt, dass die Klägerin im Leistungsgeschehen gegenüber P keinerlei Aufgaben wahrgenommen
hat, die über eine Vermittlung des Beigeladenen zu 1) hinausgegangen sind. Der Geschäftsführer der Klägerin hat in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat erklärt, ursprünglich habe ihn nicht so stark interessiert, was in der Aufgabenbeschreibung stehe.
Er sei froh gewesen, den Auftrag bekommen zu haben. Es habe ihm genügt, dass der Beigeladene zu 1) sich mit den ihm von P
übertragenen Aufgaben auskenne und dass P mit ihm zufrieden war. Erstmals im Zuge des Statusfeststellungsverfahrens habe er
die Aufgabenbeschreibung näher in Augenschein genommen. Für den Geschäftsführer eines Unternehmens, das angeblich - wie im
Rahmenvertrag vorgesehen - selbst Projektleistungen für P erbringen soll, ist ein derartiges Desinteresse am Inhalt der eigenen
vertraglichen Verpflichtungen schlechterdings nicht nachzuvollziehen. Ohne Weiteres vereinbar ist es aber mit der Annahme,
dass sich die Verpflichtungen der Klägerin in Wahrheit mit der Vermittlung des Beigeladenen zu 1) erschöpfte. Dem entspricht
es, dass die Konkretisierung der Projektaufgaben bereits in der Vertragsanpassungsphase ausschließlich zwischen dem Beigeladenen
zu 1) und P erfolgt ist und die Klägerin in die betreffenden Planungen überhaupt nicht eingebunden war. Auch in der Phase
der eigentlichen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für P gab es Kontakte zwischen ihm und dem Geschäftsführer der Klägerin
ausschließlich im Rahmen der Rechnungserstellung und zur Durchführung des streitgegenständlichen Statusfeststellungsverfahrens.
Fachliche Kontakte hat es nicht ein einziges Mal gegeben. Wie die Klägerin selbst vorgetragen hat, fehlte ihr auch das erforderliche
Know- how, um die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für P beurteilen zu können.
cc) Der zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) geschlossene "Projektvertrag" vom 25.1.2008 erlaubt keine abweichende
Beurteilung. Nach § 6 Abs. 1 dieses Vertrages hatte der Beigeladene zu 1) die Leistungen "nach Maßgabe der konkreten Anforderungen
und Leistungsbeschreibungen des Auftraggebers oder dessen Kunden zu erbringen", "zeitliche Vorgaben des Auftraggebers zu beachten"
und "bei der Vertragsdurchführung auftretende Abwicklungsschwierigkeiten oder vorhersehbare Verzögerungen unverzüglich dem
Auftraggeber mitzuteilen". Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass dieser Vertrag - soweit er Pflichten des
Beigeladenen zu 1) gegenüber der Klägerin regelte - in keiner Weise umgesetzt worden ist. Konkrete Anforderungen oder Leistungsbeschreibungen
hat es ausschließlich seitens P, also des "Kunden" im Sinne des Vertragstextes gegeben, jedoch zu keinem Zeitpunkt seitens
der Klägerin als "Auftraggeber". Diese hat auch nie zeitliche Vorgaben gemacht. Ebenso wenig hat der Beigeladene zu 1) in
irgendeiner Weise ihr gegenüber berichtet, sondern ausschließlich gegenüber den verantwortlichen Mitarbeitern von P. Vor diesem
Hintergrund ist der "Projektvertrag" nicht einmal geeignet, die Feststellung, dass sich die Verpflichtungen der Klägerin gegenüber
P in der Vermittlung des Beigeladenen zu 1) erschöpften, auch nur zu erschüttern.
c) Aufgrund dieser Vertragsgestaltung und tatsächlichen Ausgestaltung der Vertragsbeziehung ist auch auszuschließen, dass
der Beigeladene zu 1) von der Klägerin zur Erfüllung von Verpflichtungen gegenüber P aus einem Dienst- oder Werkvertrag eingesetzt
worden ist. Die Klägerin hat keinerlei Handlungen organisiert, die zur Durchführung von Projekten für P erforderlich waren.
Vielmehr ist die gesamte Organisation ausschließlich im Verhältnis zwischen dem Beigeladenen zu 1) und P erfolgt, zwischen
denen allerdings keine eigenen, insbesondere keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen bestanden.
d) Der Beigeladene zu 1) ist in Wahrnehmung seiner Aufgaben für P nach deren Weisungen und eingegliedert in ihre betriebliche
Organisation tätig geworden.
aa) Das gilt namentlich für den Zeitraum ab Juni 2008, in dem der Beigeladene zu 1) vor allem Begehungen möglicher Standorte
für die Mobilfunkversorgung entlang der ICE-Strecke für P durchgeführt hat. Seine einzige Freiheit in dieser Phase bestand
darin, aus den in der Datenbank von P gespeicherten Begehungsterminen diejenigen auszuwählen, die er wahrnehmen wollte. Dabei
zeigen die vom Beigeladenen zu 1) vorgelegten Leistungsnachweise, dass sein in § 5 Abs. 3 geregeltes Recht zur Ablehnung einzelner
Aufträge in der Praxis allenfalls eine äußerst untergeordnete Bedeutung gehabt hat. Vielmehr hat der Beigeladene zu 1) danach
werktäglich in aller Regel mindestens eine Aktivität im Sinne einer Standortbesichtigung durchgeführt. Nach Auswahl des ihm
geeignet erscheinenden Standortes waren alle weiteren Aspekte des Auftrags im Sinne arbeitgeberseitiger Weisungen vorgegeben:
Das gilt naturgemäß hinsichtlich des Standortes, aber auch hinsichtlich der Besichtigungszeit, da diese mit den übrigen Teilnehmern
der Begehung (dem Funkplaner, dem Generalunternehmer, ggf. dem Akquisiteur) bereits abgesprochen war. In inhaltlicher Hinsicht
war festgelegt, dass der Beigeladene zu 1) die Klägerin zu repräsentieren, den Projektfortschritt und dabei auftretende Probleme
festzustellen und an P zu berichten hatte. Über die Begehungen waren Protokolle zu erstellen, die teilweise vom Beigeladenen
zu 1), teilweise von Dritten erstellt worden sind und in der Standortdatenbank von P abgelegt werden mussten. Insgesamt ergibt
sich damit das Bild einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe des Beigeladenen zu 1) an der Entwicklung der Mobilfunkversorgung
an der ICE-Strecke durch P und eine umfassende Einbindung in deren Betriebsabläufe. Das gilt gleichermaßen für die weiteren
in dieser Projektphase übernommenen Aufgaben wie das Erstellen von Dokumentationen und Budgetverfolgungen.
bb) Die Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1) in den Monaten März und April 2008 rechtfertigen im Ergebnis keine abweichende
Beurteilung. In diesem Zeitraum hat der Beigeladene zu 1) - im Vorgriff auf seine spätere Tätigkeit - die bei P vorhandenen
Datenbanken (Standortdatenbank und Sonderprojekt) gepflegt. Die Pflege beider Datenbanken war unabdingbare Voraussetzung für
die spätere Verfolgung der Standorte, an welcher der Beigeladene zu 1) weisungsgebunden und eingegliedert in die Betriebsabläufe
von P eingebunden war. Dabei war der Beigeladene zu 1) in inhaltlicher Hinsicht an die Vorgaben des Leiters des Teams Parameterplanung
von P gebunden, dem die Sonderprojekteplanung zugewiesen war (vgl. zu diesem Kriterium LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 9.4.2014,
L 5 R 2000/13, [...]). Es bestand fortlaufender Kontakt zu P, wo der Beigeladene zu 1) die Zwischenergebnisse seiner Datenbankpflege zu
präsentieren hatte, damit geprüft werden konnte, ob diese Ergebnisse in der Umgebung von P funktionierten. Entsprechend seinen
vertraglichen Verpflichtungen hatte der Beigeladene zu 1) auch die zeitlichen Vorgaben von P zu beachten. Angesichts dessen
sowie angesichts der untrennbaren Verknüpfung zu der anschließend weisungsgebunden und in die Betriebsabläufe von P eingegliederten
Tätigkeit kommt dem Umstand, dass er die betreffenden Arbeiten vom häuslichen Arbeitsplatz aus verrichten konnte, keine maßgebliche
Bedeutung zu.
e) Maßgebliche für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechende Gesichtspunkte liegen nicht vor. Allein der
Umstand, dass der Beigeladene zu 1) einige Aufgaben von zu Hause aus erledigen konnte, spricht noch nicht für das Vorhandensein
einer eigenen Betriebsstätte. Ein nennenswertes unternehmerisches Risiko ist gleichfalls nicht erkennbar. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, a.a.O., m.w.N.) ist maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch
mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss
ist. Dies ist jedoch nur dann ein Hinweis auf eine Selbstständigkeit, wenn dem unternehmerischen Risiko größere Freiheiten
in der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen. Der Beigeladene zu 1)
hat alle geleisteten Einsätze bezahlt bekommen, seine Arbeitskraft also nicht mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Ein
nennenswerter eigener Kapitaleinsatz ist weder erkennbar noch vorgetragen. Das Risiko, für Schlechtleistung zu haften und
im Urlaub bzw. bei Krankheit keine Entgeltfortzahlung zu erhalten, spricht nicht entscheidend für unternehmerisches Handeln,
weil diesem Risiko keine größeren Freiheiten in der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft
gegenübergestanden haben. Allein der Umstand, die individuellen Fahrkosten möglichst ökonomisch kalkulieren und damit den
eigenen finanziellen Einsatz minimieren zu können, ist hierfür nicht ausreichend.
f) Der Beigeladene zu 1) ist P von der Klägerin schließlich auch als "Arbeitskraft", d.h. als Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt
worden. Denn seine Tätigkeit im Verhältnis zur Klägerin war die eines Arbeitnehmers (vgl. zu diesem Erfordernis BAG, Urteil
v. 9.11.1994, 7 AZR 217/94, AP Nr. 18 zu §
1 AÜG). Der zwischen ihm und der Klägerin abgeschlossene "Projektvertrag" sieht seine Verpflichtung vor, standortbezogene Projektverfolgungen,
Reportings und Entwicklungen diverser Datenbanken (§ 1) gegen Entgelt (§ 2) auszuführen. Dabei bestimmt § 6 Abs. 1, dass er
die Leistungen "nach Maßgabe der konkreten Anforderungen und Leistungsbeschreibungen des Kunden" zu erbringen und "die zeitlichen
Vorgaben des Auftraggebers zu beachten" hat. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die konkreten Anforderungen eine Weisungsdichte
erreicht haben, die für ein Arbeitsverhältnis kennzeichnet sind und darüber hinaus zu einer Eingliederung des Beigeladenen
zu 1) in den Betrieb von P führten. Da die praktische Umsetzung des Vertragsverhältnisses von der vereinbarten abweicht, kommt
den in § 5 des Projektvertrages getroffenen Regelungen zur Weisungsfreiheit keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Für eine
Arbeitnehmereigenschaft des Beigeladenen zu 1) spricht schließlich als gewichtiges Indiz die in § 7 Satz 1 geregelte Verpflichtung,
seine Tätigkeit für P in eigener Person zu erbringen, ohne sich Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen zu dürfen (vgl. BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 19; Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 8/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 15; BAG, Urteil v. 9.11.1994, a.a.O.).
4. Aufgrund dessen ist ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 1) mit P, nicht jedoch mit
der Klägerin zustande gekommen.
a) Nach §
10 Abs.
1 Satz 1
AÜG gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu den zwischen dem Entleiher und dem Verleiher vereinbarten
Konditionen als zustande gekommen, wenn der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer nach §
9 Nr. 1
AÜG unwirksam ist. Ein solcher Fall liegt hier vor.
aa) Da das
AÜG nur die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung regelt, setzt §
10 Abs.
1 Satz 1
AÜG voraus, dass gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung vorliegt (Schüren in Schüren/Hamann,
AÜG, 4. Aufl. 2010, §
10 Rdnr. 31). Unter Gewerbsmäßigkeit ist dabei jede nicht nur gelegentliche, sondern auf eine gewisse Dauer angelegte und auf
die Erzielung unmittelbarer oder mittelbarer wirtschaftlicher Vorteile gerichtete selbständige Tätigkeit zu verstehen (BAG,
Beschluss v. 10.2.1977, 2 ABR 80/76, AP Nr. 9 zu § 103 BetrVG 1972; Beschluss v. 25.1.2005, 1 ABR 61/03, AP Nr. 48 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; Urteil v. 2.6.2010, 7 AZR 946/08, AP Nr 22 zu §
10 AÜG; Hamann in Schüren/Hamann, a.a.O., §
1 Rdnr. 239 m.w.N.). Der Geschäftsführer der Klägerin hat insoweit eingeräumt, dass er entsprechend dem mit dem Beigeladenen
zu 1) praktizierten Geschäftsmodell eine Mehrzahl von sog. "freien Mitarbeitern" an P, aber auch andere Geschäftspartner,
vermittelt hat. Dies ist auch mit Gewinnerzielungsabsicht geschehen. Der wirtschaftliche Ertrag der Überlassungstätigkeit
der Klägerin bemisst sich dabei nach der Differenz zwischen dem "Preis je Einheit", den P an die Klägerin zu zahlen hatte
(im vorliegenden Fall 360,00 Euro) und dem "Aktivitätensatz", den die vermittelten Personen - im vorliegenden Fall der Beigeladene
zu 1) in Höhe von 275,00 Euro - von der Klägerin für die zugrunde liegenden Tätigkeiten erhielten.
bb) Der Vertrag zwischen der Klägern ("Verleiher") und dem Beigeladenen zu 1) ("Leiharbeitnehmer") war gemäß §
9 Nr.
1 AÜG unwirksam, weil die Klägerin nicht über die nach §
1 Abs.
1 Satz 1
AÜG zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung erforderliche Erlaubnis verfügte. Einer der in §
1 AÜG geregelten Ausnahmefälle, in denen es keiner Erlaubnis bedarf, liegt ersichtlich nicht vor.
cc) Im Falle unerlaubter gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung ist der Entleiher nicht nur im arbeitsrechtlichen, sondern
auch im beitragsrechtlichen Sinn Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers (BSG, Urteil v. 25.10.1988, 12 RK 21/87, SozR 2100 §
5 Nr. 3; Werner in jurisPK-
SGB IV, a.a.O., §
28e Rdnr. 70). Das ergibt sich mittelbar aus §
28e Abs.
2 Satz 3
SGB IV, der unmittelbar auf die Regelung des §
9 Nr.
1 AÜG Bezug nimmt und bestimmt, dass der Verleiher in einem solchen Fall (ausnahmsweise) auch den Gesamtsozialversicherungsbeitrag
zu zahlen hat, wenn er das Arbeitsentgelt an den Leiharbeitnehmer zahlt. Einer dahingehenden Regelung bedürfte es nicht, wenn
sozialversicherungsrechtlich abweichend von der Rechtslage im Arbeitsrecht ein Beschäftigungsverhältnis zwischen Verleiher
und Leiharbeitnehmer bestünde. Denn in diesem Fall ergäbe sich die Beitragspflicht bereits aus §
28e Abs.
1 Satz 1
SGB IV, ohne dass es der Sonderregelung in §
28e Abs.
2 Satz 3
SGB IV bedürfte. Der Sinn dieser Regelung erschließt sich vielmehr nur dann, wenn Arbeitgeber im Sinne von §
28e Abs.
1 Satz 1
SGB IV - wie im Arbeitsrecht - der Entleiher ist. Diese Sichtweise wird mittelbar dadurch bestätigt, dass hinsichtlich der Beitragspflicht
nach §
28e Abs.
2 Satz 3
SGB IV der Verleiher neben dem Entleiher als Gesamtschuldner haftet (§
28e Abs.
2 Satz 4
SGB IV).
dd) Entgegen der Auffassung des LSG Rheinland-Pfalz (Urteil v. 28.5.2014, L 4 R 148/13, Breith 2014, 935 ff.) steht der Annahme eines (entgeltlichen) Beschäftigungsverhältnisses zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer der Umstand,
dass der Verleiher das Arbeitsentgelt an den Leiharbeitnehmer zahlt, nicht entgegen. Das LSG Rheinland-Pfalz übersieht, dass
es für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses gegen Arbeitsentgelt im Sinne von §
14 SGB IV nicht darauf ankommt, wer das Arbeitsentgelt zahlt, sondern gegen wen ein Anspruch auf Zahlung des Arbeitsentgelts besteht.
Dieser Anspruch ergibt sich unmittelbar aus §
10 Abs.
1 Satz 5
AÜG, wonach der Leiharbeitnehmer gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt
hat (wie hier: Hamann, jurisPR-ArbR 34/2014 Anm. 2).
b) Demgegenüber kommt in Fällen der unerlaubten gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung ein Versicherungspflicht begründendes
Beschäftigungsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher, im vorliegenden Fall also zwischen dem Beigeladenen zu 1)
und der Klägerin, nicht zustande. Hierfür bedarf es keiner näheren Auseinandersetzung mit den möglichen beitragsrechtlichen
Folgen des zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer bestehenden fehlerhaften Arbeitsverhältnisses (vgl. hierzu Schüren,
a.a.O., §
10 Rdnr. 150 ff.). Denn §
28e Abs.
2 Satz 4 Halbsatz 1
SGB IV bestimmt ausdrücklich, dass der Verleiher "hinsichtlich der Zahlungspflicht nach Satz 3 neben dem Entleiher als Arbeitgeber"
gilt. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass er im Übrigen nicht als Arbeitgeber anzusehen ist und damit auch kein der Versicherungspflicht
unterliegendes Beschäftigungsverhältnis zwischen ihm und dem Leiharbeitnehmer zustande kommt (so auch Werner, a.a.O, Rdnr.
71).
5. Im Hinblick hierauf hat auch der Feststellungsantrag der Klägerin im Ergebnis Erfolg.
a) Der Antrag ist als auf die Feststellung gerichtet auszulegen, dass keine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) aufgrund
eines zwischen ihm und der Klägerin bestehenden Beschäftigungsverhältnisses besteht. Dass der Antrag seinem Wortlaut nach
auf das Nichtbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne von §
7 Abs.
1 SGB IV und damit auf eine unzulässige Elementefeststellung gerichtet ist, steht seiner Zulässigkeit nicht entgegen (BSG, Urteil v. 11.3.2009, a.a.O.).
b) Der in diesem Sinne auszulegende Antrag hat Erfolg, weil der Beigeladene zu 1) nicht aufgrund eines versicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnisses mit der Klägerin, sondern mit P der Versicherungspflicht unterlegen hat.
6. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §§
154 Abs.
2,
162 Abs.
3 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Der Senat hat die Kostenentscheidung des SG geändert und die Kosten des Beigeladenen zu 1) für nicht erstattungsfähig erklärt, weil dieser keinen eigenen Antrag gestellt
hat (§
162 Abs.
3 VwGO). Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §
197a SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.