Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Abrechnung seiner im Quartal II/2005 erbrachten vertragsärztlichen
Leistungen hat.
Der Kläger war von 1993 bis 2009 als Arzt für Allgemeinmedizin in X niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Seine Honorarabrechnungen für die Quartale II/2005 bis IV/2005 reichte er bei der Beklagten im Quartal III/2006 ein. Die Beklagte
rechnete die Quartale III/2005 und IV/2005 ab; die Abrechnung für das Quartal II/2005 wies sie mit Bescheid vom 05.02.2009
und Widerspruchsbescheid vom 04.06.2009 im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass eine Einreichung von Abrechnungsunterlagen
nach Ablauf eines Jahres, vom Ende des Kalandervierteljahres an gerechnet, in dem die Leistungen erbracht worden sind, ausgeschlossen
sei.
Der Kläger hat darauf hin seine beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf anhängige Klage, mit der er sich gegen Abrechnungsbescheide für die Quartale IV/2000 und I/2001 gewandt hatte,
am 22.06.2009 um das Begehren erweitert, die Beklagte zu verpflichten, die Quartalsabrechnung für das Quartal II/2005 anzunehmen
und die abgerechneten Leistungen zu vergüten. Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, er sei nach dem Tod seiner Ehefrau
Ende 2004 dem "überbordenden Bürokratiewahnsinn" physisch, psychisch und finanziell nicht gewachsen gewesen. Er sei zudem
2005 an Lymphknotenkrebs erkrankt, habe aber seine Patienten versorgt und die Praxis aufrecht erhalten. Schließlich habe er
für den Ankauf neuer Praxissoftware und das Absolvieren von Anwendungskursen auch kein Geld gehabt. Der vollständige Verlust
eines Quartalsergebnisses wegen Überschreitung der Abgabefrist sei nicht zumutbar und mit höherrangigem Recht nicht vereinbar.
Der Kläger, der im Übrigen seine Klage zurückgenommen hat, hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 05.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2009 aufzuheben und die Beklagte
zu verurteilen, die Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen im Quartal II/2005 entgegen zu nehmen und das Honorar entsprechend
der geltenden Bestimmungen festzusetzen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 16.06.2010 abgewiesen: Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, die im Quartal III/2006 eingereichte
Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen des Quartals II/2005 entgegen zu nehmen. Denn nach § 4 Abs. 5 Satz 6 der Honorarverteilungsvereinbarung
(HVV) in der ab 01.04.2005 geltenden Fassung sei eine Einreichung von Abrechnungsunterlagen nach Ablauf eines Jahres, vom
Ende des Kalendervierteljahres an gerechnet, in dem die Leistungen erbracht worden sind, ausgeschlossen. Bedenken gegen die
Vereinbarkeit dieser Regelung mit höherrangigem Recht bestünden nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Landessozialgerichts
Nordrhein-Westfalen und des Bundessozialgerichts dürften im Interesse an einer möglichst zügigen, zeitgerechten und vollständigen
Verteilung der Gesamtvergütung Abrechnungsfristen als materielle Ausschlussfristen ausgestaltet werden, auch wenn sie einen
vollständigen und endgültigen Vergütungsausschluss bewirkten. Ein im HVV geregelter endgültiger Honorarausschluss stehe auch
nicht unter dem Vorbehalt lediglich geringer wirtschaftlicher Auswirkungen, sondern sei bei ausreichend langen Fristen trotz
im Einzelfall möglicherweise gravierender Folgen als noch verhältnismäßige Ausgestaltung zu bewerten. Ausreichend lange Frist
für eine verhältnismäßige Ausgestaltung von endgültigen Ausschlussfristen sei eine solche von einem Jahr.
Gegen das am 09.08.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.09.2010 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.
Eine Ausschlussfrist von einem Jahr verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, denn bei sonstigen Berufsgruppen gelte
eine dreijährige Verjährungsfrist. Gegenüber diesen werde die Ärzteschaft benachteiligt. Im Übrigen habe er die für eine Abrechnung
erforderliche Hard- und Software erst anschaffen können, nachdem es ihm gelungen sei, einen Privatkredit zu erhalten.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.06.2010 nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Senat hat die Beteiligten auf seine Absicht hingewiesen, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss
gemäß §
153 Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann über die Berufung des Klägers nach §
153 Abs.
4 SGG durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung entbehrlich
ist. Der Senat hat die Beteiligten hierzu angehört.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; denn der Bescheid der Beklagten vom 05.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 04.06.2009 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat es zutreffend abgelehnt, die von dem Kläger im Quartal III/2006 eingereichte
Abrechnung der von ihm im Quartal II/2005 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen entgegen zu nehmen und die Leistungen abzurechnen.
Der Senat verweist zur weiteren Begründung auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im sozialgerichtlichen Urteil vom 16.06.2010
(§
153 Abs.
2 SGG) und führt ergänzend aus:
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 und 2 des ab 01.04.2005 geltenden HVV der Beklagten (Rheinisches Ärzteblatt 3/2005, Seite 88 ff) erfolgt
die Abrechnung der im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen quartalsweise; die Abrechnungsunterlagen
sind jeweils nach Beendigung eines Kalendervierteljahres bei der zuständigen Bezirksstelle einzureichen. Nach § 4 Abs. 5 Satz
6 HVV ist die Einreichung von Abrechnungsunterlagen nach Ablauf eines Jahres, vom Ende des Kalendervierteljahres an gerechnet,
in dem die Leistungen erbracht worden sind, ausgeschlossen. Die Beklagte war, wie das SG im Einzelnen u.a. unter Berufung auf die Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 05.12.2007 - L 11 KA 93/06 und L 11 KA 94/06 -) zutreffend ausgeführt hat, auf der Rechtsgrundlage des § 85 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch berechtigt, in ihrem
HVV im Zusammenhang mit der Regelung der Modalitäten der Abrechnung auch Abrechnungsfristen vorzugeben und diese als materielle
Ausschlussfristen auszugestalten, auch wenn sie wie vorliegend nach Ablauf eines Jahres einen vollständigen und endgültigen
Vergütungsausschluss bewirken. Soweit der Kläger einen Verstoß gegen den in Art.
3 Grundgesetz normierten Gleichbehandlungsgrundsatz rügt und zur Begründung anführt, die Beklagte dürfe keine von der dreijährigen Verjährungsfrist
des §
195 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) abweichende Ausschlussfrist vorsehen, übersieht er bereits, dass der Gleichheitssatz des Art.
3 Abs.
1 GG nur verbietet, wesentlich Gleiches ohne zureichende sachliche Gründe ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich
zu behandeln. Damit greift dieses Verbot schon im Ansatz nicht; denn §
195 BGB regelt die Verjährung zivilrechtlicher Forderungen, während es vorliegend um die Verteilung der öffentlich-rechtlichen Vergütung
der Vertragsärzte geht (Urteile des Senats vom 05.12.2007 aaO.). Eine Ausschlussfrist darf allerdings keinen unverhältnismäßigen
Eingriff in das durch Art.
12 Abs.
1 Satz 2
GG geschützte Recht der Vertragsärzte auf eine Honorierung ihrer Leistung bewirken (Urteile des Senats vom 05.12.2007 aaO.).
Dem trägt § 4 Abs. 6 HVM Rechnung, der die Genehmigung einer verspäteten Abrechnung in Ausnahmefällen vorsieht. Ein Ausnahmefall,
der zur Genehmigung der verspäteten Abrechnung führen könnte, liegt jedoch nicht vor. Der Kläger hat zwar angegeben, nach
dem Tod seiner Ehefrau Ende 2004 dem überbordenden Bürokratiewahnsinn physisch, psychisch und finanziell nicht gewachsen und
2005 selber erkrankt gewesen zu sein. Ungeachtet dass die vorliegend relevante Ausschlussfrist erst mit Ablauf des Juni 2006
geendet hat und somit bereits hinreichend Zeit zur Einreichung der Abrechnung des Quartals II/2005 bestand, ist aber auch
nicht ersichtlich, dass der Kläger überhaupt physisch oder psychisch gehindert war, seine Abrechnung rechtzeitig selber zu
erstellen bzw. ggf. erstellen zu lassen. Dem steht bereits entgegen, dass der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen seine
Praxis aufrecht erhalten und seine Patienten behandelt hat. Finanzielle Probleme bei der Anschaffung von für den Betrieb einer
vertragsärztlichen Praxis für erforderlich gehaltenen Ausrüstungsgegenständen wie z.B. Computer und Software vermögen schließlich
grundsätzlich keinen Ausnahmefall i.S.d. § 4 Abs. 6 HVM zu begründen. Insbesondere erschließt sich zudem nicht, aus welchem
Grund der Kläger gehindert gewesen sein sollte, die Rechnungslegung nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 HVV manuell auf gültigen Abrechnungsscheinen
vorzunehmen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 SGG).