Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über einen Kostenerstattungsanspruch für ambulant durchgeführte Liposuktionen an Oberschenkeln und
Oberarmen der Klägerin.
Die am 00.00.1978 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Am 01.06.2012 beantragte sie die Kostenübernahme für ambulante
Liposuktionen. Wegen der nun gestellten Diagnose "Lipödem" an den seitlichen Hüften, Oberschenkeln und Oberarmen werde sie
sich einer konventionellen Therapie unterziehen. Ihr Arzt habe ihr bereits gesagt, dass dies nicht ausreichen werde. Daher
werde sie sich wohl für die Operationen entscheiden. Sie bitte um eine Stellungnahme der Beklagten. Dem Antrag war ein Arztbericht
des Facharztes für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dr. D, E, vom 25.05.2012 beigefügt, welcher die Kosten für drei geplante
Operationen auf ca. 14.000,00 EUR zuzüglich Anästhesiekosten bezifferte. Die erste ambulante Operation an den Außenseiten
der Beine erfolgte am 18.06.2012. Hierfür wurden der Klägerin am 19.06.2012 4.921,36 EUR zzgl. Anästhesiekosten in Rechnung
gestellt.
Nach Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 14.06.2012, der auf die Möglichkeit der komplexen
Entstauungstherapie verwies, lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 19.06.2012 ab. Die beantragte Leistung
gehöre zu den sogenannten neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden und sei nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA)
positiv bewertet worden. Sie gehöre nicht zu den vertragsärztlichen Leistungen.
Hiergegen legte die Klägerin am 11.07.2012 Widerspruch ein. Sie sei mit der Bewertung nicht einverstanden und verwies auf
die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts Chemnitz vom 01.03.2012 - S 10 KR 189/10 -. Am 24.07.2012 ließ die Klägerin die zweite ambulante Liposuktion an den Armen (Rechnung vom 25.07.2012 über 4.921,36 EUR
zzgl. Anästhesie) und am 20.08.2012 die dritte ambulante Liposuktion an den Innenseiten der Beine (Rechnung vom 21.08.2012
über 3.900,70 EUR zzgl. Anästhesie) durchführen. Am 06.09.2012 teilte sie der Beklagten mit, dass sie die Operationen habe
durchführen lassen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei den beantragten Liposuktionen
handele es sich um neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die seitens des GBA nicht positiv bewertet worden seien. Auch
liege keine lebensbedrohliche Erkrankung vor, die ausnahmsweise eine Leistungspflicht ohne Empfehlung des GBA rechtfertigen
würde. Das Bundessozialgericht habe am 16.12.2008 - B 1 KR 11/08 R - entschieden, dass die Liposuktion nicht zu den Leistungen zähle, die von der gesetzlichen Krankenkasse zu übernehmen seien.
Die Klägerin hat am 23.10.2012 Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Zur Begründung hat sie sich weiterhin auf das Urteil des SG Chemnitz vom 01.03.2012 - S 10 KR 189/10 - bezogen. Für die bei ihr bestehende Erkrankung stehe keine wirksame Behandlungsalternative zur Verfügung. Da der GBA seiner
Pflicht, die Liposuktion als mögliche Behandlungsmethode zu überprüfen, nicht nachgekommen sei, bestehe ein Systemmangel,
der zu einer Leistungspflicht der Beklagten führe. Auch habe das Landessozialgericht (LSG) Hessen mit Urteil vom 05.02.2013
- L 1 KR 391/12 - sowie das SG Mainz mit Urteil vom 23.04.2012 - S 14 KR 143/11 - Liposuktionsbehandlungen für übernahmefähig gehalten.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 19.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2012 aufzuheben und die Beklagte
zu verpflichten, Kosten in Höhe von 16.400,00 EUR für die drei durchgeführten ambulanten Liposuktionen zu übernehmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie sich im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen und ergänzend auf
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 16.01.2014 - L 16 KR 558/13 - hingewiesen.
Das SG hat zwei Befundberichte eingeholt. Der Facharzt für Innere Medizin T, E, hat unter dem 17.09.2013 ausgeführt, dass die Klägerin
vor den Liposuktionen keine konservativen Maßnahmen habe durchführen lassen, da diese nicht erfolgversprechend gewesen seien.
Der vorerwähnte Dr. D hat unter dem 18.10.2013 berichtet, dass die Klägerin in der Zeit vom 15.05.2012 bis zu den Operationen
komplexe Entstauungstherapien in Form von Lymphdrainagen und Kompressionen durchgeführt habe, die jedoch nicht ausreichend
gewesen seien, weil sie den Befund nicht heilten.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 27.04.2015 hat der Vorsitzende ausweislich des Sitzungsprotokolls die Rechtslage erläutert, auf die obergerichtliche Rechtsprechung
und darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, der Klägerin nach §
192 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Kosten aufzuerlegen.
Mit Urteil vom gleichen Tag hat das SG die Klage abgewiesen und der Klägerin Verfahrenskosten in Höhe von 150,00 EUR auferlegt. Ein Kostenerstattungsanspruch für
die erste Operation am 18.06.2012 scheitere bereits daran, dass der sogenannte Beschaffungsweg nicht eingehalten worden sei.
Denn die Beklagte habe über den Antrag der Klägerin erst mit Bescheid vom 19.06.2012 und damit nach der durchgeführten Behandlung
entschieden. Schließlich scheitere ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin daran, dass entsprechend den Ausführungen des
Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 16.12.2008 - B 1 K 11/08 R - kein Naturalleistungsanspruch auf Liposuktionen bestehe. Nichts anderes ergebe sich aus den von der Klägerin angeführten
Urteilen. Die Entscheidung des LSG Hessen beziehe sich nicht auf eine ambulante, sondern auf eine - hier nicht erfolgte -
stationäre Behandlung. Das SG Mainz habe im Urteil vom 23.04.2012 - S 14 KR 143/11 - eine Leistungspflicht für ambulante Liposuktionen verneint. Der von der Klägerin zitierten Entscheidung des SG Chemnitz
mangele es an jeglicher Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG. Eine neue Lage habe sich auch nicht daraus ergeben, dass der GBA sich am 22.05.2014 zu einer Bewertung der Liposuktion für
den vertragsärztlichen und stationären Sektor entschlossen habe. Selbst eine positive Entscheidung des GBA würde keine Rückwirkung
entfalten. Das Gericht habe der Klägerin Kosten nach §
192 Absatz
1 Satz 1 Nr.
2 SGG auferlegt, da die Fortsetzung des Verfahrens als rechtsmissbräuchlich anzusehen sei. Der Vorsitzende habe im Rahmen des Verhandlungstermins
die Aussichtslosigkeit der Klage im Einzelnen dargelegt und ausführlich darauf hingewiesen, dass die von der Klägerin zitierte
Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei und eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundessozialgerichts
vorliege. Er habe auf die Missbräuchlichkeit der weiteren Rechtsverfolgung und auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei
Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen. Die Klägerin habe das Verfahren ohne nachvollziehbare Begründung fortgeführt.
Gegen das ihr am 19.05.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15.06.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung bezieht sie
sich weiter auf das Urteil des SG Chemnitz. Auch das SG Dresden habe am 13.03.2015 entschieden, dass die Krankenkassen zur
Kostenübernahme stationär durchgeführter, medizinisch notwendiger Fettabsaugungen verpflichtet seien. Nach Auffassung der
Klägerin könne es keinen Unterschied machen, ob die Therapie ambulant oder stationär erfolge. Jedenfalls sei die Rechtsverfolgung
nicht rechtsmissbräuchlich.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.04.2015 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19.06.2012
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2012 zu verurteilen, an sie 16.400,00 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten sind mit Schreiben vom 24.08.2015 dazu angehört worden, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss
zurückzuweisen (§
153 Abs
4 SGG).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten
Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 19.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 15.10.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§
54 Abs.
2 SGG).
Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG Düsseldorf, die er sich
nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Eigen macht (§
153 Abs.
2 SGG). In seiner Entscheidung hat das SG nicht nur die maßgeblichen Rechtsgrundlagen genannt, sondern auch ausführlich zu den von der Klägerin vorgebrachten Einwänden
Stellung genommen.
Der Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren führt zu keinem anderen Ergebnis. Das BSG hat wenige Tage vor der ersten streitgegenständlichen Liposuktion der Klägerin noch im Beschluss vom 10.05.2012 - B 1 KR 78/11 B - ausgeführt, dass ein Anspruch auf die neue Behandlungsmethode der ambulanten ärztlichen Liposuktion zu Lasten der Gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV) nicht in Betracht komme, solange der GBA die neue Methode der Fettabsaugung nicht positiv empfohlen
habe oder ein Ausnahmefall vorliege, in welchem die positive Empfehlung entbehrlich sei. Schon in tatsächlicher Sicht sei
nicht ersichtlich, aufgrund welcher neueren oder schon vorhandenen, aber bislang nicht berücksichtigten medizinischen Erkenntnisse
die antragsberechtigten Stellen es versäumt hätten, einen Antrag beim GBA zu stellen.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Klägerin bei ihrer Argumentation die rechtstechnisch unterschiedliche Gestaltung
für einen Anspruch auf vertragsärztliche (§
135 SGB V) oder stationäre (§
137c SGB V) Behandlung übersieht. Auch wenn eine Leistung im Einzelfall stationär zu Lasten der GKV zu erbringen sein sollte, folgt
daraus keine Leistungspflicht für den ambulanten Bereich. Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn
eine begehrte Therapie nach eigener Einschätzung der Klägerin oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne
Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der GKV umfasst
sein. Dies ist bei - wie hier - neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß §
135 Abs.
1 Satz 1
SGB V grundsätzlich nur dann der Fall, wenn zunächst der GBA in Richtlinien nach §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat und der Bewertungsausschuss
sie zudem zum Gegenstand des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) gemacht hat. Durch Richtlinien
nach §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
5 i.V.m. §
135 Abs.
1 SGB V wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer
(Ärzte, Zahnärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen.
Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen
verbindlich festgelegt (BSG, Urteile vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -, 03.07.2012 - B 1 KR 6/11 R - und 07.05.2013 - B 1 KR 44/12 R -). §
137c SGB V normiert hingegen für den stationären Bereich einen bloßen Verbotsvorbehalt (BSG, Urteile vom 18.12.2012 - B 1 KR 34/12 R - und 07.05.2013 - B 1 KR 44/12 R -). §
137c SGB V bewirkt, dass - anders als für den Bereich der vertragsärztlichen Leistungen - der GBA nicht in einem generalisierten, zentralisierten
formalisierten Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit
überprüft. Die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus erfolgt vielmehr bis zu einer Entscheidung des
GBA nach §
137c SGB V individuell, grundsätzlich also zunächst präventiv im Rahmen einer Binnenkontrolle durch das Krankenhaus selbst, sodann retrospektiv
im Wege der Außenkontrolle lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post durch die Krankenkassen und anschließender
Prüfung durch die Gerichte (BSG, Urteil vom 07.05.2013 - B 1 KR 44/12 R -).
Auch soweit sich die Klägerin gegen die Verhängung von Verschuldenskosten wendet, hat sie mit ihrem Begehren keinen Erfolg.
Sie ist in der mündlichen Verhandlung vom Vorsitzenden auf die Aussichtslosigkeit der Fortsetzung des Verfahrens, die Missbräuchlichkeit
der weiteren Inanspruchnahme des Gerichts sowie die für den Fall der Fortsetzung des Verfahrens in Betracht kommende Auferlegung
von Gerichtskosten hingewiesen worden und hat den Rechtsstreit trotz dieser Hinweise fortgeführt. Dieses Verhalten ist rechtsmissbräuchlich.
Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung liegt vor, wenn die Weiterführung des Rechtsstreits von jedem Einsichtigen als aussichtslos
angesehen werden muss (Senat, Urteil vom 20.01.2010 - L 11 KR 80/07 -; vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 19.12.2002 - 2 BvR 1255/02 -). Dies ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn die zu entscheidenden Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt sind und trotz
eindeutiger entsprechender Hinweise des Gerichts der Rechtsstreit fortgeführt wird (LSG Sachsen, Urteil vom 05.12.2013 - L 1 KR 231/12 -; Straßfeld in Jansen,
SGG, 4. Auflage, 2012, § 192 Rdn. 9; vgl. auch zu § 34 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz: BVerfG, Beschluss vom 03.07.1995 - 2 BvR 1379/95 -). Vorliegend war kein sachlicher Grund gegeben, das offensichtlich aussichtslose Klageverfahren fortzuführen. Dabei kann
im Ergebnis dahin stehen, ob der Klägerin selbst alle Zusammenhänge klar geworden sind. Nach dem Gesetz steht dem Beteiligten
sein Bevollmächtigter gleich, §
192 Abs
1 Satz 2
SGG (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.01.2015 - L 18 R 353/12 -; Beschluss vom 27.05.2015 - L 19 AS 778/15 NZB -). Die Klägerin war im Termin zur mündlichen Verhandlung von einem "Fachanwalt für Sozialrecht" vertreten, dem die Zusammenhänge
aufgrund seiner besonderen Qualifikation ganz sicher klar waren, jedenfalls aber im Rahmen der Erörterung klar geworden sind.
Auch hinsichtlich der Höhe der auferlegten Kosten (Mindestgebühr gemäß §
192 Abs.
1 Satz 3 i. V. m. §
184 Abs.
2 SGG) ist die vom SG getroffene Entscheidung nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 SGG).