Gründe
Das Befangenheitsgesuch des Antragstellers (AS) ist nicht begründet.
Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen
gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§
42 Abs.
2 Zivilprozessordnung [ZPO] i.V.m. §
60 Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Für die Feststellung eines solchen Grundes kommt es nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich parteilich oder befangen
ist oder aber sich selbst für befangen hält. Andererseits begründet die subjektive Überzeugung eines AS oder seine Besorgnis,
der Richter sei befangen, allein nicht die Berechtigung der Ablehnung. Entscheidend ist vielmehr, ob ein Grund vorliegt, der
den AS von seinem Standpunkt aus nach objektiven Maßstäben befürchten lassen könnte, der von ihm abgelehnte Richter werde
nicht unparteilich entscheiden (std. Rspr., vgl. u.a. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 12.07.1986 - 1 BvR 713/83, 1 BvR 921/84, 1 BvR 1190/84, 1 BvR 333/85, 1 BvR 248/85, 1 BvR 306/85, 1 BvR 497/85 -, vom 05.04.1990 - 2 BvR 413/88 - und vom 02.12.1992 - 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/92, 2 BvF 5/92 -; Bundessozialgericht, Beschluss vom 01.03.1993 - 12 RK 45/92 -).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Der AS verkennt, dass das Ablehnungsverfahren nicht der Überprüfung richterlicher Vorgehensweisen auf etwaige Rechts- bzw.
Verfahrensfehler dient. Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens sind vielmehr grundsätzlich mit dem Rechtsmittel gegen eine
Entscheidung in der Hauptsache geltend zu machen. Die Rüge von Rechtsverstößen kann allenfalls dann die Besorgnis der Befangenheit
rechtfertigen, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass das mögliche Fehlverhalten auf einer unsachlichen Einstellung
des Richters gegenüber dem ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht. Die Fehlerhaftigkeit muss ohne Weiteres feststellbar
und gravierend sein sowie auf unsachliche Erwägungen schließen lassen. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn der abgelehnte Richter
die seiner richterlichen Tätigkeit gesetzten Schranken missachtet und Grundrechte verletzt hat oder wenn in einer Weise gegen
Verfahrensregeln verstoßen wurde, dass sich bei dem Beteiligten der Eindruck der Voreingenommenheit aufdrängen konnte (vgl.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27.09.1994 - VIII B 64-76/94 pp - m.w.N.; Beschlüsse des LSG NRW vom 10.04.2006 - L 10 AR 42/06 und L 10 AR 43/06 - und des Senats vom 25.11.2009 - L 11 AR 117/09 AB -, vom 20.01.2010 - L 11 AR 129/09 AB und L 11 AR 130/09 AB -, vom 17.05.2010 - L 11 SF 102/10 AB -, vom 19.07.2010 - L 11 SF 108/10 AB - und vom 30.03.2011 - L 11 SF 44/11 AB -).
Für eine derartige unsachliche Einstellung der abgelehnten Richterin oder für Willkür bestehen indes keine Anhaltspunkte;
sie sind auch von dem AS nicht dargetan.
Das Vorbringen des AS läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass er sich gegen die ihm am Ende des Erörterungstermin vom 28.09.2011
mitgeteilte Auffassung der abgelehnten Richterin, seiner Klage sei keine hohe Erfolgsaussicht beizumessen, wendet. Diesem
Hinweis entgegenzutreten ist dem AS unbenommen, dies trägt aber nicht einmal im Ansatz die Besorgnis einer Befangenheit. Denn
der richterliche Hinweis auf die Beurteilung der Sach- und Rechtslage entspricht den rechtlichen Anforderungen an die richterliche
Tätigkeit. Einem Richter obliegt im sozialgerichtlichen Verfahren eine umfassende Aufklärungspflicht (§§
103,
106 SGG). Gelangt der Richter im Rahmen seiner Tätigkeit zu der Auffassung, dass ein Verfahrensstand erreicht ist, der Rückschluss
auf das jeweilige Begehren zulässt, ist er nicht nur berechtigt, sondern in der Regel auch gehalten, dies den Beteiligten
mitzuteilen. Das folgt insbesondere aus den in §
106 Abs.
1 und
2 SGG im Einzelnen aufgeführten Aufklärungs- bzw. Hinweispflichten. Mit seinem Hinweis gibt der Richter den Beteiligten Gelegenheit,
auf die richterliche Meinungsbildung einzuwirken und rechtzeitig ggf. für erforderlich gehaltene prozess- bzw. erkenntnisfördernde
Erklärungen abzugeben bzw. entsprechende Anträge zu stellen (std. Rspr., vgl. u.a. Beschlüsse des Senats vom 02.05.2011 -
L 11 SF 43/11 AB -, vom 13.07.2011 - L 11 SF 155/11 AB - und vom 29.08.2011 - L 11 SF 228/11 AB - ). Dass es dabei nicht darauf ankommen kann, dass die richterliche Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht mit der
eines der Beteiligten überstimmt, liegt auf der Hand. Ein Rechtsstreit zwischen mehreren Beteiligten setzt zwingend voneinander
abweichenden Auffassungen der Beteiligten voraus, über die zu entscheiden ein Richter berufen ist. Sollte ihm dies mit dem
Vorwurf der Befangenheit verwehrt werden können, wäre jede richterliche Entscheidung eines Rechtsstreits unmöglich.
Soweit der AS beanstandet, dem Zeugen E seien nicht die nach seiner - des AS - Auffassung notwendigen Fragen gestellt worden,
übersieht er gleich zwei Umstände: Zum Einen kommt es nicht auf die Meinung eines Beteiligten an, welcher Sachverhalt aufzuklären
ist und in welcher Form dies zu geschehen hat. Es obliegt nämlich allein dem zur Entscheidung berufenen Richter, den von ihm
für entscheidungserheblich gehaltenen Sachverhalt in freier Überzeugung von Amts durch die von ihm für geeignet erachteten
Maßnahmen aufzuklären (§§
103,
106 SGG); er ist dabei auch nicht an das Vorbringen und die Beweisanträge eines Beteiligten gebunden (§
103 Satz 2
SGG). Zum Anderen hatte der AS Gelegenheit, dem Zeugen E sachdienliche Fragen zu stellen; er hat von diesem Recht auch ausweislich
der Niederschrift vom 28.09.2011 Gebrauch gemacht. Nicht vom Fragerecht des §
397 ZPO abgedeckt sind indes "Einwände gegen die Richtigkeit der Aussage", so dass das Vorbringen des AS, diese seien ihm untersagt
worden, schon deshalb ohne Relevanz ist.
Gleiches gilt hinsichtlich des Vortrags des AS, dass im Erörterungstermin eine Atmosphäre "wie bei einem lockerem Kaffeeklatsch"
geherrscht habe. Inwiefern dies - das Vorbringen des AS als zutreffend unterstellt - eine Besorgnis der Befangenheit begründen
soll, erschließt sich nicht. Das gilt ebenso für das Vorbringen, die abgelehnte Richterin habe eine Einladung des Zeugen E
zu einer Betriebsbesichtigung nicht abgelehnt. Betriebsbesichtigungen o.ä. gehören für Richter der Sozialgerichtsbarkeit,
insbesondere wenn sie mit Sachverhalten des allgemeinen Arbeitslebens befasst sind, zur Weiterbildung und werden regelmäßig
von den dafür zuständigen Gerichtsleitungen organisiert. Sie stehen mithin generell schon in keinem Zusammenhang mit einem
konkreten Rechtsstreit. Auch der Hinweis des AS, dem Sachverständige Dr. U sei die abgelehnte Richterin gut bekannt, führt
nicht weiter. Weder der Umstand, dass einem Sachverständigen ein Richter bekannt ist, noch der Umstand, dass ein Richter einen
Sachverständigen einmal im Rahmen einer dienstlichen Besprechung kennengelernt hat, sagen auch nur ansatzweise etwas darüber
aus, dass ein Richter nicht unparteilich entscheiden werde.
Schließlich geht auch das Vorbringen des AS, die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 28.09.2011 sei nicht vollständig,
fehl. Findet ein Erörterungstermin statt (§
106 Abs.
3 Nr.
7 SGG), ist darüber eine Niederschrift zu fertigen (§
122 SGG i.V.m. 160
ZPO; s. dazu auch Kolmetz in Jansen,
Sozialgerichtsgesetz, 3. Auflage, §
122 Rdn. 2). Der Inhalt der Niederschrift wird in §
160 Abs.
1 bis
3 ZPO vorgegeben. Die Protokollierung sonstiger Vorgänge und Äußerungen - wie z.B. die von dem AS angeführte Einladung zu einer
Betriebsbesichtigung - steht im Ermessen des Richters, der von der Aufnahme dieser Vorgänge bzw. Äußerungen in die Niederschrift
absehen kann, wenn es nach seiner Auffassung auf deren Feststellung nicht ankommt (§
160 Abs.
4 Satz 2
ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).