Gründe
I.
Der 1967 geborene Kläger des Ausgangsverfahrens betreibt zusammen mit einem Kollegen in N einen Zimmereibetrieb in der Rechtsform
einer OHG. Die Zimmerei T OHG befasst sich mit den klassischen Aufgaben eines Zimmereibetriebes, wobei sowohl der Kläger wie
auch sein Mitgesellschafter handwerklich auf den Baustellen tätig sind und dort mit weiteren Mitarbeitern eigene Projekte
verantworten. Daneben verrichtet der Kläger auch anteilig die anfallenden Verwaltungsarbeiten. Der Kläger ist bei der Beklagten
freiwillig als Unternehmer versichert (§
6 SGB VII).
Am 15.08.2011 erlitt der Kläger bei einem von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall eine schwere Kreissägenverletzung an
der linken Hand. Er bezieht insoweit von der Beklagten eine Rente nach einer MdE von zunächst 30 v.H. und zwischenzeitlich
20 v.H. (Bescheide vom 24.04.2013 und 21.05.2014).
Aufgrund der schweren Handverletzungen war es dem Kläger nicht mehr möglich, in der gewohnten Arbeitsteilung, insbesondere
auch wegen der Einschränkung seiner handwerklichen Fähigkeiten, in seinem Unternehmen tätig zu sein. Die Beklagte gewährte
dem Kläger in der Folgezeit diverse Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wie die Übernahme personenbezogener Schulungskosten
zum Erwerb weiterer Kenntnisse als Gebäudeenergieberater der Handwerkskammer sowie Kosten einer Unternehmensberatung im Zusammenhang
mit der beabsichtigten betrieblichen Neuausrichtung (Bescheide vom 22.10.2012 und 01.07.2013). Dem Widerspruchsbescheid vom
19.09.2013 folgte ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Duisburg (S 29 U 424/13), mit dem der Kläger weitere Kostenbeteiligungen der Beklagten erstrebte. Darüber hinaus bewilligte die Beklagte dem Kläger
mit Bescheid vom 01.07.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2015 "Leistungen an den Arbeitgeber" nach §
34 SGB IX betreffend Kosten für die technische Ausstattung nach erfolgter Neuausrichtung des Betriebs in Form eines zinslosen Darlehens.
Mit der hiergegen erhobenen Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erstrebte der Kläger die vollständige Übernahme der Kosten
nach §
34 SGB IX in Form eines Zuschusses (S 29 U 250/15). Beide Streitverfahren wurden in einem gemeinsamen Erörterungstermin am 12.08.2015 dergestalt erledigt, dass der Kläger
die Klage S 29 U 250 /15 zurücknahm und hinsichtlich des Verfahrens S 29 U 424/13 die Kosten der Unternehmensberatung sowie die Kosten der Schulung von der Beklagten übernommen wurden. Im Zusammenhang mit
dem Verfahren S 29 U 250/15 erging seitens des Sozialgerichts Duisburg ein Beschluss vom 17.08.2015, mit dem der Streitwert für das Klageverfahren auf
61.922 EUR festgesetzt wurde, was von der Beklagten akzeptiert worden war.
Dem Klageverfahren S 29 U 250/15 war eine Untätigkeitsklage vorausgegangen (S U 153/15), die der Kläger nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2015 am 08.06.2015 für erledigt erklärte und zugleich beantragt
hatte, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Am 20.07.2015 (Schriftsatz vom 16.07.2015) gab die Beklagte
ein Kostenanerkenntnis hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach ab, der Kläger nahm dieses Kostenanerkenntnis
an und zog am 29.07.2015 den Antrag auf gerichtliche Kostenentscheidung zurück.
Am 29.12.2017 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers in dem Verfahren S U 153/15, die erstattungsfähigen Kosten i.H.v. 1954,46 EUR festzusetzen und legte hierbei einen "Gegenstandswert" von 61.922 EUR zu
Grunde.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle fertigte unter dem 06.03.2018 einen Kostenfestsetzungsbeschluss aufgrund des Kostengrundanerkenntnisses
vom 16.07.2015 und setzte unter Feststellung einer Verfahrensgebühr gemäß VV 3102, Post- und Telekommunikationspauschale gemäß
VV 7002 sowie 19 % Umsatzsteuer insgesamt 142,80 EUR fest. Der Klägerbevollmächtigte legte gegen diesen Beschluss am 12.04.2018
Erinnerung ein und führte hierzu aus, im vorliegenden sozialgerichtlichen Verfahren seien die Gebühren gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 RVG, §
197 Buchst. a
SGG nach dem "Gegenstandswert" zu berechnen, da es sich um einen Rechtsstreit zwischen dem Arbeitgeber und der BG Bau gehandelt
habe. §
183 SGG komme hier nicht zur Anwendung.
Daraufhin setzte das Sozialgericht mit Beschluss vom 11.05.2018 den Streitwert für das Klageverfahren auf 5000 EUR fest und
führte in den Gründen aus, die Untätigkeitsklage habe sich auf die Nichtbescheidung eines Widerspruchs gegen die Ablehnung
der Gewährung von Leistungen an den Arbeitgeber im Sinne des §§
34 SGB IX gerichtet. Somit sei ein Streitwert gemäß §
197a SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 S. 1 GKG von Amts wegen festzusetzen, sobald eine Entscheidung ergehe oder sich das Verfahren sonst erledigt habe. Die Voraussetzungen
des §
197 a Abs.
1 SGG seien vorliegend erfüllt, denn die Beteiligten gehörten nicht zu den nach §
183 SGG kostenmäßig privilegierten Personen. Nach § 52 Abs. 1 GKG sei der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen
zu bestimmen. Die Bedeutung der Sache für den Kläger entspreche dabei in der Regel seinem wirtschaftlichen Interesse an der
Entscheidung und ihren Auswirkungen. Bei einer Untätigkeitsklage fehlten Anhaltspunkte für eine konkrete Schätzung des Gegenstandswertes,
so dass von dem pauschalen Gegenstandswert des § 52 Abs. 2 GKG i.H.v. 5000 EUR auszugehen sei.
Mit einem weiteren Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 06.06.2018 wurde der Kostenfestsetzungsbeschluss
vom 06.03.2018 aufgehoben und neu gefasst. Der Kostenerstattungsbetrag wurde nunmehr auf 492,54 EUR festgesetzt.
Am 12.07.2018 legte der Klägerbevollmächtigte gegen den Beschluss vom 06.06.2018 Erinnerung und gegen den Streitwertbeschluss
vom 11.05.2018 Beschwerde ein, mit dem Begehren, den Streitwert wie in dem vorangegangenen Verfahren S 29 U 250/15 auf 61.922 EUR festzusetzen. Es sei hier ausschließlich um Leistungen an den Arbeitgeber gegangen, sodass §
183 SGG nicht einschlägig sei. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Beklagte trägt vor, es habe sich um eine Untätigkeitsklage des Versicherten auf Bescheidung seines Antrags auf Leistungen
zur beruflichen Teilhabe gehandelt. Er habe damit zu den nach §
183 SGG kostenmäßig privilegierten Personen gehört. Der Beschluss sei insoweit unzutreffend. Hinsichtlich der kostenrechtlichen Behandlung
des Verfahrens S 29 U 250/15 habe die Beklagte die Kosten des Verfahrens in diesem Einzelfall im Wege schlichten Verwaltungshandelns zur Anweisung gebracht.
Dieser für sie bindende Fehler könne allerdings im Hinblick auf die Kosten der hier zu entscheidenden Untätigkeitsklage nicht
fortgeführt werden.
II.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich der Beschluss des Sozialgerichts vom 11.05.2018, mit dem das Sozialgericht
eine Streitwertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 S.1 Gerichtskostengesetz (GKG) vorgenommen hat. Über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschuss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 06.06.2018
hat hingegen das Sozialgericht selbst zu befinden, §
197 Abs.
2 SGG.
Die nach § 68 Abs. 1 S. 1 und 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 S. 2 GKG zulässige Beschwerde, über die der Senat gemäß § 66 Abs. 2 S 2 GKG in der Besetzung durch drei Berufsrichter anstelle der Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheidet, ist insofern begründet,
als der Streitwertbeschluss des Sozialgerichts vom 11.05.2018 aufzuheben ist. Dagegen ist der Streitwert nicht in der mit
der Beschwerde beantragten Höhe festzusetzen, weil das vorliegende Klageverfahren nicht gerichtskostenpflichtig war und eine
Streitwertfestsetzung daher nicht zulässig ist.
Die Festsetzung eines Streitwertes erfolgt nach § 197a Abs. 1 i.V.m §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Gerichtskostengesetz (GKG) nur dann, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch die Beklagte zu den in §
183 SGG genannten Personen gehört.
Gemäß §
183 S. 1
SGG ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungen,
behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder
Beklagte beteiligt sind. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Zwar trifft es zu, dass bezogen auf den an den Kläger persönlich gerichteten Bescheid vom 01.07.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 07.05.2015 Leistungen an den Arbeitgeber gemäß §
34 SGB IX (hier in Form von Zuschüssen für Arbeitshilfen im Betrieb bzw. technische Neuausstattung, §
34 Abs.
1 Nr.
3 SGB IX) bewilligt wurden und im Streit waren. Es handelt sich jedoch auch bei diesen Leistungen um solche zur Teilhabe am Arbeitsleben
im Sinne von §
35 SGB VII i.V.m. §
33 SGB IX, die aus Zweckmäßigkeitsgründen direkt am Arbeitsplatz bzw. Arbeitgeber/Unternehmer verortet werden können, aber letztlich
unmittelbar dem Versicherten zugutekommen. Derartige Leistungen an Arbeitgeber, die im Zusammenhang mit Sozialleistungen nach
§
11 SGB I erbracht werden (z.B. Eingliederungszuschüsse) führen nach einhelliger Auffassung zur Anwendbarkeit des §
183 SGG auch bezogen auf den Arbeitgeber, so dass der Kläger jedenfalls als "Leistungsempfänger" im Sinne des §
183 SGG anzusehen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 22.09.2004, B 11 AL 33/03 R -juris-; Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG 12. Auflage 2017, §
183 Rn. 5a, 6 m.w.N; Kraus in: Roos/Wahrendorf,
Sozialgerichtsgesetz 1. Aufl. 2014, §
183 Rn 18, 20 m.w.N.).
An der Entscheidung, dass für das Klageverfahren kein Streitwert festzusetzen ist, ist der Senat aus verfahrensrechtlichen
Gründen nicht gehindert. Nach § 63 Abs. 3 GKG kann die Festsetzung des Streitwertes von dem Gericht, das sie getroffen hat, und, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache
oder - wie hier - wegen der Entscheidung über den Streitwert in der Rechtmittelinstanz anhängig ist, von dem Rechtsmittelgericht
von Amts wegen geändert werden. Da das Verbot der reformatio in peius im Rechtsmittelverfahren wegen § 63 Ans 3 GKG für die Streitwertfestsetzung nicht gilt, steht der ersatzlosen Aufhebung des Streitwertbeschlusses auch nicht entgegen,
dass die Beschwerde (nur) auf die Erhöhung des Streitwertes gerichtet war und die Beklagte keine Beschwerde eingelegt hatte
(vgl. LSG NRW, Beschluss vom 24.03.2011 - L 8 R 1107/10 B m.w.N).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG, wonach das Verfahren gebührenfrei ist und Kosten nicht zu erstatten sind.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 68 Abs. 2 S.6 i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG, §
177 SGG).