Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin gegen die beklagte Krankenkasse Anspruch auf Erstattung der Kosten für stationär durchgeführte
Liposuktionen hat.
Die 1984 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Unter dem 11.07.2011 beantragte sie die Kostenübernahme für eine Liposuktion.
Vor ca. neun Jahren sei bei ihr ein Lipödem diagnostiziert worden sei. Sie habe Kompressionsstrümpfe verschrieben bekommen
und manuelle Lymphdrainagen durchgeführt, Sport betrieben und auf ihr Gewicht geachtet (bei einer Körpergröße von 178 cm 65
kg). Gleichwohl hätten sich die Beschwerden (Anschwellen der Beine bei Hitze und Schwüle; starke Schmerzen; große Beschwerden
bei einer weitgehend stehenden und sitzenden Tätigkeit) verstärkt. Darunter leide sie auch psychisch. Der hierdurch erzeugte
Stress wirke sich gesundheitlich negativ aus. Ihre Lebensqualität sei sehr stark eingeschränkt. Die Lymphdrainagen bewirkten
nur eine kurzzeitige Entlastung.
Die Klägerin fügte dem Antrag einen Befundbericht des Arztes für Chirurgie und Gefäßchirurgie H vom 14.02.2011 sowie eine
fachärztlich gutachterliche Stellungnahme von Dr. N/I-Klinik GmbH in M (im Folgenden: I-Klinik) vom 09.02.2011 nebst Kostenvoranschlägen
der I-Klinik für eine Liposuktion der Oberschenkel außen, innen, Knie beidseits, Unterschenkel außen, innen und Oberschenkel
vorne beidseits bei. Während im Bericht des Herrn H nach Untersuchung der Klägerin am 14.02.2011 ein typisches Lymphödem im
Stadium II bestätigt und neben konservativer Behandlung eine Liposuktion als sinnvoll erachtet wird, beschreibt die Stellungnahme
von Frau Dr. N nach Untersuchung der Klägerin am 07.02.1011 (bei der die Klägerin bereits ihr Einverständnis mit einer Operation
erklärte) ein initiales Lymphödem, dessentwegen eine Liposuktion entsprechend den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für
Phlebologie indiziert sei. Bei der Liposuktion handele es sich um eine Behandlungsmethode, bei deren Durchführung unter kurzstationären
Bedingungen sich nicht nur eine Entfernung des krankheitstypisch vermehrten Unterhautfettvolumens mit Optimierung und Harmonisierung
der disproportionierten Körperform, sondern vor allem auch eine Verminderung bzw. Beseitigung der bestehenden Beschwerden
erzielen lasse. Durch den Eingriff erfolge eine dauerhafte Reduktion der übermäßig vermehrten Zellen des Fettgewebes. Es werde
in der wissenschaftlichen Literatur davon ausgegangen, dass der Eingriff auch eine prophylaktische Wirkung habe. Dadurch könne
der Übergang der Erkrankung in ein volles Stadium I und später in ein Stadium II und III verhindert oder zumindest deutlich
verzögert werden. Nach der Liposuktion müsse die konservative Behandlung nur noch in wesentlich geringerem Ausmaß und in größeren
Zeitabständen weitergeführt werden. Bei einem Teil der Patienten könne die konservative Behandlung sogar ganz entfallen.
Der durch die Beklagte beauftragte Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) gelangte in seiner sozialmedizinischen
Stellungnahme vom 26.07.2011 zu dem Ergebnis, die Liposuktion stelle ein neues Behandlungsverfahren im Sinne des §
135 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) dar, das bisher vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) nicht bewertet worden sei. Gemäß der aktuellen sozialrechtlichen Situation
bestehe ein Leistungsanspruch auf neue Methoden grundsätzlich erst dann, wenn der GBA in den jeweiligen Richtlinien eine Anerkennung
der neuen Methode ausgesprochen habe. Der Nutzen der Methode sei zudem bisher nicht anhand einer für die sichere Beurteilung
ausreichenden Zahl von Fällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken nachgewiesen. Der Nachweis der Wirksamkeit
sei nicht erheblich erschwert; es handele sich um eine gut bekannte Erkrankung. Eine indikationsbezogene breitere Resonanz
in der Fachdiskussion könne aktuell nicht festgestellt werden. Im Fall der Klägerin stünden vertragliche therapeutische Möglichkeiten
zur Verfügung, um ein dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechendes Vorgehen sicherzustellen.
Diese seien noch nicht ausgeschöpft. Die medizinischen Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung seien daher nicht erfüllt.
Noch vor Eingang der Stellungnahme des MDK bei der Beklagten teilte diese der Klägerin telefonisch am 03.08.2011 auf deren
Nachfrage unter Hinweis auf einen in zwei Wochen anstehenden Operationstermin in der I-Klinik mit, eine Operation in der I-Klinik
könne selbst dann nicht befürwortet werden, wenn der MDK eine medizinische Indikation für eine stationäre Durchführung bestätige.
In einem solchen Falle würde die Klägerin an geeignete Vertragskrankenhäuser verwiesen werden. Am 05.08.2011 fragte die Klägerin
erneut bei der Beklagten nach, da sie überlege, ob sie die Operation durchführen lasse. Die Sachbearbeiterin riet der Klägerin
nach dem Inhalt des über das Telefonat gefertigten Aktenvermerks, das MDK-Gutachten abzuwarten, da sonst die Gefahr bestehe,
dass sie auf den Kosten "sitzen bleibe".
Unter Bezugnahme auf die Ausführungen des MDK lehnte die Beklagte mit schriftlichem Bescheid vom 10.08.2011 den Antrag der
Klägerin ab, nachdem sie die Klägerin vorab über ihre Entscheidung informiert hatte. Zur Begründung führte die Beklagte aus:
Eine medizinische Indikation für die beantragte Leistung bestehe nicht. Im ambulanten Bereich sei die Liposuktion keine Kassenleistung.
Es werde eine komplexe physikalische Entstauungstherapie empfohlen. Zudem handele es sich bei der I-Klinik um eine Privatklinik
, die kein zugelassener Leistungserbringer sei.
Am 19.08.2011 erfolgte in der I-Klinik die erste Liposuktion an den Oberschenkeln außen, innen und an den Knien. Dabei wurden
1.800 ml reines Fett entfernt. Die reine Absaugzeit betrug 1 Stunde 53 Minuten, die gesamte OP-Zeit einschließlich Infiltration,
Pause, Nachinfiltration und Absaugung 5 Stunden 25 Minuten. Die Entlassung erfolgte am 20.08.2011. Am 27.09.2011 erfolgte
die zweite Liposuktion an den Oberschenkeln vorne, Unterschenkeln außen und innen sowie eine Korrektur an den Oberschenkeln
außen beidseits. Dabei wurden 2.260 ml reines Fett entfernt. Die reine Absaugzeit betrug 2 Stunden 18 Minuten, die gesamte
OP-Zeit 6 Stunden 10 Minuten. Die Entlassung erfolgte am 28.09.2011. Mit Schreiben vom 19.08.2011 und 28.09.2011 wurden der
Klägerin für die Liposuktionen Kosten in Höhe von 5.545,00 EUR bzw. 5.320,00 EUR pauschal in Rechnung gestellt.
Unter dem 26.08.2011 legte die Klägerin Widerspruch gegen den (Ablehnungs-) Bescheid vom 10.08.2011 ein. Sie führte aus: Die
medizinische Indikation für die Durchführung der Liposuktion habe aufgrund schwerwiegender körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen
vorgelegen. Es wäre unzumutbar gewesen zuzuwarten, bis ein Lipödem im Stadium III vorliege, bei dem die Kosten wohl übernommen
worden wären. Die von der Beklagten vorgeschlagenen konservativen Therapien böten nur eine kurzzeitige Entlastung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ergänzend zu den bisherigen Ausführungen
wies sie darauf hin, eine Verweisung auf ein Vertragskrankenhaus sei nicht relevant gewesen, da die Liposuktion regelmäßig
ambulant erbracht werde und eine stationäre Krankenhausbehandlung zur Behandlung des Krankheitsbildes nicht notwendig (gewesen)
sei. Auch aus der Begründung der I-Klinik ergebe sich, dass die grundsätzlichen kurzstationären Unterbringungen aus privatklinischer
methodenrelevanter Intention erfolgt seien.
Mit ihrer daraufhin am 16.02.2012 beim Sozialgericht Köln erhobenen Klage hat die Klägerin sich auf ein Systemversagen berufen.
Die Klägerin, die eine lange Leidensgeschichte hinter sich habe, habe alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft.
Es sei auch nicht nachvollziehbar, wenn die Beklagte eine stationäre Behandlungsmöglichkeit nicht sehe. Die Stellungnahme
des ohnehin parteilichen MDK sei nicht nachvollziehbar. Es liege keine unkonventionelle Behandlungsmethode vor. Auf die gelegentlich
anzutreffende Trägheit des GBA werde zudem hingewiesen. Durch dessen Unterlassen sei die Methode nicht in den Leistungskatalog
aufgenommen. Das Systemversagen liege darin begründet, dass die Beklagte nicht in der Lage sei, die medizinisch notwendige
Behandlung durch einen Vertragsbehandler zur Verfügung zu stellen.
Die Klägerin hat Bezug genommen auf eine mit der Klage vorgelegte Stellungnahme von Frau Dr. N vom 19.06.2012. Darin legt
Dr. N dar, dass sich die I-Klinik auf die Behandlung des Lipödems spezialisiert habe und auf diesem Gebiet praktisch und wissenschaftlich
tätig sei. Es gebe keine Klinik, die so viel zu dieser Erkrankung publiziert habe. Es sei keine Klinik mit Versorgungsvertrag
bekannt, die sich auf die Diagnostik und die operative Behandlung des Lipödems spezialisiert habe. Alle publizierten, guten
Ergebnisse der Liposuktion beim Lipödem seien von erfahrenen Behandlern erzielt worden. Kleinere Reihen kosmetischer Eingriffe
könnten rein ambulant durchgeführt werden. Beim Lipödem lägen in der Regel jedoch deutlich größere Fettvermehrungen vor, so
dass die Eingriffe trotz Begrenzung nicht ambulant durchführbar seien. Ein kurzstationärer Aufenthalt sei daher fast immer
erforderlich. Aufgrund des Fettvolumens sei eine Aufteilung auf mehrere Sitzungen dringend erforderlich. Nur so könne im Hinblick
auf die Beschwerdereduktion das maximal mögliche Ergebnis erzielt werden. Gerade beim Lipödem sei die maximale Schonung der
umliegenden Gewebestrukturen wichtig. Regelmäßig würden kritische Auswertungen der erzielten Ergebnisse durchgeführt. Hierbei
habe die statistische Auswertung gezeigt, dass sich durch die Liposuktion eine ausgeprägte und klinisch relevante Verbesserung
von Spontan- und Druckschmerzen, Ödembildung, Neigung zu Hämatomen und Bewegungseinschränkungen ergebe. Dieser Erfolg sei
nach einem Zeitraum von einem Jahr identisch mit dem nach fast sieben Jahren. Bei einem Großteil habe nach der Liposuktion
ganz oder teilweise auf die Weiterführung der konservativen Maßnahmen verzichtet werden können.
Auf einen Hinweis des Sozialgerichts hinsichtlich der rechtlichen Qualität der bis dahin vorgelegten Rechnungsschreiben hat
die Klägerin korrigierte Rechnungen vorgelegt. Mit auf den 20.08.2011 datiertem Schreiben sind der Klägerin für die erste
Liposuktion ein Tagessatz für die Krankenhausbehandlung in Höhe von 3.689,00 EUR und nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) 1.785,93 EUR in Rechnung gestellt worden. Der Aufenthalt anlässlich der zweiten Liposuktion in der I-Klinik ist mit auf
den 28.09.2011 datierten Schreiben nunmehr mit einem Tagessatz in Höhe von 3.689,00 EUR für die allgemeinen Krankenhausleistungen
und 1.560,93 EUR nach der GOÄ abgerechnet worden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2012 zu verurteilen,
ihr 10.724,86 EUR zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat unter Bezugnahme auf die Urteile des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 27.04.2012 (L 4 KR 595/11) und 28.09.2012 (L 4 KR 4054/11) die Auffassung vertreten, Qualität und Wirksamkeit einer stationären Liposuktionsbehandlung müssten den Maßstäben evidenzbasierter
Medizin entsprechen. Dies sei bei der Lipsosuktion nicht gegeben, wie sich aus dem Gutachten "Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen"
der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 des MDK vom 06.10.2011 ergebe. Zur Qualität und Wirksamkeit einer Behandlungsmethode
müsse es grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen geben. Erforderlich sei, dass der Erfolg der Behandlungsmethode
objektivierbar, also in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt sei. Ausweislich des vorliegenden Forschungsstandes
sei die Methode der Liposuktion zur Therapie eine Lipödems derzeit noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen, und es
seien weitere randomisierte Studien erforderlich. Das Bundessozialgericht (BSG) habe die Notwendigkeit der evidenzbasierten Medizin für stationär erbrachte Methoden in seinem Urteil vom 21.03.2013 (B 3 KR 2/12 R) bestätigt. Zudem bestehe kein wirksamer Honoraranspruch der I-Klinik gegenüber der Klägerin. Die Rechnungsschreiben seien
unrichtig erstellt. Eine nachträgliche Rechnungskorrektur, bei der Pauschalgebühren durch Gebührenordnungsnummern ersetzt
worden seien, scheide aus. Ausweislich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 21.12.2006 (Az.: III RR 117/06) sei nämlich nachträglich nur eine geringe Korrektur möglich.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht von Frau Dr. N (I-Klinik) beigezogen. In dem Bericht ist u.a. ausgeführt, wegen
der Größe der Fettvermehrungen, der erforderlichen Vorbereitungen, der Dauer der Fettabsaugung selbst und der erforderlichen
Nachsorge seien stationäre Maßnahmen zwingend gewesen. Dem Bericht lagen Kopien der von der Klägerin am 07.02.2012 im Rahmen
der Erstvorstellung unterzeichneten Erklärungen vor. Der Kostenvoranschlag benennt pauschale OP-Kosten, Kosten für Miederware
und Kosten für eine Übernachtung. Zudem findet sich der folgende Passus: "Wie allgemein üblich werden die erbrachten Kosten
am Tage der Operation oder der Entlassung abgerechnet Eine Abrechnung nach der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) erfolgt bei kosmetischen Eingriffen nicht ". Zudem wird darauf hingewiesen, dass bei sehr kurzfristiger Absage (bis zu drei
Tage vor der OP) eine Pauschale von 1.500,00 EUR anfalle. Wegen der weiteren Einzelheiten des weitestgehend der Stellungnahme
von Frau Dr. N vom 19.06.2012 entsprechenden Inhalts wird auf den Bericht vom 06.02.2012 verwiesen.
Sodann hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nach Aktenlage
von Dr. G, Leiter der Plastischen Chirurgie des Universitätsklinikums H. Dr. G bestätigt in seinem Gutachten ein behandlungsbedürftiges
Lipödemsyndrom mit Hämatombildung und Berührungsempfindlichkeit an beiden Beinen. Konservative Behandlungsmöglichkeiten seien
erfolglos ausgeschöpft worden. Die Liposuktionen setzten unmittelbar an dieser Krankheit an und seien erforderlich (ausreichend,
zweckmäßig und wirtschaftlich) gewesen. Im Vergleich zu konservativen Maßnahmen ergebe sich eine positive Kostenbilanz. Im
Fall der Klägerin habe eine stationäre Aufnahme erfolgen müssen wegen der Größe des Eingriffs (ausgedehnte Fettabsaugungen
und Gefahr eines Kreislaufstillstandes) und der erforderlichen Vor- und Nachsorge. Es existierten auch Vertragskrankenhäuser,
die die streitige Maßnahme stationär durchführten.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 25.06.2013 antragsgemäß verurteilt. Bei der Klägerin habe ein chronisches
Lipödemsyndrom beider Beine vorgelegen, das eine Krankheit darstelle, deren Behandlung notwendig gewesen sei. Die Einschätzung
des Sachverständigen Dr. G sei für die Kammer aufgrund dessen umfangreichen "Befundungen" nachvollziehbar. Ebenso sei die
Einschätzung des Sachverständigen nachvollziehbar, die Liposuktionen seien geeignet und erforderlich gewesen, um die klägerischen
Beschwerden dauerhaft zu verringern bzw. zu beseitigen, und zudem zweckmäßig und wirtschaftlich gewesen. Die Liposuktion entspreche
auch den Regeln der ärztlichen Kunst und stelle keine Außenseitermethode im Sinne der Rechtsprechung des BSG dar. Der Methode komme kein experimenteller Charakter zu, sondern sie entspreche nach Qualität und Wirksamkeit dem allgemein
anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse. Nach Auffassung des Sachverständigen Dr. G sei die Behandlung unter Hinweis
auf zahlreiche Stellen in der medizinischen Literatur wissenschaftlich nachgewiesen. Keine Rolle spiele in diesem Zusammenhang,
dass es sich bei der Liposuktion um eine neue Behandlungsmethode handele, für die bis dato keine positive Empfehlung des GBA
bezüglich des diagnostischen und therapeutischen Nutzens vorliege. Während für den Bereich der ambulanten Versorgung bezüglich
neuer Behandlungsmethoden ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gelte, sei für den stationären Bereich ein Anspruch nur dann ausgeschlossen,
wenn der GBA dazu eine negative Stellungnahme abgegeben habe. Der sachliche Grund für diese unterschiedliche rechtliche Behandlung
bestehe darin, dass der Gesetzgeber die Gefahr des Einsatzes zweifelhafter oder unwirksamer Maßnahmen wegen der internen Kontrollmechanismen
und der anderen Vergütungsstrukturen im Krankenhausbereich geringer einstufe als bei der Behandlung durch einzelne niedergelassene
Ärzte. Die stationäre Krankenhausbehandlung der Klägerin sei nach den nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen
Dr. G auch erforderlich gewesen. Die konservativen Behandlungsmöglichkeiten seien ausgeschöpft gewesen. Dies ergebe sich aus
den glaubhaften Ausführungen der Klägerin und den nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen Dr. G. Die Liposuktion
sei hiernach das letzte verbleibende Mittel zur Behandlung gewesen. Der Kostenerstattungsanspruch des §
13 Abs.
3 SGB V sei nicht dadurch ausgeschlossen, dass sich die Klägerin in einem nicht zugelassenen Krankenhaus habe operieren lassen. Vorliegend
hätte es der Beklagten oblegen, auf die Möglichkeit einer stationären Behandlung in einem Vertragskrankenhaus hinzuweisen.
Die Klägerin habe nach ihrem glaubhaften Vorbringen nicht über die Kenntnis verfügt, dass eine entsprechende Maßnahme in einem
Vertragskrankenhaus durchführbar gewesen sei. Die habe in der mündlichen Verhandlung am 25.06.2013 glaubhaft dargelegt, dass
sie bei entsprechender Kenntnis eine Behandlung in einem Vertragskrankenhaus in Betracht gezogen hätte. Der Beklagten hätte
es sich aufdrängen müssen, dass es zweckmäßig gewesen wäre, wenn die Klägerin über diese Möglichkeit Kenntnis erlangt hätte.
Die Beratung sei nicht hinfällig gewesen, weil die Klägerin auf eine Versorgung durch die I-Klinik von vornherein festgelegt
gewesen sei. Die Kammer sei nach dem glaubhaften Vortrag der Klägerin davon überzeugt, dass diese bei entsprechendem Hinweis
durch die Beklagte die Behandlung in einem Vertragskrankenhaus durchgeführt hätte. Der Kostenerstattungsanspruch scheitere
auch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Ausweislich der Geschäftsbedingungen
der I-Klinik habe für die Klägerin bis vier Tage vor Durchführung der Operation, d.h. noch nach Bekanntgabe des Bescheides
vom 10.08.2011, die Möglichkeit bestanden, ohne Kostenbelastung vom Behandlungsvertrag zurückzutreten.
Schließlich sei die Klägerin einem rechtswirksamen Vergütungsanspruch der I-Klinik ausgesetzt gewesen. Hierbei verkenne die
Kammer nicht, dass die nachträglich vorgelegten Rechnungsschreiben korrigiert und rückdatiert worden seien. Dies stehe einer
fälligen Vergütungsforderung nach den Regelungen der GOÄ nicht entgegen, sondern sei ausschließlich für den konkreten Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung entscheidend, worauf
auch die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BGH vom 21.12.2006 (Az.: III ZR 117/06) abstelle.
Zu Begründung ihrer Berufung vom 07.08.2013 gegen das ihr am 29.07.2013 zugestellte Urteil führt die Beklagte aus:
Die Klägerin habe sich die Leistung nicht wegen einer unrechtmäßigen Ablehnung durch die Beklagte in der von ihr von vornherein
gewünschten Privatklinik selbst verschafft. Die Klägerin habe die Privatklinik ohne vorherige Verordnung konsultiert und erst
nachträglich den Gefäßchirurgen H. Dieser habe lediglich attestiert, dass eine Liposuktion sinnvoll sei. Weder die Notwendigkeit
einer stationären Behandlung noch die einer Liposuktion seien attestiert worden. Die Liposuktion werde den Kriterien des §
2 Absatz
1 Satz 3
SGB V nicht gerecht. Nach dem "Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen" der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 vom 6.
Oktober 2011 sei die Methode der Liposuktion zur Therapie eines Lipödems derzeit noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen.
Es seien weitere randomisierte Studien erforderlich, um sie als eine den Kriterien der evidenzbasierten Medizin entsprechende
Behandlungsmethode qualifizieren zu können. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG, Urteil vom 19.02.2002, Az.: B 1 KR 16/00) gelte der Versorgungsstandard des §
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V für alle Leistungsbereiche der Gesetzlichen Krankenversicherung. Ohnehin habe der Sachverständige die stationäre Behandlungsbedürftigkeit
für die Liposuktion lediglich für die am 27.09.2011 erfolgte Operation bestätigt. Ein Beratungsverstoß liege entgegen der
Auffassung des Sozialgerichts schon deshalb nicht vor, weil es sich vorliegend grundsätzlich nicht um eine vertragsübliche
Behandlung handele, für die Vertragseinrichtungen genannt werden könnten und müssten. Zudem entfalle bei einer Festlegung
des Versicherten auf einen bestimmten Leistungserbringer eine Beratungspflicht seitens der Krankenkasse. Die erstinstanzlichen
Ausführungen zur Frage, ob die Klägerin einem Vergütungsanspruch ausgesetzt sei, könnten - wenn überhaupt - nur tragfähig
sein, wenn die Forderungen vor den Rechnungskorrekturen noch nicht fällig geworden seien. Die Fälligkeit scheine aber mit
den Rechnungslegungen am 19.08.2011 und 28.09.2011 eingetreten zu sein, da in dem Aufklärungsbogen, den die Klägerin am 07.02.2011
unterschrieben habe, über die sofortige Fälligkeit nach Leistungserbringung informiert werde und auf den Rechnungen selbst
jeweils vermerkt sei: "Der Betrag wird per Lastschrift von Ihrem Bankkonto abgebucht."
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.06.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Die Beklagte habe noch immer nicht eindeutig klargestellt, ob sie die
stationäre Leistung als Leistung der GKV nun erbringe oder nicht. Die Klägerin habe den Weg des §
135 SGB V eingehalten. Die Ausführungen des Sachverständigen habe die Beklagte nicht widerlegen können. Die Rolle des MDK, die die
Beklagte nicht habe aufhellen können, sei nach wie vor unklar, da die Beklagte sich hier im Hinblick auf die durch sie auch
angeblich vorliegende Möglichkeit der Vertragserbringung nicht festgelegt habe, sondern wahlweise springe dahingehend, dass
die Behandlung der Klägerin medizinisch entweder nicht notwendig gewesen sei oder im Leistungskatalog der GKV nicht enthalten
gewesen sein solle, ferner aber durch den MDK als nicht zweckmäßig und nicht erforderlich angesehen werde. Die Beklagte verkenne
nach wie vor die Systematik der §§
135,
92 SGB V sowie des §
108 SGB V. Die Beklagte habe die sie treffende Beratungspflicht - die Möglichkeit der vertraglichen Unterbringung einmal unterstellt
- in grober Weise verletzt: Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Klägerin eben nicht auf eine Versorgung durch die
I-Klinik von vornherein festgelegt gewesen und hätte dann, wenn die Beklagte die ihr obliegende Beratungspflicht vollständig,
ordnungsgemäß und nachvollziehbar irgendwann einmal wahrgenommen hätte, in Anspruch genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie des Verwaltungsvorgangs
der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die statthafte (§§
143 ff.
Sozialgerichtsgesetz) und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet.
Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, der Klägerin die Kosten für die im August und September 2011 in
der I-Klinik in M unter stationären Bedingungen durchgeführten Liposuktionen in Höhe von 10.724,86 EUR zu erstatten. Die als
kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthafte (§
54 Abs.
1 und 4 i.V.m. §
56 SGG) und in zulässiger Weise erhobene Klage vom 16.02.2012 ist unbegründet. Die Klägerin ist durch den Bescheid der Beklagten
vom 10.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2012 (§
95 SGG) nicht beschwert im Sinne von §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG; die Ablehnung der von der Klägerin beantragten (Sach-) Leistung durch die Beklagte ist rechtlich nicht zu beanstanden, ein
Anspruch gemäß §
13 SGB V auf Erstattung der der Klägerin infolge der nach Ablehnung der Leistung gleichwohl in der I-Klinik durchgeführten Eingriffe
entstandenen Kosten durch die Beklagte besteht nicht.
Als Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch kommt - da die Klägerin nicht nach §
13 Abs.
2 SGB V Kostenerstattung anstelle der Sach- und Dienstleistung gewählt hat - nur §
13 Abs.
3 Satz 1
SGB V in Betracht. Danach sind Versicherten von der Krankenkasse Kosten für eine selbst beschaffte Leistung in der entstandenen
Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte, oder sie eine Leistung
zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die
Leistung notwendig war.
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob der im Rahmen von §
13 Abs.
3 Satz 1
SGB V zu verlangende Ursachenzusammenhang zwischen (rechtswidriger) Ablehnung und Kostenlast (vgl. etwa BSG, Urteile vom 14.12.2006 - B 1 KR 8/06 R und 02.11.2007 - B 1 KR 14/07 R) vorliegend nicht bereits deshalb zu verneinen ist, weil die Klägerin - wofür nicht zuletzt die späte Antragstellung sprechen
dürfte - ungeachtet des ihr bis wenige Tage vor der stationären Maßnahme möglichen Rücktritts vom (Behandlungs-) Vertrag vom
07.02.2011 zur Durchführung der stationären Behandlungen in der privaten I-Klinik - und damit einem nicht zugelassenen Leistungserbringer
- nicht ohnehin unabhängig von der Bescheidung ihres erst am 11.07.2011 bei der Beklagten gestellten Antrages festgelegt war
(vgl. dazu Hauck in Peters, Handbuch der Krankenversicherung Bd. 1, 19. Auflage, Stand: 01.03.2008, §
13 SGB V Rn. 260 f.).
Denn der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch;
er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in
Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R = BSGE 97, 190-203).
Die (ursprünglich) begehrte stationäre Durchführung einer Liposuktion an beiden Beinen gehört jedoch nicht zum Leistungsspektrum
der gesetzlichen Krankenkassen (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2012 - L 4 KR 595/11 und Urteil vom 01.03.2013 - L 4 KR 3517/11; SG Neubrandenburg, Urteil vom 18.04.2013 - S 14 KR 11/12 und zuletzt Sächsisches LSG, Urteil vom 16.01.2014 - L 1 KR 229/10; a.A. Hessisches LSG, Urteil vom 05.02.2013 - L 1 KR 391/12).
Nach §
27 Abs.
1 Satz 1
SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre
Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr. 5 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung
unter anderem auch die Krankenhausbehandlung. Nach §
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung
durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder
ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.
Der Senat lässt insoweit dahinstehen, ob auch der Eingriff am 27.09.2011 in seiner Gänze zur Behandlung des vom gerichtlichen
Sachverständigen Dr. G bestätigten und auch durch die behandelnden Ärzten (wenn auch in sehr unterschiedlicher Ausprägung
von initial bis Stadium II) dokumentierten behandlungsbedürftigen Lipödemsyndroms mit Hämatombildung und Berührungsempfndlichkeit
an beiden Beinen erfolgte. Zweifel daran könnten etwa die Ausführungen im Operationsbericht begründen, soweit (allein) dort
ausgeführt wird, es sei eine Korrektur an den Oberschenkeln außen beidseits vorgenommen worden. Eine Krankenbehandlung ist
grundsätzlich jedoch nur notwendig, wenn durch sie der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand geheilt, gebessert, vor einer
Verschlimmerung bewahrt wird oder Schmerzen gelindert werden können. Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in
den Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (vgl. etwa BSG, Urteil vom 28.09.2010 - B 1 KR 5/10 R).
Wie die übrigen Behandlungsformen müssen nämlich auch solche im Krankenhaus den in §§
2 Abs.
1,
12 Abs.
1 und
28 Abs.
1 SGB V für die gesamte gesetzliche Krankenversicherung festgelegten Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien genügen. §
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V bestimmt allgemein, dass die Leistungen der Krankenversicherung nach Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand
der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Den Qualitätskriterien
des §
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V entspricht eine Behandlung, wenn die "große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)" die Behandlungsmethode
befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens
besteht. Dies setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare
Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl
der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung
ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein. Als Basis für die Herausbildung eines Konsenses können
alle international zugänglichen einschlägigen Studien dienen; in ihrer Gesamtheit kennzeichnen diese den Stand der medizinischen
Erkenntnisse (vgl. zu alledem BSG, Urteil vom 21.03.2013 - B 3 KR 2/12 R m.w.N.).
Soweit das Sozialgericht - wie das Hessische Landessozialgericht - unter Verweis auf §
137c SGB V wesentlich auch darauf abstellt, dass für den stationären Bereich ein Anspruch nur dann ausgeschlossen sei, wenn der GBA
dazu eine negative Stellungnahme abgegeben hat - was vorliegend nicht der Fall ist, werden diese den Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien
entnommenen Einschränkungen nicht hinreichend gewürdigt.
Der Anspruch auf Krankenhausbehandlung erfordert vielmehr auch dann, wenn der GBA nicht über die Zulässigkeit der Behandlungsmethode
im Krankenhaus entschieden hat, dass die angewandte Methode zur Zeit der Behandlung dem Qualitätsgebot des allgemein anerkannten
Standes der medizinischen Erkenntnisse oder den Voraussetzungen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung genügt. Nur insoweit
entspricht der Vergütungsanspruch des Krankenhauses dem Anspruch der Versicherten auf stationäre Behandlung. Sind die praktischen
Möglichkeiten erzielbarer Evidenz eingeschränkt, können sich allerdings auch die Anforderungen an das Evidenzniveau des allgemein
anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse vermindern (BSG Urteil vom 17.12.2013 - B 1 KR 70/12 R nach Terminbericht Nr. 64/13 vom 18.12.2013). Die einzige Ausnahme bildet nach §
137c Abs.
2 Satz 2
SGB V die - hier nicht einschlägige - Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher
zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar.
Die rechtstechnisch unterschiedliche Gestaltung einerseits von §
135 Abs.
1 SGB V als "Verbot mit Erlaubnisvorbehalt" für die ambulante vertragsärztliche Versorgung und andererseits von §
137c Abs.
1 SGB V als "Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt" für die stationäre Versorgung im Krankenhaus sowie Wortlaut und Regelungszweck von §
137c Abs.
1 SGB V gebieten es nicht, bereits im Rahmen der Prüfung, ob Nachweise zur Wirksamkeit der Methode bei der beanspruchten Indikation
vorliegen, unterschiedliche Maßstäbe zur Beurteilung der therapeutischen Wirksamkeit einer Behandlungsmethode im ambulanten
oder stationären Versorgungsbereich zur Anwendung zu bringen. Trotz der andersartigen Normstruktur und des unterschiedlichen
Wortlauts von §
135 Abs.
1, §
137c Abs.
1 SGB V ist die Methodenbewertung im
SGB V prinzipiell bereichsübergreifend angelegt (zu alledem BSG, Urteil vom 06.05.2009 - B 6 A 1/08 R = BSGE 103, 106-134).
Zur Überzeugung des Senats können zur Qualität und Wirksamkeit der Liposuktion im Sinne des §
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V - jedenfalls auf den hier maßgeblichen Zeitraum August/September 2011 bezogen - keine zuverlässigen, wissenschaftlich nachprüfbaren
Aussagen gemacht werden. Es fehlen wissenschaftlich einwandfrei durchgeführte Studien über die Zahl der behandelten Fälle
und die Wirksamkeit der Methode. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem "Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen"
der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7des MDK vom 06.10.2011. Nach eingehender Recherche der einschlägigen Publikationen
(unter Einschluss sowohl randomisiert kontrollierter als auch nicht randomisiert kontrollierter Studien) ist die Expertengruppe
zu dem zusammenfassenden Ergebnis gelangt, dass die Methode der Liposuktion zur Therapie des Lipödems derzeit noch Gegenstand
wissenschaftlicher Diskussion ist und weitere randomisierte Studien erforderlich sind, um sie zu einer den Kriterien der evidenzbasierten
Medizin entsprechenden Behandlungsmethode qualifizieren zu können. Evidenzbelege aus klinisch kontrollierten Studien seien
nicht vorgefunden worden.
Dabei hat sich die Expertengruppe explizit auch mit der vom LSG Hessen (a.a.O.) als Nachweis für Qualität und Wirksamkeit
in Bezug genommenen aktuellen (Konsensus) Leitlinie der Deutschen Fachgesellschaft für Phlebologie (DGP) auseinandergesetzt
und diese als nicht evidenzbasiert bezeichnet. Als Belege für den Nutzen führe die Leitlinie im Wesentlichen Ergebnisse von
Registernachbeobachtungen und kleinere Fallserien an.
Der Senat hat keine Bedenken seiner Entscheidung die überzeugenden Feststellungen im Gutachten vom 06.10.2011 zu Grunde zu
legen. Insbesondere steht einer Verwertung nicht entgegen, dass dieses Gutachten im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes unter
Federführung des medizinischen Fachbereichs Methodenbewertung des MDK Nordrhein erstellt wurde. Es gehört zu den wesentlichen
Aufgaben der sozialmedizinischen Expertengruppen, eine bundesweit einheitliche Begutachtung herzustellen bzw. zu sichern.
Die Ärzte des MDK sind bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen (§
275 Abs.
5 SGB V). Gutachten des MDK können deshalb auch im gerichtlichen Verfahren verwertet werden (vgl. bereits LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 01.03.2013 - L 4 KR 3517/11 unter Verweis auf BSG, Beschluss vom 23.12.2004 - B 1 KR 84/04 B sowie Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 5/00 R). Die ohnehin auf die Begutachtung im konkreten Fall bezogenen Ausführungen des Bevollmächtigten der Klägerin zur vermeintlich
ungeklärten Rolle des MDK sind angesichts der gesetzlichen Aufgabenzuweisung nicht nachvollziehbar; die Feststellung, der
MDK sei immer "parteilich", entbehren einer sachlichen Grundlage.
Kommt es auf die Anerkennung und Akzeptanz der streitigen Methode in den einschlägigen medizinischen Fachkreisen zum Zeitpunkt
der Behandlung bei Fehlen eines wissenschaftlichen Belegs der Wirksamkeit von vornherein nicht an (BSG, Urteil vom 21.03.2013 - B 3 KR 2/12 R), steht zur Überzeugung des Senats fest, dass den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genügende Qualitäts-
und Wirksamkeitsnachweise fehlen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2012 - L 4 KR 595/11 und Urteil vom 01.03.2013 - L 4 KR 3517/11; SG Neubrandenburg, Urteil vom 18.04.2013 - S 14 KR 11/12; Sächsisches LSG, Urteil vom 16.01.2014 - L 1 KR 229/10). Die im Ergebnis abweichende Rechtsprechung des Hessisches Landessozialgerichts (Urteil vom 05.02.2013 - L 1 KR 391/12) vermag allein deshalb nicht zu überzeugen, weil dort entgegen der Rechtsprechung aller mit dem
SGB V befassten Senate des Bundessozialgerichts unterschiedliche Maßstäbe zur Beurteilung der therapeutischen Wirksamkeit einer
Behandlungsmethode im ambulanten oder stationären Versorgungsbereich angelegt werden.
In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass das Bundessozialgericht in Fortführung seiner Rechtsprechung durch
Urteil vom 16.12.2008 (B 1 KR 11/08 R) eine ambulante ärztliche Liposuktion zu Lasten der GKV weiterhin nicht für möglich gehalten hat (Beschluss vom 10.05.2012
- B 1 KR 78/11 B). Es hat explizit darauf hingewiesen, dass bereits in tatsächlicher Sicht nicht ersichtlich sei, aufgrund welcher neueren
oder schon vorhandenen, aber bislang nicht berücksichtigten medizinischen Erkenntnisse die antragsberechtigten Stellen es
versäumt hätten, einen Antrag zu stellen.
Scheidet nach alledem ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer stationären Liposuktion (und auch einer ambulanten ärztlichen
Liposuktion - wie soeben dargelegt) im Wege der Sachleistung ebenso aus wie eine Erstattung der ihr entstandenen Kosten, erübrigen
sich insbesondere Ausführungen dazu, ob und ggf. in welcher Höhe die Klägerin wirksam einem Anspruch der I-Klinik ausgesetzt
war.
Ein Anspruch der Klägerin lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Systemversagen, eines Seltenheitsfalles oder
einer grundrechtsorientierten Auslegung herleiten. Für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung
oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung im Sinne des §
2 Abs.
1a Satz 1
SGB V fehlt jeglicher Anhaltspunkt (vgl. auch BSG, Urteil vom 16.12.2008 a.a.O.). Gleiches gilt angesichts der Häufigkeit der Erkrankung (die, worauf das SG Neubrandenburg,
Urteil vom 18.04.2013 a.a.O., zu Recht hinweist, nicht zuletzt durch zahlreiche sozialgerichtliche Klageverfahren dokumentiert
wird) auch für einen Seltenheitsfall. Angesichts des fehlenden Qualitäts- und Wirksamkeitsnachweises scheidet die Annahme
eines Systemversagens in der vorliegenden Konstellation ebenso von vornherein aus.
Abschließend weist der Senat darauf hin, dass die Inanspruchnahme einer nicht gemäß §
108 SGB V zugelassenen Privatklinik nicht mit einem Beratungsfehler der Beklagten rechtfertigt werden kann. Die gegenteilige Auffassung
des Sozialgerichts vermag vor dem Hintergrund der durch die Beklagte dokumentierten Gespräche mit der Klägerin, deren Inhalt
von der Klägerin auch zuletzt in der mündlichen Verhandlung dem Senat gegenüber nicht in Abrede gestellt worden ist, nicht
zu überzeugen. Der noch am 03.08.2011 erteilte Hinweis, selbst im Fall der Befürwortung der beantragten Operation durch den
MDK könne eine Kostenzusage für die I-Klinik nicht erteilt werden, weil es sich insoweit um kein Vertragskrankenhaus handele,
ist eindeutig. Er war nicht deshalb zu wiederholen, weil die Stellungnahme des MDK einen Anspruch der Klägerin ohnehin verneinte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1 Satz 1
SGB V.
Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), bestehen nicht.