Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Klägerin über den 02.09.2013 hinaus unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit vorgelegen
hat.
Die 1964 geborene, bei der Beklagten freiwillig versicherte Klägerin erlitt am 15.11.2012 während ihrer Tätigkeit als selbstständige
Familienpflegerin einen Arbeitsunfall. Auf- dem Weg zu einem Betreuungstermin mit ihrem PKW wurde ihr von einem LKW die Vorfahrt
genommen. Die Fahrzeuge stießen zusammen und die Klägerin überschlug sich mit ihrem Auto.
Der Durchgangsarzt, der Chirurg Dr. T, zu dem sie am selben Tag vom Rettungsdienst gebracht wurde, diagnostizierte eine HWS-Distorsion
ersten Grades, eine Schulterzerrung links sowie eine Ellenbogenprellung links und hielt die Klägerin für arbeitsfähig. In
der Folgezeit fanden ambulante Behandlungsmaßnahmen statt. Im Dezember 2012 machte die Klägerin auch eine psychische Belastung
aufgrund des Unfalls geltend. Sie gab an, sie habe Todesangst gehabt und leide an einer Autofahrphobie. Sie begab sich deswegen
zunächst in Behandlung bei dem klinischen Psychologen Prof. Dr. Q, der mit Bericht vom 28.01.2013 keine Hinweise für eine
posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) fand, wohl aber für eine Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion gemischt.
Diese dürfte mit einer kurzzeitigen psychotherapeutischen Intervention erfolgreich zu behandeln sein. Verbliebene erkennbare
Funktionsstörungen des Stütz- und Bewegungsapparats bestünden nicht.
Wegen verbliebener psychischer Beschwerden hielt Dr. T1 mit Nachschaubericht vom 01.02.20913 eine Psychotherapie für dringend
angezeigt. Es fand auch eine psychologische Betreuung der Klägerin statt. Sie begab sich in Psychotherapie bei der Fachärztin
für Nervenheilkunde und Psychotherapie F, die mit Bericht vom 04.03.2013 eine Anpassungsstörung mit Angst und depressiver
Störung gemischt diagnostizierte, die ursächlich auf den Unfall zurückzuführen sei. Nach Abschluss der probatorischen Sitzungen
und sieben weiterer Sitzungen sah Frau F eine Symptomkonstellation mit Todesangst, Übererregung, Vermeidungsverhalten und
intrusiven Körpererinnerungen. Es sei eine PTBS zu diagnostizieren. Eine stationäre Reha sei zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit
dringend erforderlich.
Die Beklagte veranlasste eine beratungsärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. C vom 16.04.2013, der ausführte,
ein Unfallereignis der geschilderten Art bedinge einen intitialen Schock bzw. eine akute Belastungsreaktion. Dies sei aber
normalerweise binnen weniger Tage überstanden. Er empfehle zunächst die Kostenübernahme für zehn psychotherapeutische Sitzungen.
Vom 16.07. bis 05.08.2013 absolvierte s die Klägerin eine Reha in der Klinik N in C1. In dem Entlassungsbericht der Klinik
vom 15.08.2013 hieß es, in Bezug auf die unfallbedingte Autofahrphobie habe über das durchgeführte Fahrtraining eine deutliche
Reduktion des Vermeidungsverhaltens erreicht werden können. Zulasten der Beklagten sollten noch fünf Fahrstunden und begleitend
fünf bis zehn psychotherapeutische Sitzungen erfolgen. Darüber hinaus werde eine ambulante Psychotherapie zulasten der Krankenversicherung
empfohlen. Nicht unfallbedingt seien eine undifferenzierte Somatisierungsstörung mit Leitsymptom Schmerz sowie eine kombinierte
Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, paranoiden und zwanghaften Anteilen. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit (AU) und
Behandlungsbedürftigkeit bestehe noch für maximal vier Wochen. Dieser Zeitraum sei ausreichend, um die erreichten Therapieerfolge
in Bezug auf die Autofahrphobie zu stabilisieren. In der Folgezeit nahm die Klägerin weitere Fahrstunden und setzte die Behandlung
bei der Psychotherapeutin F fort, die ausweislich ihres Abschlussberichts vom 21.01.2014 weiterhin vom Vorliegen einer PTBS
ausging, wofür der Unfall vom 15.11.2012 ursächlich sei.
Wegen der körperlichen Beschwerden sah der Durchgangsarzt Dr. E mit Bericht vom 22.01.2013 keinen Behandlungsbedarf mehr.
Mit Bericht vom 22.07.2013 teilte der die Klägerin seit Februar 2013 behandelnde Oberarzt der Orthopädie/Unfallchirurgie der
Kliniken P in M, Dr. Q1, mit, seitens der somatischen Beschwerden mit multiplen Prellungen und HWS-Symptomatik sei mit völliger
Wiederherstellung zu rechnen. Es verbleibe kein Dauerschaden.
Mit Bescheid vom 19.03.2014 erkannte die Beklagte alsdann den Unfall als Arbeitsunfall an. Sie erkannte ferner unfallbedingte
AU bis zum 02.09.2013 an und verneinte einen Anspruch auf Rente mangels Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) im rentenberechtigenden
Grad. Unfallfolgen seine eine spezifische Phobie (selbstständiges Autofahren), ein Zustand nach ausgeheilter Prellung des
Ellenbogens links und beider Knie sowie eine Zerrung der HWS und der Schulter links.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 17.04.2014 Widerspruch ein, weil sie aufgrund einer PTBS wegen des Unfalls weiterhin
AU sei. Wegen des Unfalls wäge sie jedes Mal genau ab, ob sie in ein Auto steige. Sie legte Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie,
Psychotherapie und Psychoanalyse Dr. L vom12.09.2013, 08.11.2013 und 30.01.2014 vor, die für ihre private Krankenversicherung
erstattet wurden und in denen bei somatischem Schmerzsyndrom und PTBS nach schwerem Autounfall 11/12 von einer weiter bestehenden
AU wegen Symptomen einer PTBS letztlich bis zum 28.02.2014 ausgegangen wurde. Zu den Gutachten im November 2013 und Januar
2014 reiste die Klägerin allein mit dem eigenen Pkw an, zum Gutachten im September 2013 noch mit dem Taxi.
Die Beklagte zog daraufhin die Akte der Staatsanwaltschaft über den Unfallhergang bei. Der hierin enthaltene Verkehrsunfallbericht
ergab, dass die Klägerin beim Unfall leicht verletzt wurde und an ihrem Pkw einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitt. Die
Beklagte holte schließlich ein Gutachten der Neurologin und Psychiaterin Dr. H vom 12.05.2016 ein. Hierzu hatte sie der Klägerin
unter dem 04.11.2014 eine Gutachterauswahl übersandt, mit der Dr. H, Dr. T1 und Dr. L1 zur Auswahl vorgeschlagen wurden. Die
Klägerin wählte stattdessen Prof. Dr. F1 (Institut für psychologische Unfallnachsorge, L2), den die Beklagte zunächst im Hinblick
auf die schwierige medizinische Beurteilung der Unfallfolgen ablehnte. Es bestehe kein Recht, einen Gutachter bindend vorzuschlagen,
sondern nur ein Recht, gem. §
200 Abs.
2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII) eine Auswahl aus den vorgeschlagenen Gutachtern zu treffen. Nachdem die Klägerin am Vorschlag Prof. F1 festhielt, bat die
Beklagte diesen zunächst doch um Gutachtenerstattung. Prof. F1 übersandte einen Kostenvoranschlag über 1.120,98 Euro und bat
die Beklagte um Kostenzusage. Hierzu wies die Beklagte auf ihren Höchstsatz von 360 Euro hin, erklärte sich aber zur Kostenübernahme
bis 600 Euro bereit und bat Prof. Dr. F1 mitzuteilen, ob er damit einverstanden sei, was dieser ablehnte, woraufhin die Beklagte
die Klägerin erneut um Gutachterauswahl aus der von ihr vorgeschlagenen Liste bat. Stattdessen erklärte sich die Klägerin
bereit, die 600 Euro übersteigenden Gutachterkosten selbst zu übernehmen, was die Beklagte als rechtlich nicht haltbar ablehnte
und Dr. H mit der Gutachtenerstellung beauftragte.
Darin diagnostizierte die Gutachterin unter dem 12.05.2016 aufgrund ambulanter Untersuchung vom 24.08.2015 als unfallabhängige
Erkrankungen eine Anpassungsstörung mit vorliegender Beeinträchtigung von multiplen affektiven Qualitäten mit Angst, Sorgen,
Anspannung und Ärger. Eine solche halte nach den Vorgaben des ICD-10-Katalogs nach dem belastenden Ereignis meist nicht länger
als sechs Monate, in seltenen Fällen bis zu maximal zwei Jahre an. Es sei nach der stationären Behandlung von Juli bis August
2013 insoweit zu einer deutlichen Symptombesserung gekommen. Als unfallunabhängig beschrieb sie eine somatoforme Schmerzstörung
sowie den Verdacht auf eine narzisstische Persönlichkeit mit akzentuierten Zügen. Des Weiteren meinte die Gutachterin, zum
Zeitpunkt der Begutachtung habe noch eine leichte unfallbedingte Symptombelastung mit Ängsten vor dem Autofahren vorgelegen.
Diese hätte sich insbesondere nach der stationären Rehabilitationsbehandlung gebessert. Eine PTBS liege nicht vor. Das A1-Kriterium
sei eher noch erfüllt, da die Klägerin angebe, bei dem Unfall Todesangst erlebt zu haben. Jedenfalls fehle es aber am A2-Kriterium,
da keine Angst- oder Schreckreaktion oder hilfloses Entsetzen vorgelegen hätten, sondern die Klägerin angebe, ein Glücksgefühl
erlebt zu haben, weil sie den Unfall überlebt habe. Auch nehme das Vermeidungsverhalten ab. Die Klägerin fahre jdf. auf kürzeren
Strecken wieder Auto. Die unfallunabhängig vorliegende leicht kränkbare narzisstisch akzentuierte Persönlichkeit behindere
eine gelungene Anpassung nach dem Unfall. Unfallbedingte AU und Behandlungsbedürftigkeit hätten bis zum 02.09.2013 bestanden.
Soweit jetzt noch AU vorliege, sei diese nicht mehr auf die Unfallfolgen zurückzuführen, sondern auf persönlichkeitsimmanente
Faktoren. Von einer MdE im rentenberechtigenden Umfang sei nicht auszugehen.
Nachdem auf Veranlassung der Beklagten die Diplom-Psychologin T2 in ihrer Stellungnahme vom 31.08.2016 dem Gutachten zugestimmt
hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2017 den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Unfallbedingte
AU bestehe nach dem überzeugenden Gutachten Dr. H über den 02.09.2013 hinaus nicht, ebenso wenig ein Rentenanspruch.
Hiergegen hat sich die am 18.04.2017 erhobene Klage gerichtet, mit der die Klägerin die Ansicht vertreten hat, das von der
Beklagten eingeholte Gutachten sei unrichtig und Dr. H habe dieses auch nur ganz oberflächlich erstellt. Nach dem Unfall habe
sie einen Schock erlitten, weswegen nunmehr eine PTBS anzunehmen sei. Unfallbedingte AU bestehe nach wie vor. In diesem Zusammenhang
hat sie drei Tage vor dem Termin vor dem SG noch einen ärztlichen Entlassungsbericht vom 05.12.2017 über ein stationäres Heilverfahren vom 26.10.-30.11.2017 in der Dr.
C2 Klinik K in X (Abteilung Psychosomatik) vorgelegt, das auf Veranlassung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) durchgeführt
worden ist. Diagnostiziert worden sind dort eine sonstige Reaktion auf schwere Belastung, spezifische (isolierte) Phobien
und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Die psychischen Beschwerden seien im klaren Zusammenhang mit ihrem Unfall
zu betrachten, wobei sich die Klägerin bemühe, Zusammenhänge zwischen den aktuellen Symptomen und damaligen Ereignissen herzustellen.
Die Kriterien einer PTBS seien hierbei nicht erfüllt. Die Klägerin sei auch gedanklich sehr fixiert auf den Unfall. Ferner
hat die Klägerin eine Bescheinigung ihrer behandelnden Psychotherapeutin I vorgelegt, wonach sie sich dort seit dem 06.07.2017
wegen einer PTBS in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung befinde. Des Weiteren hat sie einen Bericht des Neurologen
und Psychiaters Dr. F2 vom 03.08.2017 vorgelegt der eine generalisierte Angststörung, eine Panikstörung und eine anhaltende
Schmerzstörung angenommen hat. Wegen der Schwere des Autounfalls 2012 seien diese Leiden auf den Unfall zurückzuführen.
Hierdurch hat sich die Klägerin bestätigt gesehen und beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 zu verurteilen,
bei ihr unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit über den 02.09.2013 hinaus anzuerkennen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Entscheidung nach wie vor für zutreffend gehalten und sich hierin bestätigt gesehen durch das vom Sozialgericht
(SG) von Amts wegen eingeholte Gutachten.
Zur weiteren Sachaufklärung hat das SG von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Neurologen und Psychiaters Dr. W, X, vom 08.01.2018 aufgrund
ambulanter Untersuchung der Klägerin vom selben Tag im Rahmen eines Hausbesuchs, nachdem die Klägerin angegeben hatte, längere
unbekannte Strecken aufgrund des erlittenen Verkehrsunfalls 2012 nicht fahren und öffentliche Verkehrsmittel wegen dann auftretender
Panikattacken nicht nutzen zu können. Gegenüber Dr. W hat die Klägerin dann angegeben, durchaus den Bus zu nutzen. Auto fahre
sie seit einem Jahr gar nicht mehr, es habe auf einer Kreuzung eine sehr erschreckende Situation gegeben. Seitdem hätten sich
die Ängste vor dem Autofahren wieder deutlich verstärkt. Die Klägerin hat die Vorgänge beim Unfall unter Zuhilfenahme einer
in Kopie zu den Akten genommenen zeichnerischen Darstellung gegenüber dem Sachverständigen (SV) beschrieben, ohne dass dieser
dabei emotionale, affektive oder vegetative Auslenkungen hat feststellen können. Nach dem Unfall sei sie überglücklich gewesen,
das Ereignis überlebt zu haben. Der SV hat die Kriterien einer PTBS demgemäß nicht als erfüllt angesehen und in seinem Gutachten
im Wesentlichen ausgeführt, bei der Klägerin lägen aufgrund des Unfalls vom 15.11.2012 auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet
Folgen allenfalls in Form einer leichtgradigen spezifischen Phobie, d.h. angstbesetzten Schwierigkeiten, einen PKW zu führen,
vor. Aus dem gesamten Akteninhalt und den zahlreichen medizinischen Berichten ergebe sich kein Anhalt dafür, dass auf nervenärztlichen
Gebiet wegen Unfallfolgen Behandlungsbedürftigkeit vorgelegen habe. Bezüglich der Fahrphobie sei im Zuge der stationären psychosomatischen
Behandlung in der Klinik N mit offenbar gutem Erfolg ein Fahrtraining durchgeführt worden. Die während der letzten Jahre ambulant
durchgeführte Psychotherapie sowie die psychosomatischen Heilmaßnahmen beruhten auf einer unfallunabhängig eingetretenen psychogenen
Schon- und Versagensentwicklung einschließlich der Somatisierungstendenzen, was in der leicht zwanghaften, narzisstischen
und schnell kränkbaren Primärpersönlichkeitsstruktur der Klägerin wurzele. Unfallbedingte AU habe auf neurologisch-psychiatrischem
Gebiet nicht vorgelegen. Eine unfallbedingte MdE sei über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus auf nervenärztlichem Fachgebiet
nicht eingetreten. Die in verschiedenen Befundberichten beschriebenen psychologischen oder psychosomatischen Befunde, wonach
eine PTBS vorliege, könnten nicht bestätigt werden. Zum einen sehe er die Eingangskriterien einer solchen Störung nicht als
erfüllt an. Außerdem lägen entsprechende Symptome zur Annahme einer solchen Diagnose in hinreichender Ausprägung nicht vor.
Insoweit sei auch auf die Feststellungen im psychologischen Befundbericht von Prof. Q vom 28.01.2013 zu verweisen, wonach
sich für das Vorliegen einer PTBS keine Hinweise ergäben. Mit dem Gutachten Dr. H stimme er überein.
Mit Urteil vom 09.11.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03/2017
sei nicht zu beanstanden. Zu Recht habe die Beklagte unfallbedingte AU lediglich bis zum 02.09.2013 anerkannt. Über diesen
Tag hinaus könne eine auf den Folgen des Unfalls vom 15.11.2012 beruhende AU nicht angenommen werden. Gestützt hat sich das
SG auf das Gutachten Dr. W.
Die Kammer hatte keine Bedenken, den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen Dr. W zu folgen. Als erfahrener Gutachter
verfüge er über die Kenntnisse und Fähigkeiten, den Gesundheitszustand eines Klägers und den Zusammenhang der festgestellten
Leiden mit dem geltend gemachten Unfallereignis zu beurteilen. Anhaltspunkte dafür, dass Gesundheitsstörungen übersehen oder
fehlerhaft bewertet worden wären, lasse das Gutachten nicht erkennen. Es sei aufgrund eingehender Untersuchung und unter Berücksichtigung
der übrigen vorliegenden medizinischen Unterlagen erstattet worden. In seinem Gutachten sei Dr. W im Wesentlichen zum gleichen
Ergebnis gekommen wie die von der Beklagten im Verwaltungsverfahren beauftragte Gutachterin Dr. H. Die Überstimmung zweier
solch erfahrener Sachverständiger spreche auch für die Richtigkeit der von ihnen abgegebenen Beurteilung.
Soweit die Klägerin ihre Ansicht durch die drei Tage vor dem Termin vorgelegten Berichte, insbesondere den Reha-Entlassungsbericht
vom 05.12.2017 aus der Klinik K in X bestätigt sehe, sei dem nicht zu folgen. Zum einen heiße es in diesem Bericht ausdrücklich,
dass die von der Klägerin geltend gemachten Beschwerden gerade nicht im Sinne einer PTBS anzusehen seien. Soweit es dann heiße,
sie seien klare Folgen des Unfalls und als solche zu betrachten, werde dies nicht näher begründet. Insoweit sei darauf hinzuweisen,
dass auch Dr. W noch von einer leichtgradigen spezifischen Phobie ausgegangen sei und nicht gemeint habe, es lägen überhaupt
keine Unfallfolgen auf nervenärztlichem Gebiet - mehr - vor. Bemerkenswert sei diesbezüglich auch, dass es in dem Reha-Entlassungsbericht
an mehreren Stellen heiße, die Klägerin bemühe sich Zusammenhänge zwischen den aktuellen Symptomen und den damaligen Ereignissen,
hier dem Unfall herzustellen. Sie sei gedanklich sehr fixiert auf den Unfall. Dies korrespondiere auch mit den Ausführungen
aller Gutachter, sowohl Dr. H als auch Dr. W, wonach bei der Klägerin eine - unfallunabhängige - psychogene Schon- und Versagensentwicklung
einschließlich von Somatisierungstendenzen bzw. eine akzentuierte Persönlichkeit mit narzisstischen Zügen vorliege.
Auch in dem noch vorgelegten Bericht des Neurologen und Psychiaters Dr. F2, worin von einer generalisierten Angststörung,
einer Panikstörung sowie einer anhaltenden Schmerzstörung die Rede sei, die er allesamt auf den Unfall zurückführe, fände
sich keine nachvollziehbare Begründung, die geeignet wäre, die eingeholten Gutachten zu widerlegen. Soweit die Psychotherapeutin
N1 I schließlich in ihrer kurzen Bescheinigung vom 07.05.2018 mitgeteilt habe, die Klägerin befinde sich seit Juli 2017 mit
der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung in ihrer psychotherapeutischen Behandlung, möge dies zwar durchaus
zutreffen. Das Vorliegen einer PTBS werde aber gerade in den Gutachten und auch in dem Reha-Entlassungsbericht von Dezember
2017 ausdrücklich verneint;
Da auch aufgrund orthopädischer Unfallfolgen eine AU über den hinaus nicht ersichtlich und auch gar nicht geltend gemacht
worden sei, verbleibe es somit dabei, dass die unfallbedingte AU spätestens an diesem Tag, d.h. vier Wochen nach der Entlassung
aus der Reha in der N1 beendet gewesen sei.
Gegen das ihrer seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten am 21.11.2018 zugestellte Urteil richtet sich die von den nunmehrigen
Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 10.12.2018 eingelegte Berufung. Zu Unrecht habe die Beklagte Dr. H und nicht den von
der Klägerin außerhalb der von der Beklagten übersandten Gutachterauswahl benannten Prof. Dr. F1 mit der Begutachtung beauftragt,
obwohl die Klägerin sich bereit erklärt habe, den den Höchstsatz der von der Beklagten aufzuwenden Kosten für ein Gutachten
von 600 Euro überschreitenden Teil zu den von Prof. Dr. F1 genannten voraussichtlichen Gutachtenkosten in Höhe von 1.120,98
Euro selbst zu tragen. Zudem überzeuge das offenbar unter großem Zeitdruck erst neun Monate nach der Begutachtung erstellte
Gutachten Dr. H auch inhaltlich nicht. Insbesondere habe sie den von der Klägerin beim Unfall erlittenen Schock nicht zutreffend
gewürdigt. Überdies hätten Frau F und Dr. L - letztere in ihren für die Krankenversicherung erstellten Gutachten - eine PTBS
diagnostiziert. Dr. W wiederum setze sich nicht hinreichend mit den Feststellungen im Entlassungsbericht der Dr. C2 Klinik
K über die stationäre Behandlung der Klägerin vom 26.10-05.12.2017 auseinander. Dort sei zwar keine PTBS bejaht, die psychischen
Beschwerden aber als Unfallfolgen angesehen worden. Die Klägerin sei vor dem Unfall völlig gesund gewesen und nunmehr fortlaufend
in psychiatrischer Behandlung bei Dr. F2.
Beigefügt hat die Klägerin einen Bericht des ambulanten Rehabilitationszentrums in I1 über die zu Lasten der DRV Bund vom
28.12.2017-20.11.2018 durchgeführte Reha-Nachsorge mit den Diagnosen sonstige Reaktion auf schwere Belastung (F43.8) und chronische
Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (F45.41). Hiernach sei die Klägerin ruhiger und klarer geworden, seitdem
sie über die Hilfe einer Betreuerin verfüge.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.11.2018 (S 18 U 157/17) unter Abänderung des Bescheides vom 19.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 aufzuheben und die Beklagte
zu verurteilen, bei ihr unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit über den 02.09.2013 hinaus anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält weiterhin die Gutachten Dr. W und Dr. H für maßgebend, die im Gegensatz zu den von der Klägerin benannten medizinischen
Äußerungen anderer Ärzte Kenntnisse der Kausalitätsproblematik in der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) offenbarten und
auch überzeugend seien. In beiden Gutachten sei eine leicht kränkbare, narzisstisch akzentuierte Persönlichkeit der Klägerin
festgestellt worden. Durch diese Persönlichkeitsstruktur habe sich nach dem Unfall eine als neurotische Fehlentwicklung eingeordnete
psychogene Schon- und Versagenshaltung entwickelt. Diese unfallunabhängigen Faktoren seien ab dem 03.09.2013 so weit in den
Vordergrund gerückt, dass sie die unfallbedingte spezifische Phobie in den Hintergrund gedrängt hätten, wie die genannten
Gutachter zutreffend ausgeführt hätten. Bezüglich der Gutachterauswahl im Verwaltungsverfahren habe die Klägerin ein Vorschlags-,
aber kein Auswahlrecht. Eine anteilige Kostenübernahme eines Gutachtens durch die Klägerin sei überdies im Recht der GUV nicht
vorgesehen.
Mit Beschluss vom 05.08.2019 hat der Senat die beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Berufungsverfahren
mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Die Feststellungen Dr. W seien nicht zu beanstanden und stimmten auch mit
denjenigen Dr. H überein. Danach aber habe das SG mit zutreffender Begründung in dem angefochtenen Urteil unfallbedingte AU über den 02.09.2013 hinaus verneint. Soweit die
Klägerin Fehler bei der Gutachterauswahl im Feststellungsverfahren rüge, greife dieser Vortrag nicht, weil sie keinen Anspruch
auf Beauftragung eines bestimmten Gutachters habe. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, einem entsprechenden Vorschlag der
Klägerin zu folgen, worauf die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 01.12.2014 auch hingewiesen habe. Es bestehe auch kein
Anlass für weitere Ermittlungen. Ein solcher ergebe sich nicht aus dem Attest Frau Fs vom 21.01.2014, da hier eine PTBS als
Diagnose ohne Untermauerung durch die einschlägigen Diagnosekriterien in ICD-10 F43.1 bloß behauptet werde. Das Gutachten
Dr. L wiederum sei für eine private Krankenversicherung erstellt worden und enthalte bereits deshalb keine Kausalitätsdiskussion.
Auf eine solche komme es aber entscheidend an. Gleiches gelte für die Berichte der DRV über Reha-Aufenthalte der Klägerin
im Oktober/November 2017 bzw. Dezember 2017 bis November 2018. Ferner gebe die fortbestehende ambulante psychiatrische Behandlung
keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen. Denn auch dieser Umstand stelle die Ergebnisse des Verfahrens nicht infrage.
Mit Schreiben vom 09.10.2019 hat der Senat die Beteiligten auf seine Absicht hingewiesen, die Berufung gem. §
153 Abs.
4 SGG durch Beschluss zurückzuweisen und erklärt, die Klägerin müsse dann aufgrund der eindeutigen Ausführungen im ablehnenden
PKH-Beschluss des Senats mit der Auferlegung von Kosten in Höhe von mindestens 500 Euro nach §
192 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 und Satz 2
SGG rechnen.
Die Klägerin hat hierzu unter Fortführung der Berufung den Entlassungsbericht der S-Klinik, Krankenhaus für psychotherapeutische
Medizin und Psychotherapie vom 31.01.2020 über ihre stationäre Behandlung vom 02.10 bis 10.12.2019 vorgelegt. Diagnostiziert
werden dort eine PTBS (F43.1), eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode (F33.1) und eine
anhaltende somatoforme Schmerzstörung (F45.40). Die Klägerin habe den damaligen Autounfall traumatisch verarbeitet.
Die Beklagte führt hierzu aus, es handle sich lediglich um einen Behandlungsbericht, der keine neuen Erkenntnisse bringe.
Mit Schreiben vom 28.05.2020 hat der Berichterstatter an den bisher erteilten Hinweisen zu §§
153 Abs.
4,
192 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2, Satz 2
SGG festgehalten. Auch im nunmehr vorgelegten Entlassungsbericht vom 31.01.2020 werden die Diagnose einer PTBS ohne entsprechende
Untermauerung durch die einschlägigen Diagnosekriterien der Ziffer 43.1 ICD-10 bzw. der Kriterien des DSM-V gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf die Gerichtsakte und die beigezogene
Verwaltungsakte der Beklagten, die vorlegelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.
Soweit die Klägerin das Gutachten Dr. H nicht überzeugt, weil diese ihres Erachtens den von ihr bei dem Unfall erlittenen
Schock unzutreffend gewürdigt habe und das Gutachten auch offenbar unter großem Zeitdruck erstellt worden sei, vermag der
Senat dieser Kritik nicht zu folgen. Vielmehr hat Dr. H in ihrem mit 25 Seiten jedenfalls für ein im Verwaltungsverfahren
erstelltes Gutachten eher umfangreichen Gutachten, welches der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet, überzeugend dargelegt,
dass die bei der Klägerin auch zur Überzeugung des Senats unzweifelhaft weiterhin bestehenden psychischen Beschwerden, welche
aktenkundig seit Jahren fortlaufend ambulant, teilweise auch stationär behandlungsbedürftig sind, jedenfalls insoweit vorwiegend
in ihrer Primärpersönlichkeit wurzeln, als unfallursächlich lediglich eine Anpassungsstörung vorgelegen hat, die aufgrund
der im Entlassungsbericht vom 15.08.2013 über die vom 16.07. bis zum 05.08.2013 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme
in der Klinik N in C1 eine derartige Symptombesserung erfahren hat, dass eine hierauf gründende über den 02.09.2013 hinaus
vorliegende unfallbedingte AU nicht mehr begründbar ist.
Dies bestätigt auch das Gutachten des sozialgerichtlich beauftragten Sachverständigen Dr. W, der ebenfalls für den Senat gut
nachvollziehbar und überzeugend ausführt, dass die von ihm als Unfallfolge gesehene angstbesetzten Schwierigkeiten, einen
Pkw zu führen, während der stationären Behandlung in der Klinik N bis zum 05.08.2013 auch aufgrund des dort durchgeführten
Fahrtrainings abgeklungen und somit jedenfalls über den 02.09.2013 hinaus auch auf psychiatrischem Gebiet keine Unfallfolgen
verblieben sind, die zu einer weiteren AU der Klägerin geführt haben. Auch der in der Berufungsbegründung von der Klägerin
am Gutachten Dr. W geäußerten Kritik vermag sich der Senat deshalb nicht anzuschließen.
Überdies haben sowohl Dr. W als auch Dr. H überzeugend dargelegt, dass die Klägerin infolge des Unfalls vom 15.11.2012 keine
PTBS erlitten hat, die gegebenenfalls in der Lage gewesen sein könnte, eine längere unfallbedingte AU zu begründen. Ob insoweit
mit dem Gutachten Dr. H das sog. A1-Kriterium aufgrund der Angaben der Klägerin, sie habe bei dem - mit körperlich nur leichten
Verletzungen für sie verbundenen - Unfall Todesangst gehabt, bejaht werden kann, kann der Senat letztlich offenlassen. Denn
jedenfalls fehlt es, wie sowohl Dr. W als auch Dr. H überzeugend dargelegt haben, am A2-Kriterium, weil die Klägerin infolge
des Unfalls weder eine Angst- oder Schreckreaktion noch hilfloses Entsetzen gezeigt hat, sondern nach ihrem in den psychiatrischen
Anamneseerhebungen insoweit gleichbleibenden Vortrag vielmehr ein Glücksgefühl erlebt hat, den Unfall überlebt zu haben. Ferner
war die Klägerin bei Dr. W in der Lage, den Unfall ohne emotionale, affektive oder vegetative Auslenkungen zeichnerisch darzustellen,
was ebenfalls gegen die Annahme einer PTBS spricht.
Soweit sich die Klägerin demgegenüber für ihr Begehren weiterhin auf die Gutachten Dr. L für die private Krankenversicherung,
einzelne Entlassungsberichte über stationäre (Rehabilitations-)Behandlungen/-aufenthalte sowie Atteste und Bescheinigungen
ihrer behandelnden Ärzte und ihrer behandelnden Psychotherapeutin stützt, hat der Senat bereits in seinem ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss
vom 05.08.2013 darauf hingewiesen, dass diese medizinischen Unterlagen keine Kausalitätsdiskussion enthalten, auf die es aber
für die Würdigung von Unfallfolgen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung entscheidend ankommt. Die genannten medizinischen
Unterlagen sind deshalb nicht geeignet, eine anderes Überzeugungsbildung des Senats zu begründen.