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LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.08.2015 - 18 KN 104/14
Prüfung eines Anspruchs auf große Witwenrente bei unterjähriger Ehedauer Offenkundig lebensbedrohliche Erkrankung des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung Gesetzliche Vermutung einer sog. "Versorgungsehe" Widerlegung der gesetzlichen Vermutung
1. Im (Sonder-)Fall der Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Hs. 2 SGB VI regelmäßig nicht erfüllt. Jedoch ist der Nachweis nicht gänzlich ausgeschlossen, dass die Eheschließung gleichwohl (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus anderen als aus Versorgungsgründen erfolgte.
2. In einem solchen Fall müssen allerdings bei der Gesamtbewertung diejenigen besonderen inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit dieses Umstands zum Zeitpunkt der Eheschließung steigt nämlich der Grad des Zweifels am Vorliegen solcher - vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisender - "besonderer Umstände".
3. Das langjährige (hier seit 1984) Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft ist kein überzeugend gegen eine "Versorgungsehe" sprechender Umstand. Auch eine langjährige Liebesbeziehung ist kein gewichtiger gegen eine "Versorgungsehe" sprechender Umstand.
4. Hochzeitsplanungen können nur dann die Vermutung der Versorgungsehe widerlegen, wenn sie hinreichend konkret sind und sich als die konsequente Verwirklichung einer schon vor Bekanntwerden der Erkrankung gefassten Heiratsabsicht darstellen.
5. Planmäßiges Vorgehen des Versicherten nach Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Krankheit zur Regelung seiner (Vermögens-)Verhältnisse zugunsten des hinterbliebenen Ehegatten (hier Testament; Absicht der Vermögensübertragung; Rentenverträge mit Garantielaufzeiten), spricht für eine generelle, also auch die Witwenversorgung umfassende Versorgungsabsicht.
Normenkette:
SGB VI § 46 Abs. 2 S. 1
,
SGB VI § 46 Abs. 2a Hs. 2
,
ZPO § 202
,
ZPO § 292
Vorinstanzen: SG Gelsenkirchen 23.07.2014 S 7 KN 615/13
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 23.7.2014 geändert und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

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