Krankenversicherung
Elektronische Versicherungskarte
Anforderung eines Lichtbilds zur Herstellung der eGK
Überwiegendes Allgemeininteresse
Missbrauchsabwehr und Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung
Verfassungskonformität des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung
Tatbestand
Der Kläger wendet sich unter anderem gegen die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK).
Der Kläger ist versicherungspflichtig beschäftigt und war bis zum 31.07.2017 bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert.
Mit Schreiben vom 02.03.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass nunmehr die eGK eingeführt werde und die bisherige Versichertenkarte
ablöse. Sie bat den Kläger für die neue eGK um Übersendung eines aktuellen Farbfotos.
Gegen die Lichtbildanforderung legte der Kläger mit Schreiben vom 07.03.2012 Widerspruch ein. Er vertrat die Auffassung, die
Aufforderung, ein Lichtbild einzureichen, stelle einen Verwaltungsakt dar. Die Lichtbildanforderung sei rechtswidrig. Die
eGK in ihrer vorgesehenen Form verstoße gegen das Grundrecht der Versicherten auf informationelle Selbstbestimmung, da der
Versicherte keine Möglichkeit mehr habe, seine dann ausgelagerten medizinischen Daten zu kontrollieren und deren Speicherung,
Nutzung und Weitergabe gegebenenfalls zu unterbinden. Daher seien die gesetzlichen Grundlagen der eGK verfassungswidrig. Die
Vorschriften in §§
291,
291a SGB V verstießen auch gegen Art. 8 der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK).
In einem weiteren Schreiben vom 16.04.2012 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihn unverzüglich von der Pflicht zur Verwendung
der eGK zu befreien und ihm rechtsverbindlich zu bestätigen, dass sein Versicherungsschutz selbstverständlich auch ohne eGK
weiter bestehe. Außerdem forderte der Kläger die Beklagte auf, folgende Fragen "erschöpfend und wahrheitsgemäß" zu beantworten:
1. Welchen Nutzen sollen die Versicherten von der eGK haben? Bislang führte bekanntlich noch jede Gesundheitsreform zu weniger
Nutzen für die Versicherten. 2. Wie hoch sollen nach derzeitigem Stand die Gesamtkosten für die Einführung der eGK sein? Wie
werden diese Kosten finanziert? 3. Welchen Betrag hat die BIG direkt bislang in die Einführung der eGK investiert? Wie wurde
dieser Betrag finanziert? 4. Welche Kosten kommen zukünftig noch auf die BIG direkt zu, wenn die eGK umfassend ausgerollt
wird? Wie sollen diese Beträge dann finanziert werden? 5. Ab wann soll sich die eGK rechnen, welchen Teil der erwarteten Einsparungen
wird man den Versicherten zurückgeben? 6. Wo sollen die medizinischen und administrativen Daten der Versicherten physisch
gespeichert werden? Meines Wissens nach ist die eGK an sich aufgrund ihrer technischen Spezifikation mit gerade einmal 64
kByte Speicherplatz ungeeignet. 7. Wie soll konkret sichergestellt werden, dass die Daten der Versicherten vor Missbrauch,
Manipulation und Ausspähung geschützt werden? 8. Wie bewertet die BIG direkt die eGK hinsichtlich des vom Bundesverfassungsgericht
entwickelten Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung und hinsichtlich des Grundrechts auf die Gewährleistung der
Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme? Durch welche Systeme und Verfahren soll die Einhaltung dieser
Grundrechte gewährleistet werden? 9. Wie bewertet die BIG direkt die vielen gescheiterten eGK-Praxisversuche, welche Lehren
beabsichtigt man seitens der BIG direkt daraus zu ziehen? 10. Warum unterschätzen die BIG direkt, das gesamte GKV-System sowie
die Politik geradezu vorsätzlich die massive kriminelle Energie, die erst durch das Entstehen, das Anwachsen und das spätere
Vorhandensein dieser Datensammlung generiert werden wird? 11. Wer übernimmt die Verantwortung und die Haftung für den Fall,
dass die Versprechen hinsichtlich der eGK nicht eingehalten werden? Wer übernimmt die bis dahin aufgelaufenen Kosten und die
Rückabwicklungskosten der eGK, falls sie vom Bundesverfassungsgericht oder vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
als verfassungswidrig bzw. EMRK-widrig eingestuft wird? 12. Warum prüft die BIG direkt nicht unter Einbeziehung aller Fakten und gerade auch kritischer Stellungnahmen,
ob die eGK sinnvoll im Sinne der Versicherten ist? 13. Wie beabsichtigt die BIG direkt, nach Einführung der eGK ihre Pflichten
aus §§ 67a bis 67c und 78a SGB X zu erfüllen? 14. Inwieweit erfüllt die eGK nach Auffassung der BIG direkt die Anforderung des § 78b SGB X? 15. In welcher Form sollen die Versicherten nach der Einführung der eGK ihre Rechte aus § 83 Abs. 1 SGB X geltend machen können? 16. Welche Mitsprache- und mit Gestaltungsrechte sollen die Versicherten bei der Weiterentwicklung
der eGK und der zugehörigen Telematik-Infrastruktur haben? 17. Wer betreibt diese Telematik-Infrastruktur? Ist dieser Betreiber
einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder eine privatwirtschaftlich organisierte juristische Person? Wer steht - als
Träger oder Anteilseigner - hinter diesen Betreiber? Inwieweit sind die Versicherten an der Entscheidungsfindung bei diesem
Betreiber beteiligt, gegebenenfalls mit welchen Stimmrechten? 18. Wie lautet die Stellungnahme der BIG direkt zu den Tests
von Alternativsystemen, die ohne zentrale Serverarchitektur auskommen?"
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Lichtbildanforderung vom 02.03.2012 als
unzulässig zurück, weil die Lichtbildanforderung keinen Bescheid darstelle.
Der Kläger hat am 13.08.2012 Klage beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die Ermächtigung zur Einführung der eGK sei erloschen, weil die Beklagte
gemäß §
291a SGB V bis zum 01.01.2006 verpflichtet gewesen wäre, die derzeitige Krankenversicherungskarte durch die eGK zu ersetzen. Insoweit
verstoße das Handeln der Beklagten gegen den Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes. Darüber hinaus könne auch der Sinn und
Zweck der Regelung des §
291 Abs.
2 Satz 1
SGB V, Missbräuche dadurch zu verhindern, dass die eGK mittels Lichtbild und Unterschrift ähnlich dem Personalausweis oder Reisepass
zu einem Ausweis- und Identifikationsdokument ausgestaltet werde, nicht erreicht werden, da eine Identitätsprüfung der Versicherten
nicht stattfinde. Der behandelnde Arzt könne deshalb die Identität des Versicherten gar nicht prüfen. Die Einführung der eGK
verstoße auch gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, weil die eGK nicht mehr leiste als die bisherige Krankenversicherungskarte.
Die eGK verletze darüber hinaus das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, da der Versicherte keine wirksame Möglichkeit
mehr habe, seine ausgelagerten medizinischen Daten zu kontrollieren und deren Speicherung, Nutzung und Weitergabe gegebenenfalls
zu unterbinden. Bislang sei seitens der Betreiber der eGK-Einführung und der Beklagten kein Verfahren entwickelt bzw. vorgestellt
worden, dass ein "Wiedereinsammeln" der per eGK nun ausgelagerten Daten sicher und wirksam ermögliche. Aufgrund der Eigenheiten
digitaler Daten, die beliebig, verlustfrei und unbemerkt kopiert bzw. manipuliert werden könnten, sei eine verfassungsrechtliche
Prüfung im Hinblick auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung bereits jetzt geboten. Unterbleibe diese Prüfung
jetzt, bestehe die große Gefahr, dass spätere Entwicklungen und Technologien, die noch nicht einmal gesetzlich geregelt sein
müssten, dann das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung noch viel offensichtlicher verletzen könnten. Die geplanten
und zu erwartenden Erweiterungen würden dann nicht mehr beherrschbar sein, sie würden faktisch nicht mehr rückgängig gemacht
werden können. Darüber hinaus sei das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer
Systeme verletzt. Das Internet als Übertragungsmedium und eine zentrale Serverarchitektur zur Speicherung der Daten seien
nicht vereinbar mit diesem klar definierten Grundrecht. Die Lösung könnten nur dezentrale Systeme sein, bei denen die Versicherten
tatsächlich und physisch die Hoheit über ihre Daten hätten. Die rechtlichen Grundlagen der eGK genügten auch den Anforderungen
an die Normenklarheit und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht. Es bestehe die Gefahr, dass Ärzte und Krankenhäuser
ihre Kosten- bzw. ihre Gewinnsituation durch niedrigere Standards bei der Datensicherheit verbessern könnten. Eine Kontrolle
der Auftragnehmer und Anwendungsanbieter sei nicht vorgesehen.
Darüber hinaus hat der Kläger die Auffassung vertreten, ihm stehe aus §§
13 - 15
SGB I oder aus §
11 Abs.
1 Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) ein Anspruch auf Beantwortung seiner am 12.04.2012 übermittelten
Fragen zu.
Der Kläger hat beantragt,
1.
den Bescheid der Beklagten vom 02.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2012 aufzuheben, ausdrücklich festzustellen,
dass seitens der Beklagten gegen zwingende gesetzliche Vorgaben verstoßen wurde, die Beklagte zu verurteilen die notwendigen
Maßnahmen zu treffen und dem Kläger bis zur Neuordnung der Telematik-Infrastruktur die Weiterbenutzung der Krankenversicherungskarte
zu ermöglichen, die Beklagte zu verurteilen, sämtliche Kosten des Verfahrens und sämtliche Verfahrenskosten zu übernehmen;
2.
die Beklagte unter Androhung eines Ordnungsgeldes, dessen Höhe dem Gericht obliegt, dem Grunde nach zur Beantwortung der durch
ihn am 12.04.2012 übermittelten Fragen zu verurteilen und, soweit sich die Pflicht zur Auskunftserteilung aus dem Informationsfreiheitsgesetz
Nordrhein Westfalen (IFG NRW) ergebe, die Beklagte vorab zu Erstellung einer verbindlichen Gebührenübersicht (Kostenpflichtigkeit
nach § 11 Abs. 1 IFG NRW) zu verurteilen und die Beklagte, soweit sich die Pflicht zur Auskunftserteilung aus den §§
13 - 15
SGB I ergibt, zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten innerhalb einer vom Gericht festzusetzenden angemessenen Frist zu verpflichten;
3.
hilfsweise die Beklagte unter Androhung eines Ordnungsgeldes, dessen Höhe dem Gericht obliegt, zu verurteilen, zukünftig dem
Kläger vor jeder Änderung oder Anpassung der eGK-Infrastruktur, soweit es sich um freiwillige Anwendungen handelt, mit einer
ausreichenden Frist vorab zu informieren und eine Genehmigung des Klägers einzuholen, die Beklagte unter Androhung eines Ordnungsgeldes,
dessen Höhe dem Gericht obliegt, zu verurteilen, zukünftig den Kläger vor jeder Änderung oder Anpassung der eGK-Infrastruktur,
soweit es sich um Pflichtanwendungen handelt, mit einer ausreichenden Frist vorab zu informieren, damit der Kläger wirksam
gegen die Verletzung seiner Grundrechte vorgehen kann, ferner die Beklagte dem Grunde nach zur Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassung zu verurteilen, in der sie sich einer Vertragsstrafe in mindestens 5-stelliger Höhe unterwirft für jeden Fall
eines zukünftigen Verstoßes gegen die Grundrechte oder Rechte des Klägers.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 23.07.2012 Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 19.12.2012 hat sie
darüber hinaus zu den einzelnen Fragen des Klägers aus dem Schriftsatz vom 12.04.2012 Stellung genommen. Wegen der Beantwortung
der Fragen im Einzelnen wird auf den betreffenden Schriftsatz Bezug genommen.
Mit Urteil vom 27.06.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die Lichtbildanforderung der Beklagten als
Verwaltungsakt zu qualifizieren sei oder nicht. Der Kläger sei jedenfalls durch das Schreiben der Beklagten vom 02.03.2012
in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2012 nicht beschwert. Der Kläger könne weder aus einfachem Recht noch aus Verfassungsrecht
beanspruchen, von der eGK und der Notwendigkeit, ein Lichtbild zu übersenden, befreit zu werden. Die Fragen des Klägers aus
dem Schreiben vom 12.04.2012 habe die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 19.12.2012 beantwortet. Dem Auskunftsanspruch des
Klägers sei daher entsprochen worden. Die weiteren Anträge des Klägers seien ebenso wie die Hilfsanträge nicht begründet,
da der Kläger sich insoweit nicht darauf berufen könne, dass in seine Rechte eingegriffen werde. Erst wenn der Kläger eine
unmittelbare Beschwer geltend mache, komme es zu einer weiteren Überprüfung des Gerichts.
Gegen dieses ihm am 20.07.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.08.2013 Berufung eingelegt. Er wiederholt und vertieft
sein erstinstanzliches Vorbringen. Er meint, das SG habe sich mit den von ihm vorgebrachten Argumenten nicht hinreichend auseinandergesetzt. Soweit das Sozialgericht ausgeführt
habe, er sei derzeit nicht betroffen, sei dem zuzustimmen. Das SG verkenne aber, dass eine direkte Betroffenheit kurzfristig eintreten könne und dass es daher gelte, für diesen Fall vorzusorgen.
Ein Abwarten, bis er tatsächlich unmittelbar und gegenwärtig betroffen sei, sei ihm unzumutbar, da einem Patienten beim Eintreten
des Ernstfalles keine echten Abwägungsmöglichkeiten zwischen dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit und dem
Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung mehr blieben. Die Notwendigkeit der Hilfsanträge ergebe sich aus der Tatsache,
dass die Beklagte bislang einen sehr eigenwilligen Umgang mit Recht und Gesetz gepflegt habe und ihre gesetzlich geregelten
Pflichten vernachlässigt bzw. ignoriert habe. Daher sei es geboten, die Beklagte für den Fall, dass die Hauptanträge abgewiesen
würden, zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben anzuhalten. Das Urteil des BSG vom 18.11.2014 - B 1 KR 35/13 R - sei falsch und könne keinen Bestand haben.
Nach einem Rundschreiben des GKV-Spitzenverbands vom 04.10.2013 ist die Krankenversicherungskarte zum 31.12.2013 durch die
eGK ersetzt worden. Für Versicherte, die über keine eGK verfügen, besteht nach diesem Rundschreiben die Möglichkeit, durch
einen formlosen Nachweis der Krankenkasse über den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden Leistungsanspruch (Einzelfallbestätigung)
weiterhin ärztliche und zahnärztliche Leistungen zulasten der GKV zu erhalten. Ob dem Kläger darüber hinaus ein Anspruch auf
Ausstellung quartalsweiser Berechtigungsscheine zusteht, war Gegenstand eines anderen gerichtlichen Verfahrens (siehe das
ebenfalls am 28.11.2017 erledigte Verfahren L 1 KR 789/15).
In der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2013 hat der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.06.2013
abzuändern und 1. den Bescheid der Beklagten vom 02.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2012 aufzuheben
und 2. festzustellen, dass er von der Beklagten Sachleistungen auch über den 31.12.2013 hinaus beziehen kann, ohne eine elektronische
Gesundheitskarte vorzulegen. Weitere Anträge hat er nicht zu Protokoll gegeben. Später hat er in weiteren Schriftsätzen ausdrücklich
darauf hingewiesen, dass er nach wie vor Auskunftsansprüche gegen die Beklagte im Hinblick auf seine im Schreiben vom 12.04.2012
gestellten Fragen sowie die erstinstanzlich gestellten Hilfsanträge weiterverfolge.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Wirkung zum 31.07.2017 hat der Kläger seine Mitgliedschaft bei der Beklagten gekündigt. Hierzu hat er ausgeführt, er sei
auf der Suche nach einer Krankenkasse, die die Rechte und Grundrechte der Zwangsversicherten nicht für Redaktionsirrtümer
des Gesetzgebers halte. An seiner Klage hat er festgehalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogenen Verwaltungsakte der
Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat durfte in Abwesenheit des Klägers mündlich verhandeln und entscheiden, weil dieser in der ihm durch Postzustellungsurkunde
zugestellten Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
I. In erster Linie wendet sich der Kläger im vorliegenden Verfahren gegen die Einführung der eGK und die damit verbundene
Bitte der Beklagten, ihr ein Lichtbild zu übersenden. Dieses Begehren bleibt ohne Erfolg.
1. Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20.11.2013 einen gegen den angeblichen Bescheid
der Beklagten vom 02.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2012 gerichteten Anfechtungsantrag gemäß §
54 Abs.
1 Satz 1 1. Alt.
SGG sowie einen Feststellungsantrag im Sinne von §
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG gerichtet darauf, dass der Kläger Sachleistungen auch über den 31.12.2013 hinaus beziehen kann, ohne eine eGK vorzulegen,
in objektiver Klagenhäufung (§
56 SGG) gestellt.
Diese Klageanträge haben sich durch die Kündigung der Mitgliedschaft bei der Beklagten mit Wirkung zum 31.07.2017 erledigt
und sind deshalb unzulässig geworden.
Dies gilt zunächst für die Lichtbildanforderung in dem angeblichen Bescheid der Beklagten vom 02.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 23.07.2012. Da das Mitgliedschaftsverhältnis zu Beklagten mit Ablauf des 31.07.2017 erloschen ist, ist die Lichtbildanforderung
hinfällig. Die Beklagte fordert seit dem 01.08.2017 vom Kläger naturgemäß kein Lichtbild mehr an, so dass sich ein etwaiger
in der Lichtbildanforderung zu sehender Bescheid auf andere Art und Weise gemäß § 39 Abs. 2 SGB X erledigt hat.
Aber auch der Feststellungsantrag hat sich erledigt. Der Anspruch auf Sachleistungen ist an die Mitgliedschaft in einer gesetzlichen
Krankenkasse gebunden und erlischt mithin mit dem Ende der Mitgliedschaft. Dies ergibt sich aus §
19 Abs.
1 1. Halbsatz
SGB V, der nicht nur das Ausscheiden aus der gesetzlichen Krankenversicherung schlechthin, sondern auch die Fälle des Krankenkassenwechsels
erfasst (vgl. BSG, Urt. v 18.05.2011 - B 3 KR R 7/10 R -, juris Rn. 10 m.w.N.). Im Falle eines Krankenkassenwechsels, wie er hier vorliegt,
besteht auch kein nachgehender Leistungsanspruch nach §
19 Abs.
2 SGB V (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 11 ff.). Ist der Sachleistungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte damit erloschen, entfällt auch das Interesse
an einer Feststellung, dass der Kläger von der Beklagten (in Zukunft) Sachleistungen auch ohne Vorlage einer eGK erhalten
kann.
2. Das Begehren des Klägers bliebe auch dann ohne Erfolg, wenn man die gestellten Anträge des Klägers in eine Fortsetzungsfeststellungsklage
umdeuten würde und davon ausginge, dass der Kläger nunmehr sinngemäß beantragt, festzustellen, dass 1. der Bescheid der Beklagten
vom 02.03.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 23.07.2012 rechtswidrig gewesen sind und 2. die Beklagte bis zum 31.07.2017
verpflichtet gewesen ist, dem Kläger Sachleistungen auch über den 31.12.2013 hinaus ohne Vorlage einer elektronischen Gesundheitskarte
zu gewähren.
a) Eine solche Fortsetzungsfeststellungsklage wäre allerdings zulässig.
aa) In Ansehung des Anfechtungsbegehrens ist die Fortsetzungsfeststellungsklage in direkter Anwendung von §
131 Abs.
1 Satz 3
SGG statthaft. In Ansehung des ursprünglichen Feststellungsbegehrens ergibt sich die Statthaftigkeit entweder aus einer entsprechenden
Anwendung dieser Vorschrift (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 12. Aufl. 2016, §
131 Rn. 7c f. m.w.N.) oder als allgemeine Feststellungsklage gemäß §
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG.
bb) Das erforderliche besondere Interesse des Klägers an der mit dem oben genannten Antrag zu 2) begehrten Feststellung ungeachtet
des Umstandes, dass ein Sachleistungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte seit dem 31.07.2017 nicht mehr besteht, ergibt
sich unter dem Gesichtspunkt der tatsächlichen Präjudizialität. Zwar wäre die begehrte Feststellung durch den Senat nicht
unmittelbar bindend im Verhältnis des Klägers zu seiner neuen Krankenkasse, da die Rechtskraft eines Urteils nur inter partes
wirkt (§
141 Abs.
1 Nr.
1 SGG). Es ist jedoch zu erwarten, dass sich die neue Krankenkasse als an Recht und Gesetz gebundene Körperschaft des öffentlichen
Rechts (§
4 Abs.
1 SGB V i.V.m. Art.
20 Abs.
3 GG) den Gründen eines obsiegenden Feststellungsurteils des Senats nicht verschließen wird. Der vom Kläger begehrten Entscheidung
des Senats käme deshalb natürliche Autorität für das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und seiner neuen Krankenkasse zu,
so dass der Kläger erwarten kann, auch von seiner neuen Krankenkasse Sachleistungen ohne Vorlage einer eGK zu erhalten, wenn
der Senat seinem Feststellungsbegehren gegenüber der Beklagten stattgäbe. Dies genügt für die Annahme (tatsächlicher) Präjudizialität
(so in der Sache auch BSG, Urt. v 18.05.2011 - B 3 KR R 7/10 R -, juris Rn. 22).
Entsprechendes gilt für den ursprünglichen Anfechtungsantrag. Der Kläger muss damit rechnen, dass auch seine neue Krankenkasse
von ihm zur Ausstellung einer eGK ein Lichtbild anfordern wird (vgl. §
291 Abs.
2 Satz 4
SGB V in der seit dem 29.12.2015 geltenden Fassung). Die vom Kläger begehrte Feststellung, dass diese Anforderung rechtswidrig
gewesen ist, hätte kraft natürlicher Autorität präjudizielle Wirkung auch im Verhältnis des Klägers zu seiner neuen Krankenkasse.
b) Die Fortsetzungsfeststellungsklage wäre allerdings ebenso unbegründet wie die ursprünglich erhobene Klage.
aa) Die im Schreiben vom 02.03.2012 erfolgte Anforderung eines Lichtbilds zur Herstellung der eGK war rechtmäßig.
Nach §
291 Abs.
2 Satz 1 2. Teilsatz
SGB V in der seit dem 01.01.2004 bis zum 28.12.2015 geltenden Fassung und §
291 Abs.
1 Satz 4
SGB V in der seit dem 29.12.2015 geltenden Fassung ist die Krankenversicherungskarte ab dem 01.01.2006 mit einem Lichtbild zu versehen.
Eine Ausnahme gilt nur für Versicherte bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres sowie Versicherte, deren Mitwirkung bei der
Erstellung des Lichtbildes nicht möglich ist (§
291 Abs.
2 Satz 1 3. Teilsatz
SGB V in der seit dem 01.01.2004 bis zum 28.12.2015 geltenden Fassung und §
291 Abs.
1 Satz 5
SGB V in der seit dem 29.12.2015 geltenden Fassung). Diese Ausnahmebestimmungen greifen nicht zu Gunsten des Klägers ein. Den Kläger
traf deshalb die Obliegenheit, an der Herstellung der eGK durch Einreichung eines Lichtbildes mitzuwirken (vgl. BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 1 KR 35/13 R -, juris Rn. 17).
Entgegen der Auffassung des Klägers sind seine Obliegenheiten nicht dadurch entfallen, dass sich der mit dem Lichtbilderfordernis
zusammenhängende anvisierte Termin für die Einführung der eGK zum 01.01.2006 nach §
291a Abs.
1 SGB V in der bis zum 28.12.2015 geltenden Fassung nicht hat realisieren lassen. Die Gültigkeitsdauer und der Normbefehl der genannten
Vorschriften waren zeitlich nicht befristet. Ein eindeutiger und klarer Normbefehl entfällt nicht dadurch, dass zeitliche
Vorgaben für die Einführung bestimmter Maßnahmen überschritten werden. Etwas anderes wäre mit dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip
des
Grundgesetzes schlechthin unvereinbar (so auch BSG, a.a.O., Rn. 18).
bb) Auch der Widerspruchsbescheid vom 23.07.2012 war rechtmäßig. Die Beklagte hat den Widerspruch des Klägers gegen das Schreiben
vom 02.03.2012 zu Recht als unzulässig zurückgewiesen, weil es sich bei dem Schreiben vom 02.03.2012 entgegen der Auffassung
des Klägers nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 SGB X gehandelt hat und der Widerspruch deshalb nach Maßgabe von §
78 SGG nicht statthaft war. Das Schreiben enthielt lediglich eine Bitte an den Kläger und war nicht auf die Setzung einer Rechtsfolge
gerichtet, so dass es an einer Regelung im Sinne des § 31 SGB X fehlt. Einen irgendwie gearteten vollziehbaren Regelungsgehalt wies das Schreiben nicht auf. Es diente nur dazu, den Kläger
auf seine unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Obliegenheiten hinzuweisen.
cc) Der Kläger hatte gegen die Beklagte schließlich auch keinen Anspruch darauf, Sachleistungen ohne Vorlage einer eGK erhalten
zu können. Im hier streitgegenständlichen Zeitraum konnte der Kläger Leistungen der Beklagten grundsätzlich nur erhalten,
indem er den zugelassenen Leistungserbringern eine eGK zum Nachweis seiner Berechtigung vorlegte bzw. vorlegt. Die eGK ist
und war im streitgegenständlichen Zeitraum der gesetzlich grundsätzlich allein vorgesehene Nachweis der Leistungsberechtigung.
Nach §
15 Abs.
2 SGB V in der bis zum 28.12.2015 geltenden Fassung (
SGB V a.F.) haben Versicherte, die ärztliche oder zahnärztliche Behandlung in Anspruch nehmen, dem Arzt (Zahnarzt) vor Beginn der
Behandlung ihre Krankenversichertenkarte zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen (§
291 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 bis 10
SGB V) oder, soweit sie noch nicht eingeführt ist, einen Krankenschein auszuhändigen, wobei Krankenscheine bereits bis zum 31.12.1994
durch die Krankenversicherungskarte zu ersetzen waren (§
291 Abs.
1 S. 1
SGB V a.F.). Damit übereinstimmend ordnete §
291 Abs.
1 Satz 3
SGB V a.F. (ähnlich jetzt §
291 Abs.
1 Satz 2
SGB V) an, dass die Krankenversichertenkarte vorbehaltlich §
291a SGB V nur für den Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung sowie
für die Abrechnung mit den Leistungserbringern verwendet werden darf. Nach §
291a Abs.
1 SGB V a.F. wird die Krankenversicherungskarte bis spätestens zum 1. Januar 2006 zur Verbesserung von Wirtschaftlichkeit, Qualität
und Transparenz der Behandlung für die in §
291a Abs.
2 und
3 SGB V genannten Zwecke zu einer elektronischen Gesundheitskarte erweitert. Gemäß §
291 Abs.
3 SGB V a.F. war es Aufgabe der kassenärztlichen Bundesvereinigungen und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen das Nähere über
die bundesweite Gestaltung der Krankenversichertenkarte im Rahmen der Verträge nach §
87 Abs.
1 SGB V zu vereinbaren. Dieser Aufgabe sind der GKV-Spitzenverband und die Kassenärztliche Bundesvereinigung sowie die Kassenzahnärztliche
Bundesvereinigung in den jeweiligen Vereinbarungen zum Inhalt und zur Anwendung der elektronischen Gesundheitskarte nachgekommen.
Danach ist die Krankenversicherungskarte ab dem 01.01.2014 bzw. spätestens ab dem 01.01.2015 nicht mehr als Nachweis für die
Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen verwendbar (jeweils § 4 der Vereinbarungen).
Seit dem 29.12.2015 wird dies in §
15 Abs.
2 SGB V unmittelbar geregelt. Zum Nachweis ihrer Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung
haben danach Versicherte, die ärztliche, zahnärztliche oder psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen, dem Arzt,
Zahnarzt oder Psychotherapeuten vor Beginn der Behandlung ihre elektronische Gesundheitskarte zum Nachweis der Berechtigung
zur Inanspruchnahme von Leistungen auszuhändigen.
dd) Der Senat hat sich nicht davon überzeugen können, dass die aufgezeigten gesetzlichen Grundlagen mit höherrangigem Recht
unvereinbar sind. Der Senat durfte deshalb auch den Rechtsstreit nicht nach Art.
100 Abs.
1 GG aussetzen und dem Bundesverfassungsgericht die der eGK zugrunde liegenden Vorschriften zur verfassungsrechtlichen Prüfung
vorlegen.
Hinsichtlich der im §
291a Abs.
3 Satz 1
SGB V genannten fakultativen Angaben fehlt es bereits an einem verfassungsrechtlich relevanten Eingriff in Grundrechte des Klägers,
weil das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Daten mittels der eGK in den Fällen von §
291 a Abs.
3 Satz 1
SGB V mit dem Einverständnis der Versicherten zulässig ist (§ 251a Abs. 5 Satz 1
SGB V). Dafür, dass trotz Fehlens des Einverständnisses des Klägers Daten erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, ist nichts
ersichtlich. Soweit der Kläger andere Auffassung ist, beruht dies auf bloßen Vermutungen und haltlosen Unterstellungen, die
von einem grundlegenden, durch nichts zu rechtfertigenden Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen geprägt sind. Selbst
wenn bei fehlender Einwilligung im Einzelfall medizinische Daten rechtswidrig gespeichert würden, könnten Ärzte und Dritte
hiervon weitgehend keinen Gebrauch machen. Denn die eGK ist technisch so zu gestalten, dass der Zugriff auf Angaben nach §
291a Abs.
3 Satz 1 1. Halbsatz Nr.
2-6
SGB V nur durch Autorisierung der Versicherten möglich ist. Im Falle der Notfallversorgungsdaten (§
291 Abs.
3 Satz 1 1. Halbsatz Nr.
1 SGB V) ist immerhin der Zugriff nur über eine sichere Authentifizierungsmöglichkeit mit qualifizierter elektronischer Signatur
und nach erfolgender Protokollierung möglich. Eine drohende Beeinträchtigung des Klägers ist auch auf tatsächlicher Ebene
insoweit nicht ersichtlich (so ausdrücklich auch BSG, a.a.O., Rn. 22).
Der durch §§
15 Abs.
2,
291 und 291a Abs.
2 SGB V bewirkte Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art.
2 Abs.
1 i.V.m. Art.
1 Abs.
1 GG) ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Der Senat schließt sich insoweit nach eigener Prüfung den Ausführungen des BSG in dem den Beteiligten bekannten Urteil vom 18.11.2014 - B 1 KR 35/13 R -, juris Rn. 26 ff. an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug. Der Kläger setzt sich mit den Ausführungen
des BSG nicht und schon gar nicht qualifiziert auseinander, so dass der Senat keinen Anlass sieht, von der höchstrichterlichen Rechtsprechung
abzuweichen. Dies gilt umso mehr, als das Bundesverfassungsgericht die gegen die genannte Entscheidung des BSG eingelegte Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hat (Kammerbeschluss ohne Begründung (§ 93 Buchst. d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG) vom 08.06.2016 - 1 BvR 864/15 -). Das BVerfG hat darüber hinaus in einem weiteren Kammerbeschluss (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom
17.10.2016 - 1 BvR 2183/16 -, juris Rn. 1) ausdrücklich ausgeführt, es sei einem Versicherten zuzumuten, durch Übersendung eines Lichtbildes an der
Ausstellung der eGK mitzuwirken. Dass und warum die eGK in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung mit dem
Grundgesetz nicht vereinbar sein soll, vermag der Senat deshalb nicht ansatzweise zu erkennen.
Das Missbrauchspotenzial der mit einem Lichtbild versehenen eGK ist offensichtlich deutlich geringer als jenes der bisherigen
Krankenversicherungskarte, weil durch einen Vergleich des Aussehens des die eGK Vorlegenden mit dem Lichtbild gerade auch
ohne Vorlage eines Personalausweises die Identität mit dem ausgewiesenen Versicherten offensichtlich besser geprüft werden
kann. Die eGK dient damit offensichtlich einem überwiegenden Allgemeininteresse, nämlich der Missbrauchsabwehr und der Wirtschaftlichkeit
der vertragsärztlichen Versorgung, und erreicht dieses Ziel in verhältnismäßiger Weise.
Soweit der Kläger die Datensicherheit bezweifelt, beschränkt er sich ebenfalls auf bloße Vermutungen und Unterstellungen,
die der Senat nicht teilt. Die betroffenen Daten werden vor unbefugtem Zugriff Dritter und vor missbräuchlicher Nutzung durch
die Rechtsordnung geschützt. Dass dieser Schutz unzureichend ist, kann nicht festgestellt werden. Wie der Kläger im Übrigen
selbst einräumt, ist er durch die zukünftig geplanten Funktionalitäten der eGK noch nicht gegenwärtig betroffen, weil es insoweit
nach wie vor an der erforderlichen Telematikinfrastruktur fehlt (siehe zum Ganzen auch BSG, a.a.O., Rn. 34). Von daher gehen auch die Ausführungen des Klägers zum Grundrecht auf Gewährleistung der Sicherheit informationstechnischer
Systeme an der Sache vorbei.
II. Wie der Kläger im Nachgang zu der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 20.11.2013 klargestellt hat, möchte er seine
erstinstanzlich erhobene Klage auf Verpflichtung der Beklagten, seine im Schreiben vom 12.04.2012 gestellten Fragen vollständig
und richtig zu beantworten, auch im Berufungsverfahren weiterverfolgen. Auch mit diesen Begehren vermag er nicht durchzudringen.
1. Es ist unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes nicht davon auszugehen, dass der Kläger dadurch, dass er
in der mündlichen Verhandlung am 20.11.2013 den erstinstanzlich gestellten Antrag in Bezug auf die Beantwortung der Fragen
aus dem Schreiben vom 12.04.2012 nicht ausdrücklich wiederholt hat, seine Klage insoweit gemäß §
102 Abs.
1 Satz 1
SGG oder die Berufung insoweit gemäß §
156 Abs.
1 Satz 1
SGG zurückgenommen und sich deshalb der Rechtsstreit erledigt (§
102 Abs.
1 Satz 2
SGG) bzw. der Kläger das Rechtsmittel der Berufung verloren hat (§
156 Abs.
3 Satz 1
SGG).
Allein aus fehlenden Äußerungen des Klägers zu abtrennbaren Teilen eines Streitgegenstandes kann regelmäßig nicht geschlossen
werden, dass der betreffende Teil nicht mehr anhängig sein soll. Nur wenn der Wille des Klägers zur Begrenzung des Streitgegenstands
klar und eindeutig zum Ausdruck gekommen ist, kann eine teilweise Klagerücknahme angenommen werden (vgl. BSG, Urt. v. 23.02.2005 - B 6 KA 77/03 R -, juris Rn. 15 m.w.N.).
Dass der Kläger im Termin am 20.11.2013 sein Klagebegehren auf die ausdrücklich zu Protokoll genommenen Anträge beschränken
wollte, ist weder nach den Angaben im Protokoll noch aus sonstigen Umständen eindeutig und klar erkennbar. Es spricht vielmehr
viel dafür, dass der unvertretene Kläger durch den im Termin am 20.11.2013 aufgenommenen Antrag lediglich sein Begehren in
Bezug auf die eGK präzisieren, aber nicht auf seine übrigen Begehren verzichten wollte.
2. Es kann dahinstehen, ob die in Bezug auf die Beantwortung der Fragen aus dem Schreiben vom 12.04.2012 erhobene allgemeine
Leistungsklage gemäß §
54 Abs.
5 SGG bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist, weil die Beklagte mit Schriftsatz vom 19.12.2012 im Einzelnen auf
die Fragen eingegangen und der Kläger zudem mit Ablauf des 31.07.2017 nicht mehr bei der Beklagten versichert ist. Auch wenn
bereits zweifelhaft ist, welches Interesse der Kläger nach der Kündigung seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten noch an einer
Beantwortung seiner Fragen vom 12.04.2012 gerade durch die Beklagte haben soll, ist die Klage in jedem Fall unbegründet.
a) Der geltend gemachte Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus §
15 SGB I.
Nach §
15 Abs.
1 SGB I haben unter anderem die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung über alle sozialen Angelegenheiten nach dem SGB Auskünfte
zu erteilen. Die Auskunftspflicht erstreckt sich nach §
15 Abs.
2 SGB I auf die Benennung der für die Sozialleistungen zuständigen Leistungsträger sowie auf alle Sach- und Rechtsfragen, die für
die Auskunftssuchenden von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunftsstelle im Stande ist.
Es kann dahinstehen, ob sämtliche der vom Kläger im Schreiben vom 12.04.2012 gestellten Fragen "soziale Angelegenheiten nach
dem SGB" betreffen und deshalb insgesamt der Anwendungsbereich des §
15 SGB I betroffen ist. In jedem Fall hat die Beklagte über die bereits im Schriftsatz vom 19.12.2012 erfolgten Stellungnahmen hinaus
dem Kläger keine weiteren Auskünfte insoweit zu erteilen.
Die Fragen 9,10 und 12 im Schriftsatz vom 12.04.2012 zielen von vornherein nicht auf Auskunftserteilung im Sinne von §
15 SGB I. Es handelt sich bei diesen "Fragen" vielmehr um in Fragen gekleidete "Statements" des Klägers. Diese zielen nicht darauf
ab, dass die Beklagte dem Kläger ihr Tatsachenwissen oder ihre Rechtsansichten offenbart. Vielmehr möchte der Kläger die Beklagte
provozieren und deutlich machen, dass er das Handeln und die Ansichten der Beklagten ablehnt. Auf solche "Fragen" muss die
Beklagte nach §
15 SGB I nicht antworten.
Auf die übrigen Fragen ist die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 19.12.2012 im Einzelnen eingegangen. Es ist nicht ersichtlich,
dass sie dem Kläger das bei ihr vorhandene Wissen nicht oder unvollständig offenbart hat. Es kann auch nicht erkannt werden,
dass die Beklagte die von ihr vertretenen Rechtsauffassungen unzutreffend wiedergegeben hat. Der Kläger behauptet auch nichts
Entsprechendes. In seiner kritischen Auseinandersetzung mit den Antworten der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 19.12.2012
erklärt er vielmehr die Antworten der Beklagten ganz überwiegend für "wertlos". Damit bringt er zum Ausdruck, dass er die
von der Beklagten im Schriftsatz vom 19.12.2012 vertretenen Auffassungen nicht teilt und die Ausführungen der Beklagten für
argumentativ unzureichend hält. §
15 SGB I vermittelt dem Kläger jedoch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte seine Rechtsauffassung teilt und auf die von ihm aufgeworfenen
Fragen aus seiner Sicht befriedigende Antworten findet. §
15 SGB I ist allein auf Wissensvermittlung ausgerichtet (vgl. Mönch-Kalina/Voelzke, in: jurisPK-
SGB I, §
15 Rn. 24). Die Vorschrift vermittelt einem Versicherten demgegenüber keinen Anspruch darauf, mit der Behörde über einzelne
Sach-und Rechtsfragen zu diskutieren und sie zu gängeln. Nur darum geht es dem Kläger jedoch. Dass ihm die Beklagte zusätzliches
Wissen verschafft, möchte er gar nicht. Er geht vielmehr davon aus, dass er selbst bereits über ausreichendes und der Beklagten
überlegenes Wissen verfügt. Dass er weiterhin vorgeblich auf der Beantwortung seiner Fragen aus dem Schreiben vom 12.04.2012
besteht, dient nur dazu, deutlich zu machen, dass die Beklagte die Problematik weniger gut durchdacht hat als er selbst. §
15 SGB I enthält jedoch keinen Anspruch auf Selbstbestätigung.
b) Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf § 1 Abs. 1 Satz 1 Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) stützen.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht das IFG des Landes Nordrhein-Westfalen, sondern das IFG des Bundes einschlägig,
denn die Beklagte ist als bundesweit agierender Versicherungsträger eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen
Rechts, vgl. Art.
87 Abs.
2 GG, § 4 Abs.
1 und
2 Sozialgesetzbuch (SGB) V, und damit eine nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG anspruchsverpflichtete Behörde des Bundes.
Der Senat hat, weil der geltend gemachte Anspruch auch auf §
15 SGB I gestützt wird, nach §
202 SGG i.V.m. §
17 Abs.
2 GVG auch über einen Anspruch aus §
1 Abs.
1 Satz 1 IFG zu entscheiden, obwohl für entsprechende Auskunftsansprüche an sich die Gerichte der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit
zuständig sind.
Ein über die bereits im Schriftsatz vom 19.12.2012 erfolgten Antworten hinausgehender Auskunftsanspruch aus § 1 Abs. 1 Satz
1 IFG besteht nicht. Die Vorschrift vermittelt lediglich einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Nach der Begriffsbestimmung
des § 2 Nr. 1 IFG ist amtliche Information jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung unabhängig von der Art ihrer Speicherung;
nicht dazu gehören lediglich Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen. Sämtliche amtlichen
Zwecken dienende Aufzeichnungen, soweit der Kläger im Schriftsatz vom 12.04.2012 überhaupt danach gefragt hat, hat die Beklagte
im Schriftsatz vom 19.12.2012 offenbart. Dass die Beklagte entsprechende Aufzeichnungen zurückgehalten hat, behauptet selbst
der Kläger nicht. Einen Anspruch auf rechtlich befriedigende Meinungsäußerungen einer Behörde vermittelt § 1 Abs. 1 Satz 1
IFG nach seinem eindeutigen Wortlaut von vornherein nicht. Insoweit gilt das zu §
15 SGB I Gesagte entsprechend.
III. Wie der Kläger in seinem Schriftsatz vom 21.10.2016 deutlich gemacht hat, möchte er im Berufungsverfahren ungeachtet
des in der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2013 lediglich eingeschränkt gestellten Antrags die erstinstanzlich gestellten
Hilfsanträge auf Verpflichtung der Beklagten, ihn vor jeder Änderung oder Anpassung der eGK-Infrastruktur mit einer ausreichenden
Frist vorab zu informieren, und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auch zweitinstanzlich weiterverfolgen.
Auch dieses Begehren bleibt erfolglos.
1. Es ist ebenso wie unter II. davon auszugehen, dass der Kläger durch die beschränkte Antragstellung in der mündlichen Verhandlung
vom 20.11.2013 seine Klage bzw. seine Berufung in Bezug auf die vorstehenden Anträge nicht zurückgenommen hat. Insoweit gelten
die obigen Ausführungen entsprechend.
2. Die insoweit erhobene allgemeine Leistungsklage gemäß §
54 Abs.
5 SGG ist in jedem Fall dadurch unzulässig geworden, dass der Kläger zum 31.07.2017 seine Mitgliedschaft bei der Beklagten gekündigt
hat. Ab diesem Zeitpunkt besteht für die Beklagte weder Berechtigung noch Verpflichtung den Kläger, der kein Mitglied mehr
bei ihr ist, über etwaige gesetzliche Änderungen oder Änderungen der eGK-Infrastruktur zu informieren. Das Leistungsbegehren
des Klägers hat sich durch die Beendigung der Mitgliedschaft erledigt.
3. Auch eine Umstellung des Begehrens auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung von §
131 Abs.
1 Satz 3
SGG auf die allgemeine Leistungsklage (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 10.03.2010 - B 3 KR 26/08 R -, juris Rn. 14) würde nicht zum Erfolg der Klage führen. Denn auch eine entsprechende Fortsetzungsfeststellungsklage wäre
unzulässig, weil die erstinstanzlich erhobene allgemeine Leistungsklage im Zeitpunkt der Erledigung des Begehrens (Ende der
Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten) bereits ebenfalls unzulässig war (vgl. zum Erfordernis der Zulässigkeit der
Klage vor Eintritt des erledigenden Ereignisses BSG, Urt. v. 17.10.2007 - B 6 KA 42/06 R -, juris Rn. 15).
Mit dem oben zusammengefassten Begehren hat der Kläger eine vorbeugende Leistungsklage für gegenwärtig noch nicht ersichtliche,
sondern allenfalls für die Zukunft zu erwartende Änderungen oder Anpassungen der eGK-Infrastruktur und darüber hinaus für
den Fall, dass die Beklagte ihren möglicherweise aus §
13 SGB I folgenden Aufklärungspflichten nicht nachkommt, erhoben. Für vorbeugende Leistungsklagen ist jedoch wegen des im Verwaltungsprozessrecht
ebenso wie im
SGG zum Ausdruck kommenden Grundsatzes des nachträglichen Rechtsschutzes ein besonderes qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis
erforderlich. Vorbeugender Rechtsschutz kommt nur dann in Betracht, wenn der Verweis auf den grundsätzlich vorgesehenen nachträglichen
Rechtsschutz unzumutbar wäre, dem Kläger insbesondere durch weiteres Abwarten Schäden drohen (vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 08.09.1972
- IV C 17.71 -, juris Rn. 29 m.w.N.). Hierfür ist und war nichts ersichtlich. Abgesehen davon, dass weder aus dem beim Senat anhängigen
Verfahren noch sonstwie ersichtlich ist, dass die Beklagte jemals ihre gesetzlichen Pflichten gegenüber dem Kläger verletzt
hätte, ist bislang vollkommen ungewiss, ob und wann es zu Änderungen oder Anpassungen der eGK-Infrastruktur kommen wird. Der
Kläger ist und war zudem stets selbst umfassend über alle Einzelheiten der eGK informiert, so dass mit einem Informationsdefizit
des Klägers insoweit von vornherein nicht zu rechnen ist. Zudem liefe die vom Kläger begehrte Verpflichtung der Beklagten
auf einen rein deklaratorischen Urteilsausspruch hinaus, von dem der Kläger keinerlei Vorteile hätte. Dies gilt insbesondere
für die von ihm befürchtete angebliche Verletzung seiner Grundrechte, die der Kläger durch den Erlass eines entsprechenden
Urteils kaum würde beeinflussen können. Es dürfte dem Kläger dementsprechend auch im Wesentlichen darum gehen, die Beklagte
durch die mögliche Verhängung eines Ordnungsgeldes, dessen Androhung er zunächst durch das Gericht begehrt, zu schädigen.
Ein Bedürfnis der Mitwirkung staatlicher Gerichte an einer solchen Schädigungsabsicht besteht nicht und wäre mit dem Rechtsstaatsprinzip
des
Grundgesetzes unvereinbar. Aus dem gleichen Grund besteht auch kein Anlass für eine von der Beklagten abzugebende strafbewehrte Unterlassungserklärung.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
V. Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), liegen nicht vor.